Philipp Ther: Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent [Rezension]

Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent

Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent †“ Eine Geschichte des neoliberalen Europa von Philipp Ther

Mitte 1989 konnte niemand das nahende Ende des planwirtschaftlich organisierten Ostblocks ahnen. Wie und warum die alte Ordnung in den Jahren 1989 †“ 1991 so plötzlich kollabierte und mit welchen Folgen, beschreibt Philipp Ther nicht nur als Historiker, sondern ebenso als Zeitzeuge, der vor und während der Zeit der großen Umwälzungen viele postkommunistische Länder bereist hatte.

Die lautstarken Forderungen der Menschen auf den Montagsdemonstrationen in der ehemaligen DDR nach der Wiedervereinigung sind ebenso verklungen wie der Jubel darüber, als die Kommunisten endlich abdankten. Die Grenztruppen, Selbstschussanlagen, die Berliner Mauer haben als Requisiten des Eisernen Vorhangs längst ausgedient. Seit über 25 Jahren sind wir ein Volk. Im Jahr 1989 befand sich die DDR in einem abgewirtschafteten Zustand, dennoch versprach Helmut Kohl den Menschen „blühende Landschaften†œ. Das Rezept dafür hieß Neoliberalisierung, dessen Paradigmen in Westeuropa und den USA nach den beiden Ölkrisen und Rezessionen 1973/74 und 1980/81 erfolgreich umgesetzt worden waren. Unter der Anwendung der Triade Liberalisierung (Abbau staatlicher und gesellschaftlicher Eingriffe und Vorschriften), Deregulierung (Abbau oder Vereinfachung von Marktregulierung) und Privatisierung (Umwandlung von öffentlichem Vermögen in privates Eigentum) führten zwischen 1989 und 1991 fast alle postkommunistischen Länder Reformen durch.

Wie und warum es zu den massiven politischen und wirtschaftlichen Umwälzungen zwischen 1989 und 1991 kam, welche Rolle die Massendemonstrationen dabei spielten und ob man von einer Revolution sprechen kann, analysiert Philipp Ther in dem dritten Kapitel seines Buches. Die wesentlichen Veränderungen beschreibt der Autor in vierzehn Punkten chronologisch (Buch: Seiten 58 und 59) wie folgt:

  • Die Einrichtung des „Runden Tisches“ in Polen Anfang 1989 und dessen Beschlüsse über die Zulassung unabhängiger Gewerkschaften, die Wahlen im Juni und weitere Wirtschaftsreformen.
  • Der Bruch der ungarischen Kommunisten mit der eigenen Geschichte im Frühjahr 1989 und auch dort die Zulassung eines Mehrparteiensystems, der Versammlungsfreiheit und anderer demokratischer Grundrechte.
  • die verheerende Niederlage der Kommunisten bei den Wahlen in Polen im Juni 1989, wobei zum genau gleichen Zeitpunkt die chinesische Regierung mit Panzern gegen die Opposition auf dem Tiananmen-Platz vorging und somit das Gegenmodell einer gewaltsamen Unterdrückung entwickelte.
  • Die massenhafte Ausreise von DDR-Bürgern über Ungarn im Sommer 1989 – damit war der Eiserne Vorhang gefallen.
  • Der Erfolg der Leipziger Montagsdemonstrationen, der zum Zusammenbruch des SED-Regimes und zur Öffnung der Berliner Mauer am 9 November 1989 führte.
  • Der nur einen Tag später folgende Umsturz in Bulgarien sowie die „samtene“ Revolution in der Tschechoslowakei.
  • Das Moskauer Eingeständnis des Hitler-Stalin-Pakts im Dezember 1989, das der Unabhängigkeit der baltischen Staaten Vorschub leistete.
  • Das blutige Finale in Rumänien, wo der neostalinistische Diktator Nicolae CeauÈ™escu und seine Frau am 25. Dezember 1989 hingerichtet wurden.
  • Die Wahlen in den jugoslawischen Teilrepubliken, die dezidiert nationale Parteien gewannen, womit der Zerfall des ökonomisch bankrotten Staats absehbar war.
  • Das Ende der DDR durch die Währungsunion und den Beitritt der fünf neuen Länder zur Bundesrepublik.
  • Die endgültige Unabhängigkeit Litauens, Lettlands und Estlands nach dem versuchten Putsch gegen Gorbatschow im August 1991.
  • Der Ausbruch bewaffneter Gewalt in Jugoslawien im Sommer 1991
  • Das Ende des Kommunismus in seiner letzten Bastion Albanien.
  • Die offizielle Auflösung der Sowjetunion im Sommer 1991.

Bevor sich in allen Staaten marktwirtschaftliche Systeme entwickelten, kam es zu mehr oder weniger stark ausgeprägten politischen oder ökonomischen Tranformationskrisen. In Polen unterzog der Wirtschaftswissenschaftler Leszek Balcerowicz in der ersten nichtkommunistischen Regierung unter Tadeusz Mazowiecki und Jan Krzysztof Bielecki das Land einer Schocktherapie. Er strich die Subventionen für Lebensmittel, Treibstoff und die unrentablen Großbetriebe, gab die Preise für alle Produkte frei und öffnete die Grenzen für ausländische Firmen. In der Folge brach die Industrie allein im Jahr 1990 um 24 Prozent ein, die Arbeitslosigkeit stieg rapid. Erst 1991 zeichnete sich eine Erholung ab. Das hochverschuldete Land blieb weiterhin vom Wohlwollen westlicher Geldgeber abhängig.

Die Wirtschaft der ehemaligen DDR erhielt gleich eine zweifache Schocktherapie. Vor der Währungsunion verschlechterte sich der Wechselkurs von 1980 bis 1988 von einer D-Mark für 2,50 Mark (Ost) auf 4,40 Mark. Unter Finanzminister Theo Waigel wurde der Wechselkurs auf 1:1 festgelegt, Sparvermögen ab einer Höhe von 2000 Ostmark wurde zu einem Kurs von 1:2 getauscht. Das führte dazu, dass die DDR-Bevölkerung rund 62 Milliarden D-Mark verlor. Den zweiten Schock musste die DDR-Wirtschaft nach der deutschen Wiedervereinigung verkraften. Infolge des Einbruchs der Industrieproduktion auf 27 Prozent des Wertes von 1989, schlossen viele Betriebe, die Arbeitslosigkeit stieg in einigen Regionen auf über dreißig Prozent. Rund 1,4 Milliarden Ostdeutsche verließen das Land in Richtung alte Bundesrepublik. Die Arbeitsmigration erreichte mit 230.000 Menschen im Jahr 2001 ihren Höhepunkt. Die hohen Transferleistungen in die ehemalige DDR führten zu Steuererhöhungen und letztendlich zu einer gesamtdeutschen Wirtschaftskrise. Unter Gerhard Schröder kam es dann zu einschneidenden Sozial- und Arbeitsmarktreformen.

In der politischen Praxis wichen viele Länder bei den Reformen von der Lehre der Hegemonie (Vorherrschaft eines Staates in politischer und wirtschaftlicher Hinsicht) des Neoliberalismus ab. So blieb in Tschechien zwar die Arbeitslosigkeit niedrig, weil Premierminister Václav Klaus die Großindustrie durch heimische Banken stützten ließ, doch konnten die Firmen ihre Kredite nicht mehr bedienen. Hier standen 1996 viele Kreditinstitute vor dem Bankrott. In Rumänien und Bulgarien verzögerte die Regierung zunächst die Privatisierung und unterstützte die Industrie mit Staatshilfen. Das Haushaltsdefizit wurde so groß, dass die Regierung per Management-Buy-out ihre Staatsbetriebe verkaufte. Dadurch wurde viel weniger Geld in die Kassen gespült als erwartet und benötigt. Der Staat druckte Geld nach und erzeugte Ende der neunziger Jahre eine verheerende Inflation.

Obwohl Russland und die Ukraine zunächst der Lehre des Neoliberalismus folgten, indem sie Firmenanteile der Bevölkerung zum Kauf anboten, fielen viele Staatsunternehmen in die Hände der Oligarchen; teils durch Korruption, teils durch Geschäftssinn. Die Oligarchen schafften ihre riesigen Gewinne aus dem Land (z.B. zum Erwerb des FC Chelsea), anstatt sie in ihre eigenen Länder zu investieren. Die westlichen Aufsichtsbehörden schauten weg, mögliche Verstöße gegen Steuerrechte nicht beachtend. In Russland sank das Bruttoinlandsprodukt in den neunziger Jahren um etwa 35 Prozent, das führte zur Rubelkrise von 1998.

Dennoch war in der internationalen Wahrnehmung der Neoliberalismus, ungeachtet diverser Abweichungen und ohne Betrachtung der sozialen Probleme, ein Erfolg. Der Kopenhagener Gipfel attestierte schon 2002 allen postkommunistischen Ländern in Ostmitteleuropa, dass sie sich in eine Demokratien verwandelt hatten. Estland, Lettland, Litauen, Polen, die Slowakei, Slowenien, die Tschechische Republik und Ungarn traten 2004 der Europäischen Union bei.

In Russland und der Ukraine bildeten sich keine stabilen Demokratien, die Wirtschaft wird nach wie vor von Oligarchen dominiert. Putin beendete die Deregulierung und Liberalisierung, nur die Privatisierungen wurden ausgebaut. Acht ukrainische Oligarchen standen 2012 auf der Forbes-Liste der Milliardäre, während die Landbevölkerung auf dem Stand von Entwicklungsländern lebte. Im Jahr 2006 betrug die Lebenserwartung in Russland siebenundsechzig Jahre – das sind zwölf Jahre weniger als in der Bundesrepublik.

Philipp Ther_Leipziger Buchmesse 2015Philipp Ther studierte von 1988 bis 1992 Neuere Geschichte, Osteuropäische Geschichte, Soziologie und Politikwissenschaften an den Universitäten Regensburg und München. Er machte seinen Magister-Abschluss 1993 an der Georgetown University in den USA. 1997 promovierte er an der Freien Universität Berlin. Seit dem Wintersemester 2010/11 ist Philipp Ther als Universitätsprofessor für Geschichte Ostmitteleuropas/„nation building†œ am Institut für Osteuropäische Geschichte der Universität Wien tätig.

Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen die vergleichende Sozial- und Kulturgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert in Deutschland und Ostmitteleuropa, insbesondere Nationalismusstudien, Migrationsgeschichte, Stadtgeschichte und die Geschichte des Musiktheaters.

Schon als 10-Jähriger besuchte er mit seiner Familie Ungarn, Polen und die damalige Tschechoslowakei. 1989 nahm er an der sogenannten Samtenen Revolution auf dem Prager Wenzelsplatz teil.  Eine mehrjährige Berufstätigkeit führte ihn in den 1990er Jahren nach Tschechien und Polen.  Die persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen verwebt der Autor mit den Erkenntnissen seiner detaillierten Recherchearbeiten in der EU-Statistikbehörde Eurostat, der Weltbank, der OECD, des IWF, diversen Datenbanken und Nationalbanken, in Archiven, Städteverwaltungen, Experten- oder Zeitungsberichten. Der Inhalt seines Buches ist in zehn Kapitel gegliedert.

Nach der chronologischen Einführung über den Neoliberalismus in Europa, folgen Erläuterungen zu den Voraussetzungen für den Umbruch und den Verlauf des Kalten Krieges und dessen Beilegung. Im Anschluss behandelt der Autor die wachsenden Unterschiede innerhalb der postkommunistischen Staaten, mit einem besonderen Augenmerk auf die unterschiedlichen Entwicklungen in Städten und ländlichen Regionen, infolge der neuen, neoliberalen Ordnung. Die Leser erfahren, warum sich das Misstrauen gegen die Bevölkerung aus dem Ostblock in Berlin zunächst wirtschaftlich negativ auswirkte und Städte wie Warschau oder Prag einen Aufschwung erlebten. Erklärt wird, warum sich Ungarn unter der Regierung von Viktor Orbán eher von Europa abwandte und die neuen EU-Mitgliedsstaaten Bulgarien und Rumänien (EU-Beitritt 2007) innenpolitische Krisen zu bewältigen hatten und haben. Welche Rolle spielte die EU bei der Etablierung der Rechtsstaatlichkeit während der Transformation oder wie überwinden die neuen EU-Mitgliedsländer die schwere Wirtschaftskrise aus den Jahren 2008/2009?

Philipp Ther liefert dazu eine Fülle von Informationen und Antworten. Dabei lässt er die Menschen, die er als „Helden der Geschichte“ bezeichnet, nie außer acht. Der Weg in die „Freiheit“, war für viele geprägt von Entbehrungen.  In diesem Buch kann man nicht einfach blättern und gezielt nach Stichworten zu einzelnen Entwicklungsabschnitten suchen. Um den Ablauf der Umwälzungen in ein neoliberales Europa zu verstehen, muss man es Seite für Seite lesen. Diagramme zur Transformationskrise und zum Wirtschaftswachstum, zur Arbeitslosigkeit, Lebenserwartung, sozialen Ungleichheit sowie einige Fotos veranschaulichen den Text. Die subjektiven Eindrücke des Autors machen das Geschehene greifbar, die Schilderung der Historie ist stilvoll formuliert und spannend wie ein Wirtschaftskrimi.

Allein die Zukunftsaussichten sind nicht rosig. Gegen Ende des Buches (Seiten: 348 – 351) beschwört Philipp Ther in einer amüsanten Metapher den Neoliberalismus in Form eines funkelnden Expresszuges, der Wachstum und Wohlstand versprach, herauf und lässt ihn nochmals eine Strecke von 25 Jahren zurücklegen. Noch sitzen alle Fahrgäste aus Europa gemeinsam darin, ob das so bleibt, kann niemand sagen.

Preis der Leipziger BuchmesseDie neue Ordnung auf dem alten Kontinent †“ Eine Geschichte des neoliberalen Europa ist in der Kategorie Sachbuch für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert. Ich wünsche dem Autor die Anerkennung der Jury, indem sie ihn für seine beeindruckende Leistung zum Preisträger 2015 erklärt und eine große Leserschaft.

Suhrkamp Verlag, Berlin 2014,
Gebundene Ausgabe: 432 Seiten, 26,95 €

Rezensionen im Netz

Die Zeit vom 1. Oktober 2014: Der Expresszug und sein Speisewagen
vorwärts vom 14. Oktober 2014: Philipp Ther analysiert Europas neoliberale Ordnung
Kapri-ziös vom 10. März 2015: Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent von Philipp Ther

Reise, Reise – LiteraturBrunch der Münchner BücherFrauen am 14.09.2014

BücherFrauenJede Reise ist wie ein eigenständiges Wesen; keine gleicht der anderen, sagte einst John Steinbeck. Diese Erfahrung ist uns wohl allen bekannt, und so einige werden vielleicht gerade mit ganz frischen Eindrücken von einer Urlaubsreise zurückgekehrt sein. Da trifft es sich doch ausgezeichnet, dass es sich beim diesjährigen Münchner LiteraturBrunch, es ist übrigens bereits der 14. (!), um das Thema „Reise, Reise“ dreht. Die Journalistin und Redakteurin Katrin Schuster spricht mit Jenny Bünning, Katharina Hartwell und Nora Wicke über ihre Debütromane. Die drei Autorinnen werden aus ihren Erstlingswerken lesen.

In „Es muss dunkel sein, damit man die Sterne sieht“ schickt Jenny Bünnig drei Freundinnen in einem VW-Bus durch die Schweiz, Italien, Frankreich und Spanien – auf eine Reise, die jede von ihnen zwingt, eine Bilanz ihres Lebens zu ziehen.

Katharina HartwellsDas Fremde Meer“ entführt uns auf eine magische Reise: in die Pariser Salpetrière, wo Sigmund Freud Schüler bei Charcot war; in den Winterwald, in dem sich ein Prinz verirrt hat; in die Wechselstadt, in der ganze Häuser als „Mobilien“ durch die Stadt wandern; in die Geisterfabrik, wo Seelenfragmente zu Spiritografien verarbeitet werden.

Save und Seine, Donau und Spree †“ wer Europas Städte und Landschaften auf den Flüssen bereist, der kann in Nora Wickes erstaunlichem Debütroman viele Welten erleben. „Vierstromland“ ist die Geschichte einer mit allen Wassern gewaschenen Familie. Eliza, die zarte und poetische Hauptfigur des Romans, will den Lebensspuren ihrer Mutter nachgehen, die früh aus ihrem Blick verschwunden ist.

Interessierte sind zu Lesungen und Gespräch am Sonntag, den 14. September 2014, im Stragula, Bergmannstraße 66, herzlich eingeladen. Die Lesungen beginnen um 12 Uhr, der Brunch nach Wunsch ab 10.30 Uhr.

Eintritt (Lesung): € 9,- / 7,-, Karten an der Tageskasse

44. Rauriser Literaturtage: Saskia Hennig von Lange „Alles, was draußen ist†œ

Logo Universität InnsbruckLEOPOLD-FRANZENS-UNIVERSITÄT INNSBRUCK Philologisch-Kulturwissenschaftliche Fakultät | Institut für Germanistik

Portfolio

Saskia Hennig von Lange

„Alles, was draußen ist†œ

Exkursion Institutionen des literarischen Lebens: 44. Rauriser Literaturtage

Von: Ruth Adami und Barbara Fuisz Innsbruck, Juli 2014

Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
  2. Inhalt
  3. Rezension
  4. Pressestimmen
  5. Biografie
  6. Interview

1. Einleitung

Bei der folgenden Arbeit handelt es sich um die Abschlussarbeit einer Exkursion zu den 44. Rauriser Literaturtagen, bei der wir im Sommersemester 2014 im Rahmen des Bachelorstudiums Germanistik an der Universität Innsbruck teilgenommen haben. Unter der Leitung von Univ.-Prof. Mag. Dr. Wolfgang Hackl fuhren wir nach Salzburg und besuchten Lesungen, Diskussionen, Gespräche rund um das Thema Kapital.Gesellschaft.

Im Zuge der Literaturtage wird jedes Jahr die beste Prosa-Erstveröffentlichung prämiert und ein Förderungspreis vergeben. Der Hauptpreis für die Prosa-Erstveröffentlichung ging dieses Jahr an die in Deutschland wohnende Literaturwissenschaftlerin Saskia Hennig von Lange für ihre Novelle „Alles, was draußen ist†œ.

Nachdem wir beide nach der Lektüre ihres Debüts von der Geschwindigkeit und Erzählperspektive beeindruckt waren, haben wir beschlossen, unsere Arbeit zur Gänze diesem Werk zu widmen. In einer kurzen Inhaltsangabe, einer Rezension und Pressestimmen zum Werk sowie einer Kurzbiografie und einem Interview mit Saskia Hennig von Lange haben wir versucht, ein spannendes und aufschlussreiches Portfolio zusammenzustellen.

An dieser Stelle möchten wir uns bei der Autorin Saskia Hennig von Lange für die ausführliche Beantwortung unserer Interviewfragen und der Erlaubnis unsere Arbeit über ihr Werk verfassen zu dürfen bedanken. Ein großer Dank gilt auch der Bloggerin Heike Huslage-Koch, die uns die Möglichkeit gibt unsere Arbeit zu veröffentlichen und so vielen interessierten Menschen die großartige Sprache Saskia Hennig von Langes näher zu bringen. Hier möchten wir auch die Gelegenheit nutzen um uns bei Univ.-Prof. Mag. Dr. Wolfgang Hackl zu bedanken, der einen großen organisatorischen Aufwand betrieben hat, um uns eine neue Perspektive der vielseitigen Welt des Literaturbetriebs aufzuzeigen.

Ruth Adami und Barbara Fuisz

2. Inhalt

Alles, was draußen istDie Novelle besteht aus den Aufzeichnungen eines Mannes, der ein anatomisches Museum besitzt, dort arbeitet und wohnt. Die Niederschrift beginnt er, nachdem er, von starken Kopfschmerzen geplagt, in die Klinik fährt und ihm dort nur noch wenige Tage zu Leben vorausgesagt werden. In stringentem Erzähltempo beschreibt er ganz genau seinen eintönigen Tagesablauf, der größtenteils ohne emotionale und körperliche Nähe anderer Menschen auskommt.

Jeden Tag schleicht er durch die Gänge des Museums, betrachtet manche Objekte genauer, manche weniger †“ es wird jedoch deutlich, dass ihm die Präparate näher stehen als richtige soziale Kontakte. Durch die hohe Geschwindigkeit der Sprache, dem düsteren Dasein des Protagonisten zwischen dem Leben und Tod, seinen vertrauten aber doch leblosen Objekten, denen er durch die Geschichten über ihre Vergangenheit und seine Erlebnisse Leben einhaucht, wird der Leserschaft keine Entspannung erlaubt.

Der Erzähler selbst übt sich ebenfalls in der Kunst der Präparation. Das Innenohr von Menschen und Tieren hat er besonders genau untersucht. Dabei wollte er herausfinden, welche Wirkung der Satz „Nein, du bleibst hier, bei mir, du gehst nicht nach draußen„, den er von seiner Mutter und auch von seiner „kleinen Lehrerin†œ, die er als Schüler geschwängert hat, hinterlässt.

Einer der häufigsten Gedanken, die den Mann beschäftigen, ist der, was nach seinem Tod von ihm übrig bleibt. Seine ausführliche Auseinandersetzung mit der Totenmaske des französischen Revolutionär Maximilien de Robespierre ermöglichen einen tiefen Einblick in sein Innerstes. Überhaupt taucht die Leserin bzw. der Leser mit allen Sinnen in die Gedanken des einsamen Menschen ein. So beschreibt der Ich-Erzähler in allen Details „seine schöne Beischläferin†œ †“ einen halben präparierten Frauenkörper und welche Emotionen er mit ihrem Anblick verbindet. Immer wieder kommt er auch auf die „Untendrunterwohnerin†œ, also die Frau, die im Stock unter ihm wohnt. Er hört sie und stellt sich vor, wie es sein würde mit ihr befreundet zu sein. Die Tage verstreichen bis der Protagonist schließlich erklärt, dass er diese Aufzeichnungen, also die Erzählung, an dem Tag begonnen hat, an dem er von der Diagnose erfahren hat. Er möchte, dass irgendetwas von ihm zurückbleibt, das schließlich auch die „Untendrunterwohnerin†œ von ihm in den Händen halten könne. Der Schwerkranke schildert ein letztes Mal, wie er sich beim Anblick der „schönen Beischläferin†œ vorgestellt hat, sie stünde Hand in Hand neben ihm. Die Erzählung endet hier und der Tod des Protagonisten kann von der Leserschaft erahnt werden.

Die gebundene Ausgabe umfasst 116 Seiten und ist am 28. Februar 2013 bei Jung und Jung erschienen.

3. Rezension

Und also nehme ich meinen Stift und das Papier und schreibe alles auf, damit, wenn dann jemand kommt, meinen toten Körper zu finden und meinen Abdruck zu nehmen, er das alles hier lesen und dann auch wissen kann und eine Antwort geben kann, falls ihn jemand fragen sollte, wer das denn war, der hier liegt, so tot?†œ. Es ist dieser Satz, der sinnbildlich für Saskia Hennig von Langes Debüt „Alles, was draußen ist†œ steht. Die Novelle erzählt die Geschichte eines Mannes, der sich mit dem menschlichsten schlechthin konfrontiert sieht: mit seinem Tod. Doch anstatt den Rest seines Lebens in vollen Zügen zu genießen, ändert er nichts an seinem Alltag: Er verbringt die meiste Zeit in seinem anatomischen Museum, das sich im Stock unter seiner Wohnung befindet.

Prunkstück seiner schaurigen Sammlung ist ein Gipsabdruck der Totenmaske des Robespierre, die für den Protagonisten sinnbildlich für die Abwesenheit des Lebens steht und der aufgeschnittene Körper einer Schwangeren mit ihrem Embryo, die der Mann seine „schöne Beischläferin†œ nennt. Beinahe liebevoll kümmert sich der Protagonist um seine Sammlung von Innenohren, immer wieder suchend nach den nie zu findenden Spuren, die der Ton in den Gehörgängen zurück lässt. Tag für Tag geht der Protagonist durch sein Museum, das schon längst nicht mehr besucht wird, denn von dort kann er die „Untendrunterwohnerin†œ hören, die in der Wohnung unter dem Museum lebt. Mit dem Näherkommen seines Todes konfrontiert, beginnt der Protagonist zu schreiben.

Alles, was draußen ist†œ ist Saskia Hennig von Langes Debüt und ist im „Jung und Jung†œ- Verlag Salzburg erschienen. Es ist eine Reise durch die Erinnerungswelt des sterbenden Ich-Erzählers. Entstanden ist eine Novelle, die sich ohne Luft zu holen, in einem einzigen Zug lesen lässt. Wie Girlanden hängt Saskia Hennig von Lange ihre Sätze aneinander, so dass eine fließende, rhythmische Sprache entsteht, die beinahe zum lauten Vorlesen des Textes zwingt. Im Stil des Bewusstseinsstroms geschrieben ist es nicht die Handlung, sondern vielmehr die lebhafte, bilderreiche Sprache, die die Novelle ausmacht, von der Autorin gekonnt eingesetzt. Dabei zeigt sie auch keine Furcht vor genauen Beschreibungen der makaberen Museumsobjekte, die der Protagonist sorgfältig in seiner Niederschrift festhält. Durch diese stilistischen Merkmale gelingt es der Autorin eine unvergleichbar düstere Atmosphäre zu schaffen, die den Leser in nachdenklicher, melancholischer Stimmung zurück lässt. Was am Ende der Lektüre bleibt ist die quälende Frage, die sich auch der Protagonist stellt: Was bleibt von uns zurück, wenn wir aus dieser Welt scheiden?

4. Pressestimmen

Mit ihrem Debüt ist der 1976 geborenen, in Frankfurt lebenden Kunsthistorikerin Saskia Hennig von Lange ein Kabinettstück gelungen. In raffinierter, gleichsam doppelt gespiegelter Vermittlung von Form und Gehalt wird die menschliche Fähigkeit, sich zu entäußern, um sich zu erkennen, im ruhigen Fluss der Sprache sinnlich fassbar. Mit leichtem Beiklang des Altmodischen zeigt die Erzählung eindringlich, dass die Literatur nach wie vor das vorzügliche Medium der Selbstreflexion des gebrechlichen Menschen ist.†œ Friedmar Apel, Frankfurter Allgemeine Zeitung

„Die Sogwirkung ist enorm. Das ist Dichtung, preiswürdige.†œ Peter Pisa, Kurier

Ein ungemein dichtes und wunderbares Buch.†œ Christoph Schröder, KulturSPIEGEL

Saskia Hennig von Langes Sprache wirkt treibend, geschliffen, unbestechlich, jeder Satz gräbt sich ein.†œ Caroline Rehner, Süddeutsche Zeitung

Rauriser Literaturpreis 2014 an Saskia Hennig von Lange für ihr Debut „Alles, was draußen ist†œ†¨. Aus der Begründung der Jury: „Mit großer Leichtigkeit verknüpft Saskia Hennig von Langes Novelle Stoffe aus der Literatur, der Geschichte und der Kunst. Sie bündelt sie in einer Sprache voller Musikalität, die in nahezu aphoristischer Prägnanz zeigt, was große Literatur ist: schillerndes menschliches Universum und Weite der Welt auf kleinstem Raum.†œ

5. Biografie

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Saskia Henning von Lange © Stefan Freund

Saskia Hennig von Lange ist 1976 geboren und lebt heute mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Frankfurt am Main. Seit Abschluss des Studiums der Angewandten Theaterwissenschaften und Kunstgeschichte forscht und arbeitet Hennig von Lange an der Justus-Liebig-Universität Gießen an ihrer Dissertation zum Verhältnis von Bild, Rahmen und Körper in der spätmittelalterlichen Kunst. Für ihr literarisches Debüt, die Novelle „Alles, was draußen ist†œ bekam sie den Rauriser Literaturpreis verliehen, Ende August 2014 folgt ihr erster Roman „Zurück zum Feuer†œ.

Bisherige Auszeichnungen:
2013 Wortspiele-Literaturpreis†¨2013
Hotlist der unabhängigen Verlage†¨ 2014
Rauriser Literaturpreis 2014

Quellen:
http://www.saskiahennigvonlange.de/biogafie/
http://www.rauriser-literaturtage.at/preis/hauptpreis/
http://www.saskiahennigvonlange.de/stimmen/

6. Interview

Was hat Sie dazu bewegt ein Buch zu schreiben?
Wenn man schreibt, dann schreibt man ja nicht eigentlich ein Buch. Das steht ja als Produkt erst ganz am Ende eines längeren Prozess. Was ich geschrieben habe, ist also ein Text aus dem später ein Buch wurde. Und diesen Text habe ich geschrieben, weil mir gewisse Gedanken und Fragen nicht mehr aus dem Kopf gegangen sind, weil sie sich dort sogar zu Sätzen verdichtet haben. Und mit einem dieser Sätze habe ich dann angefangen, indem ich ihn aufgeschrieben habe. Und dann kam noch einer und noch einer. Und irgendwann war es eben ein Text. Und jetzt ist es ein Buch.

Inwiefern beeinflusst Sie die wissenschaftliche Arbeit in Ihrem Schreiben?
Es ist nicht unbedingt die wissenschaftliche Arbeit, die mein Schreiben beeinflusst, es ist eher, dass sich in beiden Bereichen †“ in der Literatur und in der Wissenschaft †“ das Denken ganz wunderbar mit dem Schreiben verknüpfen lässt und das ist es, was mir Spaß macht und was mich antreibt. Und dann sind es natürlich die gleichen Themen, die mich beschäftigen: Der Mensch und sein Verhältnis zu den Dingen, zu Orten, zu den Bildern, die er sich von sich macht. Schwellen und Übergangsituationen.

In Ihrer Novelle bedienen Sie sich einer sehr rhythmischen, beinahe schon lyrischen Sprache. Haben Sie diese bewusst gewählt, oder wie kommt es dazu?
Es ist ja immer eher so, dass die Sprache uns vorgängig ist, zumindest empfinde ich das so. Man sitzt da irgendwie mitten drin in dieser Sprache und kommt nicht raus und hat auch nur einen kleinen Radius †“ soweit ich die Hand eben ausstrecken kann, soweit reicht mein Einfluss auf diese Sprache.

Denken Sie so wie Sie schreiben?
Ja.

Haben Sie einen Lieblingsautor und falls ja, hat dieser Sie in Ihrem Schreiben beeinflusst?
Vielleicht habe ich eher Lieblingsdenker, denn beeindruckt mich immer sehr, wenn ein Denken und ein Sich-Ausdrücken in eins fallen und zugleich doch einen kleinen Raum eröffnen, sei es ein Zweispalt, sei es eine Ungereimtheit, in dem ich mich als Leser dann bewegen kann.

Sie haben überwiegend positive Reaktionen auf Ihr Debüt erhalten. Die FAZ nennt es „ein Kabinettstück†œ? Haben Sie mit einem derartigen Erfolg gerechnet?
Nein und ja. Ich wusste schon, dass mir dieser Text gelungen ist, dass er irgendwie gut ist. Aber zugleich war mir sein Befremdlichkeitspotential, wenn man das so nennen kann, sehr bewusst. Und natürlich hat er auch Schwächen, die sehe ich jetzt mit ein bisschen Distanz vielleicht sogar klarer. Und, ganz unabhängig von der Qualität eines Textes, ist ja Erfolg nichts, womit man rechnen kann. Da birgt der Markt einfach zu viele Unwägbarkeiten.

Was bedeutet Ihnen der Gewinn des Rauriser Literaturpreises?
Die Vergabe eines Preises ist letztlich genauso undurchsichtig wie die Reaktion des Marktes oder der Kritik auf ein Buch. Deswegen sollte man den Gewinn eines solchen Preises immer mit Vorsicht genießen: Anderen hätte er genauso zugestanden. Er kommt wie ein Alleinstellungsmerkmal daher und ist es doch nicht. Deshalb bedeutet er zugleich weniger, als man annehmen könnte und mehr: Denn er erleichtert es mir, einen Weg weiterzugehen, den ich unbedingt gehen will.

Ende August wird Ihr zweites Werk „Zurück zum Feuer“ erscheinen. Schon vorab die Frage: Sind Sie Ihrem Stil treugeblieben oder betreten Sie damit neue Ufer?
Ich bin mir selbst treu geblieben, sofern man das überhaupt kann. Der Text ist ein in mehrfacher Hinsicht umfangreicher geworden und dreht sich doch um die gleichen Fragen.

Haben Sie auch noch weiterhin den Wunsch oder sogar das Bedürfnis zu schreiben?
Ja!

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Der Lesekreis bedankt sich ganz herzlich bei Ruth Adami und Barbara Fuisz für das Vertrauen diese gelungene „Exkursion ins literarische Lebens“ hier veröffentlichen zu dürfen.

Plötzlich Mensch von Mary Anne Raven [Rezension]

Wie fühlt man sich, wenn einem plötzlich die übernatürlichen Kräfte und die Unsterblichkeit genommen werden und man wieder vom Geschöpf der Nacht zum schnöden, verletzlichen Menschen degradiert wird? Nicht so gut, musste Dean Billius Grimes, ein sehr selbstbewusster Vampir, der sich nie um Gesetzte und Moral scherte, plötzlich am eigenen Leib erfahren. Für ihn waren bis dato die Menschen nur Beute und Nahrung. Bis zu jener schicksalhaften Begegnung in einem Park mit Clara, die ihm leider zum Verhängnis wird.

Clara lebt seit vielen Jahren gefangen in einem goldenen Käfig bei einer fragwürdigen Sekte, den Kindern des Lichts. Als ihr die Flucht gelingt, wird sie fast für den Vampir Dean zu einer schmackhaften Mahlzeit. Doch es kommt anders und was dann geschieht, hat für beide einschneidende Konsequenzen.

Das erste, zufällige Zusammentreffen von Dean und Clara nimmt ein unverhofftes, recht blutiges Ende. Besonders für Dean, der sich nach einem plötzlichen Blackout in einer für ihn dramatischen Situation wiederfindet. Zudem bekommt er auch noch eine ordentliche Tracht Prügel von der menschlichen, ach so zarten Clara. In Clara schlummert nämlich eine Kraft, die von skrupellosen Sektenanhängern schamlos ausgenutzt wird.

Obwohl Dean nach einigen anfänglichen Schwierigkeiten die Annehmlichkeiten des Menschseins genießt, bleibt sein vorrangiges Ziel wieder ein Vampir zu werden und nur Clara kann ihm dabei helfen. Doch je länger er mit ihr zusammen ist und sie vor ihren Verfolgern beschützt, umso tiefer werden seine Gefühle für sie. Aus anfänglicher gegenseitiger Abneigung wird im Lauf der Geschichte eine tiefe Zuneigung und in Dean wachsen Zweifel, ob es wirklich so erstrebenswert ist, wieder zu einem unberechenbaren Geschöpf der Nacht zu werden.

Sehr eindrucksvoll und bildhaft hat Mary Anne Raven eine ganze Palette mystischer Geschöpfe, die sich in dieser Geschichte tummeln, beschrieben. Schmunzelnd überlegte ich so manches Mal beim Lesen, welches außergewöhnliche Wesen mich auf der nächsten Seite wohl erwarten würde. Interessant sind die Rückblenden, die die Autorin gut platziert immer wieder einstreut, um Deans vergessene Vergangenheit zu beschreiben und Einblicke in seinen Charakter als Mensch dem Leser nahe zu bringen. Luminis, ein sehr mächtiges und tödliches Geschöpf, gefangen im Körper einer jungen Frau, ein Siegel, das unter keinen Umständen gebrochen werden darf, verblendete Mitglieder einer nur auf Profit ausgerichteten obskuren Sekte, eine gute Priese Humor und eine sehr schöne Liebesgeschichte mit einem sympathischen Paar sind die feinen Zutaten, die die Autorin Mary Anne Raven geschickt in eine spannende Geschichte verwebt.

Plötzlich Mensch†œ hat mich sehr gut unterhalten, nur mit dem abrupten Ende der Geschichte kann ich mich persönlich nicht so recht anfreunden. Es erscheint mir doch ein bisschen übereilt und unvollendet. Aber vielleicht hat sich die Autorin nur eine Option für einen 2. Band offengelassen, was mich ein bisschen versöhnen würde, denn die Geschichte hat noch viel Potenzial.

Der Lesekreis bedankt sich ganz herzlich bei Angie für diese gelungene Buchbesprechung und beim Sieben Verlag für die freundliche Überlassung eines Rezensionsexemplars.

Kurzbeschreibung
Taschenbuch: 220 Seiten, Sieben-Verlag (März 2014)
Unbeschwertheit, Abgeklärtheit und Arroganz sind Grundeigenschaften eines Vampirs. Dean Billius Grimes genießt seine sorgenfreie Existenz als Untoter ohne Reue. Er kümmert sich herzlich wenig um Gesetze oder Moralvorstellungen, sind ihm doch Kraft, Stärke und Überlegenheit gegenüber allen Menschen und Kreaturen zu eigen. Clara ist verzweifelt und entflieht den Klauen ihrer Gefangenschaft, nur, um ausgerechnet Dean zu begegnen. Ihr Zusammentreffen ist schicksalhaft und löst eine Kette von Ereignissen aus, die Clara und Dean nicht nur in das gefährlichste Abenteuer ihres Lebens, sondern auch in einen Strudel aus Leidenschaft, Vertrauen und Liebe zieht, in dessen Sog sie zu zerbrechen drohen.

Über die Autorin
Mary Anne Raven wurde 1982 in einem kleinen beschaulichen Ort am äußersten Zipfel Ostwestfalens geboren, der obwohl er im Zentrum Deutschlands liegt, gut 1 Stunde von jeder Autobahn entfernt ist.
Bei so viel Landschaft und so wenig Leuten bleibt viel Raum zum Träumen und für spannende Geschichten. Daher sind Bücher jeglicher Art schon seit Kindesbeinen an ihre treuesten Begleiter. Ebenso wie die Musik und das Theater, denen sie genauso gern lauscht und zusieht, wie es sie immer wieder selbst auf „die Bretter, die die Welt bedeuten“ treibt, immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen und Ideen.
Im Konflikt zwischen dem Herz und ihrem Beruf als Gestalterin findet ihr Leben momentan im ständigen Wechsel zwischen der Ostsee und dem Lipperland statt, was viele Stunden „on the road“ bedeutet und damit viel Zeit zum Brainstormen und Kreieren neuer phantasievoller Geschichten lässt.
Quelle: Sieben Verlag

Moonbow 1: Auge um Auge von Stephanie Madea [Rezension]

Moonbow 1View wird in jungen Jahren ihre angeborene besondere Gabe zum Verhängnis. Sie kann nur durch bloßen Blickkontakt andere Menschen erblinden lassen. Gefangen in einem geheimen Labor eines machtgierigen Mannes wächst sie, zahlreichen Tests und Forschungen ausgesetzt, ohne Kontakt zur Außenwelt zu einer jungen Frau heran.
Als ihr plötzlich die Flucht mit Hilfe eines jungen Mannes gelingt, wird ihr langsam klar, was eigentlich in diesem Labor mit ihr passiert ist. Und sie war dort nicht allein…

Junge Menschen, fast noch Kinder, mit besonderen Fähigkeiten verschwinden einfach spurlos. Unheimliches geschieht seit einiger Zeit in der Welt, eine Epidemie ungeahnten Ausmaßes bedroht die Menschheit. In dieser Zeit treffen Zachary, genannt Zac, und View in einem geheimen Labor zufällig aufeinander. Er überredet sie zur gemeinsamen Flucht.

Views Angst, jemanden mit ihrer Gabe zu verletzten, ist tief in ihr verwurzelt. Daher ist es besonders erstaunlich, dass ihre selbst auferlegte Blindheit sie nicht auf der Flucht einschränkt. Unter Zacs Führung und mit ihren hervorragend geschärften Sinnen ist es ihnen möglich ihren Verfolgern immer wieder einen winzigen Schritt voraus zu sein. Obwohl sie ihn nie gesehen hat, wächst in ihr eine innige Zuneigung zu Zac, der ihr auf der Suche nach seinem Vater behutsam die wahren Ausmaße ihres manipulierten Lebens verdeutlicht. Es ist wie das langsame Erwachen aus einem Jahre andauernden Winterschlaf. Ihre Naivität in manchen Dingen ist durchaus nachvollziehbar, da sie die ganze Zeit über in diesem Labor überwacht, ihre wahre Identität und Vergangenheit, sogar ihr richtiger Name mit allen Mitteln im Dunkeln gehalten wurde. Erst Steven, Zacs Vater, öffnet ihr im wahrsten Sinne des Wortes die Augen.

Der Leser fiebert unwillkürlich ebenso mit den Personen mit, die auf der Suche nach den geliebten Menschen sind, die scheinbar spurlos vom Erdboden verschwunden sind. Auch wenn die Personen und ihre Wege noch so verschieden sind, eines haben sie gemeinsam: Sie geben die Hoffnung nie auf und lassen sich auch durch kleine Rückschläge nicht beirren.

Mit diesem Buch überrascht Stephanie Madea uns mit einigen unterschwellig apokalyptischen Segmenten. Verschiedene Erzählstränge laufen in diesem Roman wie lose Fäden nebeneinander her um sich doch immer mehr im Lauf der Geschichte anzunähern. Die Protagonisten sind sympathisch und haben trotz einiger Eigenarten das Herz auf dem rechten Fleck. Ihre Mitstreiter stehen ihnen als faszinierende Persönlichkeiten in nichts nach, ob nun im Guten oder Bösen. Skrupellose Wissenschaftler, dubiose Machenschaften eines einzelnen Mannes und ein kaltblütiger Auftragskiller sorgen zusätzlich für einen echten Gänsehauteffekt.

Der fesselnde, flüssige Schreibstil der Autorin saugt jeden ohne Gnade in diese Geschichte ein, so dass man schnell die Zeit vergisst und nur kurz auftaucht um verwundert festzustellen, dass es mal wieder anders gekommen ist als erwartet. Auch die mystischen Elemente geben diesem Roman eine faszinierende Würze. Verblüffende Wendungen gehen Hand in Hand mit spannenden Sequenzen und zu Herzen gehenden Momenten, besonders die Überraschungen, die den Lauf der Geschichte prägen und auf ein famoses Final hindeuten, haben mir persönlich sehr gut gefallen.

Mit Spannung erwarte ich nun den 2. und letzten Teil der Dilogie, der hoffentlich die letzten losen Enden miteinander verknüpft und noch einige Überraschungen parat hat. Aber ich bin mir sicher, dass mich Stephanie Madea auch diesmal nicht enttäuschen wird und ein grandioses Finale für diese außergewöhnliche Geschichte vorgesehen hat.

Der Lesekreis bedankt sich ganz herzlich bei Angie für diese schöne Buchbesprechung!

Kurzbeschreibung
Erscheinungstermin: 20. Dezember 2013 bei bookshouse (323 Seiten)
Menschen erblinden, wenn View ihnen in die Augen blickt. Ein Schock, als sich herausstellt, dass sie fortan zur Sicherheit aller isoliert in einem Hochsicherheitslabor leben muss †“ bis zu einer Begegnung, die nicht hätte sein dürfen. Zachary Veil zeigt ihr mit grausamer Gewissheit, dass ihr Leben eine einzige Lüge ist.

Zac und View fliehen und es folgen weitere bittere Erkenntnisse: Die Welt hat sich seit Beginn ihrer Behandlung verändert. Die Menschheit verliert das Augenlicht, eine Prophezeiung scheint sich zu bewahrheiten und View weiß nicht, ob sie ihrem einzigen Verbündeten Zac vertrauen darf. Ihre Gefühle sprechen für ihn, aber irgendetwas verbirgt er vor ihr. Ist er der Richtige im Kampf gegen ihre skrupellosen Verfolger?

Über die Autorin
Stephanie Madea erblickte 1977 in Norddeutschland das Licht der Welt. Nach drei staatlichen Abschlüssen, mehrjähriger und vielfältiger Berufstätigkeit im In- und Ausland startete sie im kreativen Bereich ihre Selbstständigkeit und erfüllte sich damit ihren lang gehegten Traum. Seit 2007 lebt sie mit ihrem Lebensgefährten und ihren vier Katzen in einem kleinen Bergdorf auf Zypern und arbeitet neben ihrem Hauptberuf als freie Schriftstellerin. Stephanie Madea schreibt mit Herzblut Paranormal Romance-Serien und Romantic Thrill-Romane.

Mehr unter: www.stephanie-madea.com