Deutscher Jugendliteraturpreis 2008 – ausgezeichnete Jugendliteratur

Gestern wurde auf der Frankfurter Buchmesse der Deutsche Jugendliteraturpreis vergeben. Den mit 10000 Euro dotierten Sonderpreis bekam die Übersetzerin Gabriele Haefs. Die restlichen 40000 Euro wurden in fünf Sparten mit jeweils 8000 Euro verteilt.

Bilderbuch:
Die neu illustrierte Fassung von Grimms Märchen „Hänsel und Gretel“ von Susanne Janssen wurde von der Kritikerjury als bestes Bilderbuch ausgezeichnet.

Kurzbeschreibung
Susanne Janssen zählt zu renommierten Illustratorinnen nicht nur der deutschen Kinderbuchlandschaft, sie hat für ihre Bilder zu Geschichten u.a. von Italo Calvino, Amado und Jutta Richter zahlreiche Preise erhalten. Wie schon einmal hat sie sich nun einem Text der Gebrüder Grimm zugewandt: „Hänsel und Gretel“. Und wieder wird sie, wie schon bei ihrer Interpretation von „Rotkäppchen“, provozieren, mit „ihren fantastischen, surrealen Illustrationen, die“, so der Pressedienst des Goethe-Instituts, „den Betrachter mit der Bedrohung und dem Ernst der Geschichten konfrontieren.“ „Meine Bücher“, so Susanne Janssen, „sind für jedes Alter. Oft erscheinen sie manchen Erwachsenen als zu schwierig und vielleicht auch düster und unheimlich für Kinder … Der Meinung bin ich ganz und gar nicht. Müssen wir noch darüber reden, dass Kinder unbefangener, unbelasteter in die Welt der Bücher eintreten … Müssen wir wiederholen, dass ein Bild betrachten und damit die Möglichkeit, ein eigenes Tempo zu wählen und nicht wie beim Fernsehen überwältigt zu werden, auch heißt, es verarbeiten zu können, verstehen zu lernen? In Kinderbildern finden wir genau das, was in Buchillustrationen als zu schwierig für Kinder empfunden wird: Ernsthaftigkeit, Expressivität, sogar Grausamkeit.“

Kinderbuch:
Paula Fox und ihre Übersetzerin Brigitte Jakobeit erhielten den Preis für das beste Kinderbuch für „Ein Bild von Ivan“.

Kurzbeschreibung
Ivan ist ein einsames Kind: Sein Vater ist meist verreist, seine Mutter seit vielen Jahren tot. Einzig die haitianische Haushälterin Giselle kümmert sich liebevoll um ihn. Das ändert sich, als sein Vater beschließt, ein Portrait von Ivan anfertigen zu lassen: In dem jungen Maler Matt und der eigens für ihn engagierten Vorleserin Miss Manderby findet er neue Freunde. Matt begegnet ihm offen und zeigt dem Jungen eine ganz neue Welt, die sich von der eines wohlbehüteten Sprosses aus guten Kreisen gänzlich unterscheidet. Ivan darf Matt und Miss Manderley auf eine Reise nach Kalifornien begleiten – ein Ausbruch aus dem goldenen Käfig seiner Kindheit. Matt hilft Ivan das Rätsel um den Tod seiner Mutter zu lösen und baut damit eine neue Brücke zwischen Vater und Sohn. Als am Ende Ivans Portrait vollendet ist, sieht er sich zum ersten Mal selbst: Genau so, wie er ist.

Jugendbuch:
Sieger in der Sparte Jugendbuch wurde „was wäre wenn“ von Meg Rosoff, ebenfalls übersetzt von Brigitte Jakobeit.

Kurzbeschreibung
Als David Case seinen kleinen Bruder eines Tages nur knapp vor einem Sturz aus dem Fenster bewahrt, wird ihm schlagartig bewusst: Uns trennt oft nur ein Wimpernschlag von der Katastrophe. Und er ist sich sicher: das Schicksal wird wieder zuschlagen. Also versucht er, sich vor ihm zu verstecken: er ändert seinen Namen in Justin Case, trägt die seltsame Mode, die das seltsame Mädchen Agnes ihm aussucht und beginnt zu laufen, immer schneller, immer länger – wobei er nie seinen Windhund Boy einholen wird, der nur in seinem Kopf existiert und den außer ihm nur sein Freund Peter sieht. Als er sicherheitshalber auch noch sein Zuhause verlässt und die Freundschaft zu Agnes immer komplizierter wird, wächst ihm die eigene Verwirrung zunehmend über den Kopf. Aber obwohl ihn das Schicksal natürlich keinen Moment aus dem Blick verliert, lässt er sich von ihm nicht unterkriegen…

Sachbuch:
Als Sachbuch ausgezeichnet wurde „Der Kick. Ein Lehrstück über Gewalt“ des Dokumentarfilmers Andreas Veiel.

Kurzbeschreibung
Das Opfer. Die Täter. Das Dorf. Unser Land.
Marinus Schöberl war 16 Jahre alt, als er von drei Kumpels gefoltert und durch einen „Bordsteinkick“ zu Tode getreten wurde. Nachbarn hatten die Misshandlungen mit angesehen und über Monate geschwiegen. Dieser grausame Mord und seine furchtbaren Begleiterscheinungen rückten das uckermärkische Dorf Potzlow in die Schlagzeilen der internationalen Presse. In den Medien stand er sinnbildlich für rechtsradikale Gewalt und eine verrohte Gesellschaft in den fünf neuen Bundesländern. Der Regisseur und Psychologe Andres Veiel wollte sich mit einfachen, raschen Antworten nicht begnügen. Viele Monate hat er in Potzlow und Umgebung recherchiert, hat Interviews mit den Tätern geführt, mit ihren Angehörigen und Bekannten gesprochen. Er zeichnet ein komplexes Bild von weit zurückreichenden Traumata und Gewalt, die bis heute unter einer dünnen Schicht von Bürgerlichkeit und Zivilisation in unserem Land virulent sind. „Mein Bruder fing dann an zu schreien: – Scheiße, wir haben einen umgebracht. – Er sprach auch davon, dass wir ihn verbuddeln müssen. Am Ausgang in Richtung Jauchegrube rechts stand ein Schaufelblatt ohne Stiel.“ MARCEL SCHÖNFELD, WEGEN MORDES VERURTEILT „Bedrückt war er, aber wir wussten nicht, woran das liegt. Wir sind zur Schule hin, haben gesagt, hier stimmt irgendwas nicht, und die haben immer gesagt, es ist alles in Ordnung. Wir haben ihn gefragt, was ist denn los? Er hat sich nicht geäußert, nie. Das war wie ’ne Wand.“ JUTTA SCHÖNFELD, MUTTER DES TÄTERS „Einmal Mörder, immer Mörder. Ich habe Hass, Wut und Verachtung für diese Bestien. Die verdienen kein anderes Wort. Die haben genau gewusst, was sie taten in ihrer Kaltblütigkeit.“ BIRGIT SCHÖBERL , MUTTER DES OPFERS
Eine beklemmende Fallstudie über eine entwurzelte Jugend, Rechtsradikalismus, deutsche Traumata und Gewalttraditionen. Das Buch geht in seiner Recherche und Analyse weit hinaus über das erfolgreiche Theaterstück und den von der Presse gefeierten Film. Inszenierungen an Theatern u.a. in Berlin, Bochum, Dresden, Hamburg, Köln, Leipzig, Moers, München und Oberhausen.

Preis der Jugendjury:
Die französische Autorin Marie-Aude Murail und ihr Übersetzer Tobias Scheffel bekamen für „Simpel“ den Preis der Jugendjury zugesprochen.

Kurzbeschreibung
Simpel spielt gern mit Playmobil. Er sagt: „Hier sind alle total blöd“, wenn hier alle total blöd sind, und er kann total schnell zählen: 7, 9, 12, B, tausend, hundert. Simpel ist zweiundzwanzig Jahre alt, doch mental ist er auf der Stufe eines dreijährigen Kindes. Gut, dass sich sein siebzehnjähriger Bruder um ihn kümmert. Doch Simpel zu betreuen ist alles andere als simpel. Und als die beiden Brüder in eine Studenten-WG ziehen, da wird es erst recht kompliziert. Doch nach anfänglichem Misstrauen können die Mitbewohner gar nicht anders, als Simpel ins Herz zu schließen!

Quelle: Süddeutsche Zeitung

4 Gedanken zu „Deutscher Jugendliteraturpreis 2008 – ausgezeichnete Jugendliteratur

  1. Simpel ist ein schönes Buch, bei dem man viel lernen kann.
    Es ist schön zu verstehen welche Probleme geistlichbehinderte Menschen haben können, aber zugleich ist es auch eine schöne schreibweise, wie Simpel redet und Fragen stellt.
    Ich für meinen Teil kann euch dieses Buch nur empfehlen.

  2. Simpel ist ein wirklich gutes Buch!
    Ich habe es gestern gelesen und konnte nicht mehr aufhören.
    Ein Buch das sher schöne Szenen hat aber genauso traurigedie zum Nachdenken anregen.
    Kann man nur empfehlen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert