Im Namen der Lüge von David Ellis erschien in der USA 2005 unter dem Titel In the Company of Liars.
Für seinen Debütroman Line of Vision erhielt David Ellis 2002 den Edgar-Allan-Poe-Award. In Gottes Namen (Eye of the Beholder, 2007) schaffte es 2008 in die deutschen Bestsellerlisten.
Mit Im Namen der Lüge hat David Ellis einen völlig neuartigen Thriller geschrieben. Er rollt die Geschichte komplett von hinten auf. Nach eigenen Angaben war er schon immer fasziniert von Zaubertricks. Bei einem Zaubertrick sieht man zwar wie das Kaninchen aus dem Hut erscheint, wie der Trick jedoch funktioniert, bleibt ein Geheimnis. So kam er auf die Idee seinen Thriller „rückwärts“ zu schreiben. Als Leser stellt man Vermutungen über den Ablauf der Geschichte an, hier bekommt man ein rätselhaftes Ende am Anfang präsentiert – den Tod von Allison Pagone.
Kurzbeschreibung
Allison Pagone war eine erfolgreiche Autorin, jetzt ist sie tot. Wurde sie ermordet? Je tiefer das FBI in ihre Vergangenheit eintaucht, umso mehr Ungereimtheiten ergeben sich. Könnte ihr Liebhaber etwas mit dem brisanten Todesfall zu tun haben? Stück für Stück entfaltet sich ein Minenfeld aus Intrigen, Verrat und kaltblütiger Berechnung, das bis in die Spitzen des weltweiten Terrorismus reicht.
„Dieser zweite Thriller überragt seit langem alles was ich gelesen habe“, schreibt eine Rezensentin auf Büchereule.de
Leseprobe © Copyright Heyne Verlag
Samstag, 5. Juni
McCoy dringt als Erste in das Haus ein. Sie hört den Mann durch den Flur rennen, seine nackten Füße klatschen über das blanke Parkett. „Hinteres Schlafzimmer“, zischt ihr ein Teammitglied über Headset ins Ohr. Der Beamte ist auf der Rückseite des Hauses postiert, wo er durchs Küchenfenster späht und den Fluchtweg abriegelt.In ihrem unmittelbaren Gefolge stürmt ein Team von acht FBI-Beamten das Haus, doch niemand ist vor McCoy im Flur. Den Rücken flach an die Wand gepresst, die Glock im Anschlag, bewegt sie sich auf die Schlafzimmertür zu. Sie lauscht. Über das Getrappel ihrer Leute hinweg kann sie ein dumpfes Schluchzen vernehmen. Rasch streckt sie den Arm aus und drückt die Klinke. Die Tür öffnet sich einen Spalt. McCoy stößt sie mit dem Fuß weiter auf, wirbelt herum und zielt mit der Waffe in den Raum. Das Bild, das sich ihr bietet, entspricht in etwa dem, was sie erwartet hat.Er steht am anderen Ende des Schlafzimmers, zwischen einer Art begehbarem Wandschrank und der Badtür. Ein breites Doppelbett trennt McCoy von dem Mann.McCoy hebt in ihrem Rücken die Hand, ihre Leute im Flur verharren regungslos, dann kehrt ihre Hand an die Glock zurück.“Legen Sie die Waffe weg, Doktor“, befiehlt sie.Doktor Lomas ist ein gebrochener Mann, nur noch ein Schatten der stolzen Persönlichkeit, die sie auf den Hochglanzfotos der Firmenbroschüren gesehen hat. Sie unterdrückt den instinktiven Impuls, ihn als bloßes Opfer zu betrachten, auch wenn er in gewisser Hinsicht genau das ist, ein Opfer. So wie er jetzt vor ihr steht, mit nackten Füßen, in Boxershorts und zerknittertem, verschwitztem T-Shirt, mit schütterem Haar und ausgemergelten Gliedern, erkennt sie in ihm nur mit Mühe den genialen Wissenschaftler wieder.Der Doktor schluchzt inzwischen hemmungslos, sein Brustkasten bebt, Tränen laufen ihm über die Wangen. Und obwohl es zu ihrem Job gehört, in menschliche Abgründe zu blicken und immer wieder mitzuerleben, wie Existenzen in sich zusammenbrechen, hat sie es doch nur selten mit jemandem zu tun, der sich eine Pistole an die Schläfe presst.McCoy hört, wie ein Beamter hinter ihr einen Rettungswagen anfordert. Andere durchsuchen das Haus, treten die Türen von Zimmern und Schränken ein.“Ich wusste ja nicht …“, stammelt Lomas zwischen Weinkrämpfen und verrät damit lediglich, dass er sehr wohl Bescheid wusste oder doch zumindest etwas vermutet hat. „Ich hatte . ich hatte ja keine Ahnung.““Ich glaube Ihnen, Doktor“, sagt sie ruhig. „Legen sie die Waffe aufs Bett und lassen Sie uns reden.“ „Sie werden mich töten“, sagt er.Und damit meint er nicht die FBI-Agenten, die momentan sein Haus durchstöbern. McCoy weiß das. Und Doktor Lomas weiß, dass sie es weiß.“Sie können Ihnen nichts mehr anhaben, Doktor. Wir haben sie alle geschnappt. Sie sind der Letzte.“Er scheint nicht zuzuhören. Die Angst vor dem Tod ist ganz offensichtlich nicht seine größte Sorge. Was seine Brust zum Beben und seinen Arm zum Zittern bringt, so dass er kaum die Pistole gegen den Schädel halten kann, sind nicht die gegenwärtigen, sondern die bereits vergangenen Schrecken.Im Fernseher auf der dunklen Eichenkommode laufen die Nachrichten. Der Text am unteren Bildrand verkündet: „Muhsin al-Bakhari gefasst!“ Reporter berichten live aus dem Norden des Sudan, Kameras zeigen den Schauplatz eines Angriffs auf einen Terroristen-Konvoi, bei dem die „Nummer zwei“ der Befreiungsfront gefasst wurde.“Wissen Sie, warum wir Sie als Letzten verhaften?“, fragt McCoy so gelassen wie möglich. „Weil wir Sie nicht als große Gefahr betrachten. Sie sind kein böser Mensch. Wir wissen, Sie wurden getäuscht.“ McCoy deutet auf den Bildschirm. „Sehen Sie das, Doktor? Sehen Sie, dass wir Mushi erwischt haben?“Doktor Lomas blinzelt, als überrasche ihn der plötzliche Themenwechsel. Selbstmorde sind häufig die Folge gedanklicher Einbahnstraßen. Menschen erkennen ihren letzten Ausweg darin, sich eine Kugel in den Kopf zu jagen oder die Pulsadern aufzuschneiden. Eine mögliche Rettung besteht darin, ihren Tunnelblick zu weiten, sie abzulenken, bis sie wieder einen klaren Gedanken fassen können.“Na und?“, stößt er mit krächzender Stimme hervor. Sein Finger krümmt sich um den Abzug.Er ist kaum fünf Schritte von McCoy entfernt, aber das Bett unterbindet jeden Versuch, ihn blitzartig außer Gefecht zu setzen. Wenn dieser Kerl partout sterben will, wird sie es nicht verhindern können.“Mag sein, dass Sie Ihren Teil dazu beigetragen haben.“ McCoy nickt und deutet dann wieder in Richtung Bildschirm. „Aber was ist mit den Hauptübeltätern?““Die …?“ Lomas‘ Gesicht verzerrt sich zu einer zittrigen Grimmasse, und sein schiefer Mund formt mühsam dieWorte: „Für die . für die war das alles bestimmt? Für Terroristen?““Wir konnten noch rechtzeitig einschreiten“, beruhigt McCoy ihn rasch. „Die Formel ist in unseren Händen. Es ist vorbei, Doktor. Niemand ist zu Schaden gekommen.““Allison Pagone“, jammert er. „Ich bin schuld an ihrem Tod. Ich wusste, es war kein Selbstmord“, fügt er leise hinzu. „Die haben sie ermordet.“ Erneut beginnt sein ganzer Körper zu beben, als würde er von Stromstößen durchzuckt.“Hören Sie, Doktor, Allison Pagone .““Keinen Schritt näher.“ Lomas weicht zurück und stößt dabei gegen die Wand. Durch den Aufprall wird sein Ellbogen nach unten gedrückt, die Waffe rutscht von seiner Schläfe, und die Mündung zeigt für einen Moment zur Decke.McCoy feuert einmal, direkt in das Nervengeflecht oberhalb seines rechten Schlüsselbeins. Die Pistole fliegt ihm aus der Hand, poltert zu Boden und bleibt innerhalb des Wandschranks liegen. Der Schuss in den Armnerv hat zwei große Vorteile: Der Getroffene kann keine Waffe mehr halten; und Schulterverletzungen heilen zumeist ohne bleibende Schäden, während ein Schuss in die Hand diese womöglich für immer unbrauchbar macht.Gleich darauf ist sie über ihm, während er langsam zu Boden sinkt. Lomas unternimmt keinen Versuch, seine Waffe zu erreichen. Nicht einmal die Wunde scheint er richtig zu bemerken.
Über den Autor
David Ellis machte 1993 an der Northwestern Law School seinen Abschluss und arbeitet heute in Chicago als Anwalt mit Schwerpunkt Verfassungsrecht. Für seinen Debütroman „Line of Vision“ erhielt er 2002 den Edgar-Allan-Poe-Award. David Ellis lebt mit seiner Frau, einer Tochter und zwei Hunden in Springfield, Illinois.
Das Taschenbuch umfasst 432 Seiten und ist am 20.08.2009Â im Heyne Verlag erschienen. Es ist für 8,95 Euro im Handel erhältlich.
hallo
Das buch hört sich ganz gut an, bin gerade auf der suche nach etwas neuem zum schmökern, könnte ein guter tipp sein.
gruss