August 2016: Ein ganzes Leben von Robert Seethaler

Am 6. August 2016 besprechen wir im Lesekreis Ein ganzes Leben von Robert Seethaler. Wir treffen uns um 20.30 Uhr bei Gina.

Ein ganzes LebenKurzbeschreibung
Als Andreas Egger in das Tal kommt, in dem er sein Leben verbringen wird, ist er vier Jahre alt, ungefähr †“ so genau weiß das keiner. Er wächst zu einem gestandenen Hilfsknecht heran und schließt sich als junger Mann einem Arbeitstrupp an, der eine der ersten Bergbahnen baut und mit der Elektrizität auch das Licht und den Lärm in das Tal bringt. Dann kommt der Tag, an dem Egger zum ersten Mal vor Marie steht, der Liebe seines Lebens, die er jedoch wieder verlieren wird. Erst viele Jahre später, als Egger seinen letzten Weg antritt, ist sie noch einmal bei ihm. Und er, über den die Zeit längst hinweggegangen ist, blickt mit Staunen auf die Jahre, die hinter ihm liegen.
Die Taschenbuchausgabe (192 Seiten) ist am 18. Januar 2016 im Goldmann Verlag erschienen.
Robert_Seethaler
Über den Autor
Robert Seethaler, 1966 in Wien geboren, wurde 2007 für seinen Roman Die Biene und der Kurt mit dem Debütpreis des Buddenbrookhauses ausgezeichnet. Er erhielt zahlreiche Stipendien, darunter das Alfred-Döblin Stipendium der Akademie der Künste. Der Film nach seinem Drehbuch Die zweite Frau wurde mehrfach ausgezeichnet und lief auf verschiedenen internationalen Filmfestivals. 2008 erschien sein zweiter Roman Die weiteren Aussichten. Jetzt wirds ernst wurde 2010 veröffentlicht, darauf folgte 2012 der Bestseller Der Trafikant. Robert Seethaler lebt und schreibt in Wien und Berlin.

Foto: Lesekreis

Juni 2016: Altes Land von Dörte Hansen

Am 26. Juni 2016 besprechen wir im Lesekreis Altes Land von Dörte Hansen. Wir treffen uns um 15 Uhr bei Hanne.

Altes LandKurzbeschreibung
Das „Polackenkind“ ist die fünfjährige Vera auf dem Hof im Alten Land, wohin sie 1945 aus Ostpreußen mit ihrer Mutter geflohen ist. Ihr Leben lang fühlt sie sich fremd in dem großen, kalten Bauernhaus und kann trotzdem nicht davon lassen. Bis sechzig Jahre später plötzlich ihre Nichte Anne vor der Tür steht. Sie ist mit ihrem kleinen Sohn aus Hamburg-Ottensen geflüchtet, wo ehrgeizige Vollwert-Eltern ihre Kinder wie Preispokale durch die Straßen tragen †“ und wo Annes Mann eine Andere liebt. Vera und Anne sind einander fremd und haben doch viel mehr gemeinsam, als sie ahnen.

Mit scharfem Blick und trockenem Witz erzählt Dörte Hansen von zwei Einzelgängerinnen, die überraschend finden, was sie nie gesucht haben: eine Familie.
Die gebundene Ausgabe (288 Seiten) ist am 16. Februar 2015 im Albrecht Knaus Verlag erschienen.

Über die Autorin
Dörte Hansen, geboren 1964 in Husum, lernte in der Grundschule, dass es außer Plattdeutsch noch andere Sprachen auf der Welt gibt. Die Begeisterung darüber führte zum Studium etlicher Sprachen wie Gälisch, Finnisch oder Baskisch und hielt noch an bis zur Promotion in Linguistik. Danach wechselte sie zum Journalismus, war einige Jahre Redakteurin beim NDR und arbeitet heute als Autorin für Hörfunk und Print. Sie lebt in der Nähe von Hamburg. „Altes Land“ ist ihr erster Roman.

April 2016: Der Fall Meursault – eine Gegendarstellung von Kamel Daoud

Am 23. April 2016 besprechen wir im Lesekreis Der Fall Meursault – eine Gegendarstellung von Kamel Daoud. Wir treffen uns um 20.30 Uhr bei Jürgen und Ellen.

Der Fall MeursaultKurzbeschreibung
Nacht für Nacht sitzt ein alter Mann in einer Bar in Oran und erzählt. Seine Geschichte und die seines Bruders Moussa, jenes Arabers, der 1942 von einem gewissen Meursault, den angeblich die Sonne blendete, am Strand von Algier erschossen wurde. Der weltberühmte Roman „Der Fremde“ von Albert Camus erzählt, wie es dazu kam und davon, wie Meursault der Prozess gemacht und er am Ende nicht so sehr für den Mord, den er begangen hat, verurteilt wird, sondern für die Emotionslosigkeit, die er bei der Tat und auch später immer wieder zur Schau stellt. Das Opfer, der Araber, bleibt dabei stets namenlos. Indem er nun †“ 70 Jahre später †“ die Geschichte seines Bruders bis zu dessen gewaltsamem Tod erzählt, gibt der alte Mann dem Araber seinen Namen zurück und damit eine Identität und eine Geschichte. Und er macht seinem Ärger Luft, seiner Trauer, der Wut und der Frustration über sein eigenes Leben im Schatten dieses Todes.

Geschickt verzahnt Kamel Daoud in seinem Erstlingsroman die Geschichte der beiden Brüder mit der Geschichte Algeriens und mit dem Roman von Camus. Kraftvoll und poetisch zugleich erzählt Daoud von diesem Brüderpaar, ihrem Leben, ihrem Land, ihrer Liebe. Entstanden ist ein großer Roman darüber, wie die Vergangenheit unsere Gegenwart prägt und über die ungebrochene Kraft der Literatur, eine tiefere Erkenntnis, eine verborgene Wahrheit ans Licht zu bringen.
Die gebundene Ausgabe (208 Seiten) ist am 18. Februar 2016 bei Kiepenheuer & Witsch erschienen.

Über den Autor
Kamel Daoud, Jahrgang 1970, im algerischen Mostaganem geboren, ist Journalist beim Quotidien d†˜Oran, für den er seit 12 Jahren eine der meistgelesenen politischen Kolumnen in Algerien schreibt. Er lebt in Oran. Er hat bereits einen Band mit Erzählungen veröffentlicht. „Der Fall Meursault †“ eine Gegendarstellung“ ist sein erster Roman.

 

Oktober 2015: Aberland von Gertraud Klemm

Am 31. Oktober 2015 besprechen wir im Lesekreis den Roman „Aberland“ von Gertraud Klemm. Wir treffen uns um 20.30 Uhr bei Heike und Christian.

AberlandKurzbeschreibung
Bürgerliche Mütter, bürgerliche Töchter: ein bitterböses Porträt zweier Frauen-Generationen
Elisabeth, 58, versucht würdevoll zu altern. Ihr gutbürgerliches Leben ist am ehesten charakterisiert durch das, was sie alles nicht getan hat: sie hat nicht studiert und nicht gearbeitet, sie hat ihre Kinder nicht vernachlässigt und ihren Mann nicht mit dem Künstler Jakob betrogen, sie hat der Schwiegermutter nicht die Stirn geboten und stellt noch immer nicht den Anspruch, ins Grundbuch der Jugendstilvilla eingetragen zu werden. Mit Zynismus und verhaltener Selbstreflexion beobachtet sie das Altern der Frauen um sie herum.
Und sie beobachtet ihre Kinder, vor allem Franziska, 35, die zu Wutausbrüchen neigt, mit den Anforderungen der Gesellschaft an ihre Mutterrolle hadert und die theoretische Gleichberechtigung von Mann und Frau im Alltag nicht einlösen kann. Auch sie hat ihre Visionen nicht verfolgt, weder beruflich noch privat, und begnügt sich mit einem fast fertigen Studium und einem fast geliebten Mann. Es scheint, als habe sich dieser zahnlose Feminismus von einer Generation an die nächste vererbt.
Gertraud Klemm, die mit einem Kapitel aus diesem Roman den Publikumspreis in Klagenfurt gewann, schildert eine gesellschaftliche Situation, in der mit viel ‚ja †“ aber‘ die wichtigen Entscheidungen verschoben und verhindert werden, und ihr Blick auf die Lage ist gnadenlos, bissig und (aus Verzweiflung?) wahnsinnig komisch.

184 Seiten, erschienen bei Droschl im Februar 2015.

Gertraud Klemm
Gertraud Klemm beim LiteraturBrunch der Münchner BücherFrauen im September 2015

Über die Autorin
Gertraud Klemm ist eine österreichische Schriftstellerin, deren Werk die feministische Analyse der zeitgenössischen bürgerlichen Frauenrolle ins Zentrum ihrer Erzählungen rückt.
Im Jahr 2006 erschien ihr erstes Buch Höhlenfrauen mit zwölf Kurzgeschichten im Wiener Mille Tre Verlag. In ihrem 2010 bei Arovell erschienenen dokumentarischen Essay Mutter auf Papier setzt sie sich mit den emotionalen und bürokratischen Herausforderungen einer Adoption auseinander.
Klemms erster Roman erschien 2014 im Grazer Literaturverlag Droschl unter dem Titel Herzmilch. Er erzählt aus dem Leben einer Frau, die sich nicht mit den ihr zugedachten Rollen zufriedengeben will.
Anfang 2015 erschien der Roman Aberland wiederum bei Droschl. Bei einer akademisch gebildeten zeitgenössischen Frau, die manche Züge mit der Autorin gemeinsam hat, ergeben sich aus ihrer Mutterschaft ähnliche soziale Nachteile wie bei ihrer Mutter, die mit ihrer Hausfrauenrolle ebenfalls nicht allzu glücklich wurde. Im direkten, durchaus konflikthaften Generationenvergleich schildert die Autorin eindringlich das feministische Dilemma ihrer Protagonistinnen.

 

September 2015: Deutschstunde von Siegfried Lenz

Am 25. September 2015 besprechen wir im Lesekreis den Roman „Deutschstunde“ von Siegfried Lenz. Wir treffen uns um 20.30 Uhr bei Gerlinde und Rainer.

DeutschstundeKurzbeschreibung
In seinem Roman Deutschstunde, der 1968 im Verlag Hoffmann und Campe erschien, setzt sich Lenz kritisch mit dem Dritten Reich auseinander. Der Protagonist des Romans ist Siggi Jepsen, ein Zögling einer Anstalt für schwererziehbare Jugendliche, der einen Deutschaufsatz zum Thema ‚Die Freude der Pflicht‘ schreiben muss. Darin thematisiert Siggi den Konflikt mit seinem Vater, der zur Zeit des Nationalsozialismus Polizist im norddeutschen Rugbüll ist.

Siggis Vater ist mit dem Maler Nansen befreundet, doch die NS-Zeit verändert diese Freundschaft. „Die Deutschstunde†œ schildert, wie der Polizist Jepsen die Durchsetzung des Malverbots für Nansen zu dessen persönlichem Feldzug macht. Nahezu blind erfüllt der Vater seine Pflicht, während der Sohn versucht, die Kunstwerke zu retten. Das Ende des Dritten Reiches bringt keine Veränderung. Der Vater wird kurzfristig interniert, kehrt jedoch später auf seinen Posten zurück, ungebrochen autoritätsgläubig.

Mit der „Deutschstunde“ konfrontiert Siegfried Lenz seine Leserschaft schonungslos mit scheinbar unpolitischer Pflichterfüllung und Heimattreue, welche in der Nachkriegszeit als tragender Pfeiler des Nationalsozialismus demaskiert wurde.

Über den Autor
Der 1926 im ostpreußischen Lyck geborene Siegfried Lenz gehört zu den bekanntesten deutschen Autoren der Gegenwart. Für sein Werk hat er viele Ehrungen und Auszeichnungen bekommen, dazu gehören unter anderem der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und der Goethe-Preis der Stadt Frankfurt.

Lenz†™ Kindheit und Jugend sind von den Ereignissen des Dritten Reiches geprägt. Im Alter von 13 Jahren trat er der HJ bei, machte 1943 sein Notabitur und wurde dann Soldat bei der Marine der Reichswehr. Er desertierte in Dänemark und kam in englische Kriegsgefangenschaft. Diese Erlebnisse beeinflussen sein journalistisches und literarisches Werk.