Am 05. Januar veröffentlichte der Spiegel eine Rezension über Daniel Kehlmanns neuen Roman „Ruhm“, obwohl das Buch erst am 16. Januar in den Handel gekommen war.
Die Rezension erschien unter dem Titel „Ich habe sehr gelitten„, und vielleicht haben Sätze wie: „Offensichtlich wollte Kehlmann das Spiel mit Illusion und Wirklichkeit auf die Spitze treiben und endet in der Belanglosigkeit“, Rowohlts Marketing- und Vertriebschef Lutz Kettmann auch dazu bewogen Verletzungen der Veröffentlichungsfrist nicht weiter hinzunehmen.
Heute hat der Rowohlt Verlag laut dem Börsenblatt Klage gegen das Nachrichtenmagazin „Spiegel“ eingereicht, weil die Rezension über Daniel Kehlmanns neuen Roman „Ruhm“ zwei Wochen vor dem Erstverkaufstag veröffentlicht wurde.
„Für uns stand fest: Wir tun das, was wir auch angekündigt haben. Es geht letztlich auch darum, ein Zeichen zu setzen.“
In der Buchbranche haben viele Buchhandlungen und Verlage darauf gewartet, wie Rowohlt die Verletzung der Veröffentlichungsfrist wohl handhaben würde †“ schließlich steht auch die Glaubwürdigkeit der Institution Erstverkaufstag auf dem Spiel. „Das sind wir auch unseren Kunden, den Buchhändlern, schuldig“, meint Kettmann, „die in einer unangenehmen Situation stecken, wenn der Kunde mit der Besprechung in der Hand in den Laden kommt, aber das Buch noch gar nicht zu haben ist.“
Für Rowohlt sei es wichtig, dass die Situation um den Erstverkaufstag ein für allemal geklärt werde.
Am 16. Januar erscheint Daniel Kehlmanns neuer Roman Ruhm im Rowohlt Verlag.
Sein Erfolgsroman Die Vermessung der Welt ist im 19. Jahrhundert angesiedelt, er dreht sich um die Genies Humboldt und Gauß.
In Ruhm geht es in neun Episoden aus dem 21. Jahrhundert, um Handys, Blogger, Schriftsteller, die sich in Realität und Fiktion verlieren. In der Kurzbeschreibung steht es sei brillanter und komischer Roman. Die Leseprobe, die der Rowohlt Verlag online gestellt hat, verspricht genau dieses:
Leseprobe Ruhm
Stimmen
Noch bevor Ebling zu Hause war, läutete sein Mobiltelefon. Jahrelang hatte er sich geweigert, eines zu kaufen, denn er war Techniker und vertraute der Sache nicht. Wieso fand niemand etwas dabei, sich eine Quelle aggressiver Strahlung an den Kopf zu halten?
Aber Ebling hatte eine Frau, zwei Kinder und eine Handvoll Arbeitskollegen, und ständig hatte sich jemand über seine Unerreichbarkeit beschwert. So hatte er endlich nachgegeben, ein Gerät erworben und gleich vom Verkäufer aktivieren lassen. Wider Willen war er beeindruckt: Schlechthin perfekt war es, wohlgeformt, glatt und elegant. Und jetzt, unversehens, läutete es.
Zögernd hob er ab.
Eine Frau verlangte einen gewissen Raff, Ralf oder Rauff, er verstand den Namen nicht.
Ein Irrtum, sagte er, verwählt. Sie entschuldigte sich und legte auf.
Am Abend dann der nächste Anruf. „Ralf!“ rief ein heiserer Mann. „Was ist, wie läuft es, du blöde Sau?“
„Verwählt !“ Ebling saß aufrecht im Bett. Es war schon zehn Uhr vorbei, und seine Frau betrachtete ihn vorwurfsvoll. Der Mann entschuldigte sich, und Ebling schaltete das Gerät aus.
Am nächsten Morgen warteten drei Nachrichten. Er hörte sie in der S-Bahn auf dem Weg zur Arbeit. Eine Frau bat kichernd um Rückruf. Ein Mann brüllte, daß er sofort herüberkommen solle, man werde nicht mehr lange auf ihn warten; im Hintergrund hörte man Gläserklirren und Musik. Und dann wieder die Frau: „Ralf, wo bist du denn ?“
Ebling seufzte und rief den Kundendienst an. Seltsam, sagte eine Frau mit gelangweilter Stimme. So
et was könne über haupt nicht passieren. Niemand kriege eine Nummer, die schon ein anderer habe. Da gebe es jede Menge Sicherungen.
„Es ist aber passiert!“
Nein, sagte die Frau. Das sei gar nicht möglich.
„Und was tun Sie jetzt?“
Wisse sie auch nicht, sagte sie. So etwas sei nämlich gar nicht möglich.
Ebling öffnete den Mund und schloß ihn wieder. Er wußte, daß jemand anderer sich nun sehr erregt hätte […]
Kurzbeschreibung
Ein Mann kauft ein Mobiltelefon und bekommt Anrufe, die einem anderen gelten nach kurzem Zögern beginnt er ein Spiel mit der fremden Identität. Ein Schauspieler wird von einem Tag auf den nächsten nicht mehr angerufen, als hätte jemand sein Leben an sich gerissen. Ein Schriftsteller macht zwei Reisen in Begleitung einer Frau, deren größter Alptraum es ist, in einer seiner Geschichten vorzukommen. Ein verwirrter Internetblogger wiederum wünscht sich nichts sehnlicher, als einmal Romanfigur zu sein. Eine Krimiautorin geht auf einer abenteuerlichen Reise in Zentralasien verloren, eine alte Dame auf dem Weg in den Tod hadert mit dem Schriftsteller, der sie erfunden hat, und ein Abteilungsleiter in einem Mobiltelefonkonzern verliert über seinem Doppelleben zwischen zwei Frauen den Verstand. Neun Episoden, die sich nach und nach zu einem romanhaften Gesamtbild ordnen, ein raffiniertes Spiel mit Realität und Fiktionen: ein Spiegelkabinett. Ein Buch über Ruhm und Verschwinden, Wahrheit und Täuschungen – voll unvorhersehbarer Wendungen, komisch und brillant.
Über den Autor
Daniel Kehlmann, 1975 in München geboren, lebt in Wien und Berlin. Sein Werk wurde unter anderem mit dem Candide-Preis, dem Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung, dem WELT-Literaturpreis, dem Per-Olov-Enquist-Preis, dem Kleist-Preis und dem Thomas-Mann-Preis ausgezeichnet. Sein Roman ‚Die Vermessung der Welt‘, übersetzt in über vierzig Sprachen, ist einer der größten Erfolge der deutschen Nachkriegsliteratur.
Daniel Kehlmann geht auf Lese-Reise mit seinem neuen Roman. Am 17.02. stellt er Ruhm im Literaturhaus München vor. Weitere Termine finden sich hier.