Literatur + Stuttgart: Kürzere Tage von Anna Katharina Hahn

Literatur + Stuttgart: Kürzere Tage von Anna Katharina Hahn

„Geschichten über Stadtbewohner sind auf der literarischen Landkarte meistens in Metropolen angesiedelt. Anna Katharina Hahn hat mit Stuttgart, als Handlungsort ihres Romans „Kürzere Tage“, eine wirklich clevere Entscheidung getroffen. Wäh­rend man in größeren Städten eine Distanz von mehreren U-Bahnstationen zurücklegen muss, um das Aufeinanderprallen unterschiedlicher sozialer Milieus zu schildern, reicht in Stuttgart ein einziger Straßenzug. Die Constantinstraße mit ihren prachtvollen Altbauten, den Balkons, die den Duft einer Mini-Provence verströmen, und dem Parkstreifen voller schwe­discher Familienkutschen, mündet direkt in die Hauptstraße, wo die Welt der Hochhäuser und Discounter beginnt“, schreibt Martin Mescher am 12.03.2009 in einer Rezension auf Jungle World über Anna Katharina Hahns Kürzere Tage.

Kürzere Tage – Kurzbeschreibung
Marco wohnt im Hochhaus an der Hauptstraße. Von hier ist es nicht weit bis zum Olgaeck, und hinter dem Olgaeck liegt die Constantinstraße, wo die Altbauten unter Denkmalschutz stehen und die Äpfel beim türkischen Feinkosthändler teurer sind als im Hauptbahnhof. Hier wohnen die Aufsteiger, Übermütter und ihre wohlerzogenen Kinder. Hier scheint alles in Ordnung †“ wenn man nicht vom Supermarkt ins Büro und vom Büro in den Kindergarten hetzt, so wie Leonie, wenn man nicht am Doppelleben als Karrierefrau und Mutter verzweifelt. Judith findet Halt in der Anthroposophie. Hingebungsvoll pflegt sie den Jahreszeitentisch für ihre Kleinen. Doch nachts helfen nur Tabletten gegen die Angst. Im Nebenhaus wohnen die alten Posselts. Sie haben geschafft, wovon die Enkelgeneration nur träumt, nämlich ein Leben lang zusammenzubleiben. Da versetzt Marco die Nachbarschaft in Aufruhr. Kürzere Tage ist eine wortmächtige Bestandsaufnahme und eine melancholische Abrechnung mit einer Gesellschaft, in der alle Werte fragwürdig geworden sind. Wohlstand und Aussichtslosigkeit, Eurythmie und Hysterie, Elternglück und Kinderleid. Virtuos schildert Anna Katharina Hahn das satte Stuttgart von einer anderen Seite.

Über die Autorin
Anna Katharina Hahn begann, nachdem sie 1990 in Stuttgart die Reifeprüfung abgelegt hatte, ein Studium der Germanistik, Anglistik und Volkskunde an der Universität Hamburg, das sie 1995 mit dem Magistergrad abschloss. Von 1996 bis 2001 war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Deutschen Bibel-Archiv und in der Handschriftenabteilung der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg tätig. Neben wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu spätmittelalterlichen Historienbibeln publizierte sie literarische Texte in Zeitschriften und Anthologien sowie zwei Bände mit Erzählungen. 2004 nahm sie am Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt teil.  2010 erhielt Anna Katharina Hahn den Roswitha-Preis, den ältesten und bedeutendsten Literaturpreis der nur an Frauen verliehen wird. Die Jury belohnte damit ihre Gabe „eleganten Stil, Sarkasmus und Empathie“ zu vereinen.  Sie lebt heute mit ihrer Familie in Stuttgart.

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