Lesen! wird abgesetzt – ZDF trennt sich von Elke Heidenreich

Das ZDF hat die Zusammenarbeit mit Elke Heidenreich mit sofortiger Wirkung beendet. Die beiden für dieses Jahr noch geplanten Ausgaben von „Lesen!†œ werden nicht mehr produziert.

Der Programmdirektor Thomas Bellut erklärte am Donnerstag:

„Mit ihren Äußerungen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (siehe: Elke Heidenreich: Reich-Ranickis gerechter Zorn) und in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (siehe: Elke Heidenreich verteidigt sich gegen das ZDF) hat Frau Heidenreich die Ebene einer sachlichen Auseinandersetzung verlassen und das ZDF sowie einzelne seiner Mitarbeiter persönlich in nicht mehr hinzunehmender Weise öffentlich herabgesetzt. Das Vertrauensverhältnis zwischen dem ZDF und Frau Heidenreich wurde dadurch so nachhaltig zerstört, dass eine gedeihliche und sinnvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist. Ich bedauere es, dass unsere jahrelange Zusammenarbeit so beendet werden muss.†œ

Auch nach dem Abschied Heidenreichs werde es eine Literatursendung im ZDF geben, so Bellut. An einem Nachfolgekonzept für das Jahr 2009 werde gearbeitet. Anstelle der geplanten Sendungen am 31. Oktober und 5. Dezember wird das Kulturmagazin „aspekte†œ ausgestrahlt.

Nachdem Marcel Reich-Ranicki den Deutschen Fernsehpreis abgelehnt hatte, hatte Elke Heidenreich die Gala, das Fernsehen insgesamt und das ZDF heftig kritisiert:

„Man schämt sich, in so einem Sender überhaupt noch zu arbeiten. Von mir aus schmeißt mich jetzt raus, ich bin des Kampfes eh müde†œ, hatte sie in der Frankfurter Allgemeinen geschrieben. Die Gala beschrieb sie als „armselige, grottendumme Veranstaltung†œ, die nominierten Filme und Serien seien in der Mehrzahl „jämmerlich†œ. Sie entschuldige sich „stellvertretend für alle Leidenden an diesen Zuständen bei Reich-Ranicki für diesen unwürdigen Abend†œ.

Harte Worte fand sie auch für den Moderator Thomas Gottschalk, den sie als „müden alten Mann†œ bezeichnete.

Marcel Reich-Ranicki hatte Gottschalk anschließend in Schutz genommen: „Thomas als dumm hinzustellen, ist eine Unverschämtheit. Elke hat sich miserabel benommen. Sie hat noch intrigiert. Sie wollte, dass man Thomas meine Laudatio wegnimmt, um sie selbst zu halten.†œ

Für die Entscheidung des ZDF, die Zusammenarbeit mit der Moderatorin Elke Heidenreich zu beenden, hat Marcel Reich-Ranicki Verständnis gezeigt. „Es war naheliegend†œ, sagte Reich-Ranicki der dpa. „Sie hat gesagt: Ich schäme mich, dass ich für diesen Sender arbeite. Aber dann musste man ihr sagen: „Adieu, Sie brauchen sich nicht mehr zu schämen.†œ Über mögliche Nachfolger wollte der frühere Moderator der ZDF-Literatursendung „Das Literarische Quartett†œ nicht spekulieren: „Das werde ich dem ZDF gerne sagen, wenn das ZDF sich an mich wendet.†œ

Er erklärte, seine kritische Rede bei der Preisverleihung habe sich allein auf die Feier bezogen. Die Interpretation, er habe bei seiner Schelte die deutschen Fernsehprogramme insgesamt gemeint, sei „großer Unsinn†œ: „Ich habe nicht gesagt, alles im deutschen Fernsehen ist abscheulich, ist Mist, ist nicht gut. Ich habe gesagt: Die hier stattfindende, stattgefundene Feier war ganz schlimm und nicht akzeptabel.†œ Das sei ein großer Unterschied. „Ich habe nicht den Krieg führen wollen mit den Sendern.†œ

Quelle: Frankfurter Allgemeine Zeitung

Bernd Eichinger verfilmt Schweigeminute von Siegfried Lenz fürs Kino

Constantin Film sichert sich Rechte an dem Bestseller von Siegfried Lenz
Constantin Film verfilmt die Novelle SCHWEIGEMINUTE von Siegfried Lenz, von der Marcel Reich-Ranicki sagt: „Wir haben Siegfried Lenz für ein poetisches Buch zu danken. Vielleicht ist es sein schönstes.†œ
Produziert wird der Film von BERND EICHINGER.

SCHWEIGEMINUTE ist eine großartige Erzählung über die außergewöhnliche Liebe eines Gymnasiasten zu seiner Englischlehrerin: Ein warmer Sommer an der Ostsee vor vielen Jahren. Benny Goodmann und Ray Charles sind noch en vogue, in den Gassen spielt der Drehorgelmann, man bezahlt in „Mark“, und wenn die Englischlehrerin vor die Oberprima tritt, stehen alle auf: „Good morning, Mrs. Petersen.“ Stella Petersen gehört zweifellos zu den beliebtesten Lehrerinnen am Lessing-Gymnasium. Ihre Lebensfreude, ihre Intelligenz und Belesenheit verschaffen ihr die Anerkennung und den natürlichen Respekt des Kollegiums wie den ihrer Schüler. Und gewiss führt die Liebe zu ihrem Schüler Christian, die über das ungleiche Paar am Ende der Sommerferien hereinbricht, zu jener Verwirrung der Gefühle deren Intensität und Kraft beide überwältigt. Wie es zu der Liebe zwischen Stella und Christian kommt, wie die Leidenschaft sich an der Realität messen muss und wie die Liebe gerade durch den Tod unsterblich wird: das erzählt Siegfried Lenz mit meisterhafter Einfühlungskraft, mit Distanz und Humor.

Die Dreharbeiten beginnen im nächsten Jahr. Der Kinostart ist für 2010 vorgesehen.

Bernd Eichinger: „Ich freue mich sehr, dass Siegfried Lenz uns sein Vertrauen geschenkt hat, sein großartiges Werk zu verfilmen. Sein Buch hat mich sehr berührt, und wir werden alles daran setzen, der filigranen Schönheit dieses Buches gerecht zu werden.†œ

Siegfried Lenz: „Bernd Eichinger hat viele bedeutende Filme produziert und in die Kinos gebracht. Ich bin froh, dass er sich für die SCHWEIGEMINUTE interessiert und schon heute ganz gespannt auf seine Interpretation des Buches.“

Siegfried Lenz, 1926 im ostpreußischen Lyck geboren, zählt zu den bedeutendsten und meistgelesenen Schriftstellern der Nachkriegs- und Gegenwartsliteratur. Seine Werke erscheinen seit 1951 (ES WAREN HABICHTE IN DER LUFT) im Hoffmann und Campe Verlag und wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter dem Goethe-Preis der Stadt Frankfurt am Main und dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.

Quelle: Konstantin Film

Die Lange Nacht der Münchner Museen am 25.10.2008

Mittlerweile ist die kulturelle Erlebnistour durch die Stadt schon zur festen Institution geworden und findet bereits zum zehnten Mal in Folge statt. Neben laufenden Ausstellungen erwartet die nächtlichen Flaneure auch eine Fülle an Sonderprogrammen und Attraktionen. Von der Malerei bis hin zur Fotografie, von der Bildhauerei über Architektur und Technik bis hin zur Wissenschaft, Videokunst und dem Design sind alle Sparten vertreten.

Am Samstag, den 25. Oktober 2008, ist es wieder soweit: Zwischen 19 Uhr und 2 Uhr öffnen fast 100 Museen, Galerien, Sammlungen und Kirchen ihre Pforten für die Lange Nacht der Münchner Museen. Erlebnishungrige, Kunstliebhaber, Nachtschwärmer und alle Kulturinteressierten dürfen wieder einmal auf ein abwechslungsreiches Programm gespannt sein.

Abgerundet wird der Kunstgenuss alljährlich mit musikalischer Untermalung, Führungen und Performances. Und damit auch alle Highlights mühelos erreicht werden können, werden Shuttlebusse eingesetzt, die im 10-Minuten-Takt für einen bequemen Transfer zwischen den beteiligten Museen sorgen. Gleich fünf Touren kann sich der nächtliche Besucher aussuchen und nach Belieben miteinander mischen. Wer sicher gehen will, die persönlichen Highlights im Programm nicht zu verpassen, findet unten ein paar Tipps im Programm und zu den Touren.

Die Tour Schwabing
Die Tour Schwabing führt zu den drei Pinakotheken. Die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen zeigen neben Meilensteinen der europäischen Malerei auch Skulpturen, Videoinstallationen, Fotografien und Designobjekte….

Tour Innenstadt
Zur Langen Nacht bietet das Staatliche Museum Ägyptischer Kunst als Highlight Kurzführungen zur goldenen Sargmaske der Königin Sat-djehutj. Außerdem wird der neu entdeckte Artemidor-Papyrus vorgestellt….

Tour Ost
Große Museen und kleine Einrichtungen zum Entdecken halten sich auch hier die Waage: Gleich zum Einstieg lädt das Haus der Kunst mit der Ausstellung „Bitte nicht beten†œ von Bazon Brock zum Gedankenaustausch über Religion und Geistiges ein….

Tour West
Unter dem Motto „Ein- und Durchblicke“ führt das Museum Mensch und Natur seine Besucher in die Techniken der Tierpräparation und des Mikroskopierens ein. Mythisch ist die Stimmung in den nächtlichen Gewächshäusern des Botanischen Gartens, wo die Besucher neben Dschungel und Wüste in einer Ausstellung zur Schokolade die Welt der sagenhaften Maya kennenlernen….

Die Karten kosten 15 Euro.

Quelle: Muenchen.de

Aravind Adiga gewinnt den Man Booker Prize 2008 für The White Tiger – Der weisse Tiger

Mit seinem Debüt-Roman Der weisse Tiger (original: The White Tiger) hat der 33-jährige indische Schriftsteller Aravind Adiga den mit 50000 Pfund dotierten Man Booker Prize 2008 gewonnen. Dies wurde am 15. Oktober bekanntgegeben.

Der Booker Prize ist der wichtigste britische Literaturpreis, der seit 1969 jährlich für einen englischsprachigen Roman eines Schriftstellers aus Großbritannien, Irland oder dem Commonwealth vergeben wird.

Aravind Adiga ist nach Salman Rushdie, Arundhati Roy und Kiran Desaider der vierte in Indien geborene Schriftsteller, der mit dem Man Booker Prize geehrt wird.

Neben Adiga hatte es sein Landsmann Amitav Ghosh mit seinem Roman Sea of Poppies auf die diesjährige Shortlist geschafft, weiterhin waren Steve Tolt mit A Fraction of the Whole, Sebastian Barry mit The Secret Scripture, Linda Grant mit The Clothes on Their Backs und Philip Hensher mit The Northern Clemency auf der Shortlist für den Man Booker Prize 2008 nominiert.

Über den Autor
Aravind Adiga, wurde 1974 in Madras geboren, wuchs teilweise in Sydney, Australien, auf, studierte englische Literatur an der Columbia University und am Magdalen College in Oxford. Er arbeitete als Korrespondent für die Zeitschrift Time und für die Financial Times.
Er lebt – ohne Diener – in Mumbai, Indien. Sein erster Roman „Der weiße Tiger“ erscheint in 16 Ländern.

Kurzbeschreibung
Balram Halwai ist ein ungewöhnlicher Ich-Erzähler: Diener, Philosoph, Unternehmer, Mörder. Im Verlauf von sieben Nächten und in der Form eines Briefes an den chinesischen Ministerpräsidenten erzählt er uns die schreckliche und zugleich faszinierende Geschichte seines Erfolges – der ihm keineswegs in die Wiege gelegt war. Balram – der „weiße Tiger“ – kommt aus einem Dorf im Herzen Indiens. Seine düsteren Zukunftsaussichten hellen sich auf, als er, der klügste Junge im Dorf, als Fahrer für den reichsten Mann am Ort engagiert wird und mit ihm nach Delhi kommt. Hinter dem Steuer eines Honda City entdeckt Balram – und wir mit ihm – eine neue Welt. Balram sieht, wie seinesgleichen, die Diener, aber auch ihre reichen Herren mit ihrer Jagd nach Alkohol, Geld, Mädchen und Macht den Großen Hühnerkäfig der indischen Gesellschaft in Gang halten. Durch Balrams Augen sehen wir das Indien der Kakerlaken und Call Center, der Prostituierten und Gläubigen, der alten Traditionen und der Internetcafés, der Wasserbüffel und des mysteriösen „weißen Tigers“.
Mit seinem ebenso unwiderstehlichen wie unerwarteten Charisma erzählt uns Balram von seiner Flucht aus dem Hühnerkäfig, dem Sklavendasein – eine Flucht, die ohne Blutvergießen nicht möglich ist. Eine Geschichte voller sprühendem Witz, Spannung und fragwürdiger Moral, erzählt in einem unnachahmlichen und fesselnden Ton. Keine Saris, keine exotischen Düfte und Gewürze, keine Tabla-Musik und Maharadschas – dies ist das Indien von heute. Und mehr als das. In seiner Kritik am Sklavendasein ist es ein Angriff der dritten auf die erste Welt. Amoralisch und respektlos, anrührend und absolut zeitnah.

Gebundene Ausgabe: 318 Seiten, erschienen im Verlag: C.H. Beck; Auflage: 1 (29. Juli 2008), 19,90 Euro

Quellen: Wikipedia, Man Booker Prize Foto: Flickr

Uwe Tellkamp erhält den Deutschen Buchpreis 2008

Der Deutsche Buchpreis 2008 geht an Uwe Tellkamp für Der Turm. Geschichte aus einem versunkenen Land.

Über den Autor
Uwe Tellkamp, geboren am 28. Oktober 1968 in Dresden, ist ein deutscher Arzt und Schriftsteller. Er ist verheiratet, hat einen Sohn und lebt in Freiburg im Breisgau.
Einem mit Elmar Krekeler geführten und am 13. August 2004 in der „Welt“ abgedruckten Interview zufolge hat Uwe Tellkamp am 16. Oktober 1985 um 15.30 Uhr seine Berufung zum Schriftsteller entdeckt: An diesem Tag habe er in seinem heimischen Garten die Schönheit roter Rosen entdeckt und den Wunsch verspürt, dieses Bild in Versen auszudrücken. Nach einer Stunde hatte er den Text in Prosa formuliert.

Uwe Tellkamps erster satirischer Text wurde bereits 1987, also zu DDR-Zeiten, im Eulenspiegel veröffentlicht.

Tellkamp verpflichtete sich nach dem Abitur zum dreijährigen Wehrdienst in der NVA. Seine Tätigkeit dort bezeichnet er später als „Panzerkommandant“. Schon vor dem Oktober 1989 wurde Tellkamp wegen „politischer Diversantentätigkeit“ auffällig, da er Texte von West-Autoren und Wolf Biermann bei sich führte. Trotzdem blieb Tellkamp bis zum Oktober 1989 NVA-Unteroffizier. Weil seine Einheit angeblich gegen Oppositionelle, darunter Tellkamps Bruder, ausrücken sollte, habe er den entsprechenden Befehl verweigert. Den Vorgang beschreibt Tellkamp in einem Interview mit der „Frankfurter Rundschau“ folgendermaßen: „Dann ging alles sehr schnell. Da flogen dann die Schulterklappen ab. Dann hieß es: Der Studienplatz für Medizin wird Ihnen entzogen. Und es ging in den Bau.“ Tellkamp sei für zwei Wochen inhaftiert gewesen und danach beurlaubt worden.

Die Tätigkeit als Gehilfe auf einem Braunkohleförderbagger und Hilfsdreher in einem Lichtmaschinenwerk vor dem Oktober 1989 sowie die Arbeit als Hilfspfleger auf einer Intensivstation in Dresden im Jahr 1990 können also keineswegs, anders als es der ORF suggeriert, als unfreiwillige Unterbrechung eines bereits begonnenen Medizinstudiums bewertet werden.

Sein Studium der Medizin absolvierte er danach in Leipzig, New York und Dresden. Nach seinem akademischen Abschluss arbeitete er als Arzt an einer unfallchirurgischen Klinik in München, gab aber den Beruf 2004 zugunsten seiner Schriftstellerkarriere auf, bevor er zunächst nach Karlsruhe und 2007 nach Freiburg umzog. Aus biologischem Hobbyinteresse stellte er Studien zu Farnen an.

Werke

Uwe Tellkamp veröffentlichte zahlreiche Beiträge in Literaturzeitschriften (u.a. Akzente, comma, du, EDIT, entwürfe, Lose Blätter, ndl, Schreibheft und Sprache im technischen Zeitalter) sowie Anthologien. Gelegentlich verfasst er auch Essays für Zeitungen.

Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde Tellkamp durch den Vortrag eines Auszugs aus seinem Roman Der Schlaf in den Uhren im Juni 2004 in Klagenfurt, durch den er den Ingeborg-Bachmann-Preis gewann, sowie durch die Folgen dieses Preisgewinns: Dadurch, dass sich 2008 und 2009 alle Abiturienten in Niedersachsen mit diesem Auszug im Fach Deutsch befassen müssen, rückte Tellkamp in den Rang eines Verfassers von Pflicht-Schullektüre auf. Ebenfalls für Aufsehen sorgte 2005 der Roman Der Eisvogel. Im Herbst 2008 ist der Roman Der Turm erschienen. Verlegerin Ulla Unseld-Berkéwicz vom Suhrkamp-Verlag empfiehlt persönlich den „große[n] Wenderoman der jüngeren Generation“ mit den Worten, Uwe Tellkamp arbeite „im Turm die Zeit vom November 1982 bis zum 9. November 1989 auf“. Elmar Krekeler behandelte am 13. September 2008 den Roman als „Buch der Woche“. Für Der Turm erhielt Tellkamp den Deutschen Buchpreis 2008.

Tellkamps Arbeitsstil ist dadurch gekennzeichnet, dass er in unregelmäßigen Abständen Auszüge aus noch unveröffentlichten umfassenden Werken bei Autorenlesungen vorträgt und teilweise auch als Auszüge veröffentlicht. Das trifft insbesondere auf sein Langgedicht in der Tradition Homers mit dem Titel Nautilus zu, aber auch auf die Romane Der Schlaf in den Uhren und Der Turm.

Tomas Gärtner schreibt über Uwe Tellkamps Nautilus-Projekt: „Wahrscheinlich entwickelt es sich zu einem Lebensprojekt.“ Geplant hat er es auf drei Bände. In Band 1, Das Aschenschiff, soll es vor allem um Politik und Geschichte gehen, orientiert an der Höllenreise in Dantes Göttlicher Komödie; Band 2, Falter, hat im Gegensatz dazu das Paradies als motivischen Mittelpunkt; Band 3, Vineta, soll eine Reise durch Dresden, aber auch andere Städte und Stadtstaaten werden, die bis nach Utopia reicht.

Tellkamp selbst beschreibt in der Zeitschrift Bella triste sein literarisches Schaffen mit den Worten: „Der moderne Dichter, wie ich ihn verstehe, ist wie der Dom-Baumeister; er ist damit, wie diejenigen, die sich aufmachten, Kap Hoorn zu umsegeln oder einen Seeweg nach Indien zu finden, zwangsläufig pathetisch †“ was er in Kauf nehmen kann, wenn es ihm gelingt, die grundlegenden menschlichen Empfindungen wieder zu gestalten.“

In einem Interview mit dem „Oberpfalznetz“ charakterisiert Tellkamp sein Schreiben als einen „Versuch, Heimat wiederzugewinnen†œ, die durch den Ablauf der Zeit verloren gegangen sei. Damit stellt sich Tellkamp in die Tradition von Marcel Proust (Auf der Suche nach der verlorenen Zeit)

Uwe Tellkamps erster veröffentlichter Roman, Der Hecht, die Träume und das Portugiesische Café (2000) stieß im Publikum nur auf geringes Interesse und wurde nicht neu aufgelegt.

Für einen Auszug aus dem noch unvollendeten Roman Der Schlaf in den Uhren erhielt Tellkamp 2004 den Bachmann-Preis. Die Jury zeigte sich begeistert von diesem Auszug. Die zahlreichen Feuilleton-Artikel vom 28. Juni 2004 über die Preisverleihung zeigen ein uneinheitliches Bild, ebenso die später verfassten Rezensionen. Gelobt wurde vor allem die virtuose Sprachbeherrschung Tellkamps, kritisiert wurde hingegen, dass der Text schwer verständlich sei und dass der Auftritt Tellkamps in Klagenfurt auf die Mentalität der Jury zugeschnitten gewesen sei.

Tellkamps 2005 veröffentlichter Roman Der Eisvogel polarisierte das Feuilleton. Volker Weidermann warf ihm z.B. in einem Neues Deutschland betitelten Feuilletonbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 10. April 2005 vor, er zeige in seinem Roman nicht genügend Distanz zu den Protagonisten, die für eine Konservative Revolution eintreten und die Demokratie ablehnen. Ijoma Mangold von der Süddeutschen Zeitung dagegen hält den Eisvogel für einen gelungen „politischen Zeitroman“, der das Thema Terrorismus aufgreift. Auf die Frage, ob er ein „rechter Schriftsteller“ sei, antwortet Uwe Tellkamp in einem Interview mit Daniela Weiland lapidar mit: „Nein. Mit wenigen Ausnahmen, finde ich, hat die Kritik vor dem Buch versagt“, beschwerte sich Tellkamp anschließend bei Daniela Weiland.

Elmar Krekeler meint zu Tellkamps politischer Haltung: „Er ist immunisiert gegen Ostalgie und frei von überflüssiger Euphorie über das wiedervereinigte Deutschland“. Krekeler bescheinigt dem Autor einen Hang zur „Hermetik†œ, d.h. zu Aussagen, die nicht gänzlich dechiffriert werden können. Diesen Hang erklärt Krekeler durch einen doppelten Ausschluss Tellkamps von der ihn umgebenden Welt: erstens die zwangsweise Trennung des DDR-Bürgers durch Mauer und Stacheldraht vom Westen und zweitens die freiwillige Absonderung des Angehörigen des Bildungsbürgertums, das in Ostdeutschland auf eine im Westen oft als „museal†œ empfundene Weise erhalten geblieben sei, von der Gesellschaft der DDR. Dadurch stehe Tellkamp seinen Kollegen im ehemaligen Ostblock geistig näher als seinen deutschsprachigen Kollegen in den alten Bundesländern, in Österreich und der Schweiz.

Der Turm. Geschichte aus einem versunkenen Land

Kurzbeschreibung

Hausmusik, Lektüre, intellektueller Austausch: Das Dresdner Villenviertel, vom real existierenden Sozialismus längst mit Verfallsgrau überzogen, schottet sich ab. Resigniert, aber humorvoll kommentiert man den Niedergang eines Gesellschaftssystems, in dem Bildungsbürger eigentlich nicht vorgesehen sind. Anne und Richard Hoffmann, sie Krankenschwester, er Chirurg, stehen im Konflikt zwischen Anpassung und Aufbegehren: Kann man den Zumutungen des Systems in der Nische, der „süßen Krankheit Gestern“ der Dresdner Nostalgie entfliehen wie Richards Cousin Niklas Tietze – oder ist der Zeitpunkt gekommen, die Ausreise zu wählen? Christian, ihr ältester Sohn, der Medizin studieren will, bekommt die Härte des Systems in der NVA zu spüren. Sein Weg scheint als Strafgefangener am Ofen eines Chemiewerks zu enden. Sein Onkel Meno Rohde steht zwischen den Welten: Als Kind der „roten Aristokratie“ im Moskauer Exil hat er Zugang zum seltsamen Bezirk „Ostrom“, wo die Nomenklatura residiert, die Lebensläufe der Menschen verwaltet werden und deutsches demokratisches Recht gesprochen wird.

In epischer Sprache, in eingehend-liebevollen wie dramatischen Szenen entwirft Uwe Tellkamp ein monumentales Panorama der untergehenden DDR, in der Angehörige dreier Generationen teils gestaltend, teils ohnmächtig auf den Mahlstrom der Revolution von 1989 zutreiben, der den Turm mit sich reißen wird.

Quelle: Wikipedia