Der Garten der letzten Tage von Andre Dubus III [Rezension]

Der Garten der letzten Tage von Andre Dubus III

Die Striptease-Tänzerin April muss ihre 3-jährige Tochter Franny mit in den Club nehmen, weil ihre Babysitterin sich krank fühlt und ins Krankenhaus kommt. Das Mädchen wacht nachts im Club auf und macht sich orientierungslos auf die Suche nach ihrer Mutter. Schließlich steht sie weinend an der Hintertür. AJ, ein Kunde des Clubs, findet sie dort und nimmt sie in bester Absicht mit in sein Auto. Er will sich um das Kind kümmern und es in Sicherheit zu bringen. Währenddessen bemüht sich April um einen jungen Araber, der hasserfüllt und zornig, aber mit sehr viel Geld eine Privatvorstellung bei ihr gebucht hat.

6 Tage lang, von Donnerstag bis Dienstag, werden diese und noch einige andere Personen in dem Buch detailliert beschrieben. In Rückblenden erfährt der Leser viel über die jeweiligen Vorgeschichten. Die Erzählperspektive ist dabei immer die jeweilige Figur, um die sich die Handlung dreht.

Das Highlight ist die Geschichte um den jungen Araber Bassam, der sich dann am Dienstag, den 11. September 2001, an den Anschlägen in den USA beteiligen wird. Was für ein Aufhänger! Die arabischen Begriffe, die der Autor benutzt und am Ende des Buches übersetzt, sollen wohl als Beweis für die Authentizität seiner Recherchen dienen oder zumindest seine Erzählgenauigkeit unterstreichen.

Und doch fragt man sich, warum tut er das? Gemeint sind nicht die kleinen Schritte in der Handlung, sondern die fehlenden Erklärungen für die wichtigen Entscheidungen. Warum der Araber in den Club geht, wird im Detail erklärt, aber warum er sich an diesem unmenschlichen Attentat beteiligt nicht. Warum April ihre Tochter mit in den Club nimmt ist klar, aber warum sie nach ihrem Albtraum um die verlorenene Tochter weiter als Stripperin arbeiten will, wird nicht klar. Vielleicht ist der gelungene Wechsel der Erzählperspektiven der interessanteste Aspekt in diesem Buch. Die Klärung der gescheiterten Ehe von AJ, einmal aus seiner persönlichen Sicht und einmal aus der Sicht seiner Frau, wäre ein eigenes Buch wert.

Doch leider bleibt der Autor im Anfang stecken, und auch die anderen Figuren beleuchtet der Autor nur an der Oberfläche. Oder überliest man auch die entscheidenden Passagen einfach, weil man in den endlosen Beschreibungen kleinster Details auf den fast 600 Seiten einfach ermüdet? Leider konnten diese Details nicht helfen, die Charaktere in dem Buch besser zu verstehen.

Kurzbeschreibung
Florida, Anfang September 2001: Die junge Stripperin April nimmt ihre dreijährige Tochter Franny mit zur Arbeit im Puma Club. Jean, ihre einsame alte Vermieterin mit dem wunderschönen Garten voller Blumen, liebt die Kleine von ganzem Herzen und passt sonst immer auf sie auf, doch heute ist sie wegen einer Panikattacke im Krankenhaus. In dieser Nacht hat April einen ungewöhnlichen Kunden: Bassam, einen jungen Araber, der gleichzeitig hasserfüllt und viel zu persönlich scheint und sein vieles Geld mit vollen Händen ausgibt. Ein anderer Mann, AJ, wird aus dem Club geworfen, er ist betrunken, zornig und einsam. Und dann sieht er auf einmal ein weinendes kleines Mädchen allein an der Hintertür des Clubs stehen…
Aus dieser explosiven Mischung entspinnt sich eine atemlose, unerbittliche, leidenschaftliche Geschichte um Sex und Elternliebe, um Ehre und Gewalt. Eine Geschichte von der düsteren Kehrseite der amerikanischen Erfolgsgesellschaft, und ihre realistisch gezeichneten Figuren kommen uns zum Greifen nah. April, Bassam, Jean, AJ und die kleine Franny sind in dieser Nacht durch ein gemeinsames Schicksal verbunden und jede Figur erzählt aus ihrer eigenen Sicht dieselbe Geschichte: die Geschichte des Moments, der Amerika und die Welt für immer verändert hat.

Der Garten der letzten Tage ist am 25.08.2009 im Verlag C.H. Beck erschienen. Die 598 Seiten umfassende gebundene Ausgabe ist für 24,95 Euro im Buchhandel erhältlich.

Der Lesekreis bedankt sich bei C.H. Beck für die freundliche Überlassung eines Rezensionsexemplars.

Über den Autor
Bevor Andre Dubus III Schriftsteller wurde, hat er als Privatdetektiv, Bewährungshelfer, Barkeeper, Raumpfleger und Schauspieler gearbeitet. Seine Romane wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter der Pushcart-Prize und der National Magazine Award for Fiction. Andre Dubus lebt in Massachussets.

Über die Übersetzer
Ulrike Wasel, geboren 1955, arbeitet als Übersetzerin angloamerikanischer Literatur. Klaus Timmermann, geboren 1955, arbeitet als Übersetzer angloamerikanischer Literatur in Düsseldorf.