20 000 Euro Schmerzensgeld für Florian Havemanns „Havemann“

Wie die Berliner Anwaltssozietät Hertin bestätigte, hat das Landgericht Berlin am Dienstag einer Protagonistin des Buches „Havemann“ zu Lasten des Autors Florian Havemann und des Suhrkamp-Verlags ein Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro zugesprochen.

Die von Hertin vertretene Klägerin, die anonym bleiben möchte, in dem Havemann-Buch aber mit Klarnamen erwähnt und als femme fatale denunziert wird, hatte 40.000 Euro erwirken wollen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

„Havemann“ ist derzeit nicht im Handel erhältlich. Nachdem ein Protagonist rechtliche Schritte gegen das Buch eingeleitet hatte, gab der Suhrkamp-Verlag Ende 2007 eine Unterlassungserklärung ab und bat die Buchhändler um die Rücksendung bereits ausgelieferter Exemplare der ersten Auflage. Derzeit kann das Buch allerdings mit Einschwärzungen im Internet runtergeladen werden.  „Havemann“ soll in einer überarbeiteten Fassung voraussichtlich im Herbst erneut auf den Markt kommen.

Florian Havemann, Jahrgang 1952, ist der Sohn des früheren DDR-Bürgerrechtlers und Regimekritikers Robert Havemann (1912-1982). Der Antifaschist war noch 2006 mit dem Titel „Gerechter unter den Völkern“ in der Gedenkstätte Yad Vashem geehrt worden – ein Jahr später wurde er von seinem Sohn posthum in die Nähe des Antisemitismus gerückt und der Staatstreue zum SED-Staat bezichtigt.

Florian Havemann beging mit seinem Tatsachenroman „Havemann“ literarischen Vatermord und attackierte nebenbei viele Widerstandsgrößen der Ex-DDR. So unterstellte Florian Havemann dem Liedermacher Wolf Biermann etwa ein Feigling gewesen zu sein und zudem eine überaus enge Beziehung zu Margot Honecker unterhalten zu haben. Rund ein Dutzend Personen sollen mittlerweile Streichungen in dem Buch Florian Havemanns erwirkt haben; darunter Angela Merkel, ihr Gatte Joachim Sauer, die Schauspielerin Eva-Maria Hagen, deren Tochter, die Sängerin Nina Hagen und mehrere Angehörige Havemanns.

Quelle: Spiegel Online

Suhrkamp Verlag stellt Florian Havemanns „Havemann“ mit geschwärzten Stellen ins Netz

Weil ein anonymer Kläger seine Persönlichkeitsrechte verletzt sah, war der Suhrkamp Verlag gezwungen das Buch von Florian Havemann „Havemann“ kurz vor Weihnachten 2007 zurückzuziehen. 7000 Exemplare waren bis dahin verkauft. Inzwischen wehren sich weitere Personen gegen ihre Charakterisierung in dem drei Generationen umfassenden Zeitgemälde. Lt. Verlagssprecher Thomas Sparr sind es eine gute Hand voll, die Einsprüche werden zur Zeit geprüft, es seien nicht alle berechtigt. Havemanns Schwester, Sibylle wehrte sich in einem offenen Brief gegen den „Missbrauch des Namens“ und die „Verletzung der Integrität von Menschen“. Das Buch sei „kokett, missgünstig, hämisch“ usw.

Der Suhrkamp Verlag will nun das überarbeitete Buch mit geschwärzten Stellen ins Netz stellen, später soll es auch eine Neuerscheinung in Buchform geben.

Ohne Rücksicht auf Dogmen und Personen schildert der 1952 geborene Sohn des Chemikers, Kommunisten und Dissidenten Robert Havemann seine, programmatisch als eigene, „nur meine Wahrheit“ bezeichnete Sicht. So suggeriert er, dass Wolf Biermann und Margot Honecker sexuelle Kontakte pflegten. Aber weder Biermann noch Honecker haben gegen die Darstellung geklagt.

HavemannInhalt
Heftig, wie ein Wintergewitter kommt Havemann über Berlin, über Deutschland, Ost- wie West-, So vieles ist umzudrehen und anzuzweifeln, zu enthüllen und aufzudecken, zu ergänzen und geradezurücken, so vieles zum ersten Mal zu erzählen, wenn die Geschichte der Familie Havemann über drei Generationen bis hinein in die unmittelbare Gegenwart ihres Autors dargestellt †“ oder wie Havemann sagt: „behauptet†œ – werden soll.
Über die geteilte Stadt hat man uns viel erzählt: Ostberlin, den sowjetischen Sektor, die Hauptstadt der untergegangenen DDR, die in Anekdoten und Geschichten von offiziellen und inoffiziellen Mitarbeitern, Amtsträgern und Ausgewiesenen überlebt. Fast zwanzig Jahre nach dem Mauerfall jedoch ist Ostberlin, dieser Eigenkosmos mit Außenwirkung, noch immer ein Rätsel. Was geschah damals in Ostberlin wirklich, in der inzestuös übersichtlichen Enge, in der Kultur nicht ohne Politik, Abweichung nicht ohne Staatssicherheit, Loyalität nicht ohne Verrat zu haben waren? Druck und Herausforderung †“ wie haben sie Leben, Werk, Verhalten der Akteure bis heute geprägt?
In welcher Wahrheit haben wir uns eingerichtet?
Des Autors großer Bericht über Familie Havemann, Vater Robert, den bekanntesten Dissidenten der DDR,
und das eigene Leben in Ostberlin und, ab 1971, in Westdeutschland – als junger Rebell, Künstler, Linker, Flüchtling, als Außenseiter mit Ambitionen, künstlerischen und politischen, und als Verfassungsrichter-wirft, ohne mit Hieben und Seitenhieben zu sparen, zahllose Einsichten und Antworten ab. Havemann erzählt, klärt auf und greift ein.
Havemann provoziert.

Florian Havemann„Alle kennen Havemann. Keiner kennt Havemann“.
Der Großvater: Hans Havemann, Doktor der Philosophie, Gymnasiallehrer, Autor von Theaterstücken, philosophischen Büchern, Zeitungsredakteur, Feuilletonchef, dann Geologe, Arbeit in der Akademie der Wissenschaften der DDR, 1933 Mitglied der NSDAP, dann 1946 der SED.
Der Vater: Robert Havemann, Doktor der Philosophie, Naturwissenschaftler, Erfinder, Institutsdirektor, Professor, Autor, Widerstandskämpfer, durch die Nazis zum Tode verurteilt, Mitglied der SED, Abgeordneter der Volkskammer der DDR, Oppositioneller, Dissident, unter Hausarrest.
Der Sohn: Florian Havemann, Maler, Komponist, Autor, Arbeit als Elektriker, Reinigungskraft, Bühnenbildstudium, 1968 in der DDR wegen staatsfeindlicher Hetze im Gefängnis, Flucht in den Westen, Verfassungsrichter im Lande Brandenburg, Kandidat der PDS für die Bundestagswahl 2002«
Florian Havemann

Quelle: Süddeutsche Zeitung, Suhrkamp Verlag, Wikipedia