Deutschboden: Moritz von Uslar (Autor) vs. Cornelius Tittel (Welt)

Deutschboden: Moritz von Uslar (Autor) vs. Cornelius Tittel (Welt)

Moritz von Uslar hat sich per SMS bei Cornelius Tittel, dem Kulturchef der WELT-Gruppe, beschwert. Es geht um einen Text von Kolja Reichert, der in der „Welt am Sonntag“ (03.10.2010) und auch im Internet bei „Welt Online“ (05.10.2010) unter dem Titel „Moritz von Uslar – wo die wilden Kerle wohnen“ erschienen ist. Anlass der Streitigkeit ist von Uslars neuer Roman „Deutschboden: Eine teilnehmende Beobachtung„.

Kolja Reichert war dafür in die brandenburgische Kleinstadt gefahren, in der Moritz von Uslar ein paar Monate gelebt und für seinen Roman recherchiert hatte.  Reicherts Idee war, die Hauptprotagonisten des Buchs zu fragen, wie sie den Besuch des westdeutschen Starreporters erlebt haben – und ob sie sich gut getroffen fühlen. Auch wenn Reichert von Uslar vorwirft, eher Poser als Reporter zu sein („Interesse: Pose. Selbstzweifel: Pose. Angst: Pose Pose Pose“), endet die Recherche versöhnlich. Selbst damit, als Arschgeige beschrieben zu werden, hat in dem Dorf niemand ein Problem: „Wir nennen ihn ja auch Arschgeige.“

Von Uslar teilte Cornelius Tittel nun mit, dass er „angewidert“ darüber sei. Er verschickte weitere SMS an den Feuilletonchef  Cornelius Tittel, in denen er drohte, „er werde noch in Jahren auf diesen Artikel hinweisen, damit möglichst viele von dieser Art Journalismus und dem, der ihn in Auftrag gegeben hat, erfahren„.

Laut Cornelius Tittel können weder gutes Zureden und auch die herzlichsten Grüße Moritz von Uslar nicht beschwichtigen. Er habe fröhlich nachlegt, einen „Skandalisierungsversuch“ anprangert und zwischen den Zeilen immer wieder durchscheinen lassen, dass man sich hier mit dem Falschen angelegt habe: „Ich sage dir, diese Geschichte geht für dich nach hinten los.“

Auf die Erwiderung, der drohende Ton sei peinlich, der Text blitzsauber, der Rest Paranoia, sei von Uslar, so Cornelius Tittel, zu rhetorischer Hochform aufgelaufen. Seine mit Abstand kürzeste SMS sei auch seine lustigste: „Cornelius, Du hässlicher Eierkopf.“ (dazu muss man wissen, dass Tittels Kopfhaut nicht ein einziges Härchen ziert 😉 – Anm. d. Red.)

Tittel resümiert: „Ein beispielhafter Dialog, weinerlich, sehr, sehr klein und doch so unterhaltsam, dass wir ihn unseren Lesern nicht vorenthalten wollten.

SMS an Uslar: „Lieber Moritz, das Niveau dieser Konversation ist erschreckend low . Ich hoffe, Du hast nichts dagegen, wenn wir sie in der WELT veröffentlichen.“ Uslar: „Glasklare Antwort: Wenn Du den SMS-Wechsel komplett veröffentlichst, dann bin ich einverstanden.

Eine halbe Stunde vor Redaktionsschluss kam Post vom Medienanwalt Christian Schertz: „Ich gehe davon aus, dass Sie von einer Veröffentlichung Abstand nehmen. Sollten Sie dies nicht respektieren, werden wir unverzüglich rechtliche Schritte einleiten.“

Quelle: Let it Rock (Welt Online vom 06.10.2010)

2 Gedanken zu „Deutschboden: Moritz von Uslar (Autor) vs. Cornelius Tittel (Welt)

  1. Von Uslar pflegt genau den beleidigten, drohenden Altherrenton – „Sie werden von mir hören“ usw. -, der in Deutschland gerade bei konservativen Kreisen so üblich ist. Da zückt man ganz schnell den Anwalt; was man hinterrücks sagt, darf zudem nicht veröffentlicht werden, weil allein die Beschreibung des tatsächlichen Verhaltens schon eine Beleidigung ist. Wie sieht von Uslar, der doch selbst in diesem Buch eine Art von Journalismus pflegt, eigentlich den Journalismus? Ganz offenbar so: Wer nichts Positives zu sagen hat, ist ein Schmierfink und „hat sich mit dem Falschen angelegt“, nämlich mit dem Spross eines Elite-Internats, in dem (Birklehof in Hinterzarten, Schulgeld 2.400 Euro), der sich sowas nicht gefallen lässt.

    Ganz im Gegensatz dazu stehen die ostdeutschen ‚Hartz IV-Empfänger‘, die man natürlich auch mal kumpelhaft „Arschgeige“ nennen darf (Überlegung: hätte von Uslar das auch bei der „teilnehmenden Beobachtung“ im eigenen Adelsmilieu gewagt? Oder weiß er zu gut, wie schnell dann der Brief vom Anwalt kommt?).

    Alte Sitten, die wiederkehren. Von Uslar macht jedenfalls nicht unbedingt für die derzeitige Renaissance des Adels Reklame, der ja auch im Osten seine (auf jahrhundertelanger Ausbeutung beruhende) Güter wiedererhalten hat.

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