Die fünf Titel der Shortlist zum Schweizer Buchpreis 2012

Die Jury zum Schweizer Buchpreis 2012 hat insgesamt 76 Titel gelesen und diskutiert, alles Bücher, die zwischen Oktober 2011 und September 2012 publiziert und von Verlagen eingereicht worden sind. Beteiligt haben sich 26 Verlage aus der Schweiz, 18 aus Deutschland und ein Verlagshaus aus Österreich. Der Hanser Verlag wird sich freuen, da er gleich mit zwei Büchern aus dem aktuellen Programm vertreten ist. Zwei Autorinnen und drei Autoren, vier Romane, ein Essayband und zwei wirklich kuriose Buchtitel steigen ins Rennen um den mit einer Preissumme von 30.000 Schweizer Franken (zuvor 60.000) dotierten Schweizer Buchpreis.

Die Preisverleihung findet am Sonntag, 11. November 2012, um 11 Uhr im Theater Basel statt.

Die nominierten Romane der Shortlist

Sibylle Berg, Vielen Dank für das Leben (Hanser Verlag, Juli 2012)

Kurzbeschreibung
Toto ist ein Wunder. Ein Waisenkind ohne klares Geschlecht. Zu dick, zu groß, im Suff gezeugt. Der Vater schon vor der Geburt abgehauen, die Mutter bald danach. Und doch bleibt Toto wie unberührt. Im kalten Sommer 1966 geboren, wandelt er durch die DDR, als ob es alles noch gäbe: Güte, Unschuld, Liebe. Warum, fragt er sich, machen die Menschen dieses Leben noch schrecklicher, als es schon ist? Toto geht in den Westen, wo der Kapitalismus zerstört, was der Sozialismus verrotten ließ. Nur zwei Dinge machen ihm Hoffnung – das Wiedersehen mit Kasimir und sein einziges Talent: das Singen. Es führt Toto bis nach Paris. Ein wütender, schriller Roman einer großen Autorin über das Einzige im Leben, was zählt.

Ursula Fricker, Außer sich (Rotpunktverlag, Februar 2012)

Kurzbeschreibung
Sommer in Berlin †“ und eigentlich wären Katja und Sebastian viel lieber im Bett geblieben an diesem Samstagmorgen. Endlich wieder einmal ausschlafen, endlich wieder einmal in den Tag hinein leben. Aber das Wochenende ist, wie so vieles im Leben des Architektenpaares, verplant, und sie machen sich auf den Weg, Freunde in Mecklenburg zu besuchen. Während der Fahrt passiert es: Sebastian erleidet einen Schlaganfall. Ein Helikopter bringt ihn ins Krankenhaus, und der Intensivmedizin gelingt es, Sebastian am Leben zu halten. Bald aber wird klar, dass er schwer geistig behindert bleiben wird. Katja hofft zunächst, Sebastian mit ihrer Nähe, mit ihrer Liebe zurück ins Leben holen zu können. Aber erkennt er sie überhaupt noch? Wo sind die Bilder der Erinnerung, die Pläne für die Zukunft, Wünsche und Träume? Ist das noch Sebastian? Das Buch erzählt Katjas einsame Auseinandersetzung mit den Grenzen ethisch-moralischer Grundsätze, folgt ihrem Weg hin zu einer endgültigen Entscheidung. Es ist die Geschichte einer starken Liebe.

Peter von Matt, Das Kalb vor der Gotthardpost (Hanser Verlag, Februar 2012)

Kurzbeschreibung
Peter von Matt liebt die Schweiz, ein Land zwischen Idylle und Globalisierung, zwischen alpiner Tradition und Hightech-Tunnel. Reich an Bildern und Weisheit, mit Witz und kämpferischer Vehemenz wirft er aber auch einen kritischen Blick auf die Gesellschaft: Auf ihren schludrigen Umgang mit der Sprache oder die Abschottung gegen Einwanderer. Mit deutschen Literaten wie Friedrich Schiller oder Max Frisch im Blick liest er Politik und Landsleuten seiner Heimat die Leviten. Dieses Buch führt uns vor Augen, dass und warum die Beschäftigung mit Literatur mitten ins Herz des Bewusstseins eines jeden Staatsbürgers trifft.

Thomas Meyer, Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse (Salis Verlag, März 2012)

Kurzbeschreibung
Der junge orthodoxe Jude Mordechai Wolkenbruch, kurz Motti, hat ein Problem: Die Frauen, die ihm seine mame als Heiratskandidatinnen vorsetzt, sehen alle so aus wie sie. Ganz im Gegensatz zu Laura, seiner adretten Mitstudentin – doch die ist leider eine Schikse: Sie trägt Hosen, hat einen hübschen tuches, trinkt Gin Tonic und benutzt ungehörige Ausdrücke. Zweifel befallen Motti: Ist sein vorgezeichneter Weg wirklich der richtige für ihn? Sein Gehorsam gegenüber der Mame mit ihren verstörenden Methoden schwindet. Dafür wächst seine Leidenschaft für Laura. Die Dinge nehmen ihren Lauf. Und Motti kann schon recht bald einen Schluss ziehen: Auch Schiksn haben nicht alle Tassen im Schrank.ennenlernt, haben wohl keinen dicken tuches, aber dafür nicht alle Tassen im Schrank. Thomas Meyers Roman führt auf unterhaltsame und kurzweilige Weise sozusagen vom orthodoxen A zum säkularen B, wobei sich an den Problemen mit den Frauen tendenziell bloß ändert, dass sie keine jüdischen Namen mehr tragen

Alain Claude Sulzer, Aus den Fugen (Verlag Galiani Berlin, August 2012)

Kurzbeschreibung
Die plötzliche Stille ist lauter als ein Paukenschlag: Mitten in einer atemberaubenden Interpretation der Hammerklaviersonate bricht der international gefeierte Starpianist Marek Olsberg abrupt sein Spiel ab. Mit den Worten „Das war´s“ schließt er den Klavierdeckel und verlässt den Saal. Olsbergs unvorhergesehene Tat wird allerdings nicht nur sein eigenes Leben in neue Bahnen lenken. Er ist eine von vielen Hauptfiguren in Alain Claude Sulzers neuem Roman. Da ist z. B. Olsbergs Agent, der sich mit seinem neuen Freund schon auf dem Weg zur Philharmonie in die Haare bekommt. Da ist Sophie, die erst während des Konzerts begreift, dass ihre letzte Liebe inzwischen mit ihrer Nichte Klara angebändelt hat, und die sich deswegen ein Gläschen zu viel gönnt. Da ist Esther, die ihre frisch geschiedene Freundin mit dem Olsberg-Konzert aufmuntern will und die bei der außerplanmäßig frühen Rückkehr vom Konzert bemerken muss, dass ihr Mann nicht daheim ist. Dafür aber sein Handy mit einer befremdlichen Nachricht seiner Assistentin Sabine. Ein bewegender Roman, in dem sich auf engstem Raum eine Fülle menschlicher Schicksale entfaltet. Ein Buch voll unvermuteter Wendungen und existentieller Tiefe. Als habe das abgebrochene Klavierspiel eine Schwingung ausgelöst, die das Leben aller, die dabei waren, in Bewegung bringt.

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Die Jury hat nach intensiver Diskussion mit grosser Überzeugung fünf Titel ausgewählt, welche alle des Preises würdig wären und welche insgesamt die große Spannweite des literarischen Schaffens in der deutschen Schweiz widerspiegeln„, sagt Jury-Sprecher Hans Ulrich Probst (Literaturredaktor Schweizer Radio DRS 2).

Die nominierten Autorinnen und Autoren werden ihre Bücher auf einer Lesetour durch Deutschland, Österreich und die Schweiz präsentieren. Den Start machen zwei Auftritte an der Frankfurter Buchmesse.

Nach Zürich (26. Oktober, Festival „Zürich liest“) und Bern (27. Oktober, Kornhausforum) geht‘ s in die Literaturhäuser von Berlin, Hamburg und Düsseldorf und zum ersten Mal auch nach Wien. Am 9. und 10. November 2012 schließlich werden die fünf Nominierten am Internationalen Buch- und Literaturfestival BuchBasel lesen.

Quelle: Schweizer Buchpreis

 

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