Reinhard Jirgl erhält den Grimmelshausen-Preis 2009 für den Roman „Die Stille“

Der Grimmelshausen-Preis 2009 geht an den 1953 in Berlin geborenen Schriftsteller Reinhard Jirgl für seinen Roman „Die Stille“. Dies teilten die Stifter am Mittwoch in Renchen (Ortenaukreis) mit. Der Preis ist mit 10 000 Euro dotiert und wird alle zwei Jahre von Renchen und der hessischen Stadt Gelnhausen sowie den Bundesländern Baden-Württemberg und Hessen vergeben.

Mit dem Grimmelshausen-Preis werden seit 1993 Schriftsteller ausgezeichnet, die eine „Beitrag zur künstlerischen Auseinandersetzung mit der Zeitgeschichte“ geleistet haben. Zu den bisherigen Preisträgern gehören Ruth Klüger, Robert Menasse, Adolf Muschg sowie zuletzt Dieter Forte und Feridun Zaimoglu.

„Jirgls neuer Roman Die Stille verlangt viel von seinem Leser und ist eines der bedeutendsten Bücher unserer Zeit. … Jirgls Bücher sind eine Zumutung. Genau das aber macht ihn zu einem der großen, vielleicht zu dem wichtigsten Autor der deutschen Gegenwartsliteratur. Sein Werk ragt heraus, weil es einzigartig ist.“ Martina Meister, Die Zeit, 26.03.09

die-stilleKurzbeschreibung
Einhundert Jahre aus der Geschichte zweier Familien und aus der Geschichte eines Landes: Reinhard Jirgls „Die Stille“ ist das monumentale Epos vom langen 20. Jahrhundert in Deutschland. Am Anfang steht ein Fotoalbum, die ältesten Bilder sind über achtzig Jahre alt: einhundert Fotografien zweier Familien, die eine aus Ostpreußen stammend, die andere aus der Niederlausitz. Zwei Weltkriege, Inflation, Flucht und Vertreibung haben diese beiden Familien über fünf politische Systeme hinweg, von der Kaiserzeit bis heute, überlebt. Den einhundert Fotografien folgend, erzählt Jirgl Geschichten von Verletzungen, Liebe und Verrat. „Die Stille“ bestätigt seinen außergewöhnlichen Rang.

Über den Autor
Reinhard Jirgl, geboren 1953 in Berlin, lebt dort als freier Schriftsteller. Für sein Werk erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, u.a. den Alfred-Döblin-Preis,den Marburger Literaturpreis, den Joseph-Breitbach-Preis und zuletzt den Stadtschreiber-Preis von Bergen. Bei Hanser erschienen zuletzt Abtrünnig (Roman aus der nervösen Zeit, 2006), Land und Beute (Aufsätze, 2008) und Die Stille (Roman, 2009).

Quellen: Süddeutsche Zeitung, Wikipedia

Uwe Timm erhält den mit 20 000 Euro dotierten Heinrich-Böll-Preis

Den Heinrich-Böll-Preis verleiht die Stadt Köln im Gedenken an einen ihrer größten Söhne, den Literaturnobelpreisträger Heinrich Böll. Der Literaturpreis wird alle zwei Jahre vergeben und ist mit 20 000 Euro dotiert.

In diesem Jahr erhält der 49-jährige deutsche Schriftsteller  Uwe Timm die Auszeichnung.

Die Jury ehrt damit einen Autor, der das Große im Kleinen und das Kleine im Großen zeige †“ damit stehe Uwe Timm in der Tradition eines Heinrich Böll.

„Und wie dieser belässt er seinen Protagonisten einen Hauch von Glanz, jene leise Vision von einer gerechteren Welt jenseits aller Ideologien. Es ist eben jene Geschichte, es sind die Zeitläufe, die der Autor der so genannten 68er Generation mit seinem Werk wie kein zweiter bundesdeutscher Schriftsteller begleitet hat. Begleitet, gelebt und transformiert… War es in seinem Romandebüt „Heißer Sommer“ noch die unmittelbare Erlebniswelt seiner Generation, die das Private zum Politischen erklärte und die Politik im Privaten verortete, so wandte er den Blick bereits in den folgenden Büchern auf das größere Ganze, zeigte seine Helden konfrontiert mit deutscher Kolonialgeschichte („Morenga“, „Der Schlangenbaum“) und erzählte von den vernichtenden Auswirkungen des Krieges und des Faschismus, der auch die kleinsten Träume von Glück und Liebe nicht unbeeinflusst ließ †“ beispielhaft vorgeführt in der Novelle „Die Entdeckung der Currywurst†œ, heißt es in der Begründung der Jury.
Uwe Timm sucht die Gravuren der Zeitgeschichte im gelebten Leben. Er findet sie in der Sprache, die das Erzählen zum identitätsstiftenden Instrument macht. Durch die kunstvolle Verschränkung von Historischem mit Poetischem ermöglicht er den Zugang zu neuen Erkenntnissen.†œ

Der Heinrich-Böll-Preis wird am Freitag, 11. Dezember, um 18.30 Uhr, im Historischen Rathaus der Stadt Köln verliehen. Der Jury gehörten neben Oberbürgermeister Fritz Schramma und Vertretern aus Rat und Verwaltung als Fachjuroren Marcel Beyer, Günter Blamberger, Liane Dirks und Hajo Steinert an.

Quelle: Börsenblatt

Literatur: Ismail Kadare erhält den Prinz-von-Asturien-Preis 2009

Die mit 50 000 Euro dotierten Prinz-von-Asturien-Preise sind die „spanische Version des Nobelpreises“.

Die Preisträger können Einzelpersonen, Institutionen oder Gruppen aus der ganzen Welt sein, die sich durch ihren Lebenslauf in einer der folgenden acht Kategorien auszeichnen: Kunst (2009: Norman Foster), Literatur (2009: Ismail Kadare), Sozialwissenschaften (2009: David Attenborough), Kommunikation und Geisteswissenschaften (2009: Universidad Nacional Autónoma de México – in 2008 übrigens Google), Eintracht, Internationale Zusammenarbeit (2009: Weltgesundheitsorganisation), Wissenschaftliche und technische Forschung (2009: Martin Cooper und Ray Tomlinson) und Sport.

In der Kategorie Literatur erhält in diesem Jahr der 73-jährige albanische Schriftsteller Ismail Kadare den angesehenen Prinz-von-Asturien-Preis. Schon in der letzten Jahren hatte Kadare zu den Nominierten gezählt, jetzt setzte er sich in der Endausscheidung gegen den Niederländer Cees Noteboom, den Italiener Antonio Tabucci, den Briten Ian McEwan und den Tschechen Milan Kundera durch. Insgesamt hatten sich 31 Autoren aus 25 Ländern um den Preis beworben.

Die Jury begründete ihre Entscheidung für Kadare damit, dass der Autor sich in seinem Werk gegen jede Form des Totalitarismus ausspreche.

Ismail Kadare lebt heute in Tirana und Paris. 2005 wurde er als erster Autor mit dem neu geschaffenen Man Booker International Prize geehrt.

Seinen literarischen Durchbruch hatte Kadare 1964 mit dem berühmt gewordenen und mehrfach (unter anderem mit Michel Piccoli und Marcello Mastroianni) verfilmten Roman Der General der toten Armee. Zahlreiche weitere Romane folgten, die schnell auch im Ausland Beachtung fanden.

der-general-der-toten-armeeKurzbeschreibung
Mit Karten, Listen und eisernem Gerät rückt ein italienischer General der albanischen Erde auf den Leib. Sie soll die toten Soldaten wieder freigeben, die im ehemaligen Feindesland gefallen sind. Zwanzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs glaubt der General noch immer an die Soldatenehre. Die unwegsame Reise führt ihn und seinen Begleiter, den Priester, durch Berglandschaften, Städte und Träume. Es ist „die große und lakonische Komik seiner beiden Figuren“ , die diesem Buch „die Leichtigkeit und Poesie eines Films von Fellini“ gibt. Stephan Wackwitz, Frankfurter Allgemeine Zeitung

Zuletzt sind von Ismail Kadare im September 2008 „Der Raub des königlichen Schlafs: Kleine Romane und Erzählungen“ im Ammann Verlag erschienen.

Die Preisverleihungen werden im Herbst vom Prinzen von Asturien, dem spanischen Thronfolger Felipe, in Oviedo stattfinden.

Quelle: Süddeutsche Zeitung

Erfreut, überrascht, begeistert: Alice Munro über den Man Booker International

munro„Ich bin sehr erfreut, völlig überrascht und begeistert. (…) Es war schon eine große Ehre, unter den 14 Kandidaten der Shortlist zu sein. Es ist besonders schön, in meinem Alter für das Lebenswerk anerkannt zu werden“, sagte Alice Munro, nachdem bekannt wurde, dass das Vergabe-Komitee ihr den Internationalen Man-Booker-Prize 2009 zugesprochen hat.

Im Gegensatz zu dem Man-Booker-Preis für englischsprachige Autoren ehrt der Man Booker International kein einzelnes Werk, sondern das Gesamtwerk. Voraussetzung ist jedoch, dass die Bücher ins Englische übersetzt sind. Die Auszeichnung, die mit 60.000 britischen Pfund (rund 64.000 Euro) dotiert ist, soll am 25. Juni im irischen Dublin überreicht werden. Vergeben wird der Man Booker International seit 2005 im Zwei-Jahres-Rhythmus.

In der kleinen Form ist sie eine große Meisterin: Alice Munros Short Storys gehören zum Kanon der angelsächsischen Gegenwartsliteratur. Jetzt wird ihr Können angemessen mit dem Man-Booker-Preis für internationale Literatur gewürdigt. Spiegel Online am 27.05.2009

Munros neuer Erzählband „Too much happiness“ wird in den USA im Herbst bei Knopf erscheinen, wie der S. Fischer Verlag am Mittwoch in Frankfurt berichtete. Die deutsche Übersetzung soll dann bei S. Fischer im Herbst 2010 oder Frühjahr 2011 erscheinen.

Zuletzt sind hierzulande im September 2008 elf Erzählungen unter dem Titel „Wozu wollen Sie das wissen?“ erschienen.

wozu-wollen-sie-das-wissenKurzbeschreibung
Alice Munro überrascht mit ihrer neuen Erzählungssammlung. Mit ihren Geschichten begibt sie sich in ihre eigene Familiengeschichte, bis zurück zu William Laidlaw im Schottland des frühen 17. Jahrhundert, als es noch Feen und Geister gab. Von dort aus nach Kanada, mit Andrew und den anderen, die meistens Schäfer, später Farmer waren, und den zahlreichen Tanten, Annie, Jenny, Mary – lauter einfachen, aber eigenwilligen Menschen, Käuzen mit seltsamen Lebensgeschichten und sehr viele von ihnen mit einer auffälligen Liebe zum schriftlichen Wort. Ob sie nun Wetternotizen machen, Erinnerungen aufschreiben oder sich richtige Geschichten ausdenken – die Tradition des Schreibens ist tief in Munros Familientradition verwurzelt. Das persönlichste Buch von Alice Munro.

Über die Autorin
Alice Munro, die 1931 in Ontario geboren ist, gehört zu den renommiertesten Autorinnen der Gegenwart. Sie hat elf Erzählungsbände und einen Roman veröffentlicht. Für ihr umfangreiches literarisches Werk wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Giller Prize (2004) für „Tricks“. Alice Munro lebt in Ontario und in British Columbia.

Walter Kappacher erhält den Georg-Büchner-Preis 2009

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Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung hat heute mitgeteilt, dass der österreichische Schriftsteller Walter Kappacher in diesem Jahr mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet wird. Der Georg-Bücher-Preis ist mit 40 000 Euro dotiert und ist die wichtigste literarische Auszeichnung in Deutschland.

Der 70-jährige Walter Kappacher habe in einzelgängerischer Konsequenz über Jahrzehnte hinweg ein höchst beachtliches, lange Zeit kaum wahrgenommenes Werk geschaffen. Erst seit dem Roman „Selina“ finde er angemessene Würdigung, heißt es in der Begründung. „Seine leise, musikalische Prosa voll melancholischer Unerbittlichkeit stets traurig, nie trostlos klärt uns über uns selbst auf. Dieser poetische Realist unserer Tage, der bei vollkommener Gegenwärtigkeit an die große Erzähltradition anknüpft, erzeugt einen Sog der Stille“, erklärte die Akademie weiter.

Kappacher ist zuletzt im Frühjahr dieses Jahres mit dem viel beachteten Roman „Der Fliegenpalast“ hervorgetreten, einem Künstlerroman auf den Spuren Hugo von Hofmannsthals, der im Feuilleton der F.A.Z. vorabgedruckt wurde.

Seinen ersten Roman „Morgen†œ hat Kappacher im Jahr 1975 veröffentlicht. Die ersten Kurzgeschichten schrieb er 1967 für die „Stuttgarter Zeitung“. Seit 1978 arbeitet Walter Kappacher als freier Autor. Er lebt in Obertrum bei Salzburg.

Aufgewachsen ist der am 24. Oktober 1938 geborene Kappacher in seinem Geburtsort Salzburg. Fasziniert vom Motorrad-Rennsport machte er zuerst eine Lehre als Motorradmechaniker. Nach dem Militärdienst begann er 1960 ein Schauspielstudium in Gauting bei München. Ein Jahr später ließ er sich zum Reisebüro-Kaufmann ausbilden, was zu seinem Brotberuf wurde.

Walter Kappacher ist Mitglied des Österreichischen PEN-Zentrums und seit 2004 Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt. Er erhielt u.a. folgende Auszeichnungen: 1977 den Förderpreis zum Österreichischen Staatspreis für Literatur, 1985 den Rauriser Literaturpreis der Länderbank, 1986 den Literaturpreis des Kulturkreises im Bundesverband der Deutschen Industrie, 2004 den Hermann-Lenz-Preis sowie 2006 den Großen Kunstpreis des Landes Salzburg.

Der Büchner-Preis wird auf der Herbsttagung der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung am 31. Oktober in Darmstadt verliehen.

Quelle: F.A.Z.

selinaKurzbeschreibung Selina oder das andere Leben
Stefan, Lehrer, nimmt das Angebot Heinrich Seifferts – den er im Jahr zuvor in Arezzo kennen gelernt hat – an, sein altes abgelegenes Bauernhaus in der Toskana zu bewohnen. Der Leser erlebt, wie Stefan sich das Haus und die Umgebung bewohnbar macht, wie er bekannt wird mit den Menschen im Dorf, wie er Heinrich besucht, der seine Nichte Selina aus Deutschland erwartet. Es sind die Jean-Paul’schen Themen Liebe, Tod und Unsterblichkeit, die sich langsam entwickeln. „Er ist der ernsthafteste Autor, den ich kenne.“ (Peter Handke)

Pressestimmen
„Walter Kappachers Roman ‚Selina oder das andere Leben‘ ist ein auf schöne Art ehrliches Buch, weil es mit dem silbernen Blinken der Sterne nicht astronomisch wuchert. Mit ‚Selina‘ ist ihm das Kunststück gelungen, das einfach erscheinende Leben als großes kosmisches Kippbild zu zeichnen.“ Paul Jandl, Neue Zürcher Zeitung, 18.10.2005 „Die Stärke von Kappachers Büchern liegt in der Sparsamkeit der erzählerischen Mittel. Die Zustände und Befindlichkeiten werden nicht reflexiv aufgefächert, sie werden in den knapp beschriebenen Szenen sichtbar.“ Evelyne Polt-Heinzl, Die Presse, 1.10.2005 „…ein zutiefst menschenfreundliches Buch und zugleich ein metaphysisches Lehrstück… ein kluges Buch, das an keiner Stelle mit seiner Klugheit prunkt.“ Andreas Wirthensohn, Wiener Zeitung, 04.11.2005

der-fliegenpalastKurzbeschreibung Der Fliegenpalast
August 1924: H. ist auf der Rückreise und macht Halt in Fusch, einem Kurbad in den Salzburger Alpen, wo er mit seinen Eltern vor dem Krieg lange Sommer verbrachte. Inzwischen hat sich viel verändert: Freunde sind ihm abhanden gekommen, sein Ruhm liegt Jahre zurück, sein Schaffen ist bedroht von einer labilen Gesundheit und den leisesten Störungen. Auch im abgelegenen Bad Fusch hat die neue Zeit Einzug gehalten, an der er nur mehr als Beobachter teilnimmt, der sich selbst zunehmend fremd geworden ist. Bei einem Spaziergang wird H. ohnmächtig. Als er wieder zu sich kommt, lernt er den jungen Doktor Krakauer kennen, den Privatarzt einer Baronin. Auch er ist ein Rückkehrer in einer fremden Welt. H. sucht dessen Freundschaft, doch da ist die Baronin und da ist die Einsamkeit, der er nicht mehr entkommt. Walter Kappacher erzählt von einem Leben, das die Zeit überholt hat: mit fesselnder Intensität und luzidem Einfühlungsvermögen, so souverän wie virtuos. Er bestätigt damit seine Ausnahmestellung in der deutschsprachigen Literatur: ein Seltener (Peter Handke).