Weihnachtslied, chemisch gereinigt von Erich Kästner (1928)

Weihnachtslied, chemisch gereinigt von Erich Kästner

Morgen, Kinder, wird’s nichts geben!
Nur wer hat, kriegt noch geschenkt.
Mutter schenkte Euch das Leben.
Das genügt, wenn man’s bedenkt.
Einmal kommt auch eure Zeit.
Morgen ist’s noch nicht soweit.

Doch ihr dürft nicht traurig werden.
Reiche haben Armut gern.
Gänsebraten macht Beschwerden.
Puppen sind nicht mehr modern.
Morgen kommt der Weihnachtsmann.
Allerdings nur nebenan.

Lauft ein bisschen durch die Straßen!
Dort gibt’s Weihnachtsfest genug.
Christentum, vom Turm geblasen,
macht die kleinsten Kinder klug.
Kopf gut schütteln vor Gebrauch!
Ohne Christbaum geht es auch.

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Tannengrün mit Osrambirnen †“
Lernt drauf pfeifen! Werdet stolz!
Reißt die Bretter von den Stirnen,
denn im Ofen fehlt’s an Holz!
Stille Nacht und heil’ge Nacht †“
Weint, wenn’s geht, nicht! Sondern lacht!

Morgen, Kinder, wird’s nichts geben!
Wer nichts kriegt, der kriegt Geduld!
Morgen, Kinder, lernt fürs Leben!
Gott ist nicht allein dran schuld.
Gottes Güte reicht so weit …
Ach, du liebe Weihnachtszeit!

Quelle: Kästner für Erwachsene, © Atrium Verlag, Zürich 1966, S.35

 

17 Gedanken zu „Weihnachtslied, chemisch gereinigt von Erich Kästner (1928)

  1. wird von Jahr zu Jahr immer aktueller, da die Verteilung in der Gesellschaft immer ungerechter wird. weltweit!
    trotzdem frohe und besinnliche Feiertage

  2. Leider hatte der Herr Kästner ein sehr scharfer Blick auch in die Zukunft gehabt. Sollte man doch meinen das der Mensch im laufe der Zeit vernünftiger wird. Leider gibt es heute noch Familien bei denen Wihnachten ein eher trauriges Fest ist. Schöne besinnliche Weihnachten.

  3. Oh ja, der Herr Kästner. Da mag einem die Weihnachtsgans im Halse stecken bleiben.
    ….“Frohe Weihnachten, Ostern, Pfingsten und ein nachdenkliches Fest!“

  4. Schreibe gerade an meinen Erinnerungen aus einem erweiterten Kinderlandverschickungslager. Dort wurde uns das Gedicht als Lied beigebracht. Erstaunlich, : Es wurde vom Reichsschulrat für das Deutsche Einheits-
    Lesebuch angekauft. Noch erstaunlicher: Obwohl die Schriften Erich Kästners öffentlich verbrannt wurden,
    und Kästner Berufsverbot hatte, landete das Gedicht als Stoff an einer Oberschule, die sogenannte Leistungsbescheinigungen durch einen Gaubeauftragten für Schulerziehung ausstellten.

  5. E. Kästner hatte sogar einen erstaunlich hervorragenden Welt-Weitblick ( Vision ), denn die Weltwirtschaftskrise 1929 stellte so manches „Weihnachtserlebnis“ in einen brutalen Schatten.
    Geschrieben hat er’s für die ERWACHSENEN, aber den (Hinter-)Sinn konnten auch Kinder ganz gut verstehen.
    Es müsste auf jeden Fall heutzutage in das HARTZ-IV-Volkslied-Tröster-Verheisungs-Liederbuch aufgenommen werden ( sofern es das gäbe ….. )
    Warum den Schulbildungs-Kultur-Nazis die Bedeutung des Autors Kästner bei der Auswahl des Gedichts entgangen ist, wäre eine eigene Untersuchung wert. Auf jeden Fall war die Nazi-Kultur-Ideologie GEGEN das süßliche, verklärende KIRCHEN-Weihnachts-Spektakel eingestellt, was sie aber keinesfalls daran hinderte zu versuchen, das GANZE auch in die kitschige GERMANISCHE Weihnachtsfeier umzulenken ( was nur unzulänglich gelang ).
    FAZIT : Der NAZI-Kulturterror hatte eben manchmal auch trotz Überwachung Lücken und Spalten.

    AKTUELL wird’s auch wieder angesichts des Flüchtlings-Dramas : Wie würde es der Hlg. Familie bei der Herbergssuche ergehen, wenn sie heute am Hlg. Abend durch die Weihnachtsmärkte stolpern würde ?
    DAS darf sich jeder selbst kreativ ausdenken,
    VIEL Spaß/ Freude beim Verbreiten/ Vermehren der gewonnenen Einsichten/ Erkenntnisse !

  6. Morgen ist der 1. Dezember 2016.
    Die Prachtstraßen Berlins erstrahlen im schönsten Weihnachtsglanz, tausendfach werfen elektrische Lampen ihr Licht …, während Obdachlose in Bahnhöfen und Tunneln nach einem warmen Platz suchen, weil nicht genügend Unterkünfte für sie geschaffen wurden. Flüchtlinge müssen immer noch zu Massen eingepfercht in Turnhallen und Hangars ihr Dasein fristen. Familien der unteren Einkommensgruppen und Hartz-IV-Empfänger kommen kaum noch über die Runden: Die Schere zwischen Arm und Reich ist enorm gewachsen. Und die Gefahr eines 3. Weltkriegs wächst rasant.
    Weihnachten?
    Kästners Gedicht ist topaktuell!

  7. Der scharfsinnige Bebachter Sozialkritiker und Kinderfreund Erich Kästner -hatte leider
    keine eigenen Kinder. Es gibt im Atrium Verlag Zürich seit 2015 eine Neuauflage von ihm
    Berliner Beobachtungen mit Geschichten und Gedichten von Kästner.
    Sehr lesenswert kann Einiges auf die heutige Zeit übertragen werden…….
    Das Gedicht Morgen Kinder wird`´s nichts geben habe ich Weihnachten meinen Enkelkindern
    Tochter, Schwiegersohn und Schwiegereltern vorgetragen.
    Sollte uns allen zum Nachdenken anregen und hat es auch bei mir und den Verwandten bewirkt.

  8. Anmerkung: Thomas Kästner, sein Sohn, ist u.A. bekannter Synchronsprecher und wurde 1957 in München geboren.

    Die Schärfe der damaligen Situation, so wie ich sie mir vorstelle, wie sie von meinen Eltern erzählt wurde, ich mich, als Kind der beginnenden Sechziger noch ansatzweise miterlebt erinnere, spiegelt das Gedicht kraftvoll wieder.

    Es in Bezug zur heutigen Situation als Topaktuell zu klassifizieren, das kann ich für geschätzte 95% der Mitbevölkerung von Europa nicht nachvollziehen. Sicherlich…., die Schere geht weiter auseinander, wenn wir nicht aufpassen, in den kommenden Zeiten wahrscheinlich noch deutlicher, das ist systembedingt „normal“.

    Das, was Kästner beschreibt, es hat aber für mich eine andere Dimension, die es so hier in Europa (fast) nicht mehr gibt: auf diesem Planeten sterben heute mehr Menschen an Folgen der Fettleibigkeit als an Hunger.

  9. Die Lobeshymnen an Erich Kästner möchte ich hier nicht fortsetzen. In meiner Ausgabe „Kästner für Erwachsene“, Atrium Verlag, Zürich 1983 steht das Gedicht nicht auf S. 35, sondern auf S. 86. Nicht so wichtig, doch wir wollen doch korrekt bleiben. – Ich bin dankbar, dass trotz Bücherverbrennung und trotzdem sein Haus bombardiert wurde, so vieles von ihm erhalten wurde.

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