Reden ist Silber… Christian Kracht in der Albertina-Bibliothek in Leipzig

Alle Plätze waren bereits besetzt, als ich gegen 20.15 Uhr die Albertina-Bibliothek der Leipziger Universität erreichte. Doch wie eigentlich bei jeder Lesung blieben viele der reservierten Stühle für Presse und geladene Gäste frei. So bekam ich auf Anfrage tatsächlich einen Platz in der ersten Reihe und saß direkt neben Helge Malchow, Verlagsleiter von Kiepenheuer & Witsch, und dem Literaturwissenschaftler Johannes Birkfeld.

Klassische Musik, gedämpftes Licht und leises Stimmengemurmel steigerten die erwartungsvolle Atmosphäre in dem altehrwürdigen Gemäuer und schafften den richtigen Rahmen für den Stargast Christian Kracht. Doch als ich meinen Fotoapparat herausgekramt hatte, klopfte mir jemand auf die Schulter und reichte mir ein DIN A4-Blatt mit dem Hinweis, dass das Fotografieren unerwünscht sei. Dabei hätte ich wirklich sehr gerne dieses unvorteilhafte Foto des Schriftstellers in Trachtenjacke ersetzt und natürlich auch meine Galerien hier und hier ergänzt. Nun gut, zu dem Zeitpunkt hatte ich noch Hoffnung, am nächsten Tag auf der Leipziger Buchmesse bei der angekündigten Veranstaltung im 3sat-Forum erfolgreicher zu sein – nicht ahnend, dass Christian Kracht bereits alle Termine abgesagt hatte.

Johannes Birkfeld war als Moderator der Lesung angekündigt und ich nahm mir vor, möglichst genau den Inhalt der Diskussion zu notieren. Doch wie schon in Zürich bei der Premierenlesung zu „Imperium“ äußerte sich Christian Kracht auch hier nicht zu den Vorwürfen von Georg Diez, der in der im Spiegel veröffentlichen Rezension behauptet, dass Krachts neuer Roman „durchdrungen von einer rassistischen Weltsicht†œ sei. Weiter heißt es da: „An Krachts Beispiel könne man sehen, wie antimodernes, demokratiefeindliches, totalitäres Denken seinen Weg findet hinein in den Mainstream.

Auch wenn die meisten Kritiker Diez´ Interpretation widersprechen, ist es höchste Zeit, dass sich der Autor persönlich zu den Vorwürfen äußert. Aber Christian Kracht schweigt auch in Leipzig zu seiner angeblich rechten Gesinnung. Nach eine Minieinführung von Verleger Helge Malchow und Johannes Birkfeld setzte er sich an den Schreibtisch. Scheinbar war ihm kalt, denn er behielt über hellblauem Hemd und grauem Pullover fast während der gesamten folgenden Vorlesestunde seine dunkle Kapuzenjacke an – die linke Hand fest in Jackentasche vergraben.

Böse Zungen behaupten ja, dass Kracht zu den Vorwürfen schweigt, um die Umsätze ankurbeln – insofern hätte sein Schweigen tatsächlich etwas mit Gold zu tun.

Das wird teuer, Lady! Autor und Verlegerin drohen Literaturblog mit Klage

Am 16. November 2011 hat Myriel auf ihrem Literaturblog „Bücherzeit“ eine Rezension zu einem im Februar 2011 im Roder Verlag erschienen Roman von John Asht veröffentlicht. Da sie sich mit den vielen „Ungereimtheiten“ und der „schwerfälligen Sprache“ in dem über 900 Seiten starken „Ziegelstein“ nicht länger quälen wollte, hat sie nach 90 Seiten „Twin-Pryx. Zwillingsbrut“ abgebrochen.

Nun ist verständlicherweise kein Autor begeistert, wenn ein Rezensent sein monumentales Werk nicht zu Ende lesen kann. Aber wer will ihn dazu zwingen? Letztendlich ist doch die Wahrnehmung eines jeden Buches reine Geschmackssache. Auch an diesem Roman scheinen sich die Geister zu scheiden, denn alle vier Kundenrezensionen haben ihn bei Amazon mit 5 Sternen bewertet.

Warum sich der Autor John Asht und die Verlegerin Antje Roder jedoch anmaßen, Muriels Fazit nicht nur in Frage stellen, sondern sie auf beleidigende Art und Weise diffamieren und mit Klage drohen, ist unfassbar.

Na ja, von einer 23-jährigen Fantasy-Leserin, die mit gehobener Literatur überhaupt nichts anfangen kann, erwarte ich auch nicht mehr als eine solch†™ unqualifizierte Pseudo-Rezi.
Mädel, schreib†™s dir hinter die Ohren: Phantastische Literatur ist nicht „Fantasy†œ.
Also, tu uns allen einen Gefallen und bleib bei deinen Zwergen und Elfen †“ für mehr reichts nicht!
„, kommentierte John Asht am 17.12.2011 einen Monat nach der Veröffentlichung die Rezension.

Doch damit nicht genug, denn gut dreieinhalb Stunden später schrieb er folgendes: „… außerdem werde ich „Myriel†œ und „Bücherzeit†œ von meinem Rechtsanwalt gerichtlich ahnden lassen †“ denn mir sieht diese Einrichtung sehr suspekt aus †“ etwa so, wie von gewissen Leuten bezahlt, um einem Autor zu vernichten. Das wird teuer, Lady!

Noch suspekter wird die Angelegenheit, als die Verlegerin Antje Roder höchstpersönlich der Bloggerin nur einige Stunden später ausführlich erklärt, wie sie eine Rezension zu verfassen hat. Auch sie unterstellt Myriel, dass es natürlich bequem sei, so schön anonym einen Verriss zu posten. Man müsse ja dem vermeintlichen „Gegner†œ dabei nicht in die Augen schauen. Das sei nicht gerade mutig, aber eben einfach. Auf diese Weise könne man auch wunderschön sogenannte „Freundschaftsdienste†œ erfüllen und sich zum Handlanger anderer machen. Allerdings besitze jeder Verlag und auch jeder Autor die Handhabe, eine feindliche und destruktive Kampagne ahnden zu lassen, sodass dann vor der Staatsanwaltschaft auch der Deckname nichts mehr nütze. Die Person werde identifiziert und zur Rechenschaft gezogen.

Hat denn Frau Roder noch nie etwas von Artikel 5 des Grundgesetzes gehört?

Zum Glück bleibt Myriel gelassen und hat in mittlerweile fast 150 Kommentaren viel Zuspruch erhalten. Fast alle sind über das Vorgehen von Autor und Verlegerin empört, entsetzt und distanzieren sich öffentlich von ihnen.

Aber John Asht ist noch nicht fertig mit Myriels Bücherzeit und lamentiert heute auf seinem Blog über die guten alten Zeiten, als es noch echte Literaturkritiker gab. Unter der Headline Literatur-Kriminalität im Internet erzählt er eine unheimliche Geschichte, die von Rache für ein verschmähtes Manuskript, nicht geflossenen Geldern, gezielter Geschäftsschädigung wider besseren Wissens und einer Anzeige wegen Verstoßes gegen § 15 UWG „Geschäftlicher Verleumdung“ handelt.

Diesen Beitrag veröffentlichte der Autor heute ebenfalls auf Facebook und zwar direkt in die Gruppe „Schreiben & Lektorieren & Verlegen“.

Die Autorin Claudia Martini kommentiert dazu: „das alles hier hättest du dir lieber schenken sollen, damit schadest du nur dir selbst, deinem Werk und sogar ein bisschen uns anderen Autoren!“

John Asht sieht das allerdings ganz anders: „im Gegenteil – der Verkauf läuft gerade deswegen prima – die Leute kaufen jetzt TWIN-PRYX, lesen es und geben mir Recht: der Roman ist SUPER, sagen sie – allerdings nichts für Greenhorns…und ich bekomme Inbox soviele Zusprachen von Autoren die es ebenfalls satt haben, Geschenke und Gelder an kriminelle Rezensenten zu zahlen für positive Kritik. Genug ist Genug! Literaturkritiker haben neutral und objektiv zu sein! Was ich sehr verwerflich und abscheulich finde, ist dieses Meutegebaren von Halbstarken – das sind die Pseudeliteraten, die sich gegenseitig die Werke loben ohne sie überhaupt gelesen zu haben – so ziehen sie auch über andere her, ohne überhaupt zu wissen um was es geht. Unreif & Lächerlich!

Alles nur virales Marketing auf Kosten von Myriels Literaturblog?  Ich werde auf jeden Fall kein Buch aus dem Roder Verlag lesen, geschweige denn von dem Autor!

 

Schoßgebete: Softporno, Therapiesitzung und Eheratgeber?

Um es gleich vorwegzunehmen, ich habe beschlossen, Charlotte Roches Schoßgebete nicht zu lesen. Und zwar aus dem einfachen Grund, weil ich mich nicht einreihen möchte in die Gruppe der vielen, vielen Voyeure, die das Buch anziehen wird und die es danach entweder als voll geil oder als banales Frauengefummel abwerten. Als Frau ist mir die selbstbewusste dreiunddreißigjährige Engländerin durchaus sympathisch, als Schriftstellerin finde ich ihre radikale Offenheit beschämend.

Nicht ihre schriftstellerischen Fähigkeiten haben ihr Romandebüt Feuchtgebiete zum meistverkauften Buch im Jahr 2008 in Deutschland gemacht, sondern Themen wie Analverkehr, Intimhygiene, Masturbationstechniken, Intimrasur und Prostitution. Ging es bei Feuchtgebiet um die Verarbeitung der Scheidung ihrer Eltern, konfrontiert sie in Schoßgebete den Leser mit dem Unfalltod ihrer drei Brüder auf dem Weg zu ihrer Hochzeit im Jahr 2001. Zum ersten Mal erzählt Charlotte Roche jetzt öffentlich von diesem Schicksalsschlag durch ihre Protagonistin Elizabeth Kiehl. Sie beschreibt, wie die Unglücksnachricht sie erreichte, wie sie im Krankenhaus am Bett der Mutter, die schwer verletzt überlebt, wachte, wie ihre Familie und ihre Beziehung an den traumatischen Folgen zerbrach.

Am liebsten tagsüber und Fenster zu wegen der Nachbarn. So mag es Elizabeth. Ihr Mann macht die Heizdecken auf dem Bett an, dann kann´s losgehen. Sie fährt sofort mit der Hand rein in Georgs XXL-Yogahose. Und ab hier betrügt sie ihre Männer hassende Mutter, die ihr beibringen wollte, dass Sex etwas Schlechtes sei. Hat aber nicht geklappt, Glück für Elizabeth, Glück für Georg. Aber Sex ist ja nicht alles, es gibt auch noch das Essenkochen für ihre Tochter Liza, und es gibt den Exmann, Lizas Vater. Keine geringe Rolle spielen auch ihre Ängste und ihre schrecklichen Eltern. Wobei diese Themen für Elizabeth seit dem Unfall immer zusammengehören.

Schoßgebete“ erzählt von Ehe und Familie wie kein Roman zuvor. Radikal offen, selbstbewusst und voller grimmigem Humor ist es die Geschichte einer so unerschrockenen wie verletzlichen jungen Frau, heißt es in der Kurzbeschreibung.

Felicitas von Lovenberg schreibt in ihrer Rezension, die am 08.08.2011 in der FAZ veröffentlicht wurde, dass Charlotte Roche in Schoßgebete  quasi zu einer Therapiesitzung einlädt, in der der Leser in die Therapeutenrolle schlüpft.

Ich möchte auf gar keinen Fall die Therapeutin von Charlotte Roche sein. Dennoch bin ich sicher, dass die Startauflage von 500.000 Exemplaren nicht lange reichen wird. Schon 2 Tage vor Veröffentlichung hat es das Buch an die Spitze des Bestseller-Rankings bei Amazon geschafft.

Quasikriminelle literarische Energie: Die ganze Wahrheit von Norbert Gstrein

Die ganze Wahrheit von Norbert Gstrein

[…]“Wie Gstrein die Auswüchse dieses philosemitisch überhöhten Dichterkults beschreibt, macht ihm so schnell keiner nach. Dazu bedarf es einer quasikriminellen literarischen Energie, über die im deutschen Sprachraum nicht (mehr) viele verfügen.

Auf kaum ein Buch wartet der Literaturbetrieb mit solcher Spannung wie dieses: Norbert Gstrein hat mit „Die ganze Wahrheit“ einen Schlüsselroman zu Suhrkamp vorgelegt. Oder doch nicht? Was das Werk leistet, geht über bloße Enthüllungen weit hinaus“, sagt Richard Kämmerlings in seiner am 14.08.2010 in der FAZ veröffentlichten Rezension über Gstreins neuen Roman.

Kurzbeschreibung
Heinrich Glück, Verleger in Wien, lernt die junge, exzentrische Dagmar kennen und lässt sich scheiden, um seine letzten Jahre mit ihr zu verbringen. Immer ausschließlicher ergreift sie Besitz von seiner Existenz. Als er stirbt, soll er endgültig ihr Eigentum werden: Sie schreibt ein Buch über seinen Tod. Kann eine Frau behaupten, die ganze Wahrheit über ihren Mann zu wissen? Der langjährige Verlagslektor jedenfalls weigert sich, Dagmars Buch zu publizieren. In einem ironischen, brillanten Vexierspiel zeichnet der aus Österreich stammende Norbert Gstrein das Porträt einer Frau, die nur an eine Wahrheit glauben will: ihre eigene.

Die gebundene Ausgabe umfasst 302 Seiten und ist im August 2010 im Hanser Verlag erschienen.

Über den Autor
Norbert Gstrein, geboren 1961, lebt zur Zeit in Hamburg. Er veröffentlichte u.a. die Erzählungen Andertags, Einer, den Bericht Der Kommerzialrat, die Novelle O 2, die Romane Das Register sowie Das Handwerk des Tötens und gemeinsam mit Jorge Semprun die Reden Was war und was ist. Eng verbunden mit dem Roman Die englischen Jahre ist sein Buch Selbstportrait mit einer Toten. Er erhielt unter anderem den Berliner Literaturpreis, den Alfred-Döblin-Preis, den Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung und den Uwe-Johnson-Preis.

J.K. Rowling mit Plagiatsvorwurf konfrontiert

J.K. Rowling mit Plagiatsvorwurf konfrontiert: Willy the Wizard vs. Harry Potter

Die Familie des bereist 1997 verstorbenen britischen Autors Adrian Jacobs beschuldigt Rowling Figuren und Geschichten ihres Romans „Harry Potter und der Feuerkelch“ aus Jacobs´ Buch „Adventures of Willy the Wizard: Livid Land No. 1“ abgeschrieben zu haben.

Der britische Autor Jacobs habe seine Geschichte dem Literaturargenten Christopher Little angeboten, der hatte eine Veröffentlichung jedoch abgelehnt. Da Little inzwischen Rowling betreut, so die Kläger, müsse er ihr von „Willy dem Zauberer“ erzählt haben.

„Harry Potter und der Feuerkelch“ erschien 2000 bei Bloomsbury, das nur 36 Seiten umfassende Taschenbuch von „Willy the Wizard“ im November 1987 im Verlag Bachmann & Turner. In beiden Büchern sind die Protagonisten Zauberer und  nehmen an einem Zauberer-Turnier teil, das beide gewinnen. Weitere Übereinstimmungen sehen die Kläger u.a. darin, dass sowohl Harry als auch Willy in Zügen reisen.

„Diese Behauptung ist unbegründet und wird vehement verteidigt werden“, teilten die Sprecher des Bloomsbury Verlags in einer Stellungnahme mit.

Der Plagiatsvorwurf gegen Joanne K. Rowling wird voraussichtlich im nächsten Frühjahr verhandelt.

Quelle: Süddeutsche Zeitung v. 22.02.2010