Jetzt ist es offiziell: Der Suhrkamp Verlag zieht von Frankfurt nach Berlin.
Dies teilte heute am Nachmittag die Suhrkamp-Chefin Ulla Unseld-Berkéwicz auf einer Betriebsversammlung den Beschäftigten mit. Für diesen Zeitpunkt hatte der Verlag auch eine offizielle Mitteilung angekündigt. Obwohl rund 80 Prozent der Beschäftigten sich gegen einen Umzug ausgesprochen haben, verbleiben neben den Stiftungen nur eine Suhrkamp-Dependance in Frankfurt, der Rest zieht Anfang 2010 nach Berlin. Zu Entlassungen soll es nicht kommen.
Berlin knüpfe als Hauptstadt wieder da an, wo es nach 1945 zum Aufhören gezwungen wurde, sagte Suhrkamp-Chefin Ulla Unseld-Berkéwicz dem Magazin „Kulturzeit“ des TV-Senders 3sat. „Außerdem ist es doch im Moment so: die Lage politisiert sich bis tief hinein ins kulturelle Leben, da muss Suhrkamp vor Ort sein.“ Wie einst in den 60er Jahren Frankfurt sei heute „eben das Labor in Berlin“.
Der Entscheidung für den Umzug sei nun eine Einigung der zerstrittenen Verlags-Gesellschafter vorausgegangen, so der Verlag. Die Unseld-Familienstiftung unter Vorsitz von Suhrkamp-Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz und die Winterthurer Medienholding AG hätten ihre Prozesse vor dem Landgericht Frankfurt durch einen Vergleich beendet. Teil der Einigung sei, dass die Unseld-Stiftung eine zeitlich befristete Möglichkeit zum Erwerb der Verlagsanteile der Medienholding habe. Diese Minderheitsanteile hält der Hamburger Unternehmer Hans Barlach. Er hat sich zuvor ebenfalls für einen Umzug nach Berlin ausgesprochen.
Für die Stadt Frankfurt sagte Kulturdezernent Prof. Felix Semmelroth:
„Ich bedauere den Entschluss der Leitung des Suhrkamp Verlags, einen Großteil der Geschäfte nach Berlin zu verlegen. Aufgrund der geistesgeschichtlichen Bedeutung des Verlags nicht nur für Frankfurt, sondern auch für die europäische Kultur insgesamt, hat die Stadt Frankfurt dem Verlag verschiedene substanzielle Vorschläge unterbreitet, die in wirtschaftlicher, kulturpolitischer und städtebaulicher Hinsicht sehr attraktiv sind und den vollständigen Verbleib des Verlags zum Gegenstand hatten. Auch für die Ausgestaltung einer Dependance ist die Stadt Frankfurt am Main nach wie vor gesprächsbereit und kann konkrete Vorschläge unterbreiten für den Fall eines Verbleibs namhafter Verlagsteile in Frankfurt. Wir bedauern, dass solche intensiven Gespräche mit dem Verlag, um die wir uns schon seit vielen Monaten bemühen, erst in den letzten Wochen möglich waren.“
Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) begrüßte die Entscheidung der Suhrkamp-Geschäftsleitung:
„Ich freue mich über die Entscheidung und das eindeutige Bekenntnis des traditionsreichen Suhrkamp Verlages für die deutsche Hauptstadt.“ Mit dieser Entscheidung unterstreiche der Verlag die Bedeutung des Medienstandortes Berlin. „Es ist eine gute Entscheidung für unsere Stadt“, erklärte Wowereit.
Nachtrag vom 08.02.09:
Übers Wochenende wurde bekannt, wo sich der Suhrkamp Verlag in Berlin einrichten möchte: im Nicolaihaus in der Brüderstr. 13 in Berlin. Das Haus ist dem Suhrkamp Verlag vom Kultur-Staatssekretär André Schmitz als Domizil angeboten worden. Es befindet sich darin ein Museum, das zur Zeit geschlossen ist. Dem Vernehmen nach steht die Immobilie zum Verkauf. Quelle: Börsenblatt
Quelle: hr online.de