Literatur + Südtirol: Eva schläft von Francesca Melandri

Eva schläftUnser nächstes Lesekreistreffen findet vom 5. bis 7. Juli 2013 in Südtirol statt. Wir besprechen den Roman „Eva schläft“ der italienischen Autorin Francesca Melandri.

In ihrem im Jahr 2010 veröffentlichten ersten Roman, der unter dem Originaltitel „Eva dorme“ erschien, hat Melandri nicht nur eine bewegende Familiengeschichte geschrieben, sondern ebenso die Geschichte dieser seit 1972 autonomen nördlichsten Provinz Italiens verarbeitet. Sie bietet dem Leser einen tiefen Einblick in den Kampf der Südtiroler, die immer wieder unter wechselnden Regierungen nach Kriegen zum Spielball der Geschichte wurden. Noch heute unterscheidet sich Südtirol kulturell und sprachlich vom Rest des Staates und nimmt in dieser Hinsicht innerhalb Italiens eine Sonderrolle ein. Knapp siebzig Prozent der Bevölkerung Südtirols sind deutschsprachig.

Geplant ist, dass wir am Samstag mit der Bahn auf die Plose fahren, um dann den Brixner Höhenweg zu gehen. Hier sieht man, laut Karin, Südtirol von seiner schönsten Seite und erlebt hautnah, was die Autorin u.a. in ihrem Buch beschreibt. Am Abend besprechen wir das Buch.

Kurzbeschreibung
Erscheinungstermin: 9. Mai 2012 im Heyne Verlag (448 Seiten)
Eine tragische Liebesgeschichte in Südtirol, das von Deutschland und Italien zerrissen wurde

Eva ist Anfang 40, als sie einen Anruf von dem Mann erhält, der in ihrer Kindheit eine Zeit lang die Rolle des Vaters einnahm, bevor er scheinbar für immer verschwand: Vito Anania. Er liegt im Sterben und noch einmal möchte er Eva sehen. Also tritt sie die Zugreise von Südtirol quer durch Italien in den äußersten Süden an. In ihrer Vorstellung entfaltet sich noch einmal ihre ganze Kindheit in Südtirol, geprägt von den politischen Verwerfungen dieser Region, aber mehr noch von der Liebe ihrer Mutter, der im Leben nichts geschenkt wurde †“ außer ihrer Schönheit. (Leseprobe beim Verlag)

Mai 2013: Hinter dem Paradies von Mansura Eseddin

Am 11. Mai 2013 besprechen wir im Lesekreis den Roman der 36-jährigen ägyptischen Autorin Mansura Eseddin „Hinter dem Paradies„. Wir treffen uns um 21 Uhr bei Markus.

Hinter dem ParadiesKurzbeschreibung
Erscheinungstermin: 26. September 2011 im Unionsverlag (220 Seiten)
Im Weißen Haus, in einem Dorf im Nildelta, sind Gamila und Salma gemeinsam aufgewachsen. Heute kommt Gamila als Studentin im kurzen, schwarzen Kleidchen daher und trägt Luis Vuitton. Salma führt ein bürgerliches Leben und will aus der Enge ihrer unerfreulichen Ehe ins Schreiben flüchten. Salma fasst den Mut, ihre Familiengeschichte zu schreiben. Sie kehrt zurück ins Weiße Haus. Dort ist es still geworden. Nur Mutter und Tante sitzen noch auf der Veranda und tuscheln. Mansura EseddinFrüher war dieses Haus eine Bühne für die Kämpfe und Dramen der weit verzweigten Fabrikantenfamilie, ihrer Dienstboten und Arbeiter. Die Ziegelfabrik machte die Familie reich, die Revolutionen des Landes ruinierten sie wieder. Salma vergräbt sich im Zimmer, das einst ihr Kinderzimmer war. Zuletzt dringt sie vor zu jenen Ereignissen, durch die sie und ihre engste Freundin Gamila auf immer in Schuld verstrickt sind.

Über die Autorin
Mansura Eseddin, 1976 im Nildelta in Ägypten geboren, studierte Journalismus an der Universität Kairo und arbeitet bei Akhbar al-Adab, einem der wichtigsten Literaturmagazine Ägyptens. Ihre Romane sind in zahlreiche Sprachen übersetzt. 2010 wurde sie als eine der besten arabischsprachigen Autoren unter 40 ausgewählt. 2010 war sie als einzige Frau für den International Prize for Arabic Fiction nominiert.

Quelle Foto: Lesekreis, Lesung im Literaturhaus München am 25.04.2012

März 2013: Der Streik der Bettler oder der menschliche Abfall von Aminata Sow Fall

Am 16. März 2013 besprechen wir im Lesekreis „Der Streik der Bettler oder der menschliche Abfall“ der senegalesischen Schriftstellerin Aminata Sow Fall. Das Buch setzte sich in der Abstimmung gegen „Die Stimmen von Marrakesch“ von Elias Canetti und „Aller Tage Abend“ von Jenny Erpenbeck durch.

Wir treffen zu üblichen Zeit bei Heike und Christian.

Der Streik der BettlerKurzbeschreibung
Mour kennt nur ein Ziel: Er will Vizepräsident werden. Um des persönlichen Erfolges willen ist er zu jedem Kompromiß bereit, andere, aber auch sich selbst zu erniedrigen. Auf der anderen Seite die Frauen, die eigentlichen Sieger: Jede verkörpert einen anderen Typ der afrikanischen Frau, Salla – die Rebellin aus der Unterschicht, Raabi – die aufgeklärte Intellektuelle oder Sine – die moderne junge Frau.

Aminata Sow Fall thematisiert in ihrem Roman die Verfallenheit der afrikanischen Gesellschaft, deren herrschende Schicht nicht in der Lage ist, die eigenen Interessen denen der Gemeinschaft unterzuordnen. „Das Verhalten der Armen im „Streik der Bettler„, ihre Solidarität, ihre Menschlichkeit und ihre Gewaltlosigkeit, verkörpert den Widerstand des alten Afrika gegenüber der Aggressivität der neuen, vom Westen beeinflußten Oberschicht.“ (Peter Schunck)

Aminata Sow Fall_1Über die Autorin
Die senegalesische Schriftstellerin Aminata Sow Fall wurde 1941 in Saint-Louis, Senegal, geboren. Nach mehreren Jahren am Lycée Faidherbe in Saint-Louis schloss sie ihre Schulausbildung am Lycée Van Vo in Dakar ab. Anschließend studierte sie romanische Philologie und Literatur bis zum Abschluss an der Sorbonne. 1963 heiratete sie und kehrte als Lehrerin nach Dakar zurück. Im Rahmen einer nationalen Kommission setzte sich Aminata Sow Fall für die Reform des Französischunterrichts ein.

Von 1979 bis 1988 leitete sie im Kultusministerium die Sprach- und Literaturforschung, sowie Urheberrechte und vertrat das Zentrum für Studien und Kultur. Ihr sind im Wesentlichen die Gründung des Verlagshauses Khoudia, des Centre Africain d’Animation et d’Échanges Culturels zur Unterstützung junger Schriftsteller, der afrikanischen Agentur zur Wahrung der Rechte der Autoren in Dakar und des internationalen Zentrums für Studien, Forschung und Reaktivierung von Literatur, Kunst und Kultur in Saint-Louis zu verdanken. Im Jahr 1985 war sie die erste Präsidentin des Schriftstellerverbandes Senegals.

Diverse Universitäten würdigten ihre Arbeit mit einem Ehrendoktortitel. Inhalte ihrer Werke sind vorrangig das Aufeinandertreffen und der Kontrast zwischen traditioneller und westlicher Kultur und Werten, sowie die gesellschaftlichen Konflikte, die daraus resultieren. Dabei leben sie von der Ironie der Betrachtungsweise und der Sprache. Im Jahr 1980 erhielt sie den Grand Prix littéraire de l’Afrique noire (Großen Literaturpreis Schwarzafrikas) für ihr Werk La Grève des Battu.

Quelle: Wikipedia
Quelle Foto: Wikipedia – may! from New York City, Attribution 2.0 Generic license.

Januar 2013: Der zerissene April von Ismail Kadare

Am 26. Januar 2013 besprechen wir im Lesekreis „Der zerrissene April“ von Ismail Kadare. Ismail Kadares im Jahr 1980 erschienener Roman führt uns ins albanische Hochland und konfrontiert uns mit dem Kanun, ein aus dem Mittelalter stammendes, möglicherweise sogar vorrömisches Gewohnheitsrecht, das bis heute angewendet wird. Der Kanun regelt das Schuldrecht, Ehe- und Erbrecht, Strafrecht sowie Kirchen-, Landwirtschafts-, Fischerei- und Jagdrecht.

Der zerrissene April“ behandelt die im Kanun geregelte Blutrache infolge einer lang zurückliegenden Ehrverletzung einer albanischen Familie. Nur durch Tötungen von Familiemitgliedern der verfeindeten Parteien kann diese Verletzung der Ehre gerächt werden. Sie stellt die Ultima Ratio der Konfliktbewältigung innerhalb der Fehde dar.

Wir treffen uns zur Besprechung um 21 Uhr bei Eli und Ibrahim.

Kurzbeschreibung
Der zerrissene April handelt von der albanischen Blutrache, einer Geißel der Menschen Albaniens, die auch heute noch gemäß dem jahrhundertealten Gesetz handeln müssen, wollen sie der Ehre nicht verlustig gehen: Der Kanun besagt, daß vergossenes Blut nur mit zu vergießendem Blut gesühnt werden kann.

Seit 70 Jahren geht die Fehde zwischen zwei Familien aus demselben Dorf. 44 Opfer sind zu beklagen. Die beiden Familien sind gleichermaßen Opfer wie Täter, die nicht etwa Haß, sondern der Kanun in seinen starren Mechanismus zwingt. Kadare skelettiert minutiös dieses tödliche Gesetz und absurd mag erscheinen, wie dem Todgeweihten, einem Bauernjungen, eine letzte Frist gewährt wird, genau 30 Tage, bis auch er sein Ende finden wird. Noch wenige Tage bleiben ihm, der Monat April.

Der Junge begegnet während dieser Frist einer Städterin, einer jungen schönen Frau, und während er, der unglückliche Todesbote, für sie zu einem Zeichen der Vergänglichkeit ihres behüteten urbanen Daseins wird, wird sie für ihn zum Inbegriff des Lebens.

Über den Autor
Ismail Kadare, geboren 1936 in der südalbanischen Stadt Gjirokastra, lebte bis 1990 in Tirana; heute lebt er abwechselnd in Tirana und Paris. Für sein Werk hat er zahlreiche Preise erhalten, zuletzt den Man Booker International Prize (2005) und den Prinz-von-Asturien-Preis (2009). Seine Romane sind bis heute in mehr als dreißig Sprachen übersetzt worden.

November 2012: Ungeschliffener Diamant von Alice Pung

Am 24. November 2012 besprechen wir im Lesekreis „Ungeschliffener Diamant von Alice Pung„. Der Debütroman der 31-jährigen australischen Autorin setzte sich in der Abstimmung gegen „Der zerrissene April von Ismail Kadare“ und „Alte Liebe von Elke Heidenreich“ durch.

Wir treffen uns zur üblichen Zeit bei Ellen und Jürgen.

Kurzbeschreibung
Alice kommt als Tochter chinesisch-kambodschanischer Einwanderer kurz nach deren Ankunft in Melbourne zur Welt und wächst dort zwischen zwei Kulturen auf, wie sie gegensätzlicher nicht sein könnten: hier die strenge Tradition der chinesischen Enklave, Hausgötter, Aberglauben und Alltagszeremonien, dort die Freiheit des westlichen Wunderlands, in dem alles möglich scheint. Schon bald kommt ihr die Welt der Eltern exotischer vor als die neue Heimat, wo der Vater einen Elektrohandel betreibt und sich in Arbeit stürzt, während die Mutter Goldschmuck fertigt und an der neuen Sprache scheitert. Irgendwann gehen Alice die Worte aus, um sich mit ihrer Mutter zu verständigen. Mal ernst und verzweifelt, dann wieder leichtfüßig ironisch entfaltet dieses erzählerische Juwel seinen unwiderstehlichen Charme.

Über die Autorin
Alice Pung, geb. 1981, lebt als Anwältin und Schriftstellerin in Melbourne, engagiert sich an Schulen und hält zahlreiche Vorträge an Universitäten in aller Welt. Ungeschliffener Diamant ist ihr erster Roman, er erschien 2006, stand auf zahlreichen Shortlists und wurde 2007 als bestes australisches Debüt ausgezeichnet.

Rezension