Mit dem iPad führt Apple einen Online-Buchladen namens iBooks ein
Gestern wurde der neue Tablet-Computer iPad von Apple der Öffentlichkeit präsentiert. Der Medienhype war erwartungsgemäß enorm groß. Die Computerbranche versucht schon seit Jahren vergeblich Tablet-Computer am Markt zu etablieren, bislang vergeblich. Kann Apple alle Erwartungen erfüllen und den Durchbruch für die neue Geräteklasse schaffen?
Apple-Chef Steve Jobs gab bei der Präsentation das Gewicht des „magischen und revolutionären“ iPad mit 1,5 Pfund und die Dicke mit 1,2 Zentimeter an. Die Batterielaufzeit soll zehn Stunden betragen und die Standby-Zeit mehr als einen Monat.
Die Preise für die unterschiedlichen Modelle sind erstaunlich niedrig. Es geht los bei 499 $ und reicht bis 829 $ für das Modell mit Mobilfunk und 64 GB Datenspeicher.
Mit dem iPad führt Apple einen Online-Buchladen namens iBooks ein. Er wird eine neue Abteilung im Online-Shop iTunes-Store sein, der in jüngster Zeit rasant gewachsen und ein wichtiger Grund für Apples Erfolg ist. Bisher gibt es in dem Store Musik, Spielfilme, TV-Sendungen und Software für spezielle Online-Anwendungen, die sogenannten Apps.
Im iBook-Store stellen zunächst fünf Verlagsgruppen ihr Angebot an E-Books bereit: Penguin, Simon & Schuster, HarperCollins, die Hachette Book Group und Macmillan. Das werden zunächst vor allem englischsprachige Titel sein. Doch ist damit zu rechnen, dass schon bald auch deutsche Verlage ihre Titel in dem neuen Apple-Shop bereitstellen werden.
Begünstigt wird dies dadurch, dass sich Apple im Unterschied zu Amazon für das verbreitete EPUB-Format entschieden hat. Dieses XML-Format ist ein offener Standard, der auch einen DRM-Kopierschutz ermöglicht, so dass die Bücher nur auf einer begrenzten Zahl von Geräten gelesen und nicht frei kopiert werden können.
Die Vorstandschefin von Simon & Schuster, Carolyn Reidy, bezeichnete das iPad als ein „grandioses Gerät“. Der Leser könne mit dem Finger die Schriftart ändern und intuitiv umblättern.
Apple tritt mit iPad und Online-Buchshop gegen Anbieter wie Amazon oder Sony an. Bisher sind die „E-Book-Reader“ hoch spezialisierte kleine Geräte, die ihre Texte auf einem besonderen Bildschirm anzeigen.
Dabei kommt meist eine als E-Ink – also „elektronische Tinte“ – bezeichnete Technik zum Einsatz, die kaum Strom verbraucht. Für die Darstellung von Fotos oder gar Videos ist dieses Display weniger gut oder gar nicht geeignet, zumal es bislang nur Graustufen anzeigen kann.
Apple-Vorstandschef Jobs würdigte zwar die „großartige Pionierleistung“ von Amazon mit seinem vor allem in den USA erfolgreichen E-Book-Reader Kindle. Das für Ende März angekündigte iPad geht aber einen anderen Weg. Es ist mit einer Bildschirm-Diagonalen von 9,7 Zoll ebenso groß wie der Kindle DX von Amazon, übernimmt jedoch vom iPhone das „kapazitive Multi-Touch Display“ mit der vollen farbigen Darstellung.
Ein weiterer Vorteil könnte der schnelle Ein-Gigahertz-Prozessor sein, eine neuartige Eigenentwicklung mit der Bezeichnung Apple A4.
Dieser verspricht ein deutlich schnelleres Umblättern von Buchseiten als mit den bisherigen Geräten etwa des Amazon-Konkurrenten Sony. Ein Nachteil gegenüber den bisherigen E-Book-Readern ist die kürzere Batterielaufzeit – Apple nennt eine Betriebszeit von zehn Stunden und verspricht „eine typische Lebensdauer“ des fest eingebauten Akkus von fünf Jahren.
E-Book-Reader werden auch von Zeitungsverlagen mit Interesse beobachtet. Der regelmäßige Download der aktuellen Tageszeitung eröffnet eine dritte Schiene zwischen den unter Absatzschwund leidenden Print-Ausgaben und dem zumeist kostenlosen Angebot in Internet.
Bei der Präsentation in San Francisco zeigte Martin Nisenholtz von der „New York Times“, wie seine Zeitung auf dem iPad gelesen werden kann. „Wir denken, wir haben das Wesen der Zeitungslektüre eingefangen“, sagte Nisenholtz.
So entspricht das Bildschirm-Layout weitgehend dem der gedruckten Ausgabe, ergänzt um interaktive Möglichkeiten. Dazu gehört auch die Einbindung von Videos in einen Zeitungsartikel.
Bücher und Zeitungen können mit dem iPad heruntergeladen werden, wenn sich das Gerät in einem W-Lan-Netz befindet. Sie werden auf einem robusten Flash-Speicher abgelegt, der je nach Ausführung 16, 32 oder 64 Gigabyte umfasst. Modelle, die wie der Kindle auch den Download im Mobilfunknetz ermöglichen, sind in den USA für April angekündigt. Für Europa steht noch nicht fest, ob es dort ebenfalls die Mobilfunk-iPads geben wird.
Die IT-Branche vermisst einen superbrillanten Bildschirm mit OLED-Technologie, eine Videokamera auf Vorder- und Rückseite und die Unterstützung für die Flash-Technologie von Adobe. So werde Apple vor allem auf den Nutzwert und den Spaßfaktor seiner Apps setzen müssen, meinen Kritiker.
Dicke Minuspunkte bekommt Apple auch für die wenigen Anschlüsse des iPad. Daten können nur mit einem speziellen Kabel zwischen iPad und einem Computer synchronisiert werden, der Anschluss von externen Geräten, wie Digitalkamera oder Festplatte per USB oder etwa ein SD-Speicherkarten-Slot fehlen leider.
Auch Multitasking unterstützt das iPad nicht. Mehrere Anwendungen können nicht parallel laufen. Der Nutzer muss naturgemäß auf eine echte Tastatur verzichten, aber auch der interne Speicher ist mit maximal 64 Gigabyte deutlich geringer als bei herkömmlichen Laptops oder Netbooks. Gelöst wird das Problem der fehlenden Anschlüsse Presseberichten zufolge mit einer Reihe von Adaptern, die Apple mit dem Gerät mitliefern kann. Auch eine externe Tastatur soll sich anschließen lassen.
Das iPad ist kein Telefon. Wie auf einem normalen Computer kann man aber Internettelefonie nutzen, beispielsweise Skype. Ähnlichkeiten mit dem iPhone bestehen dennoch – vor allem beim Aussehen.
Wie Apples Handy kann das iPad außerdem mit Videos, Musik und kleinen Programmen („Apps“) bestückt werden. Für das iPhone sind nach den Worten von Jobs inzwischen mehr als 140.000 Anwendungen verfügbar, dazu zählen Spiele, Navigationshilfen, Stadtpläne aber auch digitale Ausgaben von Zeitschriften und Zeitungen.
Die iPhone-Apps sollen alle auch auf dem iPad laufen. „Das wird einen neuen Goldrausch für Entwickler auslösen“, sagte Jobs bei der Vorstellung des neuen Gerätes am Mittwoch.
Passend zum iPad wird Apple eine Variante des Office-Pakets „iWork“ auf den Markt bringen, das aus einer Textverarbeitung, Tabellenkalkulation sowie einem Präsentationsprogramm besteht. Die drei iWorks-Anwendungen werden für jeweils 10 $ im iTunes-Store verkauft. Dieses Angebot wird als klare Attacke auf die Office-Programme von Microsoft gewertet.
Eine wichtige Premiere ist auch, dass das iPad mit einem eigenen Chip von Apple arbeitet, statt Prozessoren von Herstellern wie Intel oder ARM zu nutzen.
Apple hatte im Frühjahr 2008 den kleinen Chip-Hersteller PA Semiconductor gekauft, der leistungsstarke und sparsame Prozessoren unter anderem für das US-Militär entwickelte. Apple verspricht mit dem neuen Chip eine iPad-Laufzeit von bis zu zehn Stunden. „Ich kann von San Francisco nach Tokio fliegen und die ganze Nacht Videos schauen“, sagte Jobs bei der Präsentation am Mittwoch.
Quelle: Wissen.de