Martin Walsers neue Novelle „Mein Jenseits“ auf FAZ.net

Mein JenseitsSeit dem 01.02.2010 stellt die Frankfurter Allgemeine Zeitung in fünf Folgen auf FAZ.net Martin Walsers neue Novelle „Mein Jenseits“ in fünf Folgen vor.

Aktuell ist die Einführung zur Novelle „Mein Jenseits“ und die Leseprobe der Folge 1 mit dem Titel: „Wenn ich ein Alter Knabe bin, ist er ein Alter Bub“ online gestellt.

Mein Jenseits ist die zweite Novelle Martin Walsers – die erste war sein 1978 erschienenes Fliehendes Pferd.  Zugleich erlaubt Mein Jenseits auch schon einen Blick in den nächsten Roman des Autors, der im kommenden Jahr unter dem Titel Mutter Sohn erscheinen soll, und in dem die Leser Augustin Feinlein erneut begegnen können.

Martin Walser stellt sich in seiner Novelle Mein Jenseits, die am 04.02.10 im Verlag Berlin University Press erscheint, die Frage wie Wissen und Glauben sich zueinander verhalten und was von beidem das Leben aushaltbarer macht. Wie die FAZ berichtet, lässt sich die Novelle auch als ein ganz persönliches Glaubensbekenntnis lesen. Walser, dem seine Geschichten seit je ein „unterirdischer Himmel“ sind, hat mit Augustin Feinlein einen großartigen, vitalen Protagonisten geschaffen, einen Mann, der nicht länger auf eine bessere Wirklichkeit, sondern auf ein besseres Ich hofft, und dessen energisches Bedürfnis, seine Gedanken zu Ende zu denken, ihn angepassteren Naturen nicht ganz geheuer macht.

Kurzbeschreibung
Augustin Finli, Chef des Psychiatrischen Landeskrankenhauses Scherblingen, weiß, was Älterwerden bedeutet. Ab dreiundsechzig hat er mit dem Zählen der Geburtstage aufgehört und sein Lebenscredo gefunden: „Glauben heißt lieben.“ Scherblingen war bis 1803 ein Kloster. Der letzte Abt war ein Vorfahr von Augustin Finli. Der hat, als er noch ein junger Arzt war, ein Seminar besucht, um sein Latein zu verbessern. Im Seminar unangefochtene Beste war Eva Maria Gansloser. Die beiden sind dann so gut wie verlobt. Aber Eva Maria heiratet den Grafen Wigolfing, der an der Eiger Nordwand erfriert. Darauf heiratet sie den 18 Jahre jüngeren Dr. Bruderhofer. Das erregende Moment: Dr. Bruderhofer ist Oberarzt unter Augustin Finli. Eva Maria schickt gelegentlich Postkarten, die Finli sagen sollen, sie könne ihn so wenig vergessen wie er sie. Kann er das glauben? Er glaubt es. „Eine Sekunde Glauben ist mit tausend Stunden Zweifel und Verzweiflung nicht zu hoch bezahlt.“ So Finli. Und: „Glauben lernt man nur, wenn einem nichts anderes übrig bleibt.“ Das wird zu Finlis Daseinsgefühl. Der Vorfahr hat geschrieben, es sei nicht wichtig, ob die Reliquien, an die die Menschen glauben, echt sind. Augustin Finlis Jenseits entsteht durch Glaubensleistungen. Und vom Vorfahr hat er gelernt: „Wir glauben mehr als wir wissen.“ Das ist der Kernsatz dieser Lebensgeschichte. Kant hat eingesehen, dass die Vernunft nur begreife, was sie selber hervorgebracht hat. Das gewaltige Andere schaffen wir dadurch, dass wir glauben. Es ist ein heftiges Credo, das aus dieser Lebensgeschichte tönt. In der Musik, in der Malerei, überhaupt in der Kunst ist dieses Credo die Voraussetzung der Kreativität.

Die 132 Seiten umfassende gebundene Ausgabe von Mein Jenseits ist ab dem 04.02.2010 für 19,90 Euro im Buchhandel erhältlich.

Martin Walser liest am 09.02.2010 im Literaturhaus Frankfurt aus seiner Novelle „Mein Jenseits“