Sabina Berman erhält LiBeraturpreis 2012 für „Die Frau, die ins Innerste der Welt tauchte“.

Die mexikanische Schriftstellerin Sabina Berman wird für ihren Roman „Die Frau, die ins Innerste der Welt tauchte“ mit dem LiBeraturpreis 2012 ausgezeichnet.

Wie das Börsenblatt berichtet, lobte die Jury die ungewöhnliche Perspektive, die Berman in ihrer Schilderung der Geschichte eines autistischen Mädchens einnimmt. Dadurch gelinge eine präzise Beschreibung der allgemein geltenden Verwertungs- und Nutzungslogik der Gesellschaft, wobei Bermann ohne moralischen Zeigefinger auskomme. Die Erzählweise sei sachlich und scharfsinnig, mitunter surreal und immer wieder humorvoll. Die schärfste Waffe gegen Borniertheit und Gefühlskälte finde Berman, so die Jury, in ihrer emotionslosen präzisen Sprache, die von Angelica Ammar kongenial ins Deutsche übertragen sei.

1955 als drittes von vier Kindern und Tochter der polnisch-jüdischen Emigranten Enrique Berman und Raquel Goldberg geboren, studierte Sabina Berman nach dem Abitur mexikanische Literatur und Psychologie an der Universidad Iberoamericana .

Schon während ihres Studiums Mitte der siebziger Jahre verfasste sie erste Theatertexte, in denen sie sich mit Themen über die persönliche Freiheit und die weibliche Identität auseinandersetzte. Ihr erster, autobiografischer Roman La Bobe (Die Großmutter) erschien 1990. Darin beschreibt die Autorin ihre Kindheit in der Kolonie aschkenasischer Juden in Mexiko-Stadt. Im Zentrum steht die jiddisch sprechende Großmutter.

Für ihre Theaterstücke, Fernsehspiele, Gedichte und Prosatexte hat Sabina Berman zahlreiche Auszeichnungen erhalten. Sie ist unter anderen viermalige Preisträgerin des Nationalpreises für Theater in Mexiko (Premio Nacional de Dramaturgia en México), hat den Premio Juan Ruiz de Alarcón und zwei Mal den Premio Nacional de Periodismo (1999 und 2007) erhalten.

Heute publiziert Sabina Berman Anthologien weiblicher Schriftsteller, kommentiert Morde an Frauen und schreibt Drehbücher. „In unserem Land herrscht nicht nur Machismus, es gibt auch ein sehr starkes feministisches Bewusstsein„, sagt Berman. Sie will die Frauen in Mexiko dazu ermutigen, „dem permanenten Angriff standzuhalten und darüber nicht zur Giftschlange zu werden.

Die Frau, die ins Innerste der Welt tauchte (Originaltitel: La Mujer que buceó dentro del Corazón del Mundo) ist Sabina Bermans zweiter Roman und die erste deutschsprachige Übersetzung. Er wurde bislang in 11 Sprachen und in über 33 Ländern, darunter Spanien, Frankreich, USA, England und Israel veröffentlicht.

Kurzbeschreibung
Eine der erfolgreichsten literarischen Stimmen Mexikos zeigt uns die Welt noch einmal neu.
Ich weiß, dass mein Geist langsam ist, zumindest verglichen mit dem der Standardmenschen.“ Dies sagt Karen, eine junge Mexikanerin. Zu Beginn des Romans ein verwahrlostes autistisches Mädchen, lernt sie in der Obhut ihrer Tante, „ich“ zu sagen und „ich“ zu werden. Das Meer und die großväterliche Thunfischfabrik werden ihre liebsten Orte, Wesen mit Kiemen sind ihr näher als „Standardmenschen“. Dabei hat sie letzteren viel zu geben, Ideen, Engagement, sogar Profit. Aber eines Tages steht alles auf dem Spiel, und auch die letzte Verbindung scheint gekappt wie ein Sauerstoffschlauch.

Der LiBeraturpreis, mit dem ausschließlich Frauen ausgezeichnet werden, wird am 7. Oktober 2012 um 16 Uhr in der Christuskirche in Frankfurt verliehen. Sabina Berman liest aus ihrem Roman am 9. Oktober, um 19.30 Uhr, im Literaturhaus Frankfurt.

Quelle Foto: Wikipedia

Autorinnen der Südhalbkugel: LiBeraturpreis 2011 geht an Nathalie Abi-Ezzi

Nathalie Abi-Ezzi erhält LiBeraturpreis 2011

Seit 1987 vergibt das Ökumenische Zentrum Christuskirche in Frankfurt am Main den LiBeraturpreis an Autorinnen aus Afrika, Asien und Lateinamerika. Der LiBeraturpreis wird ausschließlich an Frauen verliehen, da es Autorinnen vielen Ländern der Südhalbkugel unserer Erde noch schwerer als ihre männlichen Kollegen haben. Verbunden mit einem symbolischen Preisgeld in Höhe von 500 Euro ist die Einladung zur Frankfurter Buchmesse.

In diesem Jahr erhält die 1972 in Libanon geborene Autorin Nathalie Abi-Ezzi für ihren im Januar 2010 im Rowohlt Verlag erschienenen Roman „Rubas Geheimnis“ die Literaturauszeichnung. Die Jury wählte den Siegertitel aus einer von Lesern getroffenen Auswahlliste. Neben Nathalie Abi-Ezzi sind die Autorinnen Carla Guelfenbein (Chile) „Der Rest ist Schweigen„, Norma Huidobro (Argentinien) „Der verlorene Ort„, Betina González (Argentinien) „Nach allen Regeln der Kunst“ und Luisa Valenzuela (Argentinien) „Morgen“ auf der Shortlist nominiert.

Die Jury lobte Abi-Ezzis Darstellung des Libanonkriegs im Jahr 1982 aus der Sicht eines achtjährigen Mädchens. Ohne in religiöses Lagerdenken zu verfallen, zeichne das Buch ein Bild des „normalen“ Lebens inmitten einer vom Krieg gezeichneten Umgebung. Dabei behalte Abi-Ezzi stets die Sicht des Kindes bei, das im Alltag Glück und Zuwendung erfährt, die komplexen politischen Zusammenhänge allerdings nicht verstehen kann.

Die Handlung gipfelt in einer hoch dramatischen, aber dennoch glaubwürdig aus Kindesperspektive geschilderten Beschreibung des verheerenden und zerstörerischen Granathagels am Ende des Krieges. Und gerade in diesem Moment ist Glück und Zukunft im Mikrokosmos der Protagonisten möglich.

Nathalie Abi-Ezzi gelinge es in beeindruckender Weise, eine in der Berichterstattung oft übersehene Seite von kriegerischen Konflikten tief ins Bewusstsein ihrer Leserschaft zu rücken †“ dass und wie der Krieg Alltag für viele Menschen ist.

Über die Autorin
Nathalie Abi-Ezzi, 1972 im Libanon geboren, kam als 11-jährige nach Großbritannien. Sie hat zahlreiche Kurzgeschichten veröffentlicht. „Rubas Geheimnis„, ihr erster Roman, erschien 2008 auf Englisch und wurde für den Author†™s Club First Novel Award nominiert. Die deutsche Übersetzung von Annette Meyer-Prien kam 2010 im Rowohlt Verlag heraus.

Kurzbeschreibung
Das Mädchen und der Krieg †“ ein so berührender wie lebendiger Familienroman zum Dauerkonflikt im Nahen Osten „Nichts würde Vater jetzt aufwecken: kein Ruf, kein Schrei und ganz bestimmt nicht die Berührung eines Fingers. Er schlief inmitten dieser träge dahindösenden Luft, ein König auf seinem Thron, umgeben von Sprenkeln aus Sonnengold. Selbst der Raum schlief, abgeschlossen und zum Schweigen gebracht. Meine Finger bewegten sich in der Stille auf ihn zu. Und plötzlich war es ganz klar, dass ich das Mal auf seiner Stirn fortwischen und ihn befreien würde; ihn wieder zu dem Menschen erwecken würde, der er früher gewesen war. Er würde sich rühren und seine Augen reiben, ein paarmal zwinkern, und dann würde er aufstehen und lächeln.“
„Ein berührender Roman.“ The Financial Times

Der LiBeraturpreis wird am 9. Oktober 2011 um 16 Uhr in der Christuskirche in Frankfurt am Main verliehen. Die Autorin liest am 11. Oktober im Literaturhaus Frankfurt aus ihrem Roman.

Quelle: Börsenblatt