Seit vier Jahrzehnten frisst sie sich durch Spielzimmer und Kindergärten: Die kleine Raupe Nimmersatt. Eric Carle schuf mit der gefräßigen Larve eines der erfolgreichsten Kinderbücher.
Eigentlich wollte der US-Amerikaner Carle lediglich seiner Schwester eine Freude machen. „Für meine Schwester Christa“, steht deshalb auf der ersten Seite jedes der insgesamt 30 Millionen Exemplare, die bisher weltweit von der „Raupe“ verkauft wurden. Allein in Deutschland haben sich bisher fünf Millionen Raupen wortwörtlich durch die Seiten gefressen. Carle konnte seinen Beruf als Werbegrafiker bald aufgeben, als „The Very Hungry Caterpillar“, wie das Buch im Original heißt, seinen Siegeszug antrat. Seitdem widmet er sich nur noch den Kinderbüchern.
Das Erfolgsgeheimnis der gefräßigen Larve liegt nach Ansicht ihres Schöpfers in der einfachen, schnell erzählten Geschichte inklusive Happy End: Eine Woche lang frisst sie sich durch eine große Speisepalette und verspürt trotzdem immer noch Hunger. Bis sie schließlich am Sonntag nur noch Blätter zu sich nehmen kann. Dann verpuppt sie sich und wird ein wunderschöner Schmetterling. „Ich nehme an, die meisten Kinder können sich mit der hilflosen, kleinen, unbedeutenden Raupe identifizieren, und sie freuen sich darüber, wenn sich die Raupe in einen wunderschönen Schmetterling verwandelt“, sagte Carle.
Eric Carles Kleine Raupe Nimmersatt gehört mit Sicherheit zu den ersten Bilderbüchern, die im Kinderzimmer auf dem Regal Einzug halten und die sich seit Jahren ungebrochener Beliebtheit bei den kleinen Lesern erfreuen, die meistens noch gar nicht selber lesen, sondern nur genussvoll der hemmungslosen Völlerei der kleinen gefräßigen Raupe lauschen.
Wer kennt das nicht, dieses wilde Durcheinander im Bauch, das die kleine Raupe in sich hineinschaufelte. Der Anfang ist noch richtig gesund. „Am Montag fraß sie sich durch einen Apfel. Aber satt war sie noch immer nicht.“ Am Dienstag müssen es dann schon zwei Birnen sein, am Donnerstag vier Erdbeeren und am Freitag sogar fünf Apfelsinen. Richtig toll ist die Steigerung am Sonnabend. Da langt sie noch einmal richtig zu und jedes Kind zählt mit Begeisterung all die wunderbaren Köstlichkeiten mit, die sich die Raupe gönnt: „Ein Stück Schokoladenkuchen, eine Eiswaffel, eine saure Gurke, eine Scheibe Käse, ein Stück Wurst, einen Lolli, ein Stück Früchtebrot, ein Würstchen, ein Törtchen und ein Stück Melone.“ Diese Orgie endet nicht mit dem gewohnten Satz: „Aber satt war sie noch immer nicht.“ Nein, es heißt lapidar: „An diesem Abend hatte sie Bauchschmerzen!“
Jedes Kind hat diese schmerzvolle Erfahrung schon selbst einmal gemacht und kann mitfühlen, wie die arme kleine Raupe jetzt leidet. Aber am nächsten Tag ist wieder alles bestens und die Raupe macht sich nach einem gesunden grünen Blatt daran, sich in ihren Kokon zu verspinnen und alle dürfen gespannt sein auf den prächtigen farbenfrohen Schmetterling, der sich ganz am Ende des Buches in seiner vollen strahlenden Pracht entfaltet.
Eric Carle erobert die Kinderherzen mit seiner ihm eigenen Technik der Collage in kräftigen Farben. Zudem hat er noch so viele Kleinigkeiten in seinem Bilderbuch versteckt, die alle von den Kleinen begeistert aufgenommen werden: Da werden die Wochentage aufgezählt, alle Verse auswendig mitgesprochen, genüsslich in allen Löchern gebohrt, die die Raupe gefressen hat.
Kurzbeschreibung
Die Kleine Raupe schlüpft aus dem Ei und hat nur noch Fressen im Sinn. Eine Woche lang frisst sie sich durch allerlei Obst und Süßigkeiten und hinterlässt Fraßspuren auf den Buchseiten. Dann baut sie sich einen Kokon und entpuppt sich als farbenprächtiger Schmetterling. Spielerisch kann das Kind mitzählen und lernt die Wochentage kennen. Die farbenfrohen, collageähnlichen Bilder und der kurze, humorvolle Text sind bereits für kleine Kinder gut zu begreifen.
Quelle: FOCUS Online