„Auch wenn das Jahr noch jung ist: Dieser über 60 Jahre alte Roman gehört zu den wichtigsten und besten Neuerscheinungen 2010“, urteilt Stefan Sprang über Sándor Márais „Befreiung“
Bereits im September 1945 beendete Sándor Márai (1900 – 1989), einer der bedeutendsten ungarischen Lyriker, Schriftsteller und Dramatiker des 20. Jahrhunderts, seinen Roman „Befreiung„. Das Manuskript der „Befreiung“ blieb in einer Truhe liegen. Erst vor zehn Jahren wurde der Text in Ungarn, jetzt erstmals auch auf Deutsch veröffentlicht. Der 190 Seiten umfassende Roman erschien am 05. Januar 2010 im Piper Verlag.
Der zweite Weltkrieg war zwar 1945 vorbei, von Befreiung konnte aber in Ungarn nicht die Rede sein. Mitte 1948 wurde die Kommunistische und die Sozialdemokratische Partei unter dem Druck der Kommunisten und der im Land gebliebenen Roten Armee zur Partei der Werktätigen vereinigt. Die bürgerlichen Parteien wurden verdrängt; die Schulen, die bis dahin größtenteils von der Kirche und privat betrieben worden waren, wurden verstaatlicht. Der neue Kulturminister József Révai betrieb die schrittweise Gleichschaltung von Presse, Rundfunk und allen kulturellen Institutionen; die großen Verlage wurden verstaatlicht.
Márais Werke wurden ab nun in seiner Heimat von der offiziellen Literaturkritik vernichtend beurteilt. Und so entschloss sich Márei im September 1948 Ungarn endgültig zu verlassen.
Kurzbeschreibung
Dezemberkälte liegt über dem belagerten Budapest, zwischen Todesangst und Erschöpfung wartet die junge Erzsébet zusammen mit den anderen Bewohnern im Keller eines Hauses auf ihr Schicksal. Tag und Nacht, Mittag und Morgen sind unterscheidungslos geworden. Inmitten von stehlenden, streitenden Menschen empfindet sie dennoch eine Art Milde, denn nun ist er endlich da, der Augenblick der Wahrheit. Während die anderen vor den heranrückenden Belagerern fliehen, beschließt Erzsébet zu bleiben. All ihre Sinne sind hellwach, als plötzlich ein junger Russe den Keller betritt. Geprägt von der Intensität des eigenen Erlebens, erzählt Sándor Márai von Freiheit, Anstand und dem letzten Augenblick seiner sich selbst zerstörenden bürgerlichen Welt.
Über den Autor
Sándor Márai, am 14. April 1900 in Kaschau (KoŠ¡ice, heute Slowakei) geboren, lebte und studierte in verschiedenen europäischen Ländern, ehe er 1928 als Journalist nach Budapest zurückkehrte. Er verließ Ungarn 1948 aus politischen Gründen und ging 1952 in die USA, wo er bis zu seinem Freitod am 22. Februar 1989 lebte. Mit der Neuausgabe des Romans Die Glut (1999) wurde Márai als einer der großen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts erkannt und zum Bestsellerautor. Danach erschienen zahlreiche Neuausgaben seiner Werke, die alle bei Piper vorliegen, zuletzt die Romane Die vier Jahreszeiten und Befreiung sowie die Neuedition seiner Tagebücher.
„Márais intensive Sprache bringt den zeitlichen Abstand umstandslos zum Schmelzen und redet so direkt zu uns, als habe die Weltgeschichte niemals Umwege gemacht.“ Sibylle Mulot, Spiegel Online Kultur am 06.01.2010
„Das Schicksal habe ihm die Hand geführt, meinte Márai. Wie sonst hätte er so kurz nach der dramatischen Befreiung Ungarns im Jahr 1945 einen so geschliffenen, in sich ruhenden, hochgradig lesbaren Text verfassen können?“ Stefan Sprang, Märkische Allgemein am 06.01.210