Der schönste erste Satz von Michael Kunze

Michael KunzeAn einem späten Aprilnachmittag des Jahres 1600 rumpelte ein offener Karren, von zwei Pferden gezogen, über den teils steinigen, teils morastigen Feldweg, den man ehemals die Straße von Nürnberg nach München nannte.

Straße ins Feuer – Vom Leben und Sterben in der Zeit des Hexen-Wahns von Michael Kunze

Michael Kunze ist ein international erfolgreicher Schriftsteller und Dramatiker, Buch- und Fernsehautor, Liedertexter und Librettist. In den letzten Jahren schuf er mit ELISABETH, TANZ DER VAMPIRE und MOZART! eine neue, europäische Form des populären Musiktheaters, die den Begriff †œMusical† erweitert und ein eigenes Genre (†œDramaMusical†) geschaffen hat. Aus seiner Feder stammen auch die deutschen Versionen internationaler Bühnenhits wie EVITA, CATS, A CHORUS LINE, PHANTOM OF THE OPERA, LITTLE SHOP OF HORRORS, INTO THE WOODS, KISS OF THE SPIDER WOMAN, ASPECTS OF LOVE, SUNSET BOULEVARD, THE HUNCHBACK OF NOTRE DAME, THE LION KING, MAMMA MIA! und Elton John†™s AIDA. weiter

57 Gedanken zu „Der schönste erste Satz von Michael Kunze

  1. Gut Morgen allerseits!

    Na, dann mal frisch ans Werk. Offenbar handelt es sich um einen historischen Roman, wobei die Sprache aktuell genug für einen zeitgenössischen (Bestseller-?) Autoren klingt. Spielt in D, also wahrscheinlich ein deutscher Schriftsteller.

    Soweit richtig?!?

  2. Hallo und guten Morgen, liebe Leute,
    und danke, dolcevita, daß Du den Satz eingestellt hast.

    Zeit und Ort der Handlung sind aus dem Satz heraus ja unschwer erkennbar. Geschrieben wurde das Buch, um das es hier geht, allerdings erst im letzten Quartal des 20. Jahrhunderts, und zwar genaugenommen gleich zweimal. Es handelt sich nicht um einen Roman und nicht einmal um Fiktion, auch wenn die von mir gewählte populäre Fassung erzählerische Elemente enthält.

    Es gibt wohl im deutschsprachigen Raum niemanden, der nicht das eine oder andere Werk des Autors kennt. Dieses allerdings gehört sicherlich nicht zu seinen bekanntesten Erzeugnissen. Diese sind vielmehr in einem ganz anderen, klangvolleren Umfeld zu finden.

  3. Ludwig Ganghofer – Reise zur deutschen Front 1915 – noch dürfen wir ja raten, gell Don – obwohl ich mir Anjelka und Ganghofer ehrlich gesagt nicht zusammen vorstellen kann….

  4. Kein Grund zu Befürchtungen irgendwelcher Art, dolcevita, das Buch hat doch auch münchener Lokalkolorit.

    Und Peter: Du liegst vollkommen richtig.

  5. Wenn Du Dir Thomas Mann mit mir an einem Tisch ohne meinen gesellschaftlichen Schiffbruch vorstellen kannst, dann reicht Deine Phantasie bestimmt auch für mich und Ganghofer.

    Aber – leider – liegst Du völlig daneben. Guck doch mal auf die Jahreszahl im Text (gut gemeinter kleiner Hinweis). 😉

  6. @Anjelka: Jetzt hast du mich aber eher verwirrt – klangvolleres Umfeld heißt, irgendwas mit Musik? Vielleicht eine Musiker- oder Komponiten-Biografie? Mal ins Blaue: Mozart?

  7. @Peter

    Genau, klangvolleres Umfeld heißt Musik. Wenn Du allerdings die Lebensdaten von Mozart in Betracht ziehst, wirst Du feststellen, daß seine Biografie schon in der Generation der Ur-Ur-Urgroßeltern beginnen müßte, damit darin jemand im Jahre 1600 auf einem Karren unterwegs sein könnte.

    Das Buch hat in der Tat auch biografische Züge, aber es geht dabei nicht um die Biografie eines Komponisten, sondern um den letzten Lebensabschnitt einer ganzen Familie, von der nicht bekannt ist, daß sie etwas mit Musik zu tun gehabt hätte.

    Der musikalische Bezug ist ein anderer.

  8. Hm – Familie, die was mit Musik zu tun hat aber eigentlich für was anderes steht, irgendwie zwischen Nürnberg und München… Könnten das so gerade noch die Fugger aus Augsburg sein? Wobei, Mozarts Großvater hat in der Fuggerei gelebt.

    Passt da was?

  9. @ Peter

    Ich schrieb von einer „Familie, von der nicht bekannt ist, daß sie etwas mit Musik zu tun gehabt hätte“.

    Also nix von einer Familie, die was mit Musik zu tun hat.

    Derjenige, der hier etwas mit Musik zu tun hat, ist der Autor. Und, wohlgemerkt: Er hat mit Musik ZU TUN – das heißt nicht, daß er sie selbst macht.

    Um noch genauer zu werden: der Autor hat mit populärer Musik der Gegenwart zu tun. Das von mir gemeinte Buch aber überhaupt nicht.

  10. Mal ein weiterer Hinweis: Es geht in dem Buch um einen Prozeß wegen eines Verbrechens, das heute gar keins mehr ist.

  11. @ dolcevita

    Ich möchte ja auch gern ein – diesmal anonymisiertes – Bild des Autors zur Verfügung stellen, dabei erhebt sich aber die leidige Rechtsfrage mal wieder. Ist es in Ordnung, wenn ich den gesuchten Autor anmaile und ihn um ein Bild zur Veröffentlichung auf Deiner Seite bitte?

  12. Mundraub?
    @ Anjelka, hi, sorry, war die ganze Zeit unterwegs und bin gerade zum PC gestürzt und habe noch gar nicht alle Hinweise gelesen 🙂
    du bist ja schlimmer noch als ich, dachte wir lassen es langsam angehen 😉
    Kann mir nicht vorstellen, dass ein Autor, dessen Bild veröffentlicht wird, das du vielleicht von einer Verlagsseite holst, irgendwelche Einwände gegen ein ganz kleines bisschen Werbung für ihn persönlich hier hat. Ich muss mich da allerdings noch schlau machen. Denke auch, dass es bei Personen, die im öffentlichen Leben stehen anders ist, als im Fall von dolce, der ja ein privates Foto von dieser Helga, ohne zu fragen, d.h. er hat ja gefragt, aber die Antwort nicht abgewartet, auf seinen Blog gestellt hat. Also, wenn du glaubst, dass wir hier ohne Foto nicht weiter kommen, dann schick doch eines und ich werde mir jetzt mal die vorliegenden Tipps zu Gemüte ziehen und sehen, was ich damit anfangen kann.
    @ Peter, scheint ja doch nicht so einfach zu sein 🙂
    so long, liebe Grüße…

  13. Hallo dolcevita,

    nur die Ruhe, wir sind ja nicht auf der Flucht. Aber DU wolltest doch gestern bespielt werden, das hast Du jetzt davon.

    Mundraub ist es nicht, sondern etwas viel Schlimmeres (nach zeitgenössischer Vorstellung). Wobei Mundraub doch auch nach heutiger Rechtslage noch als Delikt gilt, oder? Oder heißt das dann „fringsen“ und ist in der Notlage erlaubt? Ehrlich gesagt hab ich höchstens mal einem nahestehenden Menschen sein Schinkenbrötchen geklaut, das blieb aber im wesentlichen straffrei.

    Ihr kommt ohne Frage auch ohne Foto weiter, ich wollte ja nur der Vollständigkeit und Schönheit halber … aber dann laß ich das mal.

  14. was mich total irritiert ist dieser Tipp von dir: „Es gibt wohl im deutschsprachigen Raum niemanden, der nicht das eine oder andere Werk des Autors kennt.“

  15. Hi, ich bin gerade eingetrudelt und muss mich erst mal mit den eher verwirrenden als hilfreichen Hinweisen vertraut machen.

    @ Dolcevita:
    Ein „Werk“ dieses irgendwie der Musik verbundenen Autors muss ja nicht unbedingt ein Buch sein!

  16. 😆 Ja, nicht wahr?

    Dazu schrieb ich weiter oben: „der Autor hat mit populärer Musik der Gegenwart zu tun“.

    An dieser Stelle könnte man jetzt weiter graben.
    Oder aber an dem Verbrechen, das Gegenstand des Buches ist.

    Zwei ganz verschiedene Richtungen, die in keinerlei Verbindung stehen, aber auf die Dauer zum Ziel führen dürften.

  17. Na hör mal, Don F.,
    diese Hinweise sind seeehr hilfreich – wenn ich da an Deine Hinweise zu Hr. Zschokke denke … der Mann war ja nicht mal ordentlicher Historiker!

  18. @ Dolcevita:

    Noch mal zur Verdeutlichung: Hier wird natürlich ein Buch gesucht!

    Wenn Anjelka von dem „einen oder anderen Werk“ redet, das man von dem Autor des gesuchten Buches kennen sollte, kann ein solches Werk bei einem Mann, der mit Musik zu tun hat, durchaus auch ein Werk anderer Art sein (Komposition, Schallplatte, Musical, Songtexte…).
    So viel Schlitzohrigkeit kann man Anjelka wohl zutrauen… 😉

    Und zu Zschokke: Ich weiß zwar nicht, was ein „ordentlicher“ Historiker ist, da maße ich mir kein Urteil an, aber er hat sich als solcher betätigt, und darum ging es schließlich, gelle?

  19. meine Güte: Alchemie, Hexerei, Homosexualität, Unterstützung von Prostitution, Zuhälterei und Kuppelei, etc. – nur der Hanfanbau war damals erlaubt und ist heute verboten 🙂

  20. Mein Mann übrigens IST ordentlicher Historiker. Rechtshistoriker. Und bei dem Werk, um das es hier geht, handelt es sich um nichts anderes als um eine lesefreundliche Umarbeitung seiner juristischen Dissertation zu einem Sachbuch, das übrigens sogar in den USA sehr erfolgreich war (die New York Times hat vier Seiten darüber gebracht).

    Aber wie gesagt, wirklich bekannt sind seine eher ziemlich kurzen Werke im musikalischen Zusammenhang. Dreieinhalb-Minuten-Werke könnte man sie sozusagen nennen.

    Der Autor selbst ist nun wieder gar nicht so sonderlich bekannt – aber es ist denkbar, daß der eine oder andere von Euch seinen Namen mittlerweile doch kennt. Dann aber sehr wahrscheinlich nicht als Buchautor.

  21. @ dolcevita

    Genau – „Alchemie, Hexerei, Homosexualität, Unterstützung von Prostitution, Zuhälterei und Kuppelei, etc.“ – eins davon ist es. Ein Kapitalverbrechen zur damaligen Zeit, aber schon im 19. Jahrhundert nicht mehr. Genaugenommen ein typisches Verbrechen der Frühen Neuzeit. An ihrem Beginn wurde es juristisch in der damals gültigen Form definiert und die letzten vereinzelten Prozesse wegen solcher Vergehen gab es im 18. Jahrhundert.

    @ Don F.

    Ein ORDENTLICHER Historiker ist jemand, der dieses Fach bei einem ORDENTLICHEN Professor studiert hat. Wie mein Autor.

    Und ich bin wie gesagt, unschuldig wie frisch gefallener Schnee und keinesfalls schlitzohrig, was übrigens eine frühneuzeitliche Kenntlichmachung von Kriminellen war.

  22. Und bei dem Werk, um das es hier geht, handelt es sich um nichts anderes als um eine lesefreundliche Umarbeitung seiner juristischen Dissertation zu einem Sachbuch <- also, suchen wir deinen Mann? 😆

  23. Um Himmels Willen, nein!

    War mir gar nicht aufgefallen, daß ich den ärmsten derartig verbal vereinnahmt hatte – ich meinte „meinen“ Autor“, selbstverfreilich.

  24. Hier genügt ein vernichtendes Zucken mit der Augenbraue.

    Aber ich beglückwünsche mich jedenfalls dazu, daß Du nicht glaubst, ich sei mit Dieter Bohlen verehelicht, Peter.
    Ich finde, es gibt viel zu wenig Yellow-Press-Anteile auf dieser Seite, aber ich werde das Niveau dieser Seite schon in den Keller bringen. Die ersten Schritte sind gemacht.

  25. 🙂 Also, Ihr lieben Herzblättchen, die Lösung ist machbar!

    Es liegt alles Nötige auf dem Tisch des Hauses, sozusagen frisch zum Googeln angerichtet.

  26. Ratatazong – Träräääää!
    (Ich komm jetzt so schnell nicht dazu, einen neuen Tusch zu klauen)

    Ich wollte ja eben schon schreiben: „Vermutlich kommt Don F. gerade in diesem Moment mit der Lösung aus dem Busch.“

    Da ist es auch schon passiert. Man kann ja nicht mal zum Telefonieren den Platz verlassen.
    😉 dolcevita wird bitterlich weinen.

    Alsdann, hier hast Du eine schöne Zuckerschnecke für die wackere Rateleistung!

  27. Gerade sehe ich, daß der niveauvolle Herr Kunze doch tatsächlich auch für diese Hupfdohlen-Musik aus den Siebzigern verantwortlich ist. Das hätte ich ja nun eher Dieter Bohlen zugetraut.

    Allerdings: Das Buch finde ich sehr empfehlenswert, es ist vom wissenschaftlichen Standpunkt aus betrachtet natürlich einwandfrei recherchiert. Es wird also keine sex-blood-and-crime Geschichte aus dem Hexenmilieu erzählt, sondern es beschränkt sich nach meiner Erinnerung wirklich ganz auf das, was aus den Quellen nachweisbar oder zumindest nach den Forschungsergebnissen ORDENTLICHER Historiker wahrscheinlich ist.

    Es liest sich dennoch einigermaßen spannend, weil der Fall selbst es ist – d. h., genaugenommen verläuft der Fall ausgesprochen trost- und ausweglos, und das Ende ist absolut grauenvoll.

    Ich empfehle es aber trotzdem dem geneigten Leser.

    Der volle Titel lautet übrigens:
    Straße ins Feuer. Vom Leben und Sterben in der Zeit des Hexen-Wahns. Dargestellt am Schicksal der Landfahrer-Familie Pappenheimer / ihrer Freunde und Leidens-Genossen / die im Jahre 1600 in die Fänge der Obrigkeit gerieten.

  28. Das wollte ich dich gerade fragen, ob du das Buch gelesen hast und empfehlen kannst. Wenn man nämlich „Der Prozess Pappenheimer“ zugrunde legt, hört sich der Stoff sehr interessant an!

  29. †œDer Prozess Pappenheimer† ist der Titel der Dissertation, nicht?
    Ich hab sogar die wenigstens größtenteils gelesen und fand sie für eine rechtsgeschichtliche Arbeit ebenfalls ungewöhnlich lesenswert. Natürlich etwas weniger leichtlesig wegen des Apparats und den sonstigen wissenschaftlichen Fisimatenten.

  30. dolcevita hat hier gestern halt mit ihrer Torte die Preise verdorben. Bei Ihr sind eventuelle Beschwerden einzureichen.

    Aber Zuckerschnecken gibts ja nur für hochwertige Ermittlungsarbeiten, nicht für schnödes Satz-Googeln. Deshalb kommen sie auch seltener vor und müssen nicht ständig getoppt werden.

  31. Mal eine ganz andere Frage: ab wann muß ich denn nun nach Deinem neuen Satz ausschauen?

    Morgen sollte ich womöglich auch mal wieder arbeiten, zur Abwechselung (nur mal so als Anregung für die Wahl eines geeigneten Startzeitpunkts). Abends wäre ich dann wieder einsatzbereit.

  32. Ich schlage mal einen kompletten Tag Pause vor (ich höre Dolcevita schon im Hintergrund Zeterundmordio kreischen und Schockschwerenot grummeln!), auch ich habe morgen kaum Zeit. Den nächsten werde ich dann morgen Abend hier reinstellen, OK?

    Musst dann halt mal an deinen Duftmarken schnuppern…

    Schönen Abend noch!

  33. *zeterundmordioschrei* – nein, meine Lieben, ich werde es überleben – wenn auch schwer, habe noch gar nicht lesen können, wie es zur Auflösung kam, hatte aber eh schon vermutet, dass unser bester Don das mal wieder mit links raus bekommt. Ich bin schon wieder auf dem Sprung zum Elternabend, sehen uns vielleicht noch später, dann schaue ich mir auch das Buch an, klingt spannend..
    LG

  34. so so, und wie bist du nun auf Michael gekommen, lieber Don? Wäre es doch wenigstens Heinz Rudolf gewesen, dann hätte mir der Name auch etwas gesagt. Zugegeben, da habe ich mal wieder etwas gelernt, vielen Dank, Anjelka für deine zeitaufwendige und souveräne Moderation und diesen interessanten Vorschlag.
    So, und jetzt im Moment hätte ich gerade etwas Zeit und nu ist nix da für mich, tztztz..
    Na ja, dann schlaft alle schön und du genieße deine „Schnecke“ (wahrlich nicht zu toppen 😆 ) lieber Don und bis morgen…

  35. Ich hoffe, Ihr schlaft jetzt alle schon brav – ich sollte das eigentlich auch längst.

    @ dolcevita

    Michael war problemlos zu ergoogeln, wenn man aus meinen Hinweisen die richtigen Schlüsse zog und eventuell etwas herumprobierte. Derlei ist ja bekanntlich des Dons Spezialität.

    Warum Kunzes Elisabeth-Buch nur in Japan veröffentlicht wurde, weiß ich auch nicht – vermutlich eine Copyright-Sache, denn eigentlich ist es ja erneut eine Zweitverwertung, weil der Stoff eigentlich seit Jahren als Musical läuft. Kunze hat auf dem Musik-Sektor also keinesfalls ausschließlich Dreieinhalb-Minuten-Werke abgeliefert.

    @ Don F.

    Sehr einverstanden. Merci vielmals.

    Guts Nächtle allerseits.

  36. Hallo, was ist denn los? Kein schönster erster Satz zu sehen? Schade, schade! Dann werde ich später wieder vorbei kommen. Viele Grüße an Euch.

  37. Ich weiß ja, ihr hockt alle schon fruustriert in den Startlöchern… 😕
    Hier ist er also, der neue Erste Satz:

    Unter unserer jetzigen ruhmreichen Ming-Dynastie, in der Yung-lo-Ära, erfreut sich unser Land des Friedens.

    Den einen oder anderen Hinweis gibt es später auf der neuen Seite.

    Viel Spaß! 8)

  38. Ja Pustekuchen von wegen frustriert in den Startlöchern. Wahrscheinlich sitzen Christoph und dolcevita frustriert neben den Startlöchern, während ich nach Hinweisen hungere.

    Na gut, dann bügel ich eben.

  39. Spätere Folgediskussion zum Buch, Vorlauf aus „Der schönste erste Satz“ von Evelyn Sanders hierher übertragen:

    dolcevita am 3. Dezember, 2007 18:24
    ach Don, was ich dir noch erzählen wollte, heute gibt es in der Süddeutschen einen großen Artikel über deine „Pappenheimer“ von Michel Kunze. Ich wusste gar nicht, dass die gesamte Familie auf bestialische Art umgebracht wurde, dachte nur die Frau sei die letzte gewesen, die in München als Hexe verbrannt wurde. Falls es dich interessiert, kann versuchen den Artikel einzuscannen, ich würde ihn dann per Mail schicken.

    Anjelka am 3. Dezember, 2007 23:35
    Es waren genaugenommen „meine Pappenheimer“, wenn ich das anmerken darf, obwohl ich sie dem Don ja nicht wegnehmen möchte. Hatte ich nicht geschrieben, daß sie alle umgebracht wurden? Falls Du da was einscannst, könntest Du mir dann auch eine Datei schicken? Ich hab nämlich gerade versucht, den Artikel in der Online-Süddeutschen zu finden, aber es ist mir nicht gelungen.

    dolcevita am 4. Dezember, 2007 11:11
    Die Pappenheimer-Story steht im München-Teil der SZ, d.h. es ist unwahrscheinlich, dass du sie irgendwo online findest, aber ich werde später versuchen sie dir einzuscannen. Die SZ bringt gerade eine Reihe über die Entstehungsgeschichte Münchens.

    Anjelka am 4. Dezember, 2007 14:00
    Von den Pappenheimerschen Räumlichkeiten ist heute in der Stadt nichts mehr zu sehen, der Hexenturm ist lange weg. Die Hinrichtung fand, glaub ich, irgendwo in der Gegend der Hackerbrücke statt.

    Anjelka am 4. Dezember, 2007 22:51
    Hab schon reingeschaut, mir war gar nicht mehr erinnerlich, daß an der Sache auch noch zwei erwachsene Söhne beteiligt waren, ich dachte, es seien außer den Eltern nur die erwachsene Tochter und der kleine Junge gewesen.

    dolcevita am 4. Dezember, 2007 23:08
    Die Pappenheimer waren wohl zu fünft unterwegs als sie aufgegriffen wurden um an ihnen ein Exempel zu statuieren . Denn was anderes war es ja gar nicht. Auf jeden Fall sind die wahnsinnig brutal vorgegangen. Total irre! Der 10jährige Junge wurde ebenfalls verbrannt, da hat man sich aber wohl etwas Zeit gelassen. Die Hackerbrücke steht heute dort, wie die Hinrichtung stattgefunden hat, den Hexenturm gibt es nicht mehr.

    Anjelka am 5. Dezember, 2007 19:32
    Stimmt, die Hinrichtung der Familie war außergewöhnlich brutal, besonders die des Vaters. Sie ist auch in dem Kunze-Buch sehr genau beschrieben und diese Beschreibung hat mich noch ziemlich lange verfolgt, muß ich sagen.
    Ein interessantes Detail bei dieser und überhaupt bei Hinrichtungen in der damaligen Zeit war übrigens, daß die Kirche, die ja eine der treibenden Kräfte bei der Hexenverfolgung war, sich die Hände nicht selbst mit Hinrichtungen beschmutzte, sondern den Sünder grundsätzlich an den „weltlichen Arm“ zur Bestrafung übergab und dann auf der Fahrt zur Hinrichtungsstätte alle Kirchenportale weit öffnete, um die Kirchen als Zufluchtsort anzubieten – eine Zuflucht, die aber für die streng bewachten Delinquenten natürlich unerreichbar blieb.

    dolcevita am 5. Dezember, 2007 20:42
    Meinst du nicht, dass die Kirchentore geöffnet wurden um möglichst viele reuige Sünder und auch Zweifler im Angesicht dieser Grausamkeiten in die Kirchen zu locken?
    Dass ganze Familien gefoltert und umgebracht wurden, wusste ich gar nicht, aber es war wohl auch eher eine Ausnahme hier in München, oder? In München stand man, habe ich zumindest in dem Artikel gelesen, der Hexenverfolgung ja eher skeptisch gegenüber. Zumindest war es keine Hochburg, um so unverständlicher daher diese Geschichte der „Pappenheimer“.
    „Im Namen der Rose“ machen sich doch die Mönche aus dem Kloster an den Deliquenten zu schaffen, oder habe ich das falsch in Erinnerung?

  40. @ dolcevita

    Was die offenen Kirchenportale anging, ist es möglich, daß ihr vorrangiger Zweck nicht die Gewährleistung des Kirchenasyls war, obwohl ich meine, das im Zusammenhang mit diesem Fall gelesen zu haben, möglicherweise in der Dissertation.
    Ich hab eben auch nochmal meinen Historiker-Freund dazu befragt. Gnadenangebote spielten zur damaligen Zeit im Zusammenhang mit Strafen eine wichtige symbolische Rolle, wobei aber sicherlich die Hinrichtungs- und sonstigen Strafgepflogenheiten wie alle anderen Gepflogenheiten regional sehr verschieden gewesen sind. Kirchenasyl allerdings galt überregional, wenn auch regional verschieden lange Zeit hindurch. Ich hab jetzt in der Populärversion nur die folgende Textstelle dazu gefunden (im Kapitel „Der Zug“):

    Die Kirchentüren von ‚Unserer Lieben Frau‘ und ‚Sankt Michael‘ standen weit offen. Wäre einem der Gefangenen die Flucht vom Karren und durch die Volksmenge in das Innere einer der Kirchen am Wege gelungen, so hätten die Schergen ihm nicht folgen dürfen. Die Verurteilten mochten von ihrem rumpelnden Gefährt aus sehnsüchtige Blicke in das goldglänzende Schwarz des Schiffes von St. Michael geworfen haben – da lag die Freiheit nur wenige Schritte weit entfernt und doch unerreichbar. Denn schwere Ketten hielten die Elenden fest, dicht waren die Reihen der rechts und links die Wagen eskortierenden Bewacher, und schwach waren die von glühenden Zangen gerissenenKörper.

    Die Annahme mit den reuigen Sündern scheint mir deshalb nicht so wahrscheinlich, weil solche Hinrichtungen als Schauveranstaltungen gedacht und auch vom „Publikum“ so wahrgenommen wurden. Warum hätten die, die wegen des bevorstehenden Spektakels gekommen waren und auch deswegen kommen sollten, in die Kirchen abwandern sollen? Aber mit Sicherheit kann ich es nicht sagen.

    Daß ganze Familien hingerichtet wurden, war nicht nur in München die Ausnahme, sondern meines Wissens überhaupt, wobei ich ja keine Fachfrau für Hexenverfolgungen bin, sondern nur ein Bißchen dazu gelesen hab. In der Mehrzahl der Fälle wurden die schwächsten Glieder einer Gemeinschaft oder Gesellschaft Opfer solcher Prozesse, und das waren in der Regel arme alleinstehende alte Frauen ohne familiären Schutz. Die klassische Märchenhexe eben.

    Der Fall Pappenheimer ist typisch z. B. insofern, als er in die Hochzeit der Hexenverfolgungen fällt und sozial randständige Menschen betraf. Er ist untypisch, weil die Obrigkeit gezielt ein Exempel statuieren wollte und die Hinrichtung in ihren grausamen Einzelheiten ungewöhnlich archaisch vollzogen wurde. Auch daß der kleine Junge lebendig verbrannt wurde, war unüblich. Kinder wurden, wenn sie überhaupt betroffen waren, normalerweise weniger grausam durch Ausbluten in warmem Wasser getötet. Typisch für einen sich durch Foltergeständnisse erweiternden Fall (es waren weitere Menschen in der Folter von den Pappenheimern bezichtigt worden, die ebenfalls in einem weiteren Verfahren verurteilt und getötet wurden) ist auch, daß die Prozesse in dem Moment stocken und versanden, in dem sie in gehobene Schichten vordringen. Dort gibt es Einflußmöglichkeiten, die unter normalen Umständen eine Fortführung der Prozesse verhindern.

    Immerhin muß man bedenken, so abstrus das heute klingt, daß Hexenprozesse nach damaligem Rechtsverständnis eine ziemlich rationale Angelegenheit nach einem rechtsstaatlichen Verfahrensgang waren. So etwas wie „Hexenwahn“ fand dagegen auch nach zeitgenössischer Auffassung in den von Dir erwähnten „Hochburgen“ statt. Würzburg, Bamberg und Eichstätt werden auch in dem SZ-Artikel erwähnt. Diese Hochburgen mit völlig aus dem Ruder laufenden Massenprozessen waren aber auch untypisch für das Phänomen Hexenverfolgung.

  41. @ dolcevita

    Mir ist im Nachhinein noch eingefallen, daß ich Deine letzte Frage nicht beantwortet hatte. Sie bezog sich vermutlich auf meine vorherige Bemerkung, daß die Kirche „sich die Hände nicht selbst mit Hinrichtungen beschmutzte, sondern den Sünder grundsätzlich an den ‚weltlichen Arm‘ zur Bestrafung übergab“.

    Du fragtest darauf: †œIm Namen der Rose† machen sich doch die Mönche aus dem Kloster an den Deliquenten zu schaffen, oder habe ich das falsch in Erinnerung?“

    Mein „Name der Rose“ finde ich nicht, deshalb konnte ich nicht nachsehen, aber ich bin ziemlich sicher, daß es nicht die Mönche waren, die sich „zu schaffen machten“, sondern sie stellten die Fragen, während die weltlichen Folterknechte ihres Amtes walteten.

    Folter war aber nicht Strafe, sondern erlaubtes und dem Gesetz nach in der Anwendung genauestens geregeltes Mittel zur Wahrheitsfindung.

    Übrigens lief das gesamte Verfahren im Fall der Pappenheimer ohne die unmittelbare Mitwirkung der Kirche ab, weil Hexerei juristisch betrachtet eine Straftat war, die in der Frühen Neuzeit normalerweise als normale Straftat und nicht als Ketzerei durch die Inquisition verfolgt wurde. Die Hexenprozesse wurden zwar am Beginn dieser Periode wesentlich durch die Inquisition in Gang gesetzt („Der Hexenhammer“ als theoretische Grundlegung der Verfolgung wurde von zwei Inquisitoren geschrieben), und zu den schlimmsten Massenverfolgungen kam es in fürstbischöflichen Residenzen, aber später verhielt sich Rom in dieser Hinsicht eher zurückhaltend oder sogar ablehnend.

    Grundsätzlich galt es in der damaligen Zeit als unehrenhaft, das Blut selbst überführter Verbrecher zu vergießen. Dafür hatte man mindere Leute, die dafür Einbußen an ihrer Ehre erlitten, bis hinab zu den Henkern, die als unehrbare Leute galten (neben anderen Berufen wie Müller oder Abdecker). Darin liegt auch der eigentliche Ursprung des Kirchenasyls.

  42. oh das ist aber nett von dir, vielen Dank 🙂 Hast du nicht Lust das ganze zusammenzufassen und eine Beitrag daraus zu machen? Vielleicht unter dem Titel „Die Pappenheimer von München“ 😉 Ich komme zeitlich einfach nicht dazu. Aber nur wenn du Lust und Zeit hast, ansonsten legen wir das noch etwas auf Eis.
    Das mit dem Kirchenasyl in Verbindung mit den „minderen“ Leuten verstehe ich noch nicht? Ich dachte grundsätzlich hat die Kirche allen Schutz angeboten, die verfolgt wurden.

  43. Na ja, das hier sind ja mehr so allgemein gehaltene Antworten auf Deine Fragen, es ist alles sehr lückenhaft und durcheinander. Es paßt im Grunde viel besser hierher zu dem Buch. Das ist im Grunde ja ein außerordentlich komplexes Thema, bei dem man wunderbar sofort vom Hundertsten ins Tausendste kommen kann, vor allem ich, nur das mir sowohl für das Hundertste wie erst recht für das Tausendste die Fachkompetenz fehlt.

    Zu Deiner Frage: Hab ich irgendwo geschrieben, daß es das Kirchenasyl nur für mindere Leute gab? Das wäre dann unabsichtlich geschehen, natürlich galt das Kirchenasyl allgemein. Es ist nur so, daß es vor allem „kleine Leute“ waren, die unter die Räder der Hexenverfolgung kamen (aber auch ganz allgemein der Strafverfolgung). Mit dem Kirchenasyl hatte das nichts zu tun.

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