September 2007: Niemand der mit mir geht – Nadine Gordimer

Treffpunkt: 29.09.07 um 21 Uhr bei Gabriele

Niemand der mit mir geht Kurzbeschreibung
Nadine Gordimers Roman spielt in Südafrika nach Aufhebung der Apartheid. Vera Stark, die Hauptgestalt, engagiert sich als Juristin immer mehr beim Aufbau des neuen Staatswesens. Diese Arbeit für das Allgemeinwohl bringt ihr innere Befriedigung, stärkt ihr Selbstbewusstsein, führt aber gleichzeitig in die Einsamkeit.Nadine Gordimer, 1923 in Transvaal geboren, beschäftigt sich in ihren Erzählungen mit dem Leben in Südafrika unter den Bedingungen der Apartheidpolitik. Bekannt wurde sie durch Romane wie Fremdling unter Fremden, Der Ehrengast, Burgers Tochter, Julys Leute. Im Jahre 1991 erhielt Nadine Gordimer den Nobelpreis für Literatur.

Über die Autorin
Nadine Gordimer wurde am 20. November 1923 in Springs, Provinz Gauteng, Südafrika als Tochter eines jüdischen Juweliers geboren. Sie wurde wegen einer vermeintlichen Herzschwäche zunächst von ihrer Mutter zuhause unterrichtet, besuchte später jedoch eine Klosterschule. Im Alter von neun Jahren begann sie zu schreiben, und mit 14 Jahren erschien ihre erste Kurzgeschichte (Come Again Tomorrow) auf den Kinderseiten der Zeitschrift Forum (Johannesburg). Ihr Studium an der Witwatersrand University brach sie bereits nach einem Jahr wieder ab. Ihre erste Kurzgeschichtensammlung Face to Face veröffentlichte Nadine Gordimer 1949 in Johannesburg. Mit The Lying Days veröffentlichte sie 1953 ihren ersten Roman. Sie reiste viel in Afrika, Europa und den USA, wo sie in den 60er und 70er Jahren auch mehrfach an Universitäten lehrte. Beinahe ihr gesamtes Leben lebte und schrieb sie in einem Südafrika, dass von Apartheid gespalten war. Gordimer gehörte in den 50er Jahren zu einer kleinen Gruppe, die bewusst die damaligen Apartheidgesetze missachtete, um diese zu unterhöhlen. Mit den Massenverhaftungen von 1956 und dem Verbot des African National Congress (1960) wurde dieses Vorgehen vehement unterbunden. Gordimers konsequentes Eintreten für das Recht auf freie Meinungsäußerung brachte ihr mehrfach Publikationsverbote in ihrem Heimatland ein.

In den 60er Jahren wurde die schwarze Widerstandsbewegung radikaler in ihren Methoden, wandte z.B. Industriesabotage an, wie sie im Roman The Late Bourgeois World (1966) beschrieben wird. Gordimer fühlte sich folglich doppelt ausgegrenzt: durch die Weißen aufgrund des Apartheidregimes, durch die Schwarzen wegen ihrer Hautfarbe.

In ihrem Werk zeigt sie, dass Apartheid kein statischer, starrer Begriff ist, sondern etwas das sich ständig weiterentwickelt. Die Realität in ihrem Werk ist nie schwarz-weiß, sondern mit vielen Grautönen durchsetzt. Ihr Werk ist in über dreißig Sprachen übersetzt worden.

Juli 2007: Das Wetter vor 15 Jahren – Wolf Haas

Das Wetter vor 15 JahrenKlappentext:
Seit fünfzehn Jahren studiert Vittorio Kowalski wie besessen das Wetter in einem fernen Alpendorf. Er kennt die Hoch-und Tiefwetterlagen eines jeden Datums auswendig, ist mit den täglichen Luftdruckschwankungen, Niederschlagsmengen und Sonnenscheindauern per Du. Eines Tages wird er mit diesem verrückten Spezialwissen sogar Wettkönig bei „Wetten, dass ..?“. Niemand kann sich diese Leidenschaft erklären. Nur in dem achthundert Kilometer entfernten Urlaubsort seiner Kindheit sitzt eine junge Frau vor dem Fernseher, die den schüchternen Wettkandidaten nach fünfzehn Jahren wiedererkennt. Anni war die Tochter der Zimmervermieter, Vittorio der Sohn der deutschen Urlaubsgäste. Die beiden Kinder verbrachten jeden Sommer gemeinsam – bis sie in ein Jahrhundert-Unwetter gerieten, das sie für immer trennte.

Über den Autor
Wolf Haas, geboren am 14. Dezember 1960 in Maria Alm am Steinernen Meer / Bundesland Salzburg, Österreich, ist ein österreichischer Schriftsteller. Bekannt wurde er zunächst als Werbe- und Radiotexter, dann als Autor von Kriminalromanen, von denen drei den Deutschen Krimipreis gewannen.

Seine ersten zehn Lebensjahre verbrachte Haas in seinem Geburtsort Maria Alm, der gerade zu dieser Zeit †“ in den 60er Jahren †“ touristisch erschlossen wurde. Seine Eltern arbeiteten beide als Kellner. 1970 kam Haas als Internatsschüler nach Salzburg. Nach bestandener Matura studierte er ab 1979 an der Universität Salzburg zunächst Psychologie, ab 1980 dann Germanistik und Linguistik. Letzteres schloss er mit einer Dissertation zum Thema Die sprachtheoretischen Grundlagen der Konkreten Poesie ab. Anschließend, von 1988-90, arbeitete er als Universitäts-Lektor in Swansea (Südwales).

Zurück in Österreich und immerhin schon knapp 30, begann er in Wien noch einmal von ganz „unten†œ und bewarb sich als Juniortexter bei mehreren Werbeagenturen. Sein Spruch „Ich hab†™ keine Ahnung von Werbung, aber ich werd†™ den Job schon gut machen†œ zeugte von gesundem Selbstvertrauen. Tatsächlich stellten sich bald schon Erfolge ein, und mit Radiospots wie Lichtfahrer sind sichtbarer sowie Ö1 gehört gehört (den er übrigens auch selbst gesprochen hat) begründete Haas seinen Ruf als kreativer Werbe- bzw. Radiotexter. Höhepunkt war dann die fast schon legendäre Ö3-Wecker-Kasperliade Peda & Peda, die entstand, weil Haas und sein Pendant Herbert Haider nach der letzten Staffel der Mazda-Werbung ihre Idee der skurrilen Zwiegespräche nicht einfach sterben lassen wollten und sie Ö3 anboten. Doch mitten auf dem Weg nach „oben†œ brach Haas seine Karriere ab und kündigte seine Stelle bei Demner & Merlicek †“ mit der Begründung:

„Es macht Spaß, etwas hinzuschmeißen, weil es funktioniert, und nicht, weil es nicht funktioniert!†œ

Seine zweite Karriere begann Haas erneut mit dem naiv-selbstbewussten Optimismus des Quereinsteigers, denn er bekannte, nur sehr wenige Krimis gelesen zu haben. Seine Arbeitsweise beschrieb er mit auf den ersten Blick widersprüchlichen Aussagen. Einmal äußerte er: „Ich schreib†™ wie eine Wildsau und schau nachher, was mir gefällt†œ, und ein andermal: „Ich schreibe ein Buch, das irgendwie passt, aber es ist alles noch sehr rational kontrolliert. Und erst, wenn man seine Bremsen löst, wenn sozusagen mir selbst die Geschichte erzählt wird, beginnt das eigentlich Interessante. Darum nehme ich mir sehr viel Zeit. Wenn ich fertig bin mit einem Buch, möchte ich es noch ein halbes Jahr bei mir liegen haben, und dann leiste ich mir den Luxus der Zerstörung der eigenen Geschichte. Und dabei entsteht eigentlich das Buch.†œ

Dieses Bekenntnis zu einer Zerstörer-Mentalität verbindet Haas mit seinem Landsmann Thomas Bernhard, und dazu noch einiges mehr †“ mit Ausnahme natürlich des von ihm (bisher) favorisierten Genres. Hier folgt er am ehesten einem Credo von Friedrich Dürrenmatt, indem er „Kunst da tut, wo sie niemand vermutet†œ.

Seit Haas als freier Schriftsteller tätig ist, hat er binnen 7 Jahren (von 1996 bis 2003) insgesamt 7 Kriminalromane vorgelegt, 6 davon mit dem Detektiv Simon Brenner. Auf den einzigen „Non-Brenner†œ, den am Rande des Formel-Eins-Zirkus angesiedelten Roman Ausgebremst, folgten dann 1998 und 1999 die zwei meistbeachteten Krimis des Brenner-Zyklus, Komm, süßer Tod und Silentium!, die beide auch verfilmt wurden.

Seine Kriminalromane zeichnen sich aus durch satirische Gesellschaftskritik, Spannung, lakonischen Witz, ein dichtes Motivgefüge und außerordentliches Sprachbewusstsein. Es ist jedoch vor allem sein absolut ungewöhnlicher, singulärer Stil, der seine Leserschaft in Verehrer und Verächter spaltet, die Literaturkritik nicht selten zu Lobeshymnen veranlasste („Mount-Everest-mäßig über dem Krimi-Hügelland†œ) und ihm mehrere Preise einbrachte, darunter dreimal den Deutschen Krimi Preis.

Nach dem Erscheinen des sechsten Brenner-Titels Das ewige Leben kündigte Haas an, keine Krimis mehr zu schreiben. Konsequenterweise handelt es sich bei dem im September 2006 erschienenen und für den Deutschen Buchpreis nominierten Roman Das Wetter vor 15 Jahren um eine Liebesgeschichte, jedoch in der Form eines Interviews zwischen einer Literaturkritikerin und dem (fiktiven) Autor Wolf Haas über sein (fiktives) neues Werk. Für diesen Roman erhielt Haas 2006 den Wilhelm-Raabe-Literaturpreis.

Juni 2007: Tannöd – Andrea M. Schenkel

Cover TannödKurzbeschreibung
Sie nennen ihn nur noch den Mordhof, den einsam gelegenen Hof der Danners in Tannöd. Eine ganze Familie wurde in einer Nacht ausgelöscht, mit der Spitzhacke erschlagen. Gemocht hat sie kaum jemand, mürrische, geizige Leute waren sie und den ein oder anderen hat der alte Bauer wohl auch übers Ohr gehauen. Aber selbst die Kinder wurden grausam ermordet, und so geht die Angst um im Dorf, denn vom Mörder fehlt jede Spur. Unheimlich wird es, weil man jeden Schritt des Mörders mit verfolgt, ihn beobachtet bei seinen alltäglichen Verrichtungen, ohne seine Identität zu kennen. Die spannende Unruhe, die einen bis zum Ende nicht verlässt, löst sich erst auf, wenn das Mosaik komplett ist. Die Autorin legt mit ihrem Debüt nicht nur einen dramatischen, literarisch reizvollen Kriminalroman vor. Sie zeichnet schonungslos und eindrücklich das Porträt einer bigotten und ganz und gar nicht idyllischen dörflichen Gemeinschaft mit einem traumatischen Beziehungsgeflecht, das schließlich zum Mord führt. Dem Buch liegt ein ungeklärter Mordfall an einer Bauernfamilie zugrunde.

Über die Autorin
Andrea Maria Schenkel, geboren am 21. März 1962 in Regensburg, ist eine deutsche Schriftstellerin.
Sie veröffentlichte im Jahr 2006 ihr Romandebüt Tannöd, der auf einem ungeklärten Mordfall im bayerischen Hinterkaifeck basiert. Für diesen Roman erhielt sie 2007 den Deutschen Krimi Preis und den Friedrich Glauser-Preis. Für das Hörbuch zum Roman erhielt sie 2007 zusammen mit Monica Bleibtreu den CORINE-Weltbild-Leserpreis. Für ihren zweiten Roman Kalteis wurde sie 2008 ebenfalls mit dem Deutschen Krimi Preis ausgezeichnet.

Im Jahr 2007 produziert der Norddeutsche Rundfunk (NDR) ein 70 minütiges Hörspiel des Romans Tannöd (Hörspielbearbeitung und Regie: Norbert Schaeffer). Mit Kalteis lässt Schenkel ihrem Debüt einen weiteren Kriminalroman folgen, in dem es um einen Frauenmörder geht. Auch dieser Roman basiert auf einem historischen Fall.

Ihr Romandebüt Tannöd verkaufte sich bislang mehr als 550.000 Mal (Stand:Januar 2008).

Plagiatsvorwürfe
Der Journalist Peter Leuschner wirft Andrea Maria Schenkel vor, ihr Roman Tannöd sei ein Plagiat seiner Bücher „Hinterkaifeck. Deutschlands geheimnisvollster Mordfall“ (1978) und „Der Mordfall Hinterkaifeck“ (1997). Die Autorin habe, so Leuschner, Passagen teilweise annähernd wortgleich abgeschrieben. Dagegen wird argumentiert, Leuschner habe ein dokumentarisches Sachbuch verfasst, Schenkel aber ein literarisches Werk geschaffen. Die historischen Fakten des spektakulären Falls seien urheberrechtlich nicht geschützt und in vielen offenen Quellen nachzulesen. Da Leuschner die Dokumentation aber durchaus dramatisiert und rein fiktive Passagen zugefügt hat, also von einer reinen Dokumentation zugunsten eines Infotainment abgewichen ist, könnte sich dieser Fall durchaus in einer juristischen Grauzone bewegen.

Trotz dieser Vorwürfe wurden die Plagiatsvorwürfe mit dem Urteil des Münchner Landgerichts I vom 20. Februar 2008 widerlegt. Somit wurde die Forderung Leuschners nach Schadensersatzszahlung, der Vernichtung aller bestehenden „Tannöd“-Bücher und die nicht weitere Verbreitung des Krimis abgelehnt.

April 2007: Candide – Voltaire

Cover CandideKurzbeschreibung
Eine der amüsantesten und scharfsinnigsten Satiren der Weltliteratur in der neuen Übersetzung von Wolfgang TschökeDem arglosen jungen Candide erscheint das westfälische Schlösschen, auf dem er seine Kindheit verlebt hat, als paradiesisch-vollkommen, als bester aller möglichen Wohnorte. Leider begeht er – in aller Unschuld – das Verbrechen, Kunigunde, die appetitliche Tochter des Hauses, zu küssen, und wird mit Tritten in den Hintern aus seinem Kindheitsparadies davongejagt.

Nun tritt er eine Reise an, die ihn kreuz und quer durch ganz Europa, Südamerika bis in das utopische Eldorado führt. Eine Kette von abenteuerlichen Erlebnissen, Krieg und die Verfolgungen der spanischen Inquisition, Schiffbruch und Erdbeben, plötzlichen Reichtum und ebenso plötzlichen Verlust, muß der Held durchstehen, bis er in Konstantinopel auf überraschende Weise Kunigunde und seine Freunde wiedertrifft.

Im Kostüm amüsantester Unterhaltung versteckt sich eine der scharfsinnigsten philosophischen Satiren, die jemals gegen den Optimismus der Aufklärung geschrieben wurden. Mit Ironie und sarkastischem Wortwitz führt Voltaire (1694-1778) die Leibnizsche Doktrin des »Alles ist gut« ad absurdum, bedarf es doch einer Reihe fast tödlich endender Abenteuer, bis der gutgläubige, von seinem Lehrer Pangloß zu stetem Optimismus angehaltene Candide erkennt, wieviel in dieser Welt im argen liegt.

VoltaireÜber den Autor
Voltaire, eigentlich François Marie Arouet, geboren am 21. November 1694 in Paris, gestorben am 30. Mai 1778 ebenda, war einer der fruchtbarsten und einflussreichsten Autoren der europäischen Aufklärung. In Frankreich nennt man das 18. Jahrhundert deshalb auch „das Jahrhundert Voltaires†œ (le siècle de Voltaire). Fast alle wichtigeren Werke Voltaires wurden mehr oder weniger umgehend auch ins Deutsche übersetzt; Goethe z. B. übertrug die Tragödien Zaïre und Mahomet. Mit seiner Kritik an den Missständen des Absolutismus und der Feudalherrschaft sowie am weltanschaulichen Monopol der katholischen Kirche war Voltaire einer der wichtigsten Wegbereiter der Französischen Revolution. Seine Waffen im Kampf für seine Vorstellungen waren ein präziser und allgemein verständlicher Stil sowie Sarkasmus und Ironie.

März 2007: Nachtzug nach Lissabon – Pascal Mercier

Cover Nachtzug nach LissabonKurzbeschreibung
Mitten im Unterricht verlässt ein Lehrer seine Schule und macht sich auf den Weg nach Lissabon, um den Spuren eines geheimnisvollen Autors zu folgen. Immer tiefer zieht es ihn in dessen Aufzeichnungen und Reflexionen, immer mehr Menschen lernt er kennen, die von diesem Mann, den ein dunkles Geheimnis umgibt, zutiefst beeindruckt waren. Eine wundervolle Reise – die vergeblich sein muss und deren Bedrohungen der Reisende nicht gewachsen ist. Endlich kann er wieder fühlen, endlich hat er von seinem Leben zwischen Büchern aufgeblickt – aber was er sieht, könnte ihn das Leben kosten …

Über den Autor
Peter Bieri, geboren am 23. Juni 1944 in Bern, Pseudonym: Pascal Mercier, ist ein in der Schweiz aufgewachsener Schriftsteller und Philosoph.

Bieri studiert Philosophie, Anglistik und Indologie in London und Heidelberg. Dort promoviert er 1971 bei Dieter Henrich und Ernst Tugendhat mit einer Arbeit zur Zeit. Seine Dissertation beschäftigt sich umfassend mit der Zeiterfahrung des englischen Philosophen John McTaggart Ellis McTaggart. Nach der Promotion arbeitet Bieri als wissenschaftlicher Assistent am Philosophischen Seminar der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.

Bieri war Mitbegründer des Forschungsschwerpunktes Kognition und Gehirn der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Die Schwerpunkte seiner Forschung sind Philosophische Psychologie, Erkenntnistheorie und Moralphilosophie. Von 1990 bis 1993 ist er C4-Professor für Geschichte der Philosophie an der Philipps-Universität Marburg; seit 1993 lehrt Peter Bieri Philosophie an der Freien Universität Berlin am Lehrstuhl für Sprachphilosophie als Nachfolger von Ernst Tugendhat. Im Jahr 2007 zieht sich Bieri vorzeitig in den akademischen Ruhestand zurück, um mehr Zeit für seine schriftstellerische Arbeit zu finden.

Unter dem Pseudonym Pascal Mercier hat Peter Bieri bisher vier Romane veröffentlicht: Perlmanns Schweigen (1995), Der Klavierstimmer (1998), Nachtzug nach Lissabon (2004) und Lea (2007). 2006 erhielt er hierfür den Marie-Luise-Kaschnitz-Preis.

Nachtzug nach Lissabon
Der Roman Nachtzug nach Lissabon beschreibt, was geschehen kann, wenn ein Mensch plötzlich und konsequent sein gewohntes Leben aufgibt und sich auf die Suche nach dem bisher ungelebten Leben begibt. Ein literarisches Vorbild ist dabei der Roman „Der Mann, der den Zügen nachsah†œ von Georges Simenon und die gleichnamige Verfilmung. Simenons Held wird aus der Realität gerissen und scheitert auf der Zugreise in eine kriminelle Gegenwelt. Bieri legt die Zugmetapher anders aus.

„ICH WOHNE IN MIR WIE IN EINEM FAHRENDEN ZUG†œ
„Ich bin nicht freiwillig eingestiegen, hatte nicht die Wahl und kenne den Zielort nicht. Eines Tages in der fernen Vergangenheit wachte ich in meinem Abteil auf und spürte das Rollen. Es war aufregend, ich lauschte dem Klopfen der Räder, hielt den Kopf in den Fahrtwind und genoß die Geschwindigkeit, mit der die Dinge an mir vorbeizogen. Ich wünschte, der Zug würde seine Fahrt niemals unterbrechen. Auf keinen Fall wollte ich, daß er irgendwo für immer hielte.†œ