Black Dagger Ladies Online †“ Ein neuer Passagier [Kapitel 7]

Black Dagger Ladies Online

Ein neuer Passagier
Kapitel 7

Kate schlenderte an der Reling entlang und genoss die abendliche Brise, die über der ruhigen See wehte. Bones hatte noch etwas auf der Brücke zu erledigen und wollte sie später treffen. Ein lachsrosafarbenes Corsagenkleid betonte ihre wunderschönen Schultern und die Füße steckten in leichten Sandaletten, die an ihren schlanken Fesseln hoch gebunden waren. Kleine Perlen steckten in ihren Ohrläppchen und eine filigrane Silberkette mit einem hübschen Medaillon trug sie an ihrem anmutigen Hals. Ein Hauch von Zitrone umwehte sie, und sie musste lächeln, als sie daran dachte, dass Bones dieses Parfum so sehr an ihr mochte. Trotz der anstrengenden Stunden in New Orleans, fühlte Kate sich nach einem ausgedehnten Bad wie neu geboren. Ihre Stimmung war ausgezeichnet. Das hing wohl mit ihrer leidenschaftlichen Beziehung zu Bones zusammen. Sie konnte es kaum erwarten ihn wieder zu sehen und seine starken Hände auf ihrem Körper zu spüren. Dass ihr Wunsch so schnell in Erfüllung gehen würde, hatte sie allerdings nicht gedacht, denn in dem Moment kam Bones eilig auf sie zu. Sie merkte gleich, dass etwas passiert war. Sein Gesichtsausdruck war sehr ernst. „Kate, komm schnell mit auf die Brücke, Sweetlife will mit dir sprechen. Unterwegs werde ich dir erzählen was los ist.†œ Bones hatte eine Nachricht von der Werft in Miami erhalten. Er musste sofort abreisen und eines der fertig gestellten neuen U-Boote testen. Als er bereits Kapitän der Seraphim war, hatte er vor ein paar Monaten eine Zusatzausbildung zum U-Boot-Kapitän absolviert. Nun sollte die neu entwickelte Technik im Wasser getestet werden, und für diese Aufgabe kam nur er in Frage. Die Zeit drängte, die U-Boote sollten so schnell wie möglich zum Einsatz kommen. Als Kate mit Bones auf der Brücke ankam, reichte ihr Jean de Castelle, der 1. Offizier, schon den Hörer. „Hallo, Kate†œ, begrüßte Sweetlife Kate mit ihrer tiefen rauchigen Stimme, „hat Bones dir erzählt, dass er mit dem Hubschrauber nach Miami fliegt, um das neue U-Boot zu testen? „Ja, hat er, aber was habe ich damit zu tun?†œ, antwortete Kate, die inzwischen neugierig geworden war. „Nun, du hast dich bereits sehr intensiv mit den Plänen für das neue U-Boot beschäftigt, und du bist technisch die Versierteste unter euch Schwestern. Ich möchte, dass du Bones begleitest und dich in Miami ausbilden lässt eines der neuen Boote zu führen.†œ Sprachlos starrte Kate Bones an, in ihrem Kopf arbeitete es fieberhaft. Sie sollte die Schwestern verlassen? Unmöglich, schließlich hatten sie sich ewige Freundschaft geschworen! Andererseits sprach einiges dafür, das Angebot anzunehmen. Bones würde das Schiff verlassen, und wenn sie ihn begleiten würde, konnte sie in seiner Nähe bleiben. Der Gedanke, ihn zu verlieren, hatte ihr spontan einen tiefen Stich versetzt. Außerdem fand sie die Idee, ein U-Boot zu führen, schon immer sehr reizvoll. Und letztendlich tat ihr vielleicht eine Trennung von den Schwestern auch gut. Es musste ja nicht für immer sein. Kerstin fiel ihr zurzeit ziemlich auf die Nerven. Lilli hatte ihr gesteckt, dass sie Kerstin mit diesem neuen Passagier an Bord, Drago, den Cousin von Angie, beim Knutschen erwischt hatte. Der arme Tim, sicherlich wird ihn das sehr verletzen, wenn er davon erfährt. „Hallo, hallo, Kate, bist du noch da?†œ Sweetlife wurde ungeduldig und wartete auf ihre Antwort. Kate holte tief Luft und sagte in den Hörer: „Okay, ich mach´s! Wann geht es los?†œ „Super†œ, hörte sie Sweetlife antworten, „ich wusste, dass du das Angebot nicht ablehnen würdest. Du musst in einer Stunde startklar sein, dann landet der Hubschrauber an Bord und holt euch ab. Näheres kann dir Bones erzählen. Und Kate, pass auf dich auf, wir bleiben in Kontakt.†œ Dann hatte sie aufgelegt. Bones, der das Gespräch verfolgt hatte, strahlte über das ganze Gesicht. Überglück zog er sie an sich und bedeckte ihr Gesicht mit Küssen. „Du kommst also wirklich mit? Das ist ja großartig!†œ „Aber wer übernimmt denn hier an Bord das Kommando?†œ, fragte Kate. „Das macht Jean, der ist mindestens genauso qualifiziert wie ich. Komm, wir müssen packen und uns verabschieden. Viel Zeit bleibt nicht…auf nach Miami.†œ

Seite 75

Währenddessen lief Kerstin, tief in Gedanken versunken, nachdenklich über das Schiff. Lilli hatte sie zusammengepfiffen wegen der Sache mit Drago.
Na, jetzt hab´ ich den Salat, dachte sie bei sich. Was mach´ ich nun bloß, wie soll ich das Tim beibringen? Das kann nicht gutgehen. Das wusste sie ja selbst. Und nun, wo sollte sie hin? Die anderen waren beschäftigt, und es war ja schon schlimm genug, dass Lilli sie erwischt hatte. Eigentlich wollte sie doch nur ein paar Informationen von ihm. Wieso musste sie auch so neugierig sein? Sie stand an der Reling, lauschte dem Rauschen der Wellen und schaute aufs Meer. Es half alles nichts, sie musste unbedingt mit Tim reden und ihm erzählen, was passiert war.
Mit einem tiefen Seufzer machte sie sich auf den Weg. Überlegte es sich dann aber anders und beschloss zunächst zu duschen. Ja, eine heiße Dusche würde den Kopf klar machen. Kerstin ging in ihre Kabine und versuchte ihre angespannten Muskeln unter dem heißen Wasserstrahl zu entspannen. Es half ein bisschen. Gerade als sie die Dusche verlassen und sich in ein Badetuch gewickelt hatte, bemerkte sie eine Gestalt, die im Türrahmen stand. Es war Drago.
Er besaß doch tatsächlich die Frechheit hier aufzutauchen. Kerstin fand es überhaupt nicht komisch, wie er da mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht in ihrem Badezimmer stand. „Ich dachte, wir könnten da weiter machen, wo wir gestört wurden?“, sagte er und machte einen Schritt auf sie zu. „Oh, das glaube ich kaum†œ, erwiderte sie brüskiert und wich einen Schritt zurück. „Wenn du deine Männlichkeit behalten möchtest, solltest du sofort verschwinden.“ Aber Drago ließ sich davon nicht beeindrucken. Langsam kam er auf sie zu.
In dem Moment, als er sie packen wollte, ergriff Kerstin seinen Arm und drehte ihn auf den Rücken. Mit ihrem Fuß drückte sie in seine Kniekehle und zwang ihn nach unten. Sie hatte den Überraschungsmoment gut gewählt. Drago machte seltsamerweise keine Anstalten sich zu wehren. Es war ganz so, als wollte er ihr die Oberhand lassen. Wütend zischte sie ihm ins Ohr: „Wenn ich NEIN sage, dann meine ich das im Allgemeinem auch so. Und da ich fühle, dass du mir nicht gut tust, sage ich es dir jetzt noch einmal. Lass mich in Ruhe!“ Sie drückte ihre Lippen auf sein Ohr und ließ ihn abrupt los. Drago spürte einen brennenden Schmerz an der Stelle, wo Kerstin ihn mit ihrem Mund berührt hatte. Fast wäre er gefallen, nachdem sie ihn so unverhofft losgelassen hatte. Wow, er hatte ja vermutet, dass sie so einige Sachen auf Lager hatte, aber das mit den brennenden Lippen kannte er noch nicht. Sie war also wirklich sauer. Aber dann grinste er schon wieder. „So, so, du möchtest also kämpfen? Das gefällt mir. Frauen möchten ja erobert werden. Okay, das kannst du haben.“
Er schaute ihr tief in die Augen. „Ah, so ist das†œ, sagte er. Kerstin erschrak und wurde sich bewusst, dass er schon wieder ihre Gedanken gelesen hatte. Jetzt hatte sie erkannt, dass er dazu Augenkontakt brauchte. Diesmal war sie diejenige, die grinste. Allein durch ihre Gedanken ließ sie ihn das auch wissen. Und plötzlich war der gute Drago gar nicht mehr so selbstsicher, worüber Kerstin sich umso mehr freute. Dass er wusste, wie anziehend sie ihn fand, machte die Situation nicht einfacher. „Ich denke, wir zwei sind uns einig, und jetzt verschwinde†œ, sagte sie im kühlen Ton. Mit ausdrucksloser Miene ging er zur Tür, drehte sich aber nochmals um und sah sie an. Plötzlich hörte sie seine Stimme, ohne dass seine Lippen sich bewegten. „Es tut mir leid, wenn ich dich bedrängt habe, aber ich glaube, wir zwei müssen uns dringend mal in Ruhe unterhalten. Es gibt da Dinge, von denen scheinst du selbst noch nichts zu ahnen.“ Und dann war er weg. Was war das? Wieso konnte sie ihn verstehen, obwohl er nicht laut gesprochen hatte? Und was ahnte sie nicht? Okay, dass sie mit ihren Lippen jemanden verbrennen konnte, wusste sie erst seit kurzer Zeit. Das geschah immer dann, wenn sie sich besonders ärgerte, aber konnte sie jetzt etwa auch Gedanken lesen? Funktionierte das jetzt bei allen, oder war es eine mentale Sache nur zwischen ihr und Drago? Fühlte sie sich deswegen so von ihm angezogen? Kerstin blieb keine Zeit für weitere Überlegungen, denn in dem Moment klopfte es an der Tür. Tim stand da mit einem Tablett voller leckerer Köstlichkeiten. Auf dem Tablett waren Erdbeeren mit weißer Schokolade überzogen, frisch gepresster Orangensaft, Weintrauben, verzierte Pralinen. Auch Rührei mit Speck und Toast und eine kunstvoll geknotete Servierte konnte Kerstin entdecken. Tim selber hatte eine wunderschöne leuchtend rote Rose im Mund. Unwillkürlich musste Kerstin laut lachen. Sie wollte diesen Moment nicht zerstören, deshalb beschloss sie Tim nichts von Dragos Besuch zu erzählen. Sie wollte später mit Angie darüber reden, schließlich war sie seine Cousine. Vielleicht konnte Angie ihr die Vorkommnisse erklären. Jetzt musste sie herausfinden, ob sie auch Tims Gedanken lesen konnte. „Oh, was für eine zauberhafte Überraschung, komm rein! Du kommst wie gerufen, wie du siehst, bin ich noch nicht mal angezogen, aber ich sterbe fast vor Hunger. Wie konntest du das wissen?†œ Lachend zog sie ihn in ihre Kabine und schloss die Tür.

Seite 76

Lilli betrachtete sich noch einmal im Spiegel und mit dem was sie sah, war sie sehr zufrieden. Sie trug ein silberfarbenes Etuikleid und feuerrote Pumps. Passend dazu lag ein hauchdünner, roter Chiffonschal über ihren Schultern. Sie hatte sich nur dezent geschminkt und die Haare waren, wie immer, strubbelig frisiert. Sie atmete noch einmal tief durch und machte sich dann auf den Weg zu ihrem Dinner. Auf der letzten Treppenstufe lagen schon Rosenblätter. Lilli folgte dem markierten Weg, der zum hinteren Teil des Oberdecks führte. Er endete vor einem schmiedeeisernen Pavillon, der mit dunkelroten Rosen überwuchert war und mitten in einem riesigen Dachgarten lag. Und da stand er, Fernando!
Er trug einen eleganten, schwarzen Smoking. Sein schwarzes, leicht gewelltes Haar glänzte in der untergehenden Sonne. Er lächelte und unter seinem Oberlippenbärtchen kamen makellose, schneeweiße Zähne zum Vorschein. In seinem Mundwinkel wurde ein Grübchen sichtbar, das Lilli noch nie aufgefallen war. Als sie ihn so vor sich sah, blieb ihr fast das Herz stehen. Er sah atemberaubend und unheimlich sexy aus. „Guten Abend, Lilli.†œ Er stöhnte leise auf: „Du bist wunderschön.†œ Lilli wurde ganz verlegen und ein leichter grüner Schimmer umgab sie: „Guten Abend Fernando. Auch du siehst wunderschön aus†œ, hauchte sie. Fernando ging lächelnd auf sie zu und nahm vorsichtig ihre Hand. „Bist du dir sicher, dass du eine Waldelfe bist und nicht vielleicht ein Glühwürmchen?†œ Lilli musste lachen und ihre Befangenheit fiel von ihr ab. „Ja, mein Leuchten habe ich in letzter Zeit nicht so im Griff. Aber ich arbeite daran.†œ Fernando führte sie zum Tisch und rückte ihr galant den Stuhl zurecht. „Nein, laß es bitte so. Ich liebe es, wenn du leuchtest†œ, sagte er mit zärtliche Stimme. Lilli ließ ihren Blick durch den Pavillon streifen. Überall brannten rote Kerzen und verbreiteten ein behagliches Licht. Die Luft war von dem betörenden Duft der Rosen erfüllt. Lilli dachte, dass sie träumen würde. Da war dieser tolle Mann, atemberaubend schön, und er wollte nur sie. Fernando reichte Lilli einen Prosecco: „ Auf einen schönen Abend zu zweit.†œ Lilli schreckte aus ihren Gedanken hoch: „ Oh, ja natürlich, auf einen schönen Abend†œ, stammelte sie. Sie konnte ihre Augen nicht von Fernando lassen. „Wollen wir jetzt essen?†œ Lilli schreckte schon wieder zusammen: „ Ach ja, Essen gibt es ja auch noch.†œ Fernando lächelte vor sich hin, er fühlte sich geschmeichelt, Lilli so nervös zu machen. Er nahm den Deckel von der dampfenden Schüssel, die in der Mitte des Tisches stand und fing an, Lillis Teller zu füllen. „Vielleicht hast du ein Dreigänge-Menue erwartet, aber das übersteigt meine Kochkünste†œ, sagte Fernando etwas verlegen. Lilli bemerkte jetzt erst, was er da auf ihren Teller löffelte. „Spaghetti Bolognese? Und du hast die selbst gekocht? Woher weißt du, dass das mein Lieblingsessen ist?†œ fragte sie verwundert und begeistert zugleich. „Ist es das? Na, dann passt es ja.†œ Fernando atmete erleichtert auf. Auch er füllte sich seinen Teller mit Spaghetti und setzte sich Lilli gegenüber. Um Fernando nicht wieder so anzustarren, konzentrierte sich Lilli ganz auf ihren Teller und ihr Essen. „Schieß los, Lilli. Was möchtest du von mir wissen?†œ Sie schreckte schon wieder zusammen und mit halbvollem Mund nuschelte sie: „Wo kommst du eigentlich her?†œ Oh Gott, das war jetzt nicht sehr damenhaft! Aber sie war froh, dass nicht sie die Unterhaltung bestreiten musste. Während sie nun aßen, fing Fernando an zu erzählen: „ Ich wurde mitten in der argentinischen Pampa, auf einer riesigen Rinderfarm geboren. Ich wurde als Vampir geboren und gehöre bereits zur 3. Generation. Meine Mutter ist eine erfolgreiche Rinderzüchterin und mein Vater ein angesehener Arzt.†œ Argentinien„Du bist also Argentiener? Argentinien ist ein wunderschönes Land. Und, wie bist du dann zu der Bruderschaft gekommen?†œ Lilli hatte sich jetzt wieder etwas entspannt. „Ich war ein sehr aufmüpfiger junger Vampir. Ich hatte nur Flausen im Kopf und war immer damit beschäftigt mich und meine Grenzen auszutesten. Ich steckte ständig in irgendwelchen Schwierigkeiten. Als sich meine Eltern keinen Rat mehr wussten, wurde ich natürlich in die Schweiz, in ein sehr exklusives Internat, geschickt. Dort traf ich auf Duncan. Wir waren von Anfang an die besten Freunde und unzertrennlich. Wir waren laufend in Gefahr, vom Internat zu fliegen. Wir waren sozusagen das „Duo Infernale†œ. Die waren dort sehr glücklich, als wir unseren Abschluss gemacht hatten. Ich ging dann nach Harvard und Duncan nach Cambridge. Aber wir blieben immer in Verbindung.  Als ich dann meinen Doktor in der Tasche hatte und wieder zurück nach Argentinien wollte, kam eine Einladung von Duncan. So landete ich dann in der Bruderschaft.†œ Lilli war sichtlich beeindruckt: „ Du warst in Harvard, Respekt.†œ Ja, ich bin dann doch noch ein braver, strebsamer Vampir geworden. Bis ich zur Bruderschaft kam. Jetzt kann ich es wieder krachen lassen†œ, antwortete Fernando lachend.

Seite 77

„Aber jetzt bist du an der Reihe. Wo kommt unser Elfchen denn her?†œ Lilli nahm noch einen großen Schluck Prosecco und holte tief Luft. „ Also, ich wurde im „Ewigen Wald†œ geboren. Die Menschen nennen ihn allerdings „Teutoburger Wald†œ, also komme ich eigentlich aus Deutschland. Ich habe noch einen älteren Bruder, der in Kanada lebt. Mein Clan wurde während der Inquisition fast vollkommen ausgelöscht. Als mein Bruder und ich noch ganz klein waren, entschieden sich dann meine Eltern dazu, mit uns und meiner Tante nach Frankreich zu gehen. Wir lebten dort bei den Hugenotten, die uns ohne Fragen zu stellen, herzlich aufgenommen hatten. Doch als die Hugenotten-Verfolgung ihren Höhepunkt erreicht hatte, wurden wir getrennt. Meine Eltern wurden getötet, meine Tante und mein Bruder konnten nach Kanada fliehen, ich wurde gefangen genommen und saß einige Jahre im Kerker. Als ich dann endlich freigelassen wurde, streifte ich heimatlos durch Europa. Irgendwann traf ich dann auf Lucy, sie war genauso heimat- und ziellos wie ich. Wir merkten sofort, dass wir Seelenverwandte waren. Wir überstanden zusammen auch so einige Abenteuer, wir waren also auch ein „Duo Infernale†œ. Wir blieben dann vor ein paar Jahren in München hängen, die Stadt und die Leute dort gefielen uns so gut. Eines Abends gerieten wir aber in eine ziemlich zwielichtige Gegend. In einer dunklen Ecke wurden wir von fünf Aufreißertypen bedrängt. Plötzlich kamen uns dann zwei junge Frauen zu Hilfe, das waren Angie und Kerstin. Ich kann dir sagen, die fünf Kerle haben wir ganz schön aufgemischt. †œLilli lachte herzlich, sie leuchtete wieder und ihre Augen fingen an zu glänzen. „Das kann ich mir lebhaft vorstellen†œ, auch Fernando musste laut lachen. „Lucy ist also deine älteste und beste Freundin?†œ „Ja, das ist sie, und mit den Mädels zusammen ist sie ein Teil meiner neuen Familie†œ,  antwortete Lilli mit einem glücklichen Lächeln. Ja, ein glückliches Lächeln, das hatte Fernando bis jetzt noch nicht bei Lilli gesehen und er hoffte, dass sie irgendwann einmal, wegen ihm so lächeln würde. Lilli erschauerte und zog ihren Schal enger um ihre Schultern. „Du frierst. Soll ich dich zu deiner Kabine begleiten?†œ Fernando war schon bei Lilli, legte ihr seine Jacke über die Schultern und reichte ihr seinen Arm. „Ja, gern†œ, sagte Lilli und zog Fernandos Jacke enger um sich. Sein Geruch stieg ihr in die Nase, köstlich, er duftete wie grüner Wald nach einem Regenschauer. „Ich habe noch eine Flasche Wein geöffnet. Möchtest du noch auf ein Glas mit reinkommen?†œ, fragte Lilli vor ihrer Tür. Fernando strahlte über das ganze Gesicht: „Es wäre mir ein Vergnügen.†œ
Lilli hatte vor der großen Fensterfront ihrer Kabine eine sehr gemütliche Ottomane stehen. Fernando ließ sich in die Kissen sinken: „Komm zu mir, wir machen es uns ein wenig gemütlich.†œ Lilli ging zu ihm und kuschelte sich in seine Arme. Eine zeitlang schauten sie schweigend auf das Meer hinaus. Fernando legte seine Wange an Lillis und streichelte gedankenverloren ihren Arm. Lilli fühlte sich unheimlich wohl und geborgen, in seiner Umarmung. Sie wurde mutig und flüsterte: „Fernando, begehrst du mich?†œ „Ja, Lilli, vom ersten Moment an. Aber jetzt, begehre ich dich nicht nur. Ich liebe dich und zwar mit jeder Faser meines Herzens†œ Lilli drehte sich zu ihm um und schaute ihm in die wunderschönen, blauen Augen. †œIch habe auch sehr starke Gefühle für dich, aber ich weiß nicht, ob es Liebe ist. Ich habe meine Gefühle so tief in mir vergraben, dass ich gar nicht mehr weiß, wie sich Liebe anfühlt. Ich möchte dich nicht verletzen.†œ Jetzt liefen ihr dicke Tränen über die Wangen. „Nein, Lilli, bitte nicht weinen.†œ Fernando küsste ihr die Tränen vom Gesicht. „Ich habe mein ganzes bisheriges Leben nach dir gesucht und endlich habe ich dich gefunden. Ich möchte immer bei dir sein, ich möchte dich halten und beschützen, ich möchte dich überall küssen und dich überall spüren, aber ich werde warten, bis auch du dir sicher bist. Wenn wir wieder eine Nacht miteinander verbringen, soll es aus Liebe sein und nicht weil wir uns begehren.†œ Lilli konnte ihr Glück gar nicht fassen und wieder fing sie an zu leuchten. „So etwas Schönes hat noch nie jemand zu mir gesagt.†œ Sie näherte sich langsam seinem Gesicht. „Darf ich dich küssen?†œ Fernando lächelte. „Ich bitte darum, mein Glühwürmchen.†œ Sie wollte, dass dieser Kuss niemals enden würde, so hatte sie sich noch nie gefühlt.

Seite 78

Bones war schnell mit dem Packen fertig. Viel musste er nicht mitnehmen. Er hoffte, noch ein paar schöne Tage mit seiner Kate in Miami verbringen zu können, bevor sie an Bord des U-Bootes mussten. Kates spontane Zusage, mit ihm zu gehen, hatte ihn zwar ein wenig überrascht, aber er hatte sich diese Antwort so erhofft. Zu lange war er schon allein und hatte den Mond angeheult. An Gelegenheiten hatte es ihn sicher nicht gemangelt, aber er war an oberflächlichen und meistens rein körperlichen Beziehungen nicht mehr interessiert. Ihm fehlte eine echte Partnerin, mit der er über seine Arbeit reden, aber auch über die banalsten Dinge lachen konnte. Er hatte sie gefunden †“ seine Kate.
Jetzt musste er nur noch kurz auf die Brücke, um das Kommando offiziell an Jean zu übergeben. Noch vor ein paar Wochen, hätte er sich nicht vorstellen können, die Brüder zu verlassen, das Gefühl sie im Stich zu lassen schlummerte immer noch in ihm. Aber die Situation hatte sich mit dem Bündnis mit den VASH-Schwestern grundlegend geändert. Außerdem musste es ja nicht ein Abschied für immer sein. Er konnte sie immer noch vom U-Boot aus unterstützen und mit Informationen versorgen. Allerdings fragte er sich, wie Kate mit der Trennung von ihren Freundinnen klar kommen würde. Um das herauszufinden, machte er sich auf den Weg zu Kates Kabine.
Auch Kate machte nicht viel Aufheben ums Packen. Die ganzen tollen, aufreizenden Outfits, an denen sie so hing, würde sie nun eine zeitlang nicht mehr brauchen. In einem U-Boot herrscht absoluter Frauenmangel, und sie wollte Bones keine Schwierigkeiten an Bord machen. Diese Art von Kleidung gehörte nun nicht mehr zu ihrer Ausrüstung. Aber auf ihren Schmuck, der nur aus ein paar edlen Erbstücken bestand, wollte sie nicht verzichten. Sie legte ihn behutsam in das Beauty-Case zu ihren Schminksachen. Sie war gerade fertig und warf noch einen letzen Blick in ihre Kabine, als es an der Tür klopfte. „Bones†œ, dachte sie und schon war ein Lächeln auf ihrem Gesicht. Sie erkannte ihn schon an seinem Klopfen. Selbst wenn sie das Klopfen nicht gehört hätte, sie spürte seine Nähe, fand seinen Duft unter tausend anderen heraus. Strahlend öffnete sie die Tür und noch bevor sie etwas sagen konnte, zog Bones sie in die Arme. Sein Kuss benebelte für ein paar Sekunden ihre Sinne, und sie fragte ihn: „Wird das jetzt immer so sein?†œ Bones zwinkerte ihr zu. „Aber ich hoffe doch. Alles klar bei dir? Ich sehe, du bist schon fertig, komm ich nehme deine Sachen, die anderen warten schon.†œ Auf dem Bett lag ein einzelner kleiner Koffer und ein fast genauso großes Beauty-Case stand daneben. „Ist das etwa alles, was du mit nimmst?†œ Kate seufzte. „Ich brauche nicht mehr, ich habe ja dich.†œ Doch Bones konnte ihren wehmütigen Blick sehen, der an ihrem prall gefüllten begehbaren Kleiderschrank hängen blieb. „Komm, liebste Kate, für mich brauchst du das nicht, weißt du. Nicht immer machen Kleider Leute.†œ „Ja, du hast ja Recht. Lass uns gehen, der Hubschrauber müsste ja schon bald kommen, und ich möchte mich noch verabschieden.†œ
Arm in Arm gingen sie nach oben in Richtung Hubschrauberlandeplatz. Obwohl die Nacht bereits hereingebrochen war, wurden sie schon erwartet. Der Landeplatz wurde von großen Scheinwerfern hell erleuchtet. Rote Lichter blinkten, um dem Piloten die Richtung zu weisen. Dort standen die Brüder, mit denen Bones so lange Seite an Seite gelebt und gekämpft hatte.

Seite 79

Ein Handschlag, ein stummer Gruß, ein anerkennendes Nicken von seinen Brüdern, das war alles. Manchmal bedarf es einfach keiner Worte, es war schon alles gesagt. Kate fiel der Abschied schon ein bisschen schwerer. Tränen glitzerten in ihren Augen, sie drängte sie aber zurück, denn sie wollte nicht als Heulsuse bei ihren Schwestern in Erinnerung bleiben. Sie umarmte eine nach der anderen. Kerstin, Angie, Jane, Lilli und Lucy, sie mussten jetzt ohne sie klar kommen. Kate holte Luft und wollte gerade etwas sagen, da plapperten alle auf einmal los: „Klar, wir bleiben in Verbindung.†œ „Mach bloß keine Dummheiten und pass auf dich auf.†œ „Wenn Bones dir Ärger macht, kommen wir und blasen ihm den Marsch, du weißt, wir können das.†œ „Wir kommen schon klar, mach die keine Gedanken.†œ Das Stimmengewirr wurde durch das aufkommende Geräusch eines näher kommenden Hubschraubers übertönt. Sie hielten sich an der Reling fest, bis der Hubschrauber gelandet war. Die Schwestern verfolgten schweigend, wie Bones und Kate in den Hubschrauber kletterten. Ihr Gepäck wurde verstaut, und schon hob der Hubschrauber wieder ab. Kate winkte ihren Schwestern ein letztes Mal, doch nun konnte sie ihre Tränen nicht zurückhalten. Hemmungslos schluchzte sie auf und ließ sich von Bones tröstend in den Arm nehmen.
Die ganze Prozedur hatte nur ein paar Minuten gedauert bis der Hubschrauber vom nächtlichen Himmel verschluckt wurde. „Ich brauch eine Drink†œ, brach Lucy das Schweigen. „Keine schlechte Idee†œ, entgegnete ihr Angie. „Den haben wir jetzt alle nötig. Mal sehen, was Tiago uns zaubern kann.†œ

…Ich hatte meinen Kopf auf meinen Ellbogen gestützt und betrachtete in aller Ruhe sein Gesicht. Er lag auch auf der Seite, und durch seinen leicht geöffneten Mund konnte ich nichts mehr von seinen Fängen sehen. Seine Zähne sahen wieder normal aus und nirgendwo blitzen spitze Ecken. Er lächelte leicht in seinem Tiefschlaf. Ein paar Strähnen seiner Haare verdeckten seine Augen. Unwillkürlich streckte ich meine freie Hand aus, um mit meinen Fingern über sein markantes Kinn zu streichen, da runzelte er die Stirn und murmelte etwas Unverständliches. Ich bewegte mich nicht. „Lindsay†œ, sagte er kaum hörbar. „Tu es nicht!†œ Dann seufzte er noch einmal tief, drehte sich auf den Rücken und schlief weiter. Hoppla, dachte ich etwas verwirrt und ließ langsam meine Hand wieder sinken. Was war das denn jetzt? Vorsichtig verließ ich das Bett. Ohne ihn zu wecken griff mir meinen Morgenmantel, der noch immer auf dem Boden lag, und zog ihn geräuschlos an. Mir wurde etwas schwindelig, und ich geriet ins Wanken. Schnell stützte ich mich auf seinem Schreibtisch ab. Da fiel mein Blick auf die kleine Uhr die dort stand. Oh, etwas konnte aber mit der Zeit nicht stimmen! Mh, merkwürdig… doch darüber würde ich später noch nachdenken müssen.
Gerade als ich auf den Gang treten wollte, hörte ich leise Stimmen, die sich Lillis Kabine näherten. Oh, das waren ja Fernando und Lilli. Sehr schön! Ich musste grinsen und zog die Tür wieder soweit zu, dass sie mich nicht sehen konnten. Als nichts mehr zu hören war, schlich ich mich barfuss und geräuschlos zum Sonnendeck, das Gott sei Dank gleich um die Ecke war. So musste ich nicht durch das ganze Labyrinth von Gängen irren. Draußen legte ich mich auf eine Sonnenliege, atmete die würzige Seeluft tief ein und betrachtete den Sternenhimmel. Ich lag einfach nur da, verschränke meine Arme hinter meinem Kopf und dachte kurz an den Abschied von Kate und Bones. Schön, sie hatten ihre Bestimmung gefunden, und werden wohl zusammen bleiben. Ich verbot mir jeden Gedanken über Norbert und diese Lindsay, deren Namen ich zuvor noch nie gehört hatte. Hah, als hätte ich schon jemals auf mich gehört. Okay, wir hatten bis jetzt noch nie die Gelegenheit über uns, über unsere Vergangenheit und unsere Zukunft zu sprechen, aber… hatten wir denn eine Zukunft? Ich schloss meine Augen. Liebte ich ihn?
Plötzlich näherten sich Schritte. Erschreckt fuhr ich auf und erkannte in dem Moment Drago.

Seite 80

„Hallo Cousinchen†œ, sagte er leise und hob abwehrend seine Hände. „Nicht erschrecken, ich bin`s nur. Darf ich?†œ, und zeigte auf die Liege neben mir. Auffordernd klopfte ich auf das Polster: „ Na klar, setzt dich.†œ Eine Weile lagen wir schweigend nebeneinander und betrachteten den wunderschönen Sternenhimmel. „Sag mal, was läuft da eigentlich zwischen dir und dem Orden? Die Brüder haben dich ja nicht gerade mit offenen Armen empfangen. Du scheinst die ja schon länger zu kennen, oder?†œ Stille. Dann seufzte er und sagte: „Ja, ich kenne die Brüder schon sehr lange, schon viele Jahre, und…ich bin auch ein Mitglied, zumindest war ich eines.†œ Dann schwieg er. Erstaunt setzte ich mich auf und sah ihn an: „Und? Was ist passiert? Bleibt man nicht ein Leben lang an die Bruderschaft gebunden?†œ „Doch, natürlich. Aber…†œ. Erneutes Schweigen. Ich wollte ihn nicht bedrängen, aber wenn…oh, wenn er die Brüder schon so lange kannte, dann … Nervös machte ich einen Knoten in den Gürtel meines Morgenmantels und sah auf einen imaginären Punkt am Himmel. „Wer ist Lindsay?†œ, fragte ich ihn leise. Da zuckte er neben mir zusammen. Er sah in dem Moment so traurig aus, dass es mir fast das Herz zerriss. Ich nahm seine Hand und drückte sie: „ Nicht doch, wenn du nicht darüber…†œ „Vielleicht ist es ganz gut, wenn du die ganze Geschichte kennst†œ, unterbrach er mich, erwiderte den Druck und lächelte mich traurig an. „Aber ich muss dich warnen, diese Story hat kein Happy End†œ. „Ach, ich bin Kummer gewohnt, erzähl schon†œ, forderte ich ihn auf.
„Also gut. Lindsay ist, oder vielmehr war, wie eine kleine Schwester für uns.†œ Er seufzte tief und sprach weiter: „Doch ich muss weiter ausholen.
Der eigentliche Stammsitz des Ordens befindet sich in Schottland in den Highlands, und das schon seit vielen hundert Jahren. Der Gründer ist ein sehr weiser Mann, der von allen respektiert und hoch geachtet wird. Er lebt dort immer noch und hält alle Fäden der sogenannten „ Magischen Welt†œ in der Hand. Niemand kennt ihn genau, oder hat ihn je zu Gesicht bekommen. Er bestimmt, wer den Orden leitet und führt, seine Stimme ist Gesetz und wird von niemandem in Frage gestellt. Er wird auch von allen nur „The Founder†œ genannt.
Die Mitglieder des Ordens werden nach ihren Fähigkeiten ausgesucht, eingehend geprüft und dann mit dem Tattoo für immer an die Gemeinschaft gebunden. Jeder weiß, worauf er sich in dem Moment einlässt und schwört einen Eid, der nie gebrochen werden darf. Doch bevor dies alles geschieht, folgen wir dem „RUF †œ. Wir werden auf das riesige Anwesen in Schottland gerufen und dann geprüft, ausgebildet und dementsprechend eingesetzt. „Was sind das für Fähigkeiten?†œ, fragte ich ihn neugierig. „Na, Fernando z.B. ist nicht nur ein ausgezeichneter Mediziner, sondern er ist auch ein Heiler. Wie Doc bei euch. Oder Duncan, er hat enorme Führungsqualitäten, Jean ist ein sagenhafter „Spürhund†œ, wie Tim, Tiago Cyrus und Eric, eben wie alle Werwölfe. Gavin, Lucys Feuerelfchen… da fragst du sie lieber selbst, und dein Norbert ist ein Zahlengenie. Bowen kann mindestens 16 Sprachen und kennt sich mit allen Waffen aus. Bones ist ein sagenhafter Konstrukteur. Naja, und ich kann Gedanken lesen†œ, dabei sah er mich schelmisch an, „aber keine Angst, die von Familienangehörigen nicht, hat wohl was mit den Genen zu tun, und ich brauche Augenkontakt. Wie du ja auch bemerkt hast, kann ich meine Gestalt ändern. Und wir hören zwischen dem 30. und 35 Lebensjahr auf zu altern, wie alle männlichen magischen Geschöpfe. Die Jungs hier auf dem Schiff sind eigentlich die Elite des Ordens und seit ca. zwei Jahren mit dem Kahn unterwegs.
Lindsay wuchs auf dem Anwesen auf, und alle liebten sie wie eine Schwester. Natürlich wurde sie auch von allen verwöhnt, und sie konnte jeden von uns um den kleinen Finger wickeln. Mit 18 war sie eine Schönheit und verliebte sich in mich.†œ Er stockte kurz und sprach dann weiter. „Und ich verliebte mich in sie. Nur meine Gefühle gingen nicht so tief. Und als die Red Dragon eine immer größer werdende Gefahr wurden, wurde ich bei ihnen eingeschleust als Undercoveragent. Niemand durfte davon erfahren, auch die Jungs hier nicht. Ich konnte mich noch nicht mal von ihr verabschieden. Ich war einfach verschwunden für alle.†œ Er sah mich direkt an und sprach mit leiser Stimme: „Sie hat es nicht verkraftet und hat sich das Leben genommen.†œ

Seite 81

Oh mein Gott, wie furchtbar! „Die Brüder haben es mir nie verziehen†œ, sagte er und sah wieder zu den Sternen. „Aber das ist doch schon viele Jahre her, und es ist doch nicht deine Schuld!†œ, rief ich und sprang auf. „Ich danke dir, aber die Jungs denken leider anders darüber†œ. „Und, was ist das zwischen Kerstin und dir? Ich hab doch eure Blicke gesehen, da ist doch etwas zwischen euch†œ, fragte ich ihn leise. Er sah mich nur an und schüttelte langsam den Kopf: „Ich weiß es auch nicht. Ich habe mich noch nie zu jemand so hingezogen gefühlt wie zu Kerstin. Es ist so, als wenn uns etwas Starkes verbindet, gegen das man sich nicht wehren kann.†œ Ich fröstelte und rieb meine Arme. Er umarmte mich und sagte: „Na komm, dir ist kalt und ich bin müde. Das waren erst mal genug Infos. Wir werden in den nächsten Tagen noch genug Zeit haben zu reden.†œ
„Hab ich mich eigentlich schon bei dir bedankt, dass du mich gerettet hast?†œ fragte ich leise und küsste ihn auf die Wange. Er lachte nur, drückte mich kurz an sich und wir gingen rein.
Norbert schlief immer noch tief und fest. Vorsichtig zog ich meinen Morgenmantel wieder aus und musste über die vielen Knoten in dem Gürtel lächeln. Dann schlüpfte ich vorsichtig wieder zu ihm ins Bett und kuschelte mich an ihn. Er war so schön warm und roch so gut. „Mmh, du bist kalt†œ, brummte er mit geschlossenen Augen. Etwas wollte ich ihn noch fragen… ach ja, jetzt fiel es mir wieder ein. Ich stütze mich auf und sah ihn an. „Ähm, Norbert?†œ „Mmh?†œ „Geht die Uhr auf deinem Schreibtisch richtig? Weil irgendwie fehlen mir einige Minuten.†œÂ  „Doch, die Uhr geht richtig†œ, und fing an zu grinsen. Oh, oh so langsam verstand ich und wurde rot. „Öhm, sind die Kabinen eigentlich schalldicht?†œ, flüsterte ich und küsste ihn auf seine Brust. „Ja, zum Glück†œ.  „Und wie viel Zeit fehlt mir?†œ „Etwa 20 Minuten†œ, antwortet er immer noch mit geschlossenen Augen. Sein Grinsen wurde breiter. Ups!

Doc wachte auf und fand sich in Bowens Bett wieder. Sie überlegte, wie sie dorthin gekommen war und ließ den vorigen Abend Revue passieren. Nach den ersten beiden Filmen im Kino des Schiffs, hatten sie und Bowen zusammen mit den anderen Schwestern Kate verabschiedet. Doc würde sie wirklich vermissen, und sie wünschte ihr von Herzen, dass sie mit Bones glücklich werden würde.
Nach der Verabschiedung war sie mit Bowen wieder zurück ins Kino gegangen, um noch zwei weitere Filme anzusehen. Jetzt machte sie sich lang und reckte sich, dabei fiel ihr auf, dass sie allein im Bett lag. Sie strich mit der Hand über das Laken. Wo Bowen zuvor gelegen haben musste, war die Stelle noch warm. Da ging die Badezimmertür auf und Bowen trat, nur mit einem Handtuch um den Hüften, in den Raum. Er bot einen fantastischen Anblick. Die kleinen Wassertropfen, die von seinem nassen Haar auf seinen Oberkörper herabperlten, glitzerten in dem Licht der ersten Sonnenstrahlen. Der Tag fing doch gut an.
Er kam auf sie zu und setzte sich zu ihr auf den Rand des Bettes. „Guten Morgen, Süße, du hast geschlafen wie ein Stein, ich dachte schon du wachst gar nicht mehr auf. Wie konntest du nur bei Godzilla und den Urraupen einschlafen? Du bist nicht mal aufgewacht, als ich dich hierher getragen habe“, sagte er und machte ein gespielt entrüstetes Gesicht. Dann küsste er Doc auf die Stirn. „Oh, tut mir leid, aber du hast mich auch mit Wodka abgefüllt.“ „Hey, ist doch halb so wild, ich schätze, wir haben noch jede Menge Zeit, um die vergangene Nacht nachzuholen. Soll ich dir ein Frühstück aufs Zimmer bestellen? Ich muss kurz zu Jean, die nötige Ausrüstung für unsere kleine Klettertour besprechen, und dann wollte ich im Anschluss die Waffenkammer überprüfen. Wartest du hier, oder möchtest du mitkommen?“

Seite 82

Docs Blick verfolgte einen Tropfen, der über die Orchidee auf seiner Brust, in Richtung Bauchnabel hinunterlief. Sie war mit ihren Gedanken ganz woanders. „Jane?“ „Oh, ähm was? Ach so, ja, also nein, ich glaube, ich werde eine Runde joggen, und dann werde ich vielleicht oben an der Poolbar frühstücken. Es sieht so schön aus draußen, und ich vermisse meine Schwestern ein wenig. Vielleicht laufe ich ja einer über den Weg.“ „Hm, ok, ich komme dann in ungefähr einer Stunde an die Poolbar, vielleicht können wir ja dann zusammen Frühstücken?“ Er wirkte ein wenig verärgert, versuchte das aber zu verbergen, sie bemerkte es aber trotzdem.
Er stand auf, ging rüber zu seinem Kleiderschrank und zog sich an. Doc stand auch auf und sprang in ihre Sportklamotten. Dann schnappte sie sich ihren MP3-Player, stöpselte die Hörer in die Ohren und gab Bowen einen flüchtigen Kuss zum Abschied. Er murmelte noch etwas, aber in ihren Ohren dröhnte schon die Musik. Dann lief sie los. Draußen angekommen drehte sie eine Runde übers Deck und sah dann Kerstin an der Poolbar sitzen und mit Cyrus reden. Sie joggte zu den beiden rüber, nahm die Hörer ab, umarmte Kerstin und setzte sich neben sie auf einen Hocker. „Guten Morgen, ihr Beiden.“ „Hey, Jane, wow, schon so fit am frühen Morgen, oder läufst du vor etwas davon?“ Kerstin grinste sie an, es war eher ein seltenes Bild Doc beim Joggen zu sehen. „Guten Morgen, Doc, wie wäre es mit einem Jogger-Fruchtcocktail?“ fragte Cyrus „Ja, bitte! Ach Kerstin, na ja, fit nicht wirklich, aber ich wollte mal raus und den Kopf frei bekommen. Ich habe euch vermisst, cool, dass du auch schon wach bist. Was machst du denn hier so alleine?“ Kerstin schlürfte an ihrem Getränk und antwortete: „Ich warte auf Tim, wir wollten hier draußen zusammen frühstücken und danach ein bisschen im Fitnessraum trainieren.“
„Geht Bowen dir schon auf den Keks? Also ich hätte heute Abend noch nichts vor“, sagte Cyrus zwinkernd zu Doc und stellte das Glas vor ihr ab. „Danke für das Angebot, und nein.“ Kerstin fiel der nachdenkliche Unterton in Docs Stimme auf, wollte aber in Gegenwart von Cyrus nichts sagen. „Ja, das ist auch besser so†œ, plapperte Cyrus drauflos, „Bowen würde mich sonst wohl über Bord gehen lassen, ich hänge eigentlich auch an meinem Leben.“ Er grinste die beiden an. „Na ja, übertreib mal nicht, außerdem, ich bin ja nicht sein Eigentum. Ich kann tun und lassen was ich will, trotzdem, ich verbringe meine Zeit gern mit ihm und wenn nicht mit ihm, dann am liebsten mit meinen Schwestern.“ „Tja, ich befürchte, das sieht Bowen anders, aber das sollte er dir besser selbst erklären.“
Fragend sah Doc zu Kerstin rüber, doch die zuckte nur mit den Schultern. „Ach, komm schon Cyrus, so als Barkeeper und guter Freund von Bowen, da weiß man doch eine Menge und berät gerne†œ, sagte Kerstin und bedachte Cyrus mit ihrem charmanten Lächeln. „Also, was weißt du, was wir nicht wissen?“ Kerstin war eine Meisterin darin Informationen aus Leuten herauszukitzeln. Er wollte gerade etwas erwidern, da tauchte Tim an der Poolbar auf, „Na, Cyrus, bist du schon wieder am Tratschen, du altes Waschweib?“ Dann küsste er Kerstin und zog sie mit sich an einen Tisch auf dem schon ein fabelhaftes Frühstück stand. Doc blickte den beiden nach, und als sie sich wieder umdrehte, war Cyrus verschwunden. Was er damit wohl sagen wollte? Sie würde es schon noch herausfinden und entschied sich, nicht lange zu fackeln. Sie wollte Bowen suchen und ihn zur Rede zur stellen.
Sein Eigentum? Sie hatte immer noch Schwierigkeiten ihre ungewöhnlich starken Gefühle für Bowen einzuordnen. Innerhalb so kurzer Zeit, hatte sie noch nie so intensiv für jemanden empfunden. Es machte ihr auch ein klein wenig Angst, sie fühlte sich ausgeliefert, und das passte ihr ganz und gar nicht. Für gewöhnlich hatte sie lieber die Kontrolle. Die Vermutung, er hätte ihr etwas verschwiegen, schlummerte seit ihrem plötzlichen Einzug bei ihm, in ihren Gedanken. Und auch wenn sie es sich nicht eingestehen wollte, die Vorstellung allein verbreitete ein flaues Gefühl in ihrem Magen. Dass er sehr dominant war, das war ihr natürlich direkt aufgefallen, aber gegen einen starken Mann, der weiß was er will, hatte sie auch nichts. Aber wenn er vor hatte, ihr Grenzen zu setzen, oder sie zu bevormunden, dann könnte es wirklich schwierig werden. Sie musste die Notbremse ziehen!

Seite 83

Sie war in ihrem bisherigen Leben keine Frau für feste Beziehungen gewesen und ist den damit einhergehenden Verpflichtungen akribisch aus dem Weg gegangen.
Sie ging direkt zur Waffenkammer auf Deck 4, klopfte gar nicht erst an, sondern platze einfach in den Raum. Bowen stand gerade vor einem Metallschrank und überprüfte die Munition. Er drehte sich um, und blickte sie überrascht an. Er spürte sofort, dass sie etwas auf dem Herzen hatte. „Jane, schön dich zu sehen, ich dachte du wolltest lieber etwas mit deinen Freundinnen machen?“ „Hm, das hatte ich so nicht gesagt, aber das ist jetzt auch unwichtig. Ich muss dich etwas fragen, mir ist es schon selbst aufgefallen, und Cy… also, jemand hat da eine Andeutung gemacht und ich würde es aber lieber von dir erfahren.“ Sie holte nochmals tief Luft und wich einen Schritt zurück, als Bowen auf sie zukam.
Jetzt wirkte er besorgt, er schien ihre Unsicherheit zu spüren.
„Also, Bowen, siehst du mich als dein Eigentum an?“
„Was? Wie kommst du denn darauf?“
„Das ist doch egal, also, ist das so? Weil, dann haben wir beide ein wirkliches Problem!“
„Jane, nein, das tue ich nicht, aber ich, also verdammt, ich könnte Cyrus den Hals umdrehen. Jane, hör zu.“ Er ging wieder auf sie zu, legte die Hände auf ihre Schultern und sah ihr tief in die Augen
„Du hast mich doch mal gefragt, ob ich eine Vampirnummer mit dir abziehe, wegen der starken Anziehung zwischen uns? Das tue ich selbstverständlich nicht! Eine Sache habe ich allerdings verschwiegen, denn ich wollte dich nicht unter Druck setzten.“
Er holte tief Luft, und es dauerte einen Moment bis er sie wieder ausstieß.
„Die Sache ist die, Vampire binden sich in ihrem Leben nur einmal an eine Frau, ihre Gefährtin auf Lebenszeit. Es ist etwas ganz Besonderes und manche finden diese eine Frau nie, aber wenn, dann schlägt es ein wie ein Blitz, man hat keine Wahl. Für mich ist das alles ebenso neu wie für dich. Ich komme gegen meine Eifersucht und das Bedürfnis dich vor allem auf der Welt zu beschützen nicht an. Es kostet mich einiges an Selbstbeherrschung nicht alles Männliche, was näher als einen Meter an dich herankommt, zu Brei zu schlagen. Momentan bin ich sogar eifersüchtig auf deine anderen Schwestern. Am liebsten würde ich dich einsperren. Seitdem ich von dir getrunken habe, bin ich an dich gebunden. Jane, es tut mir leid, ich versuche auch bestmöglich gegen meine Instinkte anzukämpfen. Das wird auch nicht immer so bleiben. Wenn wir eine gegenseitige Blutsverbindung eingehen, dann ist für alle mythischen Wesen erkennbar, dass wir zusammengehören. Ich wusste vom ersten Moment, dass du meine Gefährtin fürs Leben bist. Du bist meine Seelenverwandte, mein Gegenstück, die Frau, nach der ich mein Leben lang gesucht habe! Ich gehöre dir, wenn du mich willst. Jane, ich, ich liebe Dich.“
Er fixierte sie weiterhin mit seinem Blick, doch Doc machte sich von ihm los und Schritt durch den Raum. „Bowen, mir ist das zu eng, du hättest mir vorher davon erzählen müssen. Mir geht das zu schnell, ich bin ein Mitglied von Sixpack, eine Kriegerin, ich brauche meinen Freiraum und meine Schwestern. Du machst mir Angst! Es tut mir auch leid, aber ich glaube, dass es das Beste ist, wenn ich wieder zurück in meine Kabine ziehe, und wir versuchen es etwas lockerer angehen zu lassen. Ich brauche Zeit, um darüber nachzudenken. Mir war nicht klar, wie viel unsere Affäre dir bedeutet. Hätte ich das gewusst, wäre es nicht soweit gekommen.“ Sie wollte gerade zur Tür hinausgehen, da hielt er sie am Arm fest. „Jane, Teufel noch mal, jetzt lauf doch nicht weg! Das ist doch kein Grund alles in Frage zu stellen. Ich bemühe mich doch, dich nicht einzuengen. Mit der Verbindung hast du soviel Zeit wie du brauchst. Mir ist völlig klar wie das auf dich wirken muss, ich wollte nur ehrlich sein… bitte, geh jetzt nicht.“
Doc blickt auf seine Hand, die ihren Oberarm umklammerte. „Lass. Mich. Sofort. Los!“ Er sah ihren eiskalten Blick.

Seite 84

Im Moment hatte es wohl keinen Sinn sie von irgendwas abzuhalten, geschweige denn, sie zu überzeugen. Widerwillig ließ er sie los. Sie rannte auf der Stelle davon. Bowen stand für einen Moment wie paralysiert im Waffenraum und konnte nicht glauben, was gerade passiert war. Schmerz durchzog seinen Brustkorb, wütend boxte er gegen die Metalltür des Waffenschranks, die daraufhin krachend durch den Raum flog. Seit dem Tod seiner Eltern hatte er sich in seinem Leben nicht mehr so verloren gefühlt.
Tränen brannten unter Docs Lidern. Sie lief zu Bowens Kabine und stopfte im Eilverfahren ihre Sachen in ihren Koffer. Nur gut, dass sie nicht so einen Klamottenfimmel hatte. Sie nahm ihre Sachen und ging zurück zu der Suite, die sie die ersten Nächte bewohnt hatte. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, warf sie sich aufs Bett und fing hemmungslos an zu schluchzen. Wie er sie angesehen hatte, es kam ihr so vor, als hätte sie fühlen können wie sich sein Herz zusammengezogen hatte. Oder war es ihr eigenes Herz gewesen? Vor ihrem inneren Auge erschien sein trauriges Gesicht, er hatte so verzweifelt ausgesehen. Sie wollte ihn ja, es hatte ihr fast das Herz zerrissen so kalt zu ihm zu sein, aber sie hatte Angst. Eine Blutsverbindung und für den Rest ihres unsterblichen Daseins an ihn gebunden sein? Woher sollte sie wissen, ob ihre Gefühle wirklich stark genug dafür waren?
Als Bowen die Tür seiner Kabine geschlossen hatte, bemerkte er sofort, dass sie wirklich ihre Sachen geholt hatte. Auch wenn sie nur kurz bei ihm gewohnt hatte, spürte er eine Leere in seinem Zuhause. Auch wenn ihn nur zwei Türen von ihr trennten, es fühlte sich an, als wäre eine unüberwindbare Kluft zwischen ihnen entstanden. Er setzte sich aufs Bett und sah, dass sie ihren roten Seidenschal vergessen hatte. Er hob ihn auf und ließ ihn gedankenverloren durch die Hände gleiten. Hoffentlich war noch nicht alles verloren. Eine einzelne Träne lief über seine Wange, er würde nicht aufgeben.

Copyright © BD Sisterhood

Fortsetzung: Black Dagger Ladies Online – Drago [Kapitel 8]

Black Dagger Ladies Online †“ Zurück an Bord [Kapitel 6]

Black Dagger Ladies Online

Zurück an Bord
Kapitel 6

„Angie?“, flüsterte er eindringlich, „kannst du mich hören?“ „Nein“, murmelte ich, „aber bevor du mich kalt machst, oder was auch immer du vorhast, könntest du bitte erst das Messer aus meinem Kopf ziehen?“ Erstaunt tastete er meinen Kopf ab. „Aber da ist doch kein..“, da lachte er leise. „Oh, jetzt verstehe ich… Hier trifft einfach zu viel verschiedene Magie aufeinander. Moment, gleich geht es dir besser.“ Er nahm meinen Kopf behutsam in seine Hände und drückte ganz leicht seine Stirn gegen meine. Augenblicke später verschwand der Schmerz aus meinem Kopf. „Wie hast du das gemacht?“, fragte ich ihn kaum hörbar. „Warte, ich bin noch nicht fertig. Aber bevor ich dir alles erkläre, musst du erst zu Kräften kommen, damit ich dich hier herausbringen kann. Du darfst ab jetzt keinen Laut mehr von dir geben, egal was ich sage oder tue. Okay, jetzt kann es ein bisschen eklig werden. Aber du musst das unbedingt schlucken, versprich es mir!“ Nicken konnte ich nicht, also schloss ich kurz meine Augen und blickte dann wieder in seine, die mich freundlich ansahen. Keine Ahnung warum ich ihm vertraute, aber es war einfach so. Da zog er mich vorsichtig auf seinen Schoß, biss in sein Handgelenk und drückte es dann gegen meine Lippen. Die Flüssigkeit, die meinen Mund füllte, schmeckte etwas sonderbar, aber ich schluckte sie ganz vorsichtig herunter. Sie brannte heiß, aber nicht unangenehm in meinem Hals. Von meiner Magengegend aus durchflutete mich ein unheimlich gutes Gefühl. „So, das müsste fürs Erste reichen†œ, flüsterte er und leckte sich über seine Wunde, die sich daraufhin sofort wieder verschloss. „Kann ich jetzt meine Augen wieder haben?“, fragte ich ihn flüsternd. „Nein, kannst du nicht, Cousinchen. Das sind meine. Deine sehen zwar genauso aus, aber es sind trotzdem meine Augen. So, jetzt lassen wir erstmal den Drachencocktail wirken. Es kann nämlich noch ein bisschen dauern, bis du wieder Tango tanzen kannst“, flüsterte er grinsend an mein Ohr. Schockiert starrte ich ihn an, er ist doch wohl nicht…? Doch er legte mich nur wieder vorsichtig auf den Boden zurück, drehte mir den Rücken zu und riss die Tür mit einem Ruck auf. „So†œ, sprach er mit seiner anderen, fiesen krächzenden Stimme zu den Wachen, „das kleine Schätzchen ist wieder ruhig gestellt. Auf ein Wort, Jungs†œ, und damit zog er die Tür hinter sich zu. Plötzlich war nur noch ein unheimlich lautes Fauchen zu hören, als ob ein Flammenwerfer angeworfen würde. Dann hörte ich entsetzlich schrille Schreie, die abrupt abbrachen. Als sich die Tür kurze Zeit später wieder öffnete, roch es durchdringend nach verbranntem Fleisch und ein kleines bisschen nach Schwefel.
Da stand er, breit grinsend. Langsam verwandelte er sich vor meinen Augen in seine wahre Gestalt. Er war riesig, blond, muskulös, sehr gut aussehend und strahlte ein gesundes Selbstbewusstsein aus. Ich hätte schwören können, dass aus seiner Nase kleine Rauchwölckchen aufstiegen. „Nochmals hallo, Cousinchen“, feixte er, „ja, ich bin dein weit entfernter Cousin Drago, vom Clan der Grünen Drachen. Wir müssen hier schnellstens verschwinden, aber ich werde dir unterwegs alles erklären.“ Sprach´s, hob mich auf und trug mich an zwei kleinen noch rauchenden Aschehäufchen vorbei. Er trabte leichtfüßig mit mir durch ein Labyrinth von vielen unterirdischen Gängen, währenddessen fing er an zu erzählen: „Wir beobachten schon seit vielen Jahren die Aktivitäten der Red Dragon, lange bevor deine „Blümchenbrüder“ oder ihr Schwestern auf sie aufmerksam geworden seid.†œ Gott, hoffentlich sah ich sie alle wieder, dachte ich nur, und schon liefen mir wieder die Tränen übers Gesicht. „Was ist denn?†œ, fragte er leise. Ich erzählte ihm, was ich angestellt hatte. „Ach, das wird schon wieder†œ, versuchte er mich zu trösten, „die können schon auf sich aufpassen. Aha, der Norbert ist also deiner?“, grinste er mich an. Ich wurde rot und er redete schnell weiter. „Na, jedenfalls konnte ich mich in der Gestalt von diesem Dude bei ihnen einschleichen, hehe, er ist schon lange Geschichte, und so konnte ich so manche Aktion verhindern, aber eben leider nicht alles. Kannst du dir vorstellen, was ich für einen Schrecken bekam, als ich dich zusammen mit den Wachen in der geheimen Kammer fand? Ich muss meine Rolle sehr überzeugend gespielt haben, sie haben jedenfalls keinen Verdacht geschöpft. Sei bloß froh, dass ich dir die versteckten Waffen abgenommen habe und nicht sie.†œ Er grinste mich frech an, und ich knuffte ihn lächelnd.

Seite 62

Ich kannte ihn und den Clan der Green Dragon eigentlich nur aus den Erzählungen meiner Großmutter. Dieser Clan war legendär unter den Drachen-Clans und irgendwie mit mir verwandt. Er war für die Einhaltung der Gesetze zuständig und fungierte als eine Art Sicherheitspolizei. Drago hatte den Ruf ihr bester Mann sein.
Als wir um die nächste Ecke bogen, blieb er vor einer Tür stehen, öffnete diese und rief erstaunt aus: „ Na, guck mal an, da ist ja unser Elfchen Lilli, und Zwölfchen Fernando ist auch da!“
„Angie!“ Lilli wollte sich gerade auf mich stürzen, als sie Drago entdeckte. Fernandos Hand schloss sich fest um seinen Schwertgriff, das weiße trat schon an seinen Knöcheln hervor. „Ganz ruhig, das ist mein Cousin Drago! Er spielt auf unserer Seite!“, ich zappelte in seinen Armen ein wenig herum und endlich ließ er mich herunter. Lilli umarmte mich so fest, dass ich fast keine Luft mehr bekam. „Oh Lilli, ich bin so froh dich zu sehen. Ich hatte echt Probleme und war in einer brenzligen Situation. Aber das erzähl ich dir später. Fest steht, wenn Drago nicht dagewesen wäre, wäre ich bestimmt Schlimmeres mit mir passiert. Ich möchte schnellstmöglich weg von hier. Wo sind denn die anderen?“ „Sind alle zurück zur Seraphim, wir sollten uns auch schleunigst auf den Weg machen, mensch Angie, bin ich froh, dass dir nichts passiert ist! Einige sind vor Sorge um dich fast umgekommen. Na los, nichts wie zurück an Bord würde ich sagen“, sagte Fernando und wandte sich dann an Drago. „Was ist mit dir, Grashüpfer? Lange nichts von dir gehört, wobei, irgendwie habe ich dich gar nicht vermisst. Wenn du mitkommen willst, meinetwegen, aber deine Feuerspucker-Nummer behältst du für dich, wenn du bei uns an Bord bist! Ist das klar? Ansonsten kannst du direkt ein Tänzchen auf der Planke hinlegen, und ich glaube, Wasser ist nicht so wirklich dein Element, wenn ich mich recht erinnere. Ich bin mir auch nicht sicher, ob die anderen sich ebenso darüber freuen, dich wieder zusehen.“
„Hm tja, da die Red Dragon sich ja leider von hier verpisst haben, könnte ich mir eure Nussschale mal anschauen. Na dann auf, ich kann das Wiedersehen mit den anderen Blümchen kaum erwarten.“ Okay, anscheinend kannte Drago die Bruderschaft der Schwarzen Orchidee. Wieso und weshalb war mir zwar noch unklar, aber das würde ich schon noch raus finden. Lilli schlug die Richtung zum Schnellboot an und wir folgten ihr. Ohne weitere Zwischenfälle erreichten wir unser Boot und hielten Kurs zurück zur Seraphim.

Endlich angekommen, stürmten auch schon die anderen versammelt auf mich zu. Auch Cyrus und Tiago, die während unserer Abwesenheit die Seraphim bewacht hatten, gesellten sich zu dem Begrüßungskomitee. Allen voran Norbert, der sich mir als Erster an den Hals warf. „Angie, oh mein Gott, da bist du ja endlich! Wie geht´s dir? Ich bin so ein Idiot, es tut mir unendlich leid, ich war ja so bescheuert.“ Er sah mir tief in die Augen und küsste mich so leidenschaftlich, dass ich schon befürchtete, wieder mein Bewusstsein zu verlieren. Er hatte aber auch betörende Lippen. Die ganze Anspannung fiel von mir ab, und ich merkte, wie mir Tränen über das Gesicht liefen. Man, das war haarscharf gewesen, und es hätte wirklich ganz anders ausgehen können. Norbert löste sich von mir und drückte mich nochmals ganz fest, nahm meine Hand und stellte sich an meine Seite. Dann wurde ich von Doc durchgeknuddlet. „Wo warst du? Bist du verletzt? Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht. Wer ist der Typ da?“
Es war so schön wieder in die vertrauten Gesichter zu blicken. „Mir geht´s gut, Kleine. Das ist mein Retter und Cousin Drago. Ich hätte gern erstmal ne Dusche, und später erzähle ich euch alles haarklein. Dann flüsterte Doc mir noch ins Ohr: „Du kannst ja nicht mal verschollen sein, ohne ne heiße Schnitte aufzutun, was!“ Es folgte eine Welle von Umarmungen. Dann trat Duncan auf mich zu. Er klopfte mir auf die Schulter und brummte irgendwas darüber, dass er froh sei, mich zu sehen. Dann forderte er uns alle auf, ihm in den Besprechungsraum zu folgen.

Seite 63

Ich wartete bis alle losmarschiert waren, dann ging ich ihnen mit Norbert nach.
Im Besprechungszimmer konnte ich gerade noch sehen, wie sich Cyrus zwischen Bowen und Drago zwängte. „Hey Bowen, ganz ruhig, hier wird nicht rumgeschmust. Ich bin auch nicht froh, das Feuerzeug hier an Bord zu haben, aber vielleicht erweist er sich für uns noch nützlich.“ „Ich glaube nicht, dass wir hier einen Grillanzünder benötigen.“ Bowen fauchte noch einmal sehr Furcht einflößend den selbst zufriedenen, grinsenden Drachen an und setzte sich dann neben Doc. Was das wohl zu bedeuten hatte? Dann räusperte sich Duncan und stand auf.
„Also, wie wir ja alle feststellen konnten, haben die Red Dragon die Flucht ergriffen und ihren Standort in New Orleans aufgegeben. Trotzdem, ihr habt alle einen wirklich guten Job gemacht. Zum Glück sind alle wohlbehalten zurückgekehrt! Und abgesehen davon gibt es ein paar stinkende Ghule weniger. Ich hoffe, dass Lilli und Lucy noch einige aufschlussreiche Informationen von der zerstörten Festplatte retten können. Da wir überall auf dem Globus Kontaktleute und Informanten stationiert haben, konnte Sweetlife, die fleißig weiter recherchiert hat, einen möglichen weiteren Stützpunkt der Dragons ausmachen. Dann poliert mal euer Schul-Spanisch auf, denn unser nächstes Ziel ist in Südamerika. Um genau zu sein handelt es sich um die peruanischen Anden. Dort gibt es eine verlassene Geisterstadt – die versteckte Inka-Stadt der heiligen Lamas Choquequirao. Wir legen in Lima an und werden von dort nach Cusco fliegen. Dann geht es zu Fuß auf den Berg. Wir werden ca. 5 Tage brauchen bis wir in Peru sind, also ruht euch ruhig ein wenig aus. Vernachlässigt aber euer Training nicht, denn das wird ganz sicher kein Zuckerschlecken und uns wird Einiges abverlangt werden. So, nun zu unserem alten Bekannten Drago. Wie ich erfahren habe. ist er einerseits ein Verwandte von Angie und andererseits ihr Lebensretter. Das verschafft ihm einen gewissen Status! Also Jungs, keine Handgreiflichkeiten †“ allerdings werde ich euch auch nicht dazu zwingen nett zu ihm zu sein. Drago, in deinem Interesse rate ich dir, deine Zunge zu hüten. Denk an das letzte Mal als wir miteinander zu tun hatten. Gib deinen Leuten Bescheid, dass du hier bei uns bist, und dann treffen wir uns später noch einmal. Du wirst ja eine Menge Informationen für uns haben, da du schon länger verdeckt ermittelt hast. Ich hoffe, es sind ein paar hilfreiche Neuigkeiten für uns dabei. Das war es erstmal von meiner Seite, die Einzelheiten besprechen wir dann in den nächsten Tagen. Ach ja, bevor ich es vergesse, Angie, du sollst dich mit Sweetlife in Verbindung setzen.“ Duncan stand auf und ging aus dem Raum. Die anderen fingen an sich zu unterhalten.
Kaum war Duncan fort, packte Bowen Docs Hand, grinste sie an und zog sie raus auf den Korridor. Er warf sie sich über die Schulter und ging schnurstracks zu seiner Kabine. Docs halbherzigen Protest ignorierte er einfach. In seiner Kabine angekommen, versetzte er der Türe einen Tritt, die daraufhin laut zuknallte.“ „So, das hätten wir also.“ Er zog den Reißverschluss von Docs Lederjacke auf und streifte sie ihr ab. In seinen Augen stand ein solches Verlangen, das Doc das Gefühl hatte, seine Blicke würden sie tatsächlich berühren. „Bowen, ähm, ich würde gern kurz rüber zu mir und mich duschen und umziehen. Danach kannst du gern weiter Tarzan spielen.“ Sie legte die Hände auf seine Schultern, lächelte ihn an und gab ihm einen Kuss. „Hm, wieso duscht du nicht hier? Ich habe, als wir fort waren, von Tiago all deine Sachen hier in meine Suite bringen lassen.“ Er deutete mit einem Blick auf eine Kommode, die vorher noch nicht dort war. Daneben stand Docs Koffer. „Hältst du es nicht für nötig mich zu fragen, ob ich damit einverstanden bin? Ich sag´s dir gleich, ich hasse es, wenn Entscheidungen über meinen Kopf hinweg getroffen werden.“ Auch wenn dies der Wahrheit entsprach, irgendwie gefiel ihr der Gedanke in Bowens Kabine einzuziehen. Es sah sowieso ganz danach aus, als würde sie ihre Nächte an Bord in seiner Gesellschaft verbringen. „Sei nicht sauer, Jane, ich habe die Entscheidung auch erst getroffen, nachdem wir uns am Mausoleum unterhalten hatten. Da habe ich Tiago eine SMS geschrieben.

Seite 64

Ich weiß, das geht alles etwas schnell, aber wenn man sich sicher ist! Ich bin kein geduldiger Mensch und ich will dich in meiner Nähe. Jetzt, wo dieser idiotische Drago an Bord ist, erst recht!“
Was Doc noch nicht wusste war, dass Vampire sich in ihrem Leben nur einmal binden. Wenn sie ihre Gefährtin gefunden haben, geht diese Verbindung über den Tod hinaus. Bowens Besitz ergreifendes Verhalten sah ganz danach aus, als würde ein besonderes Band zwischen den Beiden bestehen. Doch er wollte sie mit diesen Details nicht völlig unter Druck setzen. „Hm…okay Bowen, diesmal lasse ich dir das durchgehen, aber glaube nicht, dass du immer so leicht davon kommst und ich durchsetzten kannst.“
Sie streifte ihre Stiefel ab, zog ihre Hose aus, und stolzierte dann, wohl wissend, dass Bowen sie beobachte, ins Badezimmer. Badetempel würde es eher treffen, es verwunderte sie auch nicht, dass es komplett mit schwarzen Mosaiken gefliest war. Bowen stand anscheinend auf Schwarz. Sie stellte die Dusche an. Tiago, ganz der perfekte Concierge, hatte natürlich auch ihr Shampoo bereitgestellt.
Hm, Erdbeerduft!  Sie genoss einfach das Wasser auf ihrer Haut. Sie hörte die leisen Schritte, ignorierte sie aber einfach. Da fühlte sie zwei kräftige Hände.  „Wenn du wüsstest wie verführerisch du aussiehst, wenn der Schaum an deinem Körper hinab rinnt.“  „Du riechst nicht nur wie eine Erdbeere, du schmeckst auch so.“ Bowen küsste sie, stellte das Wasser ab und hüllte sie in ein Handtuch. Dann trug er sie zum Bett, legte sie vorsichtig darauf ab und setzte sich neben sie. „So, und jetzt bestellen wir erstmal was zu Essen aufs Zimmer, worauf hast du Lust?“ Er wollte schon nach dem Telefon greifen, aber Doc grinste nur.

Während Doc und Bowen sich schon zurückgezogen hatten, überlegte Kerstin wie sie Tim ablenken und Drago in ein Gespräch ziehen konnte. Sie hätte es sich nie träumen lassen, aber Drago hatte ihr Interesse geweckt, irgendwie fühlte sie sich magisch von ihm angezogen. War es der Reiz des Verbotenen? Denn sie war doch mit Tim glücklich! Oder etwa nicht? War es das Geheimnis, das Drago mit der Schwarzen Orchidee verband? Kerstin war ja schon immer sehr neugierig gewesen, und sie hätte auch Tim fragen können. Aber aus irgendeinem unerklärlichen Grund wollte sie es von ihm selbst erfahren. Was war nur los mit ihr? Warum wollte sie ihre Beziehung zu Tim, die doch super funktionierte, für einen Typen, den sie erst vor 30 Minuten kennengelernt hatte, aufs Spiel setzen? Sie wusste es selbst nicht. Aber der Drang es zu tun, wurde immer größer. Gerade als sie sich überlegte wie sie Tim ablenken könnte, kam Duncan. Er brauchte Tim im Maschinenraum. Irgendein Motor machte Schwierigkeiten.
Kerstin sagte zu Tim, dass sie auf ihrem Zimmer sei. Sie bräuchte dringend ein heißes Bad.

Seite 65

Tim sah sie fragend an, wahrscheinlich spürte er die Veränderung in Kerstin. Aber er fragte nicht nach. Er nahm sie schweigend in die Arme und küsste sie zärtlich. Dann folgte er Duncan. Jetzt war Kerstin allein mit Drago. Ihm war es nicht entgangen, dass er Kerstins Interesse geweckt hatte. Da er aber auch gesehen hatte, dass Tim sie geküsst hatte, hielt er sich zurück. Er hatte ja schon einmal wegen einer Frau in Schwierigkeiten gesteckt. Er ließ Kerstin den ersten Schritt machen – und sie tat ihn. „So, so, du bist also Angies Cousin?†œ, fragte sie. „Jap“, antwortet er lapidar. „Ich will ja nicht neugierig sein, aber was ist da zwischen dir und den Jungs?“, fragte sie weiter. „Hm, sei mir nicht böse, aber darüber möchte ich mit dir jetzt nicht reden. Irgendwann wirst du es schon erfahren.“
Okay, das war jetzt nicht so gut gelaufen. Er schaute ihr tief in die Augen und Kerstin spürte plötzlich eine innere Ruhe. „Ah, du bist auch noch Gedankenleser?“ Schlagartig wurde ihr klar, dass er über diese Fähigkeiten verfügte. Doch letztendlich hatte sie ins Blaue geraten und war über seine Antwort überrascht. „Es wäre nett, wenn du es niemanden sagen würdest, selbst Angie weiß nichts davon.“ „Warum nicht?†œ, fragte Kerstin, die nun erst recht neugierig geworden war. „Weil es mein Geheimnis bleiben soll“, antwortete er in einem barschen Ton und sichtlich geschockt und wütend über Kerstins Entdeckung.
„Ist ja gut“, reagierte Kerstin schnippisch. Sofort wollte er sich bei ihr entschuldigen, aber Kerstin ließ ihn gar nicht weiter zu Wort kommen. „Es ist okay, wenn du nichts sagen möchtest, aber ich werde dich auf keinen Fall decken. Sollte mich jemand fragen, werde ich es erzählen. Solange werde ich schweigen und dich im Auge behalten“, sagte sie. Sie wollte gerade gehen, als Drago sie unverhofft an sich zog und in seine muskulösen Arme nahm.
Erschrocken wollte sie ihn von sich stoßen, aber dann empfand sie seine Berührung als sehr angenehm. Sie schauten sich tief in die Augen. Beide spürten das Knistern in der Luft. Ohne zu fragen legte er seine Lippen auf ihre, und sie dachte gar nicht daran sich zu wehren. Während sie in diesem leidenschaftlichen Kuss vertieft waren, stand plötzlich Lilli in der Tür. „Ups, das wollte ich jetzt aber nicht. Kerstin……†œ, weiter kam Lilli nicht, denn erst da erkannte sie, wen Kerstin da geküsst hatte. Ihre Miene veränderte sich schlagartig, sie fing wieder an grün zu leuchten und fuhr Kerstin an: †œKommst du bitte mal vor die Tür!†œ Lilli stand im Gang, leuchtend grün, die Arme vor der Brust verschränkt, ein Fuß tippte ungeduldig auf den Boden, sie sah furchterregend aus. Es hätte noch gefehlt, dass ihr Rauch aus den Ohren kam. Sie war stinkwütend. Kerstin schlich schuldbewusst aus der Tür und schloss sie leise. „Sag mal, bist du total meschugge! So einen Mist können wir jetzt gar nicht gebrauchen. Kannst du deine Hormone bitte mal im Zaum halten. Ich fasse das nicht, was ist, wenn Tim das erfährt? Am liebsten würde ich dir eine runterhauen. Oh Mist, Mist, Mist!†œ
Lilli konnte sich kaum beruhigen. „Ich weiß jaaaaa.†œ sagte Kerstin leise. „Besser gesagt, ich weiß auch nicht, was das jetzt gerade war. Ich fühlte mich wie magisch angezogen von Drago. Ich konnte mich gar nicht dagegen wehren. Ich war regelrecht machtlos. Du hast ja recht. So was geht gar nicht. Ich bin ja glücklich mit Tim. Ich muss einen klaren Kopf bekommen und mit Tim reden. Ich geh mal an die frische Luft und suche dann Tim.†œ Lilli hatte sich wieder beruhigt, sie nahm Kerstin in die Arme. „Ja, kläre das und bleibe erst einmal weg von diesem Drago.†œ Kerstin schlich davon und Lilli ging schnurstracks durch die Tür, um sich auch noch Drago zur Brust zu nehmen. Dieser stand selbstgefällig da und grinste breit: „Da ist ja unser Elfchen wieder.†œ Lilli wurde erneut grün vor Zorn, sie ging auf Drago zu und stach ihm immer wieder mit dem Zeigefinger in die Brust.

Seite 66

„Was für ein selten dämlicher Drache bist du eigentlich? Reiz mich ja nicht noch mehr, sonst kriegst du eine auf die Zwölf. Du hältst dich von Kerstin erst einmal fern. Das hätte jetzt gerade noch gefehlt. Ich glaube, es sind sowieso nicht alle gut auf dich zu sprechen. Also halte mal schön die Füße still. Ich warne dich! Du bist mir zwar sehr sympathisch, aber das Elfchen kann sehr unangenehm werden. †œLilli drehte sich auf dem Absatz um, stürmte aus dem Raum und ließ einen ziemlich verdutzen Drago stehen. Lilli ging, immer noch etwas außer sich, direkt zum Computerraum. Lucy und Gavin waren schon bei der Arbeit. Gavin hatte alle Trümmerteile des geborgenen Dragon-Computer auf dem Konferenztisch ausgebreitet und hantierte daran herum. Lucy saß vor einem Bildschirm und ließ ihre Finger über die Tastatur fliegen. „Habt ihr schon was?†œ Gavin sah von seiner Arbeit auf: „Hallo Lilli, wir sind mittendrin. Es sieht aber schlimmer aus, als es ist. Die Festplatte ist nicht stark beschädigt.†œ Lucy drehte sich um. „Also, das sind absolute Stümper. Ihre Passwörter hatte ich in Rekordzeit geknackt. Es gibt auch schon eine gute Nachricht!†œ „Ja? Schieß los, was ist es denn?†œ Lucy grinste. „Also, uns können sie nicht klonen. Aus ihren Daten geht hervor, dass unsere DNA zu kompliziert und zu umfangreich ist, um sie zu vervielfältigen. Sie hatten es mit Duncan, Jean und Doc versucht. In den Berichten steht, dass magische Wesen nicht klonbar sind. Ich habe allerdings noch nicht herausbekommen, woher sie die DNA hatten.†œ „Das ist wirklich Klasse, dann müssen wir uns wenigsten darüber keine Gedanken mehr machen.†œ Lilli ließ sich auf ihren Stuhl fallen und wollte gerade ihren Computer hochfahren, da fiel ihr ein roter Umschlag, der auf ihrer Tastatur lag, auf. Sie schaute zu Lucy: „Was ist denn das?†œ Lucy konnte ein Grinsen nicht verbergen. „Keine Ahnung. Musst du halt mal aufmachen.†œ
Lilli öffnete den Umschlag und zog eine rote Karte heraus †“

Einladung zum Dinner
Hiermit möchte ich dich, Lilli, zum Dinner einladen. Komme bitte um 20.00 Uhr auf das Oberdeck in den Rosenpavillion. Wir müssen doch unser unterbrochenes Gespräch noch beenden. Ich freue mich auf Dich!
Fernando

Lilli steckte die Karte wieder in den Umschlag zurück und schaute gedankenverloren auf ihre Tastatur. „Und, gehst du hin?†œ, platzte Lucy heraus. Gavin lachte. „Natürlich geht sie hin.†œ Gavin schaute Lilli durchdringend an. „Lilli, Fernando mag dich wirklich sehr. Seit ich ihn kenne, und das ist schon sehr lange, hat er noch nie eine Frau zum Candlelight-Dinner eingeladen. Es ist ihm wirklich sehr ernst. Enttäusche ihn bitte nicht.†œ „Keine Angst, Gavin. Das habe ich nicht vor. Ich lass mir ganz sicher kein Dinner mit einem gutaussehenden Mann entgehen.†œ Lilli lächelte, drehte sich zu ihrem Computer um und pfiff „Quando†œ vor sich hin.

Seite 67

Meine kleine Freundin, die Waldelfe, ist verliebt, dachte Lucy bei sich und musste lächeln. Ich hab sie schon so lange nicht mehr so fröhlich gesehen, wann hatte Lilli das letzte Mal gesungen, fragte sie sich im Stillen. Sie war verletzt worden. Ihre Wunden waren alle innerlich, sodass niemand sie sehen konnte, und sie gaben Lilli das Gefühl allein zu sein. Aber das war sie nicht. Lucy wusste, dass ihre Freundin ein Leben lang gegen etwas Schreckliches gekämpft hatte, und jeder Gefahr hatte sie die Stirn geboten. Und trotzdem hatte sie ihr Lächeln nicht verloren, konnte sich vor Lachen manchmal nicht halten und bekam immer noch feuchte Augen, wenn sie zwei Verliebte beobachtete. „Ich brauche eine Pause†œ, sagte Lucy und unterbrach ihre eigenen Gedanken, „spricht etwas dagegen, wenn ich eine Runde schwimmen gehe?†œ Lilli winkte ihr zu, ohne von ihrem Computer aufzublicken. „Geh nur.†œ „Warte, ich komme mit, ich muss auch mal Verschnaufen†œ, rief ihr Gavin hinterher.
„Ist okay, geht nur und amüsiert euch. Ich schaff das hier alleine†œ, antwortet Lilli und hing schon wieder über ihrer Tastatur.
„Was ist los?†œ, fragte Lucy, die den Blick von Gavin nicht deuten konnte. „Ich wollte mit dir eine Stunde allein sein. Es gibt hier an Bord einen Ort, den du noch nicht kennst.†œ „Na, dann los. Da bin ich aber mal gespannt.†œ
Gavin ging voraus, immer tiefer ins Schiff hinunter, ohne ein Wort zu sprechen. Lucy war erneut erstaunt über die Vielzahl von Gängen und Kabinen. Hinter jeder Tür vermutete sie ein neues Geheimnis. Plötzlich blieben sie vor einer großen massiven Holztür stehen. Sie war dunkel gebeizt und verziert mit vielen filigranen Schnitzereien und Intarsien. Allein die Tür zu sehen und mit den Fingern die Maserung und Linien nachzufahren, dieses alte Holz zu fühlen, war schon den langen Weg wert. Lucy zog fragend eine Augenbraue hoch und wartete. „Schließe deine Augen. Bitte.†œ „Okay, ich denke, das Risiko kann ich eingehen†œ, sagte sie mit einem schelmischen Zwinkern. Der Feuerelf öffnete die Tür und schob Lucy vor sich in den dahinter liegenden Raum. Sie hörte Donner, dachte sie zumindest, aber das war kein Donner, stellte sie fest und starrte auf den hoch aufragenden Wasserfall, der sich über zwei Felssäulen in ein großes blaues Becken ergoss. Überall standen Grünpflanzen, und sogar Palmen entdeckte Lucy. Lilien trieben im Teich, rosa und weiß, wie hingemalt. Die Luft roch nach Blumen und reinem Wasser. Lucy war so fasziniert von dem Anblick, dass sie einfach stehen blieb. „Das ist ein Nachbau der Feenfälle†œ, erklärte ihr Gavin. „Es ist unglaublich, oh Gavin, ein kleines Stück Paradies. Ich muss jetzt sofort ins Wasser gehen und zerrte sich die Stiefel von den Füßen. Sie zog ihr Kleid über den Kopf und stand jetzt nur noch in Unterwäsche vor ihm. Dann sprang sie hinein. Als sie wieder auftauchte, stieß sie einen Freudenschrei aus. „Oh mein Gott, es ist herrlich. Das Wasser ist warm und so weich wie Seide – es ist wundervoll. „Es heißt, die Feen wärmen das Wasser jeden Morgen mit ihrem Atem†œ, sagte Gavin und zog sich die Stiefel aus. „Leute mit weniger Fantasie sprechen allerdings von einer Heizung auf dem Beckengrund.†œ „Feen oder Heizung, das ist mir egal, ich finde es großartig!†œ Gavin sprang mit einem gewaltigem Platsch ins Wasser, wie Männer es gerne tun. Lucy lachte nur und spritze zurück. Gemeinsam tauchten sie unter, spielten im Wasser wie Seehunde †“ die Katze und der Feuerelf. Mit kraftvollen Zügen schwamm sie durch das Becken bis sie den Aufprall des Wasserfalls spürte. Sie stieß sich vom Boden ab und schwamm direkt hinein. Das Wasser prasselte auf ihre Schultern, ihren Nacken und ihren Rücken herunter und schwemmte alle Schmerzen und Müdigkeit weg. Gavin schwamm auf sie zu, schlang die Arme um sie und lachend ließen sie sich zurück in die Mitte des Beckens treiben. Seine Lippen glitten über ihre Schläfe und ihre Wange bis zu ihrem Mund. Sein Kuss war weich und warm wie das Wasser und seine Hand streichelte sie sanft wie ein Windhauch. Es gab nur sie beide. Dies war ihre Zeit und ihr Ort. Sie versank in seinem Kuss und ließ sich vom Wasser und seinen Armen tragen. „Ich brauche dich†œ, er sah sie an. „Weißt du eigentlich, wie sehr ich dich brauche?†œÂ  Wenn dieses Verlangen die Wahrheit war, dachte Lucy, dann konnte sie den Rest ihres Lebens damit verbringen. Sie gab sich ihm hin. Sie wusste, dass diese Wahrheit Liebe war.

Seite 68

Ich drehte mich in dem wunderschönen Badezimmer vor dem großen Spiegel und betrachtete mich kritisch von allen Seiten und  nickte mir zufrieden zu. Kein Grund nervös zu werden, du ziehst das jetzt durch. Du siehst gut aus, und das bisschen Make up wird schon reichen. Nur noch etwas Lipgloss, und dann kann es losgehen. Ich atmete nochmals tief durch und sagte laut zu meinem Spiegelbild:„Du bist cool!†œ Nur das ziehen in der Magengegend und meine leicht zitternden Hände sprachen dagegen. Doch bevor mich mein Mut verlassen konnte, zog ich mir den seidenen Morgenmantel an und trug noch einen Hauch meines Lieblingsparfüms auf. Das kleine Päckchen war sicher in der kleinen Tasche des Mantels verstaut, und ich machte mich auf den Weg zu seiner Kabine. Vor seiner Tür streifte ich meine Schuhe ab, straffte meine Schultern, öffnete leise die Tür und schob mich hinein. Ich drückte sie mit dem Rücken zu und drehte den Schlüssel um. Heute sollte uns niemand stören. Schnell huschte mein Blick durch die geräumige Kabine. Der Mittelpunkt bildete das riesige Bett, das mit einem schwarzen Satinlacken bespannt war, auf dem nur ein einziges Kissen lag. Aha, Vampire stehen wohl auf schwarz, sehr schön!
Da saß er. Der, der in meinen Träumen rumgeisterte und mich verrückt machte. Auch nur mit einem Morgenmantel bekleidet, saß Norbert über seinen Schreibtisch gebeugt, auf dem eine kleine Leselampe die Kabine in ein schummriges Licht tauchte und raschelte mit irgendwelchen Papieren. Erstaunt blickte er auf, und als er mich von oben bis unten betrachtet hatte, breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus und seine Augen begannen zu funkeln. Meine Unterwäsche schmolz und alle Nervosität war mit einem Schlag verschwunden. Blitzschnell sprang er auf, und gerade als er sich auf mich stürzen wollte, hob ich abwehrend die Hände und sagte laut: „ Halt, bleib wo du bist†œ. Verwundert hielt er inne. „Angie, was …?†œ, fragte er leise. „Nein, heute mische ich die Karten†œ, unterbrach ich ihn mit einem Lächeln und hielt das Päckchen hoch. „ Ich werde mit dir Mau-Mau spielen, aber nach meinen Regeln. Kennst du das Spiel?†œ Er schüttelte nur langsam den Kopf und kam wieder auf mich zu. „ Nein, bleib stehen, ich werde es dir erklären.†œ
Mit diesen Worten bewegte ich mich in seine Richtung, hob die erste Karte hoch, und zeigte sie ihm.

Seite 70

Doc öffnete die Augen und konnte nichts sehen, totale Schwärze. Seltsam, eigentlich konnte sie im Dunkeln fast so gut sehen wie bei Tag. Sie hob den Kopf und atmete erleichtert auf, sie war wohl auf dem Bauch eingeschlafen und hatte mit dem Gesicht im Kissen gelegen. Sie stützte sich auf die Ellbogen, blickte rechts neben sich und sah in Bowens schlafendes Gesicht, er lag auf der Seite und hatte einen Arm um sie geschlungen. Schlafend hatte er etwas reizend Jungenhaftes an sich, fand Doc. Wie alt mochte er eigentlich sein, fragte sie sich? Seinem Äußeren nach zu urteilen war er allerhöchstens 35 Jahre alt, aber bei Vampiren hieß das ja nichts. Sie drehte den Kopf und blickte auf den Wecker, der neben dem Bett auf dem Boden stand. Es war erst 18 Uhr. Klar, sie waren ja die ganze Nacht im Mausoleum gewesen und erst am frühen Vormittag auf die Seraphim zurückgekehrt. Sie drehte sich auf die Seite, und als sie gerade aufstehen wollte, warf sich Bowen plötzlich auf sie. „Hey, hiergeblieben! Hier kommst du nicht mehr raus!“, sagte er und bedeckte ihre Schulter mit Küssen.
Ihr Magen gab ein lautes knurrendes Geräusch von sich. „Können wir dann vielleicht eine Pizza bestellen? Ich komme um vor Hunger. Ich habe ja schließlich kein Blut zu trinken bekommen.“ „Ich habe auch Hunger. Blut trinken wir nur zum Genuss und wegen der aphrodisierenden Wirkung. Es ist aber nicht lebensnotwendig, wir müssen auch normale Nahrung zu uns nehmen. Okay, ich habe eine Idee. Pizza steht nämlich nicht auf der Roomservice Karte, dazu müssen wir dann aber doch das Bett verlassen.“ Die Beiden standen auf. Doc schlüpfte in ein kurzes hellblaues Strandkleid und zog ihre heißgeliebten Bikerstiefel an. Bowen stieg in eine locker sitzende Jeans, zog ein verwaschenes Stones-T-Shirt über den Kopf und glitt mit den Füßen in ein paar ziemlich mitgenommen wirkende Chucks. Bei dem Anblick musste Doc grinsen, er sah so gar nicht wie der furchteinflößende Krieger aus, der er in der Nacht bei ihrem Einsatz gewesen war. Er gefiel ihr immer besser, wenn das überhaupt noch möglich war.
Bowen öffnete die Türe, legte ihr den Arm um die Schultern und führte sie den Korridor entlang. „Wohin gehen wir denn?“ Doc war immer gern über alles im Bilde und Bowen machte sich einen Spaß daraus sie an der Nase herumzuführen. „Warts ab Jane, du wirst es schon sehen. Es hat auf jeden Fall was mit Pizza zu tun.“ Er lotste sie immer tiefer ins Schiffsinnere. „Die Restaurants sind doch oben. Hm…“, grübelte sie laut, aber er lächelte nur. Als sie ein weiteres mal rechts abbogen waren, blieben sie vor einer Doppelschwingtüre mit zwei kreisförmigen Fenstern stehen. Daneben hing ein Schildchen mit der Aufschrift „Kombüse†œ. Er hielt ihr die eine Hälfte der Tür auf. „Bitteschön, treten Sie ein, und genießen sie ihren privaten Kochkurs mit Smutje McRieve.“ Kochkurs? Ohje, hoffentlich erwartete er nicht zu viel von ihr. Beim Brauen geheimnisvoller Tränke war sie unschlagbar, aber in der Küche war Doc eher eine Handgranate. Sie trat ein und war erstaunt wie riesig der Raum war. Eine Wand war mit Edelstahlanrichten gesäumt, in der Mitte befand sich eine gigantische Herdinsel, die bestimmt über 12 Kochstellen verfügte. An der gegenüberliegenden Wand standen mehrere Öfen und Kühlschränke. Zwei Türen im hinteren Bereich der Küche führten vermutlich zu Lagerräumen. „Wieso ist hier denn keiner?“ „Das hier ist nur eine der beiden Küchen an Bord, momentan sind ja nicht allzu viele Personen hier. Diese wird nur zum Lagern benutzt, oder wenn wir mal ein großes Fest schmeißen. Wir sind hier ungestört und können tun und lassen was wir wollen, und da meine schöne „Erdbeere†œ Lust auf Pizza hat, soll sie auch eine bekommen. So, dann wollen wir mal.“ Zielstrebig ging Bowen in einen der Lagerräume und kam kurz darauf mit Mehl, und einigen anderen Lebensmitteln bepackt, zurück.
Er zog pfeifend eine große Schüssel unter der Arbeitsfläche hervor, schüttete alles für den Teig hinein und fing an zu kneten. Doc beäugte das alles kritisch und stellte fest, dass sie ihn so ziemlich bei allem was er tat aufregend fand. „Dann komm mal her, ist ja deine Kochstunde.“

Seite 72

Doc schritt langsam zu ihm hin. „Keine Angst, der Teig beisst nicht“, sagte er mit einen leichten Grinsen und legte den Teigklumpen auf die Arbeitsfläche. Als er Docs Zögern bemerkte, nahm er ihre Hände. Er stellte sich hinter sie und legte seine Hände auf ihre.
Zusammen begannen sie den Teig zu kneten. In Doc begann es zu kribbeln, er hatte wunderschöne Hände, und sie musste daran denken, wie sie sich auf ihrem Körper angefühlt hatten. „Ich wusste gar nicht, dass Kochen so leicht ist“, sagte sie und versuchte Bowen zu küssen. Er erwiderte ihren sehr intensiven Kuss, sie drehte sich zu ihm um und verspürte ein großes Verlangen, sie bemerkte, dass es im genauso ging. Wilde Fantasien blitzten durch ihren Kopf, aber das laute Knurren ihres Magens verdarb dann doch den Spaß und erinnerte sie an ihr eigentliches Vorhaben. „Du kleiner Nimmersatt“, neckte er und drückte ihr ein Nudelholz in die Hand. „Soll ich damit auf den Kopf oder die Knie zielen?“, fragte sie ihn und schwang das Nudelholz in der Luft herum. Gemeinsam rollten sie den Teig aus. Ruckzuck waren beide Pizzen fertig, und Bowen schob sie in den heißen Ofen. Als er sie ansah musste er lachen.
„Hey, was ist denn so komisch?“ „So komplett eingemehlt, siehst du zum Anbeißen aus.“ Doc schnaubte, sammelte etwas Mehl mit ihrer Hand auf und bewarf Bowen damit. „Na warte!“ Er wollte sie packen, aber sie duckte sich und flitzte einmal um die Kochinsel herum, er lief ihr nach, und lachend ließ sie sich einfangen. Nach einem Kuss schmiegte Doc sich an ihn, sah dann zu ihm auf,und ihr Gesicht nahm ernstere Züge an. „Bowen, sag mal, wie alt bist du eigentlich und woher kommst du? Nicht, dass es wichtig wäre, aber mich würde es schon interessieren.“ „Ich bin 34, oder findest du, ich sehe jünger aus?“ „Nein im Ernst, also sag schon.“ „Na gut, okay, ähm, ich bin 406 Jahre alt.“ Ihre Kinnlade klappte herunter. Das erklärte natürlich seine Erfahrung in so einigen Bereichen. „Ich wurde 1604 in Schottland geboren. Meine Eltern waren Kaufleute dort und sie sind bei einem Anschlag ums Leben gekommen als ich 25 war. In den vergangen Jahrzehnten haben wir, also die Bruderschaft, immer wieder in anderen Ländern gelebt. Seit ca. 3 Jahren wohnen ein paar von uns dauerhaft hier auf dem Schiff, das ist praktisch und mir persönlich gefällt es auch. So hat man eine Menge Abwechslung. Und wie steht es mit dir?“
Doc räusperte sich und senkte die Stimme ein wenig: „Ich wurde 1775 in Avalon geboren und wuchs auch dort auf. Mein Vater ist keltischer Abstammung und Merlin, also einer der höchsten Druiden gewesen. Von meiner Mutter weiß ich nur, dass sie eine Walküre gewesen war. Ich habe sie nie kennengelernt, denn sie starb bei meiner Geburt. Mein Dad hat das nie verwunden, er sprach niemals von ihr. Avalon liegt zwischen England und Irland, aber nur Druiden und andere magische Wesen haben Zugang dorthin, deshalb ist seine Existenz sehr umstritten. Vor 100 Jahren wurde der Zugang dorthin aber gänzlich zerstört, Avalon trieb immer mehr in die Nebel ab und ist nicht mehr zu finden, auch nicht magisch. Diejenigen die noch dort leben, unter anderem mein Vater, können nicht mehr von dort weg und auch keinen Kontakt in die andere Welt aufnehmen.“ Bowen sah an Docs Augen, dass es sie schmerzte, nicht mehr in ihre Heimat zurück zu können, und dass sie ihren Vater, den Merlin Gandalf, nie mehr wiedersehen würde. Sein Herz krampfte sich zusammen, er wollte nicht, dass es irgendetwas in ihrem Leben gab, das sie bedrückte. Er würde für sie durchs Feuer gehen. Er drückte sie fest an sich. „Hey, ich möchte, dass du weißt, dass ich nicht vorhabe dich wieder zu verlassen und du mir alles anvertrauen kannst.“ Doc schniefte an seiner Brust. So verletzlich zeigte sie sich eigentlich nie, aber sie wusste, dass Bowen jemand Besonderes war. Sie hatte das Bedürfnis alles mit ihm zu teilen, auch die Dinge, über die sie nicht gern sprach.
„Ich glaube, die 15 Minuten sind rum. Wo essen wir denn? Hier?“ Bowen merkte, dass sie einen Themenwechsel beabsichtigte und ging darauf ein. „Also, nachdem ich dir heute vorwiegend meine guten Seiten präsentiert habe, wäre es an der Zeit dir ein weiteres Geheimnis anzuvertrauen.“ Er grinste schelmisch und holte die herrlich duftenden Pizzen aus dem Ofen.

Seite 73

Er schnitt sie so schnell, dass das menschliche Auge es kaum hätte nachverfolgen können. Er nahm die zwei Teller und verließ damit die Küche. Doc folgte ihm, und gemeinsam fuhren sie mit dem Aufzug zwei Decks nach oben. Als die Tür des Lifts sich öffnete, sah sie schon ein großes Schild auf dem das Wort „Kino†œ prangte. „Oh, wow, ein Kino! Mensch, hier kann man es ja wirklich aushalten.“ Sie öffnete für Bowen die Tür und trat nach ihm, in den nur von Wandstrahlern schummrig beleuchteten Raum, ein. Das Kino war wunderschön. Es war nicht wie üblich mit diesen Klappsitzen bestückt, sondern dort standen sicherlich zwanzig bequem anmutende Sessel. Ein paar vereinzelte Sofas aus rhage-rotem Samt befanden sich ebenfalls in dem Raum. Der Boden war mit schwarzem Teppich ausgelegt. Sie ging zu einem Sofa in der Mitte und setze sich. Bowen stellte das Essen auf einem kleinen Beistelltisch ab, ging in die hintere Ecke zu einer kleinen Theke und zapfte dort zwei Cokes. Dann fuhrwerkte er noch etwas an der Technik herum und kam mit den Getränken und einer Fernbedienung zurück. Er ließ sich neben Doc aufs Sofa fallen, seufzte und blickte sie dann strahlend an. „So, Jane, ich hoffe, du bist erfreut darüber, mit mir an einer Godzilla-Kinonacht teilzunehmen. Ich liebe diese Filme einfach.“ Ohje, dachte Doc, man muss ja nicht in allem denselben Geschmack haben. Glücklich nahm sie ein Stück Pizza und kuschelte sich an Bowen. „Na dann mal los, ich kann´s kaum erwarten.“

Copyright © BD Sisterhood

Fortsetzung: Black Dagger Ladies Online †“ Ein neuer Passagier [Kapitel 7]

Black Dagger Ladies Online †“ City of the Dead [Kapitel 5]

Black Dagger Ladies Online

The City of Dead
Kapitel 5

Wirkte Docs Legierung bei diesen Kerlen nicht oder war mein Messer nicht tief genug eingedrungen. Normalerweise hätte er bewusstlos zu Boden fallen müssen. „Passt auf Leute, unser Betäubungsmittel wirkt nicht!†œ stieß ich hervor. „Habe ich auch bemerkt!†œ rief Fernando, der seinem Gegner gerade einen großen Schnitt, quer über die Brust, beigebracht hatte. Also hieß es kämpfen bis zum Tod. Mein Kontrahent ließ seine zwei Schwerter auf mich nieder sausen. Ich parierte seine Schläge mit meinem Langdolch und meinem Schwert und drehte mich um die eigene Achse. Dadurch gelangte ich hinter ihn. Bevor er sich umdrehen konnte durchtrennte ich ihm mit meinem Dolch die Kniekehlen. Er schrie auf, sackte in die Knie und bevor er noch irgendwie reagieren konnte, schlug ich ihm mit meinem Schwert den Kopf ab. Ich drehte mich zu den anderen um und sah noch, dass Fernando seine gekreuzten Schwerter durch den Unterleib seines Gegners fahren ließ. Dieser kippte röchelnd zur Seite und hauchte gerade sein Leben aus. Auch Norbert hatte seinen schwarzen Jungen niedergekämpft und versetzte ihm gerade den Todesstoß. Nur Kate war in Bedrängnis. Sie war mit dem Rücken gegen einen Baum gedrückt und wehrte gerade einen Lanzenstoß ihres Gegenübers ab, als sich der letzte Guhl von hinten auf sie zustürzte. Er holte mit seiner riesigen Axt aus und wollte sie Kate seitlich in den Körper schlagen. Ich ließ mein Schwert fallen und warf meinen Dolch dem Guhl genau zwischen die Augen. Sofort ließ ich noch zwei Wurfsterne folgen, die ihn in beide Augen trafen. Jetzt war er zwar blind aber noch nicht tot. Sein Axthieb ging ins Leere und er taumelte. Da war Norbert schon zur Stelle und trennte dem Guhl mit einem einzigen Schlag den Kopf ab. Kates Gegner war dadurch kurz abgelenkt, und somit konnte sich Kate aus ihrer misslichen Lage befreien. Mit einem Stakkato von Schwerthieben drängte sie ihn zurück. Er taumelte rückwärts, genau in die Schwerter von Fernando.
Eine unheimliche Stille breitete sich aus. Wir ließen unsere Waffen sinken, standen blutbesudelt da und grinsten uns nun siegestrunken an. „So, unsere Schlacht hätten wir erfolgreich beendet†œ, meinte Fernando. „Angie, ruf´ sofort Lilli an und gib ihr Bescheid, dass die Speziallegierung nicht wirkt. Warum das so ist, darüber machen wir uns später Gedanken.†œ Ich zückte mein Handy und informierte Lilli über den aktuellen Stand der Dinge. Lilli und die anderen hatten noch keine Feindberührung. Aber Lilli hatte die Position ihrer Gegner schon ausgemacht. Es würde also bei ihnen auch gleich losgehen. Norbert, Fernando, Kate und ich säuberten unsere Waffen, ließen unsere toten Gegner im Gebüsch verschwinden und legten uns am versteckten Ausgang auf die Lauer. Wir waren alle etwas nervös und angespannt, weil wir nicht wussten, was noch auf uns zu kam und wie der Kampf der anderen verlief. Aber mehr als warten, konnten wir jetzt nicht.
Lilli hatte ihren Beobachtungsposten wieder eingenommen. Eine Hand auf die borkige Rinde des Baumes gelegt, den Blick weit in die Ferne gerichtet, konzentrierte sie sich auf die Bewegungen ihrer Feinde. Sie machte insgesamt 12 Personen aus, die aber nicht wie erwartet auf sie zu kamen, sondern plötzlich die Richtung änderten und abdrehten. Lilli richtete sich kerzengerade auf: „Was soll das? Die hauen ab?†œ, fragte sie ungläubig in die Runde. „Ich versteh das nicht. Eigentlich hätten die uns längst ausmachen müssen, ein einfacher Thermoscan würde doch schon genügen. Das gefällt mir gar nicht†œ, erwiderte Duncan sorgenvoll. „Lass mich nachsehen. Ich kann mich unbemerkt nah genug an sie ranschleichen†œ, schlug Lucy vor. „Wie willst du das machen? Und allein lass ich niemanden losziehen, das ist zu gefährlich. Es könnte ein Hinterhalt sein†œ, antwortet Ducan. „Okay, ich versteh deine Argumente, aber sag das auch mal meiner kleinen, pelzigen Freundin.†œ

Seite 50

Lucy streckte sich, ihr Körper fing an zu leuchten und ihre Züge veränderten sich. Lucys ganze Gestalt verlor ihre Form, als sich um sie herum ein Nebel bildete. Bevor Duncan auch nur einmal blinzelte, saß vor ihm eine wunderschöne, feingliedrige Katze mit schwarzem Fell. Ihre Augen waren wie zwei grüne Wälder, verloren in der schwarzen Unendlichkeit ihres Fells. „Das ist wirklich beeindruckend, du kannst gehen, aber sei bitte vorsichtig. Wir warten 15 Minuten. Dann musst du wieder zurück sein, oder wir kommen dich holen!†œ Duncan hatte seine Rede noch nicht beendet, da war Lucy auch schon in der Dunkelheit der Nacht verschwunden. Während Gavin ihr ein wenig ängstlich nachschaute, lehne Lilli lässig an dem Baum, der ihr vorher noch als Verstärker gedient hatte. „Keine Angst Gavin, sie weiß, was sie tut. Und wer beachtet denn hier ein kleines harmloses Kätzchen? Niemand weiß, dass Lucy ein Animagus ist und ihre Gestalt in eine Katze verwandeln kann. Also, cool bleiben.†œ Trotzdem lauschte Lilli weiter den Geräuschen aus dieser Richtung. Die Gruppe verharrte schweigend und reglos, alle in absoluter Kampfbereitschaft. Die Minuten des Wartens auf Lucys Rückkehr kamen ihnen wie Stunden vor. Lilli war natürlich die Erste, die Lucys bemerkte, was sie mit einem knappen „sie kommt zurück†œ kommentierte. Ohne dass Lucy auch nur ein Wort verlieren musste, reichte Lilli ihr schon ihre Kleider ins Gebüsch, die sie vorhin bei ihrer Verwandlung hatte liegen lassen. „Danke Lilli. Leute, ihr werdet es nicht glauben, aber sie sind weg†œ, begann Lucy noch während sie sich wieder ankleidete. „Ich konnte gerade noch erkennen, wie der letzte von ihnen durch einen magischen Tunnel verschwand. Ich hätte ihnen folgen können, aber das erschien mir dann doch zu gefährlich. Außerdem, konnte ich euch ja nicht verständigen.†œ Lilli bestätigte Lucy Aussage noch: „Ich kann auf dem gesamten Friedhof nichts mehr hören. Außer uns ist keiner mehr hier.†œ „Mir gefällt die Sache nicht†œ, sprachen Tim und Kerstin wie aus einem Mund und mussten lachen. „Verdrücken die sich kampflos, wie schade†œ, auch Doc wirkte ein wenig enttäuscht. Duncan nahm seine Ausrüstung hoch, schulterte die schwere Basuka und rief: „Es wird Zeit, dass wir mal nachsehen, was die hier verstecken.†œ †œIch schick unserem Team am Ausgang schnell eine Nachricht†œ, warf Lilli dazwischen. Schweigend nahmen sie ihre Waffen wieder auf und folgten Duncan, der von der Dunkelheit schon verschluckt wurde. Der Marsch zum Eingang des Mausoleums erfolgte ohne weitere Zwischenfälle. Eine Verständigung fand nur noch über Handzeichen statt, denn das kleinste Geräusch hätte sie schon verraten können. In sicherer Entfernung fanden sie Deckung hinter einer Mauer, die zu einem weiteren Mausoleum gehörte. Der Eingang zum Versteck der Dragons war von Efeu-Ranken fast komplett zugewachsen. Hier und da war nur der schwache Schein eines Grablichtes zu sehen. Nebelschwaden zogen über die Gräber hinweg, die ganze Szenerie erinnerte an Michael Jacksons Thriller. Doch wo waren die Zombies? Der ganze Friedhof schien verlassen. „Wo sind die Wachen?†œ, signalisierte Bowen. Gemeinsam kamen sie zu dem Entschluss, ihre Deckung ohne Gefahr verlassen zu können. Sie sahen keine Kameras, keine Stolperdrähte, nichts, was auf eine Überwachung schließen konnte.
Langsam gingen sie auf den Eingang zu, immer noch auf der Suche nach Fallen. Aber da waren keine. Je näher sie kamen, desto mehr gelangten sie zu der Überzeugung, dass hier etwas gar nicht in Ordnung war. Mit einer Machete entfernte Jean die Ranken vorm Eingang. Kerstin nahm ihr Spray zur Hand, um die nicht sichtbaren Laserschranken zu finden. Tim zog sie mit einem Ruck in seine Arme und konnte sich ein „pass auf dich auf†œ nicht verkneifen. Der Tanz konnte beginnen. Sie hielten den Atem an, als Kerstin begann sich durch die Laserstrahlen zu schlängeln. Sie hatte die Bewegungen derart verinnerlicht, dass es wie ein Kinderspiel aussah. Doch die paar Meter, die sie rücklegen musste kosteten sie viel Kraft. Etwas außer Atem, aber unverletzt kam sie bis zur Sicherheitstür. Jetzt begann der leichtere Teil, die Anbringung der Spiegel. Es fiel während der gesamten Aktion kein einziges Wort, aber nun, nach erfolgreicher Deaktivierung der Laser, konnte Kerstin einen kleinen Jubelschrei nicht unterdrücken. „Alles paletti, Lilli, Lucy, euer Part†, sagte sie mit einem Grinsen im Gesicht.

Seite 51

Lilli und Lucy ließen sich nicht zweimal bitten und waren sofort an der Tür. Nach einer genauen Inspektion, ob vielleicht doch noch Überraschungen auf sie warteten, machten sie sich an die Arbeit die Tür zu öffnen. Sie waren ein eingespieltes Team und schon nach kurzer Zeit traten sie von der Tür zurück und sammelten ihr Werkzeug wieder ein. „Die Tür ist jetzt offen.†œ
Duncan atmete tief ein, schaute noch einmal in die Runde seiner Verbündeten und drückte die schwere Tür vorsichtig auf …

Ich klappte mein Handy zu, steckte es in die dafür vorgesehen Innentasche meiner Bluse und sagte leicht irritiert zu den anderen: „Das war Lilli. Sie sagte mir, dass niemand außer uns auf dem Friedhof ist, also weder Feinde noch sonstige Personen. Merkwürdig! Und sie wollen gleich die Tür zum Mausoleum öffnen.†œ
„Lasst uns doch eine kurze Verschnaufpause einlegen†œ, meinte Kate. „Verdient haben wir sie uns allemal.†œ „Gute Idee“, sagte Fernando, und wir setzten uns einfach an Ort und Stelle auf den Rasen. Vorsichtig musterte ich Norbert aus den Augenwinkeln. Er war immer noch sehr kühl zu mir. Ich ließ meine Gedanken zurück schweifen bis zu dem Moment, als er mich nach dem ganzen Desaster in der Kabine in seine Arme nahm und mich küssen wollte. Er drückte mich fest an sich und atmete meinen Duft tief ein. Doch dann zuckte er zusammen und stieß mich von sich. Ich geriet ins Taumeln und er zischte mich an:“ Du riechst nach Jean! Sein Geruch klebt regelrecht an dir! Aber lassen wir das jetzt lieber, wir haben gleich eine Schlacht zu schlagen und können uns keine Gefühlsduseleien erlauben. Wir werden später noch über diese Sache reden.†œ Dann ließ er mich einfach stehen und verließ die Kabine. Ich konnte ihm nur ungläubig hinterher sehen. Gefühlsduselei?
Im Kampf hatte er sich nichts anmerken lassen, und die andern haben wohl auch nichts davon mitbekommen.
Seine tiefe Stimme riss mich aus meinen Gedanken. „Mh, ich habe da mal eine Frage“, hörte ich ihn plötzlich in die Stille zu Fernando sagen, „stell dir vor, da taucht unerwartet eine Frau in deinem Leben auf, eine Frau, nach der du dich schon seit Jahrzehnten gesehnt hast. Sie ist wunderschön, mutig und tapfer, du verstehst dich mit ihr auf Anhieb und du bist dabei, dich in sie zu verlieben. Angeblich erwidert sie deine Gefühle auch.†œ Ich horchte auf und sah ihn erstaunt an, doch er beachtete mich überhaupt nicht. „Du verbringst eine leidenschaftliche, unvergessliche Nacht mit ihr†œ, fuhr er emotionslos fort, während ihn Fernando und Kate nur verwundert anstarrten. Auf was will er hinaus? „Und dann musst du nach einige Zeit feststellen, dass sie zweigleisig fährt, und dich mit deinem besten Freund betrügt. „Da hielt mich nichts mehr auf dem Boden. Ich sprang auf und ballte meine Hände zu Fäusten und blitzte ihn wütend an. Jetzt sah er mich direkt an. „Wie würdest du so eine Frau nennen, Fernando? Ich nenne so eine…“ „Wage es ja nicht…†œ, unterbrach ich ihn, mittlerweile kochend vor Wut, „wag´ es nicht, und rede nicht so, als ob ich nicht da wäre.†œ Mittlerweile standen wir uns wie zwei Kampfhähne gegenüber. „Wer bist du, dass du so über mich urteilen darfst?“, schleuderte ich ihm entgegen. „Norbert, ich glaube nicht, dass…“, weiter kam Kate nicht. „Das habe ich nicht nötig“, sagte ich, drehte mich um und lief einfach in Richtung Friedhof.
„Das war ja wohl weit unter der Gürtellinie, Norbert!“, hörte ich noch Fernando ärgerlich sagen, doch das war mir egal. Niemand kam hinter mir her und ich lief einfach, leise vor mich hin schimpfend, weiter. Um mich herum waren die schönsten Grabstätten und Mausoleen, beleuchtet nur vom Mondschein, doch ich hatte im Moment keinen Blick dafür. Durch die hohe Luftfeuchtigkeit trat mit der Schweiß aus allen Poren, und ich wischte mir wütend die Schweißperlen von meiner Stirn. Männer! Blödmänner! Dreibeinige Blödmänner! Die können mich doch alle mal da wo… Da vibrierte mein Handy. Noch im Laufen ging ich dran, es was Sweetlife.

Seite 52

„Ihr müsst euch beeilen, wir haben eben eine Hurrikan-Warnung für die Region um New…“, abrupt brach das Gespräch ab und das Handy flog mir in hohem Bogen aus der Hand! Ich hatte nicht weiter auf den Weg geachtet, war wohl irgendwo mit dem Absatz hängen geblieben und kam dadurch ins Stolpern. Um nicht lang hinzuschlagen, griff ich nach dem nächsten Besten, was in meiner Nähe stand. Es war eine mannshohe Engelsfigur mit ausgebreiteten Armen, die vor dem Eingang zu einem Mausoleum angebracht war.
Schnell umklammerte ich mit beiden Händen einen Arm, doch der gab zu meinem Entsetzen nach und bog sich mit einem knarrenden Geräusch nach unten. Oh mein Gott! Unter mir öffnete sich plötzlich der Boden und ich rutschte langsam mit den Händen den aalglatten Arm entlang bis zu seinen Fingerspitzen. Unter meinen Füßen war nur noch gähnende Leere und als ich keinen Halt mehr an der Figur fand, griff ich in meiner Panik nach einem Strauch, der am Rand des Abgrunds wuchs. Doch mit meinen schweißnassen Händen konnte ich mich auch hier nicht lange halten. Ich rutschte ab und stürzte ungebremst in die Tiefe.
Der Aufschlag war furchtbar! Ich konnte gerade noch sehen, wie sich weit über mir der Arm der Figur wieder nach oben bog und die Falltür sich geräuschlos schloss.
Dann durchfuhr mich ein gewaltiger Schmerz und tausend Sterne tanzten vor meinen Augen. Ich driftete langsam in eine Ohnmacht weg.
Wie aus sehr weiter Ferne drang ein merkwürdiges Geräusch in mein Bewusstsein, so, als wenn Castanetten auf einander schlugen. Langsam kam ich wieder zu mir und öffnete meine Augen, doch um mich war nur tiefe Dunkelheit. Oh, jetzt wusste ich auch, wer das komische Geräusch machte. Das waren meine Zähne! Mir war nämlich eiskalt und ich fror erbärmlich. Mein Schädel brummte furchtbar. Vorsichtig versuchte ich mich aufzurichten und ertastete mit meinen Fingern eine riesige Beule an meinem Hinterkopf. Aua! Aber außer ein paar Abschürfungen und der Beule, war mir Gott sei Dank nichts passiert, ich hatte mir zum Glück nichts gebrochen.
Dann erinnerte ich mich an das Handy. Oh nein, das hatte ich ja oben bei meinem Sturz verloren, aber ich hatte ja noch meinen Ring. Doch an meiner Hand war nichts!
Auf meinen Knie suchte ich den Boden ab, und stellte dabei fest, dass ich mich in einer quadratischen Kammer von vielleicht 3×3 Metern befand, mit Stahlwänden und einer kleinen Öffnung an einer Seite, wo gerade mal eine kleine Person wie ich durch passte. Aber von meinem Ring keine Spur! Was mache ich denn jetzt? Ohne den Ring kann ich doch im Dunkeln nichts sehen und fliegen kann ich auch nicht. Nur meine Fähigkeit, jegliche Art von Magie zu spüren, war auch ohne Ring möglich. Hoffentlich suchten die anderen nach mir und fanden den Ring. Der musste ja noch oben liegen!
Hier unten roch es ziemlich modrig, und da war noch ein anderer Geruch! Schwefel, es roch nach Schwefel!
Plötzlich bekam ich solche wahnsinnigen Kopfschmerzen, dass ich mit beiden Händen meinen Schädel umklammerte. Es fühlte sich an, als ob jemand mit einem Messer in meinem Gehirn herum stocherte. Es war nicht auszuhalten, und ich schrie laut auf, dann verlor ich erneut das Bewusstsein…

Duncan blieb in der Tür zum Mausoleum stehen, und sah hinein. „Und, was geht da drin so ab?“, fragte Kerstin, die wohl noch gerne ein paar Runden gekämpft hätte. „Moment!“, brummte Duncan und ließ durch einen mentalen Befehl ein paar Fackeln an den Wänden im Inneren des Mausoleums aufleuchten. „Bowen, Kerstin und Tim ihr kommt mit rein, Lilli, Lucy, Gavin und Doc ihr wartet hier draußen, falls sich hier doch noch ein Spanner im Gebüsch versteckt.“ Er ging in die Grabstätte hinein, die anderen drei folgten ihm auf dem Fuße.

Seite 53

Während die vier drinnen alles absuchten, warteten die anderen draußen. Nichts rührte sich oder machte irgendein Geräusch.
„Seltsam. Es ist so unglaublich ruhig, kein Tier regt sich. Dass die Dragons so schnell abgedackelt sind, finde ich auch merkwürdig“, meinte Lilli zu Lucy.
Doc zuckte nur mit den Schultern: „Ich vertrete mir mal kurz die Beine, die Luft hier draußen ist ja rein, ich bin nicht weit weg.“ Sie ging um das Mausoleum herum, blickte in die Ferne und fragte sich wo Angie, Kate, Norbert und Dr. Zoom abgeblieben waren. Allmählich wurde die Stille von einem sanften steten Rauschen der Baumkronen abgelöst. Leichte Windböen kamen auf, und Doc genoss die kühle frische Luft. Als sie sich gerade eine Zigarette anzünden wollte, sah sie bei einem Blick auf den Boden, dass sich hinter ihr ein Schatten anschlich. Irgendetwas zog an ihrem hüftlangen Zopf. Ruckartig drehte sie sich um, die Faust geballt holte sie aus und schlug zu. Der Angreifer war gut vorbereitet, denn ihre Faust landete in einer warmen Handfläche und wurde schraubstockartig festgehalten. „Was zum Teufel…?“
Sie schaute hoch und sah Bowens grinsendes Gesicht ganz nah vor sich. „Keine so gute Idee sich von den anderen abzusetzen, man weiß ja nie.“ Er zog sie an sich und biss spielerisch sanft in ihren Hals. Er küsste sie und streifte ihre Lippen mit seinen Fängen „Mhm…“, in Bowens Nähe war Docs gesunder Menschenverstand wie weggeblasen, er roch einfach betörend und seine Berührungen fühlten sich so gut, so richtig an. Er benebelte schlichtweg ihre Sinne in einer sehr positiven Art. Das war alles so völlig neu für sie und irritierend. „Bowen, ist das so eine Vampirnummer, die du mit mir abziehst?“ Verwirrt sah er sie an: „Was meinst du?“ „Ich weiß nicht genau, diese Energie zwischen uns, das merkst du doch auch, ich kann dir einfach nicht widerstehen!“ „Ja, ich spüre es auch, und nein, es ist keine Vampirnummer. Dieser Drang dich zu besitzen… so etwas habe ich noch nie gefühlt. Er war direkt da, vom ersten Moment an als ich dich auf der Seraphim gesehen habe. Mit jeder Berührung will ich mehr. Ich habe darauf keinen Einfluss, und das will ich auch gar nicht. Ich will nur eines – nämlich dich!“ Überwältigt und überrascht von diesem Geständnis küsste Doc Bowen leidenschaftlich. Sie legte all ihre aufgewühlten Gefühle in diesen Kuss. Bowen presste sich mit seinem warmen Körper an sie, und es fiel ihm sichtlich schwer sich wieder von ihr zu trennen. Der Wind wurde immer stärker.
„Ich wünschte, wir könnten uns hier zu zweit irgendwo verstecken, aber wir müssen reingehen, Süße. Die anderen sind schon im Mausoleum, wir haben gerade die Nachricht erhalten, dass hier gleich ein Hurrikan aufzieht. So lange Team 3 nicht aufgetaucht ist, können wir hier unmöglich weg. Duncan meint, im Mausoleum sind wir einigermaßen sicher, ist ja nicht der erste Sturm hier. Aber eines schwöre ich dir, sobald wir zurück auf der Seraphim sind, schleife ich dich wie einen Höhlenmenschen in meine Kabine. Dann werde ich Sachen mit dir anstellen, von denen du nicht gewusst hast, dass sie möglich sind. Na los, komm.“
Besitzergreifend schlang Bowen einen Arm um Docs Taille und führte sie zurück zum Mausoleum. Draußen war niemand mehr. Fragend sahen sie sich an, dann stiegen beide durch die geöffnete Tür langsam die Stufen hinab. Unten angekommen, standen sie in einem Raum, der wie ein modernes medizinisches Labor aussah. Duncan inspizierte gerade einen Aktenschrank und auch Kerstin, Tim, Lilli und Lucy sahen sich dort gründlich um. „Na, auch schon da?“ Kerstin knuffte Doc und grinste sie verschwörerisch an. Sie und Doc verband eine tiefe Freundschaft. Oft reichten nur Blicke zwischen ihnen aus, um sich zu verständigen. „Die Dragons haben dieses Labor hier ziemlich überstürzt verlassen, anscheinend haben sie aber alles Wichtige mitgenommen. Nur dieser zerstörte Rechner steht noch hier rum. Lilli und Lucy werden auf der Seraphim versuchen, ob sie da noch was retten und auf die Daten zugreifen können. Das Gute allerdings ist, dass wir hier in diesem Bunker absolut sicher vor dem Hurrikan sind.“
Plötzlich hörten sie Schritte, die langsam die Treppe hinab kamen. Alle gingen sofort in Angriffposition. Bowen wollte Doc hinter sich schieben, aber sie, ganz Amazone, stellte sich wieder neben ihn. Erneut versuchte er sie wieder hinter sich zu schieben, doch bevor das in einer kindischen Kabbelei enden konnte, rief Kate: „Keine Panik. Wir sind es!“, und schon tauchten vor ihnen Fernando, Kate und Norbert auf.

Seite 54

Alle sahen sehr besorgt aus, ganz besonders Norbert.
„Ist Angie schon bei euch?“, fragte Norbert und sah sich suchend in dem Labor um. „Nein, sie ist nicht hier, sie war doch in eurem Team“, sagte Lilli. „Verdammt, wo ist Angie, was ist passiert?“, fragte Duncan. Panik keimte in Doc auf. „Scheiße. Sie ist weggelaufen. Wir hatten gehofft, sie wäre bei euch.“ Auch in Norberts Augen spiegelte sich Panik wieder und Angst. „Oh mein Gott, wir müssen sie suchen!“
Auch Kate beschlich plötzlich ein Gefühl der Angst und ihr Herz krampfte sich zusammen. Erst jetzt bemerkte sie, dass von Bones ebenfalls jedes Lebenszeichen fehlte. Wie konnte das passieren? War sie so auf den Kampf fixiert, dass alles andere bedeutungslos wurde? Traurig und wütend nahm sie diese Erkenntnis in sich auf und schalt sich, dass ihr Bones` Verschwinden nicht schon eher aufgefallen war. Ihre innere Stimme ermahnte sie, darüber später nachzudenken, jetzt gab es wichtigere Dinge, die keinen Aufschub duldeten. Bones kann auf sich selbst aufpassen, sagte sie sich, und das stimmte auch, aber ein flaues Gefühl im Magen blieb.
Auf einmal stieg ein tiefes Knurren aus Norberts breiter Brust. Abrupt drehten sich alle Köpfe in seine Richtung. Angie war weg und Jean und Bones auch, das konnte doch kein Zufall sein, oder? Laut stieß er hervor: „Und wo sind eigentlich Jean und Bones?“ „Irgendetwas stinkt hier gewaltig zum Himmel“, sagte Doc und plötzlich keimte in ihr ein schlimmer Verdacht auf. Die Red Dragons waren in der Lage Doppelgänger zu erschaffen, der Beweis lag auf der Seraphim in den Särgen. Sie sprach diese Gedanken wohl laut aus, denn alle durchzuckte ein eiskalter Schauer. Unwillkürlich trat Tim näher an Kerstin heran, um sie zu beruhigen. Lucy fühlte eine tröstende Hand von Gavin auf ihrer Schulter. „Hm, nehmen wir jetzt mal an“, ergriff Duncan das Wort, „dass jeder von uns, im wahrsten Sinne des Wortes, geklont wurde. Da stellt sich mir die Frage: wo und wann haben diese Verbrecher sich unsere DNA besorgt?“ Bowen warf ein: „Etwas Blut würde wohl den gleichen Zweck erfüllen, meint ihr nicht?†œ Daraufhin schlussfolgerte Lilli scharfsinnig: „Wir haben schon einmal mit den Dragons zu tun gehabt und ihr doch auch. Kann durchaus sein, dass diese Schurken sie sich unbemerkt besorgt haben. Letztendlich reicht ja schon ein einziges Haar für die Bestimmung der DNA.“ Alle nickten zustimmend und waren sich der Tragweite dieser unheimlichen Feststellung bewusst. Unbehagen und Argwohn breitete sich langsam aus. „Wer weiß, vielleicht haben sie uns ausgetrickst und hier in eine Falle gelockt und waren die ganze Zeit hinter der Seraphim her, um sich ihre Doppelgänger wieder zu holen“, meine Duncan mit nachdenklicher Stimme. „Andererseits dürfte die Person, die unbemerkt ausgetauscht werden soll, doch gar nicht fehlen, richtig?†œ, spekulierte Fernando. Die Anspannung löste sich etwas und Lucy sprach aus, was alle dachten: „Ich glaube nicht, dass die Dragons uns schon geklont haben und wenn, hätte ein reibungsloser Austausch erfolgen müssen! Diese Gefahr besteht wohl nicht! Noch nicht!†œ fügte sie ernst hinzu. „Seit wann genau ist Angie weg?“, fragte Duncan. „Ungefähr eine halbe Stunde, denke ich“, erwiderte Kate. „Und Jean und Bones, wer hat die zuletzt gesehen?†œ Lilli antwortete: „Jean hat mit einer Machete die Efeu-Ranken vom Eingang des Mausoleums entfernt.†œ Lucy und Kerstin nickten einstimmig. „Bleibt noch Bones….“

In der Zwischenzeit war ich wieder aus meiner tiefen Bewusstlosigkeit erwacht. Oh verdammt, dachte ich und fasste mir an das dröhnende Etwas, dass sich Kopf nannte. Da hast du aber mächtig beim Rumtopf zugeschlagen. Als ich die Augen aufschlug, wurde mir die brenzlige Situation, in der ich mich befand, erst wieder bewusst. In die Kammer fiel ein schmaler Lichtstrahl oberhalb durch eine kleine Öffnung. Ein metallisches Geräusch erfüllte den Raum, so, als ob eine schwere Tür aufgeschoben wurde. Der Lichtstrahl wurde breiter, je weiter die Tür sich öffnete.

Seite 55

Ich setzte mich auf und konnte nicht fassen, wer sich da vor mir in Lebensgröße aufbaute. Es war das abscheulichste Wesen, dass ich je in meinem Leben gesehen hatte. Angestrengt versuchte ich meinen akuten Würgereiz unter Kontrolle zu bringen, was mir in Anbetracht dieser Person, und meines immer mehr schmerzenden Kopfes, kaum noch möglich war. Sie kam langsam auf mich zu, musterte mich abschätzend und begehrlich von oben bis unten und spielte mit einem kleinen Schmuckstück in ihren krallenförmigen Händen. Mir wurde noch schlechter, da ich mir gar nicht ausmalen wollte, was dieser Kerl nun vor hatte. „Na, wen haben wir denn da? Hallo, Angie, vermisst du vielleicht deinen Ring?†œ, säuselte dieser Mistkerl namens Dude Paw. Dieser widerwärtige Wurzelzwerg gehörte zu den wichtigsten Handlangern der Red Dragons. Am liebsten hätte ich ihm mein Knie in die Weichteile gerammt, aber das wäre in meiner jetzigen Lage nicht so diplomatisch, folgerte ich. Außerdem war ich neugierig, was dieser Typ von Dämon für ein Spielchen trieb. Also spielte ich mit, um vielleicht an wertvolle Informationen zu kommen. Ich musterte die offen stehende Tür und registrierte zwei Wachen davor. Nun, es mussten doch noch einige Ghule und Lutins auf dem Friedhof geblieben sein, wahrscheinlich in einem Versteck, das wir nicht orten konnten. Mist, dachte ich, jetzt könnte ich eine Glock gebrauchen. „Nun?!“ Seine Stimme klang ungeduldig. „Du versuchst Zeit zu schinden, nicht wahr! Schlage dir eine Flucht gleich aus deinem hübschen Kopf. Ich habe diese Kammer mit einem doppelten Bann belegt. Diesen kannst du nicht durchbrechen und deine Freunde auch nicht.†œ
Denkste, die Suppe werde ich dir schon versalzen, fluchte ich innerlich. Ich sah ihm direkt in die Augen und sprach mit fester Stimme: „Ah, da isser ja. Schön, dass du ihn gefunden hast. Du willst doch wohl nicht einen Finderlohn, oder?†œ Er lächelte süffisant und kniete sich neben mich auf den Boden. Sein süßlich-fauliger Geruch stieg mir mit voller Breitseite in die Nase. Kannten diese Kerle kein Parfum oder Aftershave? „Was bietest du mir an?†œ, flüsterte er in mein Ohr. „Was willst du dafür?†œ „Angie†œ, seine Stimme senkte sich und wurde zu einem Schnurren, „eine Frage beantwortet man niemals mit einer Gegenfrage!†œ Igitt, das glaub ich ja wohl jetzt nicht, der macht mich an. Jetzt konnte ich mich nicht mehr zurückhalten und spuckte ihm mitten ins Gesicht. Überrascht und wütend zuckte er zurück. Sein Gesichtsausdruck verriet, dass er damit absolut nicht gerechnet hatte. Da wurde die Stille durch ein Handy mit undefinierbarer Trash Metal Musik durchbrochen. Dude wischte sich mit dem Ärmel über sein Gesicht und zog in einiger Entfernung von mir sein Handy aus der Hosentasche. Er sagte kein Wort und legte nach kurzer Zeit wieder auf. Leider hatte ich nicht viel von seinem Telefonat verstanden. Er hatte wohl auch hier einige Vorkehrungen getroffen, um mir das Lauschen zu erschweren. Aber eines entging mir nicht – ich hatte die Worte Bones und Jean gehört und dann noch Schiff, Hubschrauber und Japan. Was hatte das zu bedeuten? Mit raschen Schritten entfernte er sich zur Tür, blickte sich noch einmal um und sagte mit einem fiesen Grinsen im Gesicht: „Leider habe ich jetzt keine Zeit für dich, aber ich komme bald wieder. Verlass´dich drauf, ich bin ein außerordentlich leidenschaftlicher Typ und werde dich zum Beben bringen. Mach dich schon mal hübsch.“ Achtlos warf er meinen Ring auf den Boden. Ich wollte ihm eine bissige Antwort geben, ließ es dann aber sein. Die Tür schloss sich wieder, es wurde dunkel und ich war allein. Die Zeit drängte, ich musste hier raus. Allerdings hatte ich noch keine Ahnung, wie ich das anstellen sollte. Kommt Zeit, kommt Rat machte ich mir selbst Mut – nur, wie konnte ich die anderen warnen?…

Unterdessen fragte Kerstin Norbert im Labor: „Was ist eigentlich passiert, dass Angie verschwunden ist?“ Norbert wurde verlegen. Nun musste er vor der versammelten Mannschaft zugeben, dass er sich in Angie verliebt hatte und vor lauter Eifersucht überreagiert hatte. Zögernd erzählte er, was er alles zu ihr gesagt hatte und wie sie dann weggelaufen war. Lilli und Lucy wurden richtig sauer. Und es hätte nicht viel gefehlt und Norbert hätte sich eine gebrochene Nase eingefangen.

Seite 56

„Du Idiot“, sagte Lilli, „so geht man doch nicht mit der Frau um, die man angeblich liebt.“ Norbert wurde noch verlegener, doch plötzlich reagierte er ärgerlich. Schließlich hatte er Angie in Flagranti mit Jean erwischt. Warum musste sie sich auch ausgerechnet von seinem Freund trösten lassen? Er wusste doch selbst, dass er riesigen Mist gebaut hatte, und dennoch blieb dieser Unsicherheit, ob Angie sich nicht doch zu Jean hingezogen fühlte. Am liebsten hätte er sich mit jemand geprügelt, um seinen Frust los zu werden. Duncan und Bowen nahmen ihn in ihre Mitte und sprachen beruhigend auf ihn ein. Sie brachten ihn davon ab, sofort loszustürmen um nach Angie zu suchen. Zumal alle davon ausgingen, dass Jean und Bones sich bereits auf die Suche gemacht hatten. Letztlich war das aber für Norbert kein Trost, ausgerechnet Jean sollte nach Angie suchen? Nicht auszudenken, was geschehen konnte, wenn er sie finden würde! Doch Duncans Verbot zu gehen, war ein Befehl und musste befolgt werden. Zuerst mal musste das Labor untersucht werden. Duncan rief Sweetlife an und erzählte ihr, was passiert war und bat sie Angies Handy zu orten.
Auch sie war wütend auf Norbert, allerdings nahm sie sich vor, ebenfalls mit Angie zu reden. Derartige Reaktionen waren bei einem so wichtigen Einsatz wie diesem einfach nicht drin. Sweetlife kannte Angie schon sehr lange und wusste natürlich wie sensibel sie war. Innerlich fluchte sie über die Männer und mit einem leisen Fluch wandte sie sich wieder an Duncan und erzählte ihm, dass Bones und Jean wieder auf dem Schiff waren. Sie hatten sich sofort bei ihr gemeldet, weil sie die Teams nicht durch einen unnötigen Anruf in Gefahr bringen wollten. Jean und Bones hatten einige der Dragons verfolgt und zwar bis zu der Stelle im Hafen an der die Seraphim lag. War das Zufall?
Da Duncan während des Gesprächs den Lautsprecher auf seinem Handy aktiviert hatte, konnten alle mithören. Kate war erleichtert, weil sie Bones in Sicherheit wusste und Norbert fühlte sich wie der größte Esel. Natürlich war sein Drang Angie zu suchen noch größer geworden, aber Sweetlife konnte ihn davon überzeugen zu warten, bis sie sich wieder mit neuen Informationen gemeldet hatte. Nun begannen alle sich das Labor etwas genauer
anzuschauen. Aber offensichtlich war nicht viel zu sehen. Gut, der Raum hätte mal dringend eine Reinigung nötig gehabt, es stank, und dieser ekelhaft süße Moschusgeruch lag in der Luft. Ansonsten war er sehr spärlich mit zwei Tischen und drei Kühlschränken und ein paar Regalen eingerichtet. Auf einem der Tische stand ein Mikroskop und ein paar Petrischalen lagen achtlos daneben. Außerdem fanden sie einige Zettel mit Notizen in einer Schrift, die keiner lesen konnte. Angie hätte die Schrift entziffern können, und Lilli wurde schmerzhaft bewusst wie sehr ihr Angie fehlte. Die Zettel legten sie zu dem Rechner, den sie ebenfalls später untersuchen wollten.
Auf dem anderen Tisch standen Reagenzgläser in verschiedenen Größen und mit unterschiedlichen Flüssigkeiten, ein Bunsenbrenner, der noch warm war, und verschiedene Werkzeuge, wie Pinzetten, Skalpelle, Zangen und Hebelstangen.
In einer Ecke des Raumes standen die ca. 2 Meter hohen drei Kühlschränke.
Gavin und Fernando öffneten sie und schauten sich den Inhalt an.
In dem ersten befanden sich Getränke wie Coke und Wasser. In dem zweiten waren wieder Reagenzgläser und weitere Petrischalen.
Als die beiden den dritten Kühlschrank öffneten, stockte ihnen kurz der Atem, und sie wichen einen Schritt zurück.
Die Reaktion blieb den anderen nicht verborgen und kamen alle um zu sehen, was sich in dem Kühlschrank befand. Sie sahen Einmachgläser mit abgetrennten Fingern, Ohren und ausgestochenen Augen. Alle Gläser waren säuberlich beschriftet. Kerstin hatte sich als erste wieder gefangen. Sie nahm eines der Gläser und las laut:

Seite 57

Dustin Hoffmann
Finger – rechts
Oktober 2007

Sie erschauerte, stellte es wieder zurück und nahm das nächste:

Arnold Schwarzenegger
Ohr – links
Januar 1999

Alle schauten sich verwundert an, keiner konnte sich einen Reim darauf machen. Statt Antworten zu finden, tauchten nur noch mehr Fragen. War es möglich, dass die Dragons den Gouverneur von Kalifornien geklont hatten und sich bereits an Schauspieler heranmachten?
Plötzlich meldete sich Duncans Handy. Sweetlife gab eine Warnung durch, dass der Hurrikan nun unmittelbar bevorstand. Und da hörten sie auch schon ein leises Pfeifen. das ganz langsam lauter wurde. Es konnte jetzt nicht mehr lange dauern, bis der Hurrikan seinen Höhepunkt erreicht hatte.
Doc, Lucy und Lilli untersuchten den Raum weiter und machten eine interessante Entdeckung.

Im hinteren Teil des Labors fanden sie eine verborgene Tür. Die Tür war hinter einer Wandverkleidung versteckt. Bei der überstürzten Abreise der Dragons hatte wohl jemand die Verkleidung nicht ganz einrasten lassen, und so stand sie ein Stück hervor. Dadurch fanden die Mädels die Panzertür, die sich dahinter verbarg. „Hey Leute! Wir haben da was gefunden!†œ rief Doc, während Lucy und Lilli bereits ihre Geräte anschlossen, um die Tür zu öffnen. Norbert und Tim blieben zur Sicherheit am vorderen Eingang. Alle anderen eilten in den hinteren Teil des Labors. Die beiden Hightech-Ladys waren wieder mal blitzschnell, und so knackte das Schloss bereits, als die anderen bei ihnen ankamen. „Vorsicht! Ganz langsam, wir wissen nicht was dahinter ist. Lilli, Lucy macht mal Platz!†œ, sagte Duncan, der seine schussbereite Waffe auf die Tür richtete. Die Ladys räumten ihre Geräte weg und machten Platz. Doc und Bowen hatten sich mittlerweile auch mit gezogenen Waffen in Position gebracht. Fernando, der auch seine Waffe im Anschlag hatte, näherte sich der Tür. Er blickte zu den anderen drei, nickte kurz und stieß dann mit einem Ruck die Tür auf. Die vier stürzten in einen Gang, der mit kleinen Lampen etwas ausgeleuchtet war. Am anderen Ende kamen sie in einen weiteren Raum. Mehrere kleine Türen waren dort in der Wand eingelassen. In der Mitte standen, ziemlich durcheinander geraten, zwei Seziertische und zwei kleinere Tische mit allen möglichen medizinischen Geräten. „Hier sieht es ja aus wie in der Gerichtsmedizin†œ, sagte Kerstin und war bereits auf dem Weg zu den Gefrierfächern in der Wand. „Ob da wohl noch was drin ist?†œ Kerstin öffnete bereits zwei der Türen, aber alle Fächer waren leer. Duncan und Fernando standen am anderen Ende des Raumes vor einer doppelten Glastür, die zu einer Laderampe führte. „Die Drachen sind wohl alle schon ausgeflogen und haben ihre Spielzeuge mitgenommen. Wir sind etwas zu spät gekommen†œ, sagte Duncan und zeigte auf vier leere Transportwagen, die vor der Tür standen. „Die können aber noch nicht weit gekommen sein bei diesem Sturm†œ, meinte Fernando.

Seite 58

„Vielleicht waren es die Dragons, die Jean und Bones verfolgt haben. Wir müssen sehen, dass wir so schnell wie möglich alles einpacken und zurück zum Schiff kommen.†œ
Da betrat Lilli mit grimmiger Miene den Raum: „Ihr könnt ja zurück zum Schiff. Ich werde Angie suchen!†œ Alle Köpfe drehten sich zu Lilli. „Das kommt bei diesem Hurrikan überhaupt nicht in Frage. Wir warten bis Sweetlife sich meldet, ob sie Angies Handy orten konnte. Basta!†œ, blaffte Duncan Lilli regelrecht an. Lilli stemmte ihre Hände in die Hüften, fing dabei an zu glühen und funkelte Duncan bitterböse an. Die Mädels, die genau wussten, was jetzt kommen würde, zogen die Köpfe ein. Lilli sog scharf die Luft ein: „ Ich gehöre nicht zu deiner beknackten Bruderschaft, du kannst mir überhaupt nichts befehlen. Angie ist mir wichtiger als mein Leben. Ich werde sie suchen, und davon kann mich keiner abhalten. Weder du noch der Hurrikan. Wenn sie einer finden kann, dann bin ich das!†œ, spuckte sie Duncan entgegen. Sie bebte am ganzen Körper und strahlte jetzt giftgrün. Duncan stand mit offenem Mund vor ihr, was war das denn jetzt für ein Auftritt? Fernando stellte sich direkt vor Lilli und meinte: †œIch komme mit! Dagegen kannst du nichts machen!†œ „Na gut, wenn du es dir zutraust†œ, sagte Lilli und drehte sich in Richtung Ausgang. „Moment mal ihr Beiden. Nehmt wenigstens jeder einen GPS-Sender mit, damit wir wissen wo ihr seid†œ, sagte Duncan, der sich wieder gefasst hatte. Alle entspannten sich wieder. Lucy lächelte: „Duncan, nimm´s leicht, du bist nicht der Erste dem das widerfährt. Waldelfen haben einen Dickschädel, der seinesgleichen sucht.†œ
Lucy ging zu Fernando und Lilli, um ihnen die GPS-Sender zu geben. Sie beugte sich vor an Lillis Ohr. „Offiziell mache ich mir ja keine Sorgen, aber pass auf dich auf, du bist doch meine Lieblingselfe.†œ Sie ließ kurz ihre Barthaare ausfahren und kitzelte damit über Lillis Ohrspitze. Diese lächelte Lucy an: „ Ja ich weiß. Ich liebe dich ja auch, mein Schmusekätzchen.†œ Da klingelte Duncans Handy: „ Hallo Leute. Hier ist Sweetlife. Wir haben ein schwaches Signal aufgefangen. Es könnte Angies Handy sein. Es ist, von eurem jetzigen Standort in südöstlicher Richtung.†œ „Okay, danke Sweetlife. Bis später.†œ Duncan blickte zu Fernando und Lilli: „ Ihr habt es gehört. Also los und seid vorsichtig!†œ Lilli drehte sich noch zu Norbert: „Wir werden sie finden, das verspreche ich dir. Dann kannst du dich in aller Ruhe bei ihr entschuldigen und dich mit ihr aussprechen, ich glaube das ist bitter nötig.†œ Als die Beiden zum Ausgang gingen, hörten sie noch, wie Duncan Anweisungen, zum bevorstehenden Abmarsch, gab.
Draußen war es fast windstill. „Wir sind jetzt genau im Auge des Hurrikan. Das gibt uns etwas Luft, um nach Angie zu suchen. Aber lange hält das nicht an, wir müssen uns beeilen†œ, sagte Fernando und rannte in südöstliche Richtung. Lilli rannte ihm hinterher, die Augen auf das ungefähre Ziel fixiert, und die Ohren gespitzt. Es dauerte nicht lange und sie hatten Angies Handy gefunden. Aber von ihr fehlte jede Spur. Lilli legte ihre Hände wieder auf einen in der Nähe stehenden Baum. Der Wind frischte merklich auf. „Es geht wieder los.†œ „Ja, ich merke es auch. Fernando, sieh dich doch schon mal nach einem geeigneten Unterschlupf um. Ich setze meine Kräfte ein und suche weiter nach Angie.†œ
Fernando entfernte sich und suchte nach einem geeigneten Platz. Währenddessen schloss Lilli ihre Augen und konzentrierte sich ganz auf die Schwingungen der Bäume und des Erdbodens. Der Sturm frischte immer mehr auf und wurde immer stärker und gefährlicher. Aber Lilli bemerkte das nicht, sie war ganz in ihre Suche vertieft. Sie nahm ihre Umgebung überhaupt nicht mehr wahr. Plötzlich wurde sie brutal von dem Baum weggezerrt, sie riss die Augen auf und sah gerade noch einen riesigen Ast an sich vorüber fliegen. Bevor sie sich wehren konnte lag sie in einem riesigen Grabmal, unter sich Fernando. „Tut mir leid, es blieb mir keine Zeit mehr, dich zu warnen.†œ „Schon gut. Das war ja ganz schön knapp. Vielen Dank†œ, sagte Lilli, während sie umständlich von Fernando herunterkrabbelte. Fernando setzte sich an die Rückwand der Grabkammer. „Und, hattest du Erfolg?†œ „Fast. Ich habe Angie aufspüren können. Aber es gibt da ein kleines Problem. Sie ist unter der Erde.†œ „Wie, ist sie begraben worden?†œ „Nein, sie ist in Bewegung. Sie muss in einem unterirdischen Raum gefangen sein.

Seite 59

Aber den genauen Standort konnte ich nicht mehr bestimmen, und jetzt sitzen wir hier erst einmal fest. Aber die Hauptsache ist, dass sie lebt und nicht dem Hurrikan ausgesetzt ist. Ich melde es gleich mal den anderen.†œ Lilli ließ sich auf den Boden plumpsen und zückte ihr Handy. Als sie mit dem Telefonieren fertig war, umschlang ein starker Arm ihre Hüfte und zog sie nach hinten. Dass Fernando sie zu sich zog, war ihr gar nicht unangenehm und sie ließ ihren Kopf an seine Brust sinken. Sie sehnte sich danach, sich etwas fallen zu lassen. Nach der ständigen Anspannung der letzten Stunden, konnte sie das gebrauchen. „Willst du mir nicht ein wenig von dir erzählen?†œ, fragte Fernando und strich ihr sanft mit den Fingern über den Nacken. Lilli lief ein angenehmer Schauer über den Rücken, sie drehte ihren Kopf etwas zur Seite und sah lächelnd zurück zu Fernando. „Wir werden hier wohl eine ganze Zeit festsitzen. Was willst du denn wissen?†œ…

„Lilli schickt uns eine Nachricht. Sie sitzen in einem der Gräber fest†œ, teilte ihnen Lucy mit. „Wir sollen uns nicht um sie sorgen, sie melden sich wieder, sobald sich der Sturm gelegt hat. Bisher haben sie nur Angies Handy gefunden. Sie muss irgendwo unter der Erde sein, aber sie ist am Leben.†œ
In der Zwischenzeit hatte die Gruppe um Duncan alle Gerätschaften und Waffen zusammengepackt. Das Labor barg keine Geheimnisse mehr, alles wurde genauestens durchsucht und geprüft. Die Einmachgläser mit den abgetrennten Körperteilen vieler Berühmtheiten waren sorgfältig in den Rucksäcken verstaut, damit eine genauere Untersuchung auf dem Schiff erfolgen konnte. Sie machten sich auch nicht die Mühe ihr Eindringen zu verbergen und die Spuren zu beseitigen. Sollten die Dragons ruhig wissen, dass sie hier gewesen waren. Eigentlich hatte Duncan vorgehabt, den ganzen Komplex in die Luft zu sprengen, aber Norbert war entschieden dagegen. Angie musste sich ja hier irgendwo in der Nähe aufhalten und ein Risiko sie bei der Explosion zu verletzen, wollte er auf keinen Fall eingehen. Er hatte kein gutes Gefühl, seine Angie hier zurück zu lassen, aber er vertraute auf die Fähigkeiten von Lilli und Fernando.
„Lucy, komm, wir müssen los†œ, rief ihr Gavin zu. „Ja, gleich, ich muss hier nur noch meine Mikro-Kamera aktivieren. Falls sie das Labor wieder benutzen sollten oder sich sonst hier irgendwas tut, bekomme ich das Signal direkt auf mein Handy.†œ Lucy folgte den anderen hinaus, wo der Hurrikan inzwischen tobte. Dicht aneinander gedrängt machten sie sich auf den Rückweg. Der Wind peitschte ihnen um die Ohren, der Regen fühlte sich wie tausend Nadelstiche auf der Haut an. Das Tosen war so laut, dass jede Unterhaltung unmöglich war. Nur ihrem ausgeprägten Orientierungssinn hatten sie es zu verdanken, dass sie sich nicht verliefen. Bis auf die Haut durchnässt erreichten sie die Boote, die wie durch ein Wunder noch unbeschädigt waren. „Ah, Angies Schutzzauber hat dem Hurrikan standgehalten†œ, bemerkte Kerstin mit einem Lächeln im Gesicht. Aus den Augenwinkeln sah sie wie Norbert beim Erwähnen von Angies Namen zusammenzuckte. Er kam fast um vor Angst und Sorge. Und Zorn. Zorn darüber, dass er es überhaupt so weit hat kommen lassen. Zorn, dass er nicht helfen konnte. Wenn Angie etwas passieren sollte, würde er sich das nie verzeihen. Gleichzeitig reifte aber auch der Plan in seinem Kopf, wie er Angie dazu bringen könnte ihm zu verzeihen. Warum war er auch nur so ein Hornochse? „He Norbert, wach auf, wir brauchen hier jede Hand, sonst schaffen wir es nicht†œ, rief Duncan ihm ungeduldig zu. Sie teilten sich auf die Boote auf, ließen aber ein Boot für Angie, Lilli und Fernando zurück. Doc, die sich mit Bowen, Kate und Norbert bereits im ersten Boot befand, stand am Bug mit weit ausgebreiteten Armen der offenen See zugewandt.

Seite 60

Leise murmelte sie beschwörende Worte in einer fremd klingenden Sprache und tatsächlich, die See beruhigte sich. Sie spürte die bewundernden Blicke von Bowen auf sich und lächelte still in sich hinein. Schweigend fuhren sie zur Seraphin zurück. Jean und Bones warteten bereits an der Reeling auf sie und halfen ihnen an Bord zu gelangen. Die Boote zu verstauen dauerte nur ein paar Minuten, kein Handgriff war zu viel. Bones zog Kate in seine Arme und begrüßte sie mit einem innigen Kuss, bis der Boden unter ihnen schwankte. Oder war das doch der Hurrikan? Eine Hand um ihre schmale Taille gelegt zog er sie in Richtung der Kabinen, um mit ihr das Wiedersehen zu feiern. Auch Kerstin und Tim hatten es auf einmal eilig aus den nassen Sachen zu kommen. Gavin wärmte Lucy bereits mit seinem Feuer, so dass Dampfwolken von ihren Kleidern aufstiegen. Duncan eilte unverzüglich zur Brücke, gefolgt von Norbert, wo sie sich von Jean einen kurzen Bericht über das inzwischen Vorgefallene geben ließen. Sweetlife war in der Zwischenzeit nicht untätig geblieben, sie hatte eine riesige Entdeckung gemacht …

…Langsam durchmaß ich den Raum, immer drei Schritte vor, Drehung an der Wand und wieder drei Schritte zurück, dabei betrachtete ich nachdenklich meinen Ring.
Warum hatte er mir den Ring wieder zurück gegeben? Woher wusste er, dass es meiner war? Dann betrachtete ich die kleine Fackel, die er da gelassen hatte. Warum das alles? Merkwürdig! Die kleine Öffnung war leider nicht der Fluchtweg, den ich mir erhofft hatte. Nach ca. zwei Metern versperrte ein stabiles Stahlgitter jegliches Weiterkommen. Und wo war diese Geheimtür hin, durch die er reingekommen war? So ein Mist!
Wieder an der Wand angekommen, steckte ich mir ganz in Gedanken den Ring wieder an und befand mich Sekunden später auf dem Boden wieder! Ups, was war das denn? Ein ungewöhnliches Kribbeln erfasste meinen ganzen Körper, weichte meine Knochen auf und ließ meine Muskel schrumpfen. Und auch das Messer, das noch vor kurzem in meinem Kopf gestochert hatte, war wieder da! Ich fühlte, wie meine ganze Kraft und Energie von irgendetwas aufgesaugt wurde. Dazu noch diese wahnsinnigen Kopfschmerzen. Ich kam mir so hilflos wie ein Baby vor. Oh mein Gott, was geschah mit mir? Ich krümmte mich zusammen und umfasste meinen Kopf. Vor lauter Schmerzen schloss ich meine Augen. Draußen musste jetzt die Hölle los sein, und wenn meine Schwestern mich jetzt suchten, nicht auszudenken, was ihnen dabei alles passieren konnte! Denn ich wusste, dass sie mich niemals hier alleine lassen würden. Mir stiegen Tränen in die Augen. Und dann schob sich ein Gesicht vor meine Gedanken, ein liebes Gesicht mit wunderschönen Augen, Norbert! Würde er auch nach mir suchen, obwohl ich mich so dämlich verhalten hatte? Ich mochte Jean ja ganz gerne, aber eben nur als guten Freund. Mit Norbert war das was ganz anderes, das ging viel tiefer, ob ich nun wollte oder nicht. Durch mein blödes Verhalten hatte ich sie alle in große Gefahr gebracht. Wenn ihnen etwas passierte, war alles meine Schuld! Oh mein Gott, es tat mir alles so unendlich leid!
Meine letzten Gedanken galten Norbert, wie gerne würde ich noch einmal seine Arme um mich spüren, seinen Duft einatmen, ihn küssen… dann wurde es wieder schwarz um mich.
Ich kam erst wieder zu mir, als die Tür mit einem lauten Knall aufsprang. Ich konnte mich nicht bewegen und öffnete meine Augen mühsam einen Spalt. Oh, da war ja Mr. Monster wieder! „Na, meine Süße, hast es wohl kaum ausgehalten vor Sehnsucht nach mir, was?“, rief er laut und schickte noch ein heiseres, widerliches Lachen hinterher. Doch als er mich dort liegen sah, hörte ich ihn leise in einer fremden Sprache fluchen. Schnell schloss er die Tür, vor der immer noch die beiden Wachen standen. Blitzschnell kauerte er sich direkt vor mich hin und musterte mich mit seinen grünen Augen. Vorsichtig und sehr sanft strich er mir mit seinen klauenartigen Händen die Haare aus meinem Gesicht. Was war das denn jetzt?

Copyright © BD Sisterhood

Fortsetzung: Black Dagger Ladies Online – Zurück an Bord

Black Dagger Ladies Online †“ New Orleans [Kapitel 4]

Black Dagger Ladies Online

New Orleans
Kapitel 4

New Orleans

Er wusste, dass die Gefühle, die sie für einander empfanden, nicht richtig waren. Was wird nach ihrer Ankunft in New Orleans passieren, werden sich dort ihre Wege für immer trennen?
Als Kerstin kurze Zeit später zusammen mit Tim ihre Kabine verließ, lief Lilli ihnen über den Weg. Lilli setzte ihr berühmtes Lausbubenlächeln auf: „Na, ihr beiden, Henkersmahlzeit?“ Kerstin bekam ein wenig rote Ohren und Tim ließ ein breites Grinsen erstrahlen: „Und ihr habt ein wenig gezündelt?“ Jetzt bekam Lilli leicht rosafarbene Bäckchen: „Ja, aber jetzt ist wieder alles unter Kontrolle. Wir hatten, beim Basteln, ein paar Schaltkreise überhitzt. Wir wissen jetzt wo der Fehler war, Lucy und Gavin sind im Rechenzentrum schwer damit beschäftigt. Wenn sie fertig sind, haben wir unsere Kapazität vervierfacht!†œ
„Und, wohin willst du so schnell?“ „Ich muss zu Duncan in die Computerzentrale. Sweetlife und Eric haben uns Funkbilder von den Dragons, die nach New Orleans aufgebrochen sind, geschickt. Wir haben sie durch unsere Suchprogramme laufen lassen, und anscheinend haben wir ein paar Treffer gelandet. Ich muss los, Duncan wartet! Bis später.“ Und schon eilte Lilli davon.
Duncan erwartete sie an der Tür. „Hallo Duncan, konnten wir alle identifizieren?“, fragte Lilli. „Nicht ganz, aber acht von zehn haben wir schon. Aber das ist jetzt nebensächlich. Du hast nämlich einen Hammertreffer gelandet.“ Duncan lachte über Lillis erstaunten Gesichtsausdruck und zog sie in die Zentrale. Der Raum hatte gigantische Ausmaße und beherbergte mehrere Großrechner, die sich hinter einer riesigen Glaswand befanden. Vor der Glaswand standen mehrere Computerbildschirme, über die fortlaufend Fahndungsfotos und Datensätze liefen. In der Mitte des Raumes stand ein riesiger Konferenztisch, ebenfalls aus Glas, der an vier Plätzen zusätzlich mit Touchscreen-Flächen versehen war. An der Wand gegenüber der Tür hing ein riesiger Bildschirm, auf dem im Moment nur ein Flimmern zu sehen war.
Duncan setzte Lilli an die Stirnseite des Konferenztisches, zog sich einen Bürostuhl herbei und ließ sich, neben sie, auf den Stuhl plumpsen. Sein Gesicht strahlte, wie das der Kinder wenn sie vorm Weihnachtsbaum standen. Lilli sah ihn erstaunt an: „Ja, und, was ist nun der Hammer?“ Duncan drehte sich zum Tisch und tippte auf einem der Touchscreen herum, immer noch dieses Dauergrinsen im Gesicht. Auf dem riesigen Bildschirm erschien sofort ein gestochen scharfes Bild von einem Friedhof. Lilli starrte auf den Bildschirm, dann sprang sie jauchzend vom Stuhl, beide Hände zu Fäusten geballt:†œ Ja, ja, ja, ja. Ich bin ja so geil!†œ Duncan sah ihr lächelnd zu „Herzlichen Glückwunsch! Hochachtung, ich hätte nie gedacht, dass du den NASA-Satelliten knacken könntest. Aber du hast es tatsächlich geschafft.“ Lilli ließ sich auf ihren Stuhl fallen, atmete erleichtert und zufrieden aus. „Und, was haben wir auf den Bildern?“ „Dafür, dass wir uns die halbe Nacht um die Ohren geschlagen haben, werden wir fürstlich belohnt. Wir haben phantastische Bilder von der ganzen Anlage. Wir konnten schon zwei versteckte Ein- und Ausgänge erkennen. Und die Verteidigungsanlagen haben wir auch schon analysiert. Wenn uns die NASA nicht rauswirft, können wir unseren Einsatz chirurgisch genau planen! Das ist einfach genial! Danke Lilli!“ Duncan sprang auf, riss Lilli von ihrem Stuhl und drückte ihr einen dicken Kuss auf den Mund. Lilli hatte ihre Arme abwehrend vor die Brust gezogen, sie bog den Kopf etwas zurück und räusperte sich verlegen.
„Oh, entschuldige!“ Duncan setzte sie sofort wieder auf den Boden ab, trat einen Schritt zurück und schaute schuldbewusst auf den Boden. Der Hüne von 2 Metern stand vor Lilli wie ein Schuljunge, der etwas ausgefressen hatte. Bei diesem Anblick musste sie laut loslachen.

Seite 38

„Entschuldigung angenommen, ich bin nur etwas erschrocken! Wegen der NASA müssen wir uns keine Gedanken machen. Ich habe mein Signal so gut versteckt, die merken gar nicht, dass wir mit von der Partie sind.“ „Gut, machen wir uns auf den Weg zur Besprechung, mal hören, was es sonst noch Neues gibt.“ Duncan, wieder ganz gelöst, legte eine Hand in Lillis Rücken und führte sie galant zur Tür hinaus.
Die beiden bogen gerade um die nächste Ecke, als Fernando mit Doc aus seinem Arztzimmer kam. „Seid ihr auf dem Weg zur Lagebesprechung?“, fragte Doc, „da schließen wir uns doch an.“ Doc hakte sich bei Duncan unter: „Na, ihr Feuerwerker, habt ihr uns was Spannendes zu berichten?“ „Ja, Lilli hat es geschafft, den NASA-Satelliten…“, und schon waren die beiden in ein Gespräch vertieft.
Während Fernando neben Lilli herlief, betrachtete diese, sehr interessiert, das nicht vorhandene Muster auf dem Boden. Fernando blieb abrupt stehen, nahm entschlossen Lillis Hand und zog sie zu sich zurück. „Ich habe dich gesucht, nachdem du von der Party verschwunden bist. „Oh, ich war mit Lucy, Gavin und Duncan die ganze Nacht im Computerraum. Wir hatten verschiedene Sachen an den Computern vorzunehmen. Das war eine langwierige Sache.“ „Ich wollte mit dir reden. Ich wollte über uns reden!“ Lilli machte sich von Fernando los, verschränkte bockig ihre Arme vor der Brust und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand. „Es gibt kein uns! Ich habe dir doch gesagt, dass ich nur ein Abenteuer wollte und den habe ich bekommen. Ende der Geschichte!“, sagte sie trotzig. Fernando stand blitzschnell vor ihr und stemmte seine Arme links und rechts neben Lilli gegen die Wand, damit sie ihm nicht entkommen konnte. „Das ist nicht wahr, Lilli!“, schleuderte er ihr ins Gesicht. „Du empfindest etwas für mich. Deine schönen Augen verraten Dich“, sagte er etwas sanfter. „Warum wehrst du dich so dagegen? Auch ich bin dabei mich in dich zu verlieben. Lass es doch einfach geschehen. Lass uns zusammen erleben, wo das hinführt.“ Lilli sah Fernando an, sie rang sichtlich mit sich. „Ich kann das nicht. Ich darf das nicht!“, stieß sie gequält hervor. „Wenn ich noch jemanden verliere, der mir etwas bedeute…“, flüsterte sie dann und senkte ihren Blick auf den Boden. Fernando legte eine Hand unter ihr Kinn und zwang sie zärtlich, ihn wieder anzusehen. „Also bedeute ich dir etwas.“ Lilli schloss die Augen, aus denen jetzt Tränen tropften und hauchte ein kaum zu hörendes Ja. Fernando nahm sie fest in seine Arme und vergrub sein Gesicht in ihrem Strubbelhaar. „Lilli, du kannst dich auf mich verlassen. Du wirst mich nicht verlieren. Ich habe jetzt schon fast 250 Jahre auf dem Buckel und es werden ganz sicher noch einige dazu kommen.“
Lilli löste sich von ihm und fing an zu lachen. Fernando lächelte sie etwas verunsichert an. „Habe ich einen Witz gemacht, ohne es zu merken?“ Lilli gluckste: „Da bin ich ja hundert Jahre älter, als du. Willst du überhaupt eine Oma haben?“ „Da habe ich wohl was nicht mitbekommen. Wieso hundert Jahre älter?“ Lilli setzte wieder ihr Lausbubengesicht auf und strich mit den Händen ihre Haare an den Ohren zur Seite. Es wurden zwei süße, spitze Öhrchen sichtbar. „Ich bin eine Waldelfe und vor fünf Wochen, feierte ich meinen 343sten Geburtstag. Na, bin ich dir jetzt zu alt?“ Fernando strich, etwas ungläubig, mit den Fingern über Lillis Ohren und meinte dann belustigt: „Hammer, und ich dachte wir Ordensbrüder seien ein schräger Haufen. Aber ihr Mädels stellt ja wohl Alles in den Schatten. Was kommt denn da noch zum Vorschein?“ „Das wirst du noch früh genug erfahren. Aber jetzt müssen wir zur Besprechung. Die werden schon alle auf uns warten.“ Lilli fasste Fernandos Hand und zog ihn lachend Richtung Brücke.
Direkt hinter der Schiffsbrücke lag ein großer Konferenzraum. Er war vollgestopft mit Flipcharts, an denen Satellitenbilder hingen und in der Mitte stand der gleiche riesige Glastisch, wie im Computerraum. Natürlich waren schon alle versammelt. Duncan sah ihnen mürrisch entgegen und brummte: „So, seid ihr auch endlich mal da. Dann können wir ja anfangen!“
Ich blickte von den Unterlagen, die vor mir lagen auf, Fernando lächelte mich an und zwinkerte mir zu. Da schaute ich zu Lilli. Ich bemerkte das leichte Leuchten, das die Waldelfen manchmal ausstrahlten.

Seite 39

Endlich war es jemandem gelungen ihre Mauern einzureißen. Sie war wieder glücklich und zuversichtlich. Sie war wieder meine Lilli, so, wie ich sie kannte.
„Nun Leute, es geht los!“, rief Duncan. „Bones!“
Bones erhob sich: „Die Seraphim macht weiterhin gute Fahrt und der Wetterbericht ist auch ausgezeichnet. Wir legen also heute Abend gegen 21.00 Uhr, Ortszeit, in New Orleans an.“
„Danke, Bones.“ „Wir haben also noch genügend Zeit, um unsere Operation genau zu planen und vorzubereiten. Lucy und Gavin haben unsere Rechner auf Vordermann gebracht, und Lilli konnte uns Zugang zu einem Satelliten der NASA verschaffen. Dadurch haben wir optimales Bildmaterial von unserem Einsatzort. Kate, konntest du dir schon ein Bild von den Sicherheitstüren an den Ein- und Ausgängen machen?“ Kate sprang auf. „Es ist das selbe System wie an eurer vermeintlichen Gruft – also dem Lagerraum mit den Doppelgängersärgen. Es dürfte für Lucy und Lilli kein Problem sein, die Türen zu öffnen. Allerdings sind vor den Türen Laserschranken installiert, die sich fortlaufend bewegen. Die müssen zuerst deaktiviert werden. Leider ist das von Außen nicht möglich. Aber Tim und Kerstin haben sich mit dem Problem schon befasst.†œ
„Kerstin, Tim wie sieht es aus?“ Tim stand auf und lief zu einer der Flipcharts. Er deutete auf ein Bild. „Also hier ist der Zugang, um den wir uns kümmern. Kerstin und ich haben uns die Bewegungen der Laser genau betrachtet. Lucy hat die Satellitenaufnahme auf den Computer übertragen und uns ein Programm erstellt, mit dem wir die Laser im Trainingsraum simulieren können. Kerstin hat schon angefangen, eine Choreografie einzustudieren. Damit bewegt sie sich durch die Laser. Wenn sie durch ist, lenkt sie mit Spiegeln die Strahlen ab. Dann können Lucy und Lilli sich die Tür vornehmen.“ Tim bewegte sich zum nächsten Bord, auf dem ein Bild des anderen Eingangs zu sehen war. „Dieser Zugang befindet sich im hinteren Bereich des Friedhofes. Wie ihr sehen könnt, ist dort ein dichtes Waldgebiet. Angie, Norbert, Kate und Fernando legen sich dort auf die Lauer und fangen alles ab, was aus diesem Zugang flüchten will. Bowen, Doc und Fernando haben inzwischen alle Waffen und unsere Munition mit Docs spezieller Legierung modifiziert. Also können wir unsere Gegner ohne Mühe kampfunfähig machen und festsetzen. Um die Verteidigungsanlagen hat sich Jean gekümmert.“
Tim setzte sich wieder auf seinen Platz neben Kerstin. Nun erhob sich Jean, der neben mir Platz genommen hatte. Ich war ein wenig erleichtert, denn auf meiner anderen Seite lümmelte sich Norbert auf seinem Stuhl herum und warf immer wieder giftige Blicke in Richtung Jean. Was zur Folge hatte, dass ich mich nicht gerade wohl zwischen den beiden fühlte. Jean stellte sich jetzt auch vor die Satellitenbilder. „Durch die Bilder von Sweetlife und Eric konnten wir alle Dragons, die wir in New Orleans antreffen werden, identifizieren. Sie gehören allesamt der Red Dragon Eliteeinheit an und sind absolut hervorragend ausgebildete Kämpfer, die sich sowohl mit allen möglichen Waffen, als auch im Nahkampf sehr gut auskennen. Bowen und ich gehen davon aus, dass sich jeweils drei oder vier von ihnen in den beiden Verteidigungsgräben verschanzen werden. Unsere Verbindungsleute vor Ort haben herausgefunden, dass die Dragons über vier Granatwerfer und jede Menge AK-47 Sturmgewehre verfügen. Sie verwenden ausschließlich Stahlmantelgeschosse mit einer speziellen Silberlegierung, was für die Wölfe unter uns ein größeres Problem darstellen dürfte. Doc und Bowen haben da aber etwas ausgeklügelt, das uns eine große Hilfe sein dürfte. Die Beiden haben spezielle Blasrohre angefertigt und die Pfeile mit der Speziallegierung von Doc präpariert. Damit dürften wir die meisten aus sicherer Entfernung betäuben können. Sobald Doc ihre Pfeile verschossen hat, gehen Bowen, Tim, Bones, Duncan und ich gegen die Übriggebliebenen vor. Wenn wir die Gräben ausgehoben haben, können Kerstin, Lilli und Lucy an ihre Arbeit gehen. Was wir allerdings im Inneren des Bunkers vorfinden werden, ist unsicher. Ab dem Zeitpunkt, an dem wir in den Bunker eindringen, müssen wir improvisieren. Aber das können wir ja auch perfekt.“

Seite 40

Jean blieb stehen und sah zu Duncan, der erhob sich: „Ich danke euch allen für eure Vorbereitungen und Erläuterungen. Sehr gute Arbeit! Bones, setze dich bitte mit unseren Leuten in New Orleans in Verbindung und teile ihnen unsere Pläne mit und wann wir anlegen. Kate, kannst du bitte noch zusammenstellen, was wir an Transportmitteln, für unsere Ausrüstung brauchen, damit diese dann auch zur Verfügung stehen?“ Kate nickte Duncan zu und verließ mit Bones den Raum.
„So, Leute, trotz guter Vorarbeit haben wir noch Einiges zu tun, bis wir heute Abend an unserem Zielort ankommen. Also los an die Arbeit!“ Alle machten sich voller Tatendrang auf den Weg. Kerstin und Tim, die für das Meeting ihre Übungen unterbrochen hatten, gingen wieder in den Trainingsraum, um weiter mit den Lasern zu tanzen. Doc und Fernando verschwanden in der medizinischen Abteilung und stellten ihre Notfallausrüstung zusammen. Bowen, Norbert, Jean und ich kümmerten uns um unser Waffenarsenal. Lucy, Lilli und Gavin waren auch schon wieder bei ihren Computern und Bildschirmen, um die Bewegungen auf den Satellitenbildern zu überwachen. Duncan ging zu Kate und Bones, um noch letzte Anweisungen nach New Orleans durch zugeben. Es herrschte ein reges Treiben an Bord und eine kribbelnde Anspannung legte sich über das ganze Schiff. Wir alle waren heiß auf den Kampf!
Lilli, Lucy und Gavin arbeiteten eine Weile schweigend jeder für sich an den Computern. Gavin brach als Erster das Schweigen. „Wie sieht es mit den Firewalls aus Lilli? Und hast du unsere Spuren gut verwischt?“ Lilli blickte vom Bildschirm auf, runzelte ein wenig die Stirn und sagte: „Natürlich, alles paletti, ich habe die neuste Kasperski Sicherheitssoftware ein wenig überarbeitet. Da waren mir noch zu viele Lücken. Aber jetzt ist alles dicht.“ „Du hast Kasperski geknackt? Wow, nicht schlecht.“ „Außerdem hat Lucy die Intrusion-Detection-System-Module so modifiziert, dass wir jeden, der bei uns rein will, zurück verfolgen und lokalisieren können. So entkommt uns keiner!†œ, sagte Lilli und bedachte Lucy mit einem anerkennenden Blick. Lilli und Lucy waren sichtlich stolz auf die bisherigen Sicherheitsvorkehrungen. Lilli konnte ein Gähnen nicht unterdrücken und räkelte sich auf ihrem Stuhl.
„Hey Lilli, du hast echt tolle Arbeit abgeliefert, ruh´ dich doch noch ein bisschen aus, Gavin und ich halten so lange die Stellung, ok?“ „Danke Lucy, das ist wirklich nett von euch, ich hab eine Runde Schlaf dringend nötig“, antwortete Lilli, zwinkerte Lucy zu und verschwand auch schon durch die Tür. Gavin und Lucy konzentrierten sich wieder auf die Monitore, die Stille wurde nur durch das Klicken der Tastaturen unterbrochen.
Lucy hatte noch nie in einem voll ausgerüsteten Elektronik-Labor wie diesem gearbeitet. Der Boden war stahlgrau gefliest, und die blassgrün gestrichenen Wände waren mit unzähligen Bildschirmen bedeckt. Ein halbes Dutzend leicht getönter Oberlichter ließen gerade so viel Tageslicht und Wärme in den Raum, dass keines der empfindlichen Geräte Schaden nahm. Und die Geräte waren derart rattenscharf, dass man sich wahrscheinlich regelrecht an ihnen schnitt. Es gab Daten- und Kommunikationszentren, einschließlich eines RX-5000K, der bisher noch gar nicht auf dem Markt war. Er käme frühestens in einem viertel, eher in einem halben Jahr heraus. Es gab drei Virtual-Reality-Stationen, eine Simulationsröhre, ein Holographie-Gerät sowie einen interstellaren Search-and-Scan-Navigator, den Lucy nur allzu gerne einmal ausprobieren würde. Sie wand sich ihrem Bildschirm wieder zu und prüfte wie weit die Simulation gediehen war, die sie vor ein paar Stunden gestartet hatte.
„Was für schnelle Finger du doch hast“, sagte Lucy bewundernd zu Gavin. „Und sie sind immer noch nicht müde.“ Gavin trat dicht an sie heran und schob eine Hand unter ihre Bluse. „Es wird ein bisschen dauern, bis der Computer mit der Arbeit fertig ist.“ „Hast du in der Zwischenzeit etwas zu tun?“, fragte er während seine Finger an ihrer Wirbelsäule herab tänzelten. Lucy atmete zischend ein. Sie legte den Kopf ein wenig zur Seite. „Höchstens eine Sekunde.“

Seite 41

„So schnell bin nicht mal ich, aber für den Anfang …†œÂ  „Hallo. Geh´ und leg dich auch ein wenig hin, du musst total erledigt sein.“ „Nein, mir geht es prima, vielen Dank. Und außerdem brauch´ ich nicht so viel Schlaf“, sagte Lucy und leckte sich über die Hand. „Äh, was war das denn?“ „Oh, das?“ Erneut strich ihre Zunge über ihren Handrücken „Das machen Katzen halt manchmal.“ „Katzen?“ Ein paar Sekunden waren beide still. „Sag bloß, du wusstest davon nichts. Wer, denkst du, hat die ganze Zeit so schön geschnurrt?“ „Ich hätte es mir ja denken können, dass keine von euch Mädels „normal“ ist.“ „Ach, und das sagt ein Feuerelfe? Natürlich sind wir nicht normal. Wie denn auch. Wie sollten wir diesen Job ohne unsere besonderen Fähigkeiten erfolgreich erledigen? Weißt du, manche von uns sind schon sehr alt oder haben Wahnsinnskräfte, ich habe wie eine Katze sieben Leben. Na ja, nicht mehr ganz, aber wir sind alle nicht unsterblich.“ Gavin lächelte über Lucys euphorische Erklärung. „Ist ja gut, musst mich nicht gleich anfauchen.“
Plötzlich fing ein Monitor an zu piepsen und eine Nachricht blinkte auf. „Sieh mal, ich glaube, wir haben etwas gefunden. Dann lass uns den Dreckskerl mal unter die Lupe nehmen, der sich bei uns einschleichen wollte.“ Schon flogen Gavins Finger über die Tasten. Gavin arbeitete so konzentriert, dass Lucy sich kaum traute zu atmen. Mit sorgenvollem Blick schaute er zu Lucy auf. Die Luft knisterte vor Spannung. „Lucy, schau dir das an. Ich glaube, wir müssen alle sofort hierher beordern.“ „Das gibt es doch nicht. Das kann nicht sein. Das Signal kommt hier vom Schiff? Aber wer …?“ Gavin hörte schon nicht mehr zu. Er hatte bereits den stummen Alarm ausgelöst. Wer war der Eindringling? Gab es einen Verräter an Bord?
Als wir vier vor der Waffenkammer des Schiffes standen und Jean den Code für die Tür eingegeben hatte, murmelte Bowen: „Ich werde mal sehen, ob ich nicht Doc und Fernando irgendwie helfen kann. Hier werde ich im Moment sowieso nicht gebraucht, okay?“

Seite 42

Ich konnte ein Grinsen nicht unterdrücken, und wir nickten ihm zu. Er verschwand eilig in Richtung Medizinische Abteilung. Mh, ich alleine mit Norbert und Jean? Hoffentlich geht das gut, und sie fallen nicht übereinander her, nachdem ich die Blicke gesehen hatte, die sie sich gegenseitig zuwarfen. Wir betraten also den schallisolierten Raum, und ich betrachtete staunend die gut gefüllten Regale und die offenen Schränke mit den neuesten und modernsten Waffen, die der Markt derzeit zu bieten hatte. Sogar einige Bögen und Köcher mit Pfeilen hingen an den Wänden.
Doch mich interessierte nur der Schrank mit den Messern und den Wurfsternen. Ich nahm ein Messer aus der Halterung und wog es in meiner Hand. Wunderbar, es hatte genau das richtige Gewicht. Ich strich versonnen mit einem Finger über den Rücken…feinster, von Hand geschmiedeter Stahl, eine meisterliche Arbeit. Genauso gut waren die Sterne angefertigt worden. Suchend sah ich mich um und entdeckte weiter hinten den Schießstand mit den Scheiben und dem „Pappkameraden“. Ich schleuderte das Messer genau in sein Herz, wirbelte um die eigene Achse und schickte zwei Sterne hinterher. Einer traf den Pappkameraden genau zwischen die Augen, und der andere sirrte auf dem Messergriff. Jean sah mich verwundert an und sagte: „Na, dich möchte ich aber nicht zum Feind haben.“ Norbert sah nervös auf seine Armbanduhr und fragte ohne aufzublicken: „Wer möchte Kaffee? Ich glaube, ich hole uns welchen.“ Sprach`s,  und schon war er zur Tür raus. Was war das denn jetzt? Fragend sah ich Jean an, doch der zuckte nur mit den Achseln und begann mir einige der neusten Waffen zu erklären. Doch ich hörte nur mit halbem Ohr zu und blickte immer wieder zur Tür. Komisch, wo Norbert nur bleibt? Es kann doch nicht… Plötzlich fing das Licht über uns an zu flackern. Jean erstarrte und konzentrierte sich auf das mittlerweile in einen nur für ihn erkennbaren Rhythmus übergegangene Blinken. „Stummer Alarm“, flüsterte er, „wir müssen sofort in die Kommandozentrale, schnell!“ Er packte mich am Arm und zog mich mit sich. Als wir dort ankamen, waren schon alle versammelt. Nur Norbert fehlte. Doch da sah ich ihn aus dem Augenwinkel durch eine versteckte Tür in der Wand den Raum betreten. Die anderen hatten nichts bemerkt. Er setzte sich weit von mir entfernt in einen Sessel. Ich runzelte die Stirn – merkwürdig! Und wo war jetzt mein Kaffee?
Duncan stand auf und augenblicklich wurde es totenstill.
„Ich will gleich zur Sache kommen. Gavin hat ein uns allen unbekanntes Signal auf dem Monitor entdeckt, das nach draußen sendet“. Er sah uns sehr ernst an. „Ihr wisst, was das bedeutet? Wir haben einen Verräter unter uns!“ Wieder machte er eine Pause und wir Mädels sahen uns fragend an. Wir merkten, wie schwer es ihm fiel weiter zu sprechen. Er räusperte sich und sah Norbert direkt an. Ein ungutes Gefühl beschlich mich.
„Das Signal kam direkt aus deiner Kabine, Norbert! Du warst doch mit Angie und Jean in der Waffenkammer, oder nicht?“ Duncan sah mich direkt an und ich schüttelte entsetzt den Kopf. Oh mein Gott! Norbert wich meinem fragenden Blick aus und da wurde mir schlagartig alles klar! Es ist wieder passiert! Wieder hatte ich einem Verräter vertraut. Mir wurde eiskalt und ich fing an zu zittern. Etwas zersprang in mir und mir wurde übel. Ich merkte, wie mir das Blut aus dem Gesicht wich. Langsam stand ich auf. „NEIN!“, schrie ich und fühlte die entsetzten Blicke meiner Schwestern auf mir. „Oh, Angie“, flüsterte Lilli, „oh mein Gott.“ Ich konnte nicht aufhören zu schreien. Tränen schossen mir in die Augen. Endlich versagte meine Stimme und ich tastete mich rückwärts zur Tür, öffnete sie und das letzte was ich hörte, war Lillis Stimme: „Lasst sie, ich werde es euch erklären.“
Blind vor Tränen rannte ich die Gänge entlang. Immer wieder hörte ich seine Stimme in meinem Kopf: „Vertrau mir! Du kannst mir vertrauen!“ Ich hielt mir mit beiden Händen die Ohren zu und stolperte in die nächste leere Kabine, die ich finden konnte. Ich hatte keine Kraft mehr und legte mich einfach in der Dunkelheit auf den Boden.
Ich umklammerte meinen Oberkörper, und dann kam alles wieder hoch. Das, was vor einigen Jahren passiert war, als meine große Liebe mich benutzt und verraten hatte. Der Mord an Lillis Partner, all die schrecklichen Dinge.

Seite 43

Er war auch ein Vampir und sah umwerfend aus. Groß und schlank, Muskeln an der richtigen Stelle, tiefbraune Augen, schwarze Haare, und einen Charme, dem keiner widerstehen konnte. Ich war ihm sofort verfallen und er mir, so schien es, auch. Er nannte sich „Zorro“. Nur wusste ich damals nicht, dass er ein falsches Spiel mit mir spielte. Er war der Kopf einer Bande von bösartigen Vampiren, die die „Schwarze Pest“ genannt wurde. Durch mich wollte er an Informationen über unsere Sweetlife und deren Tochter Kerstin, unsere Meisterkämpferin, rankommen. Kerstins Vater ist unser Waffenmeister Wishes. Zorro wollte sie beide töten. Sweetlife ist nicht nur unsere Chefin, sie ist auch eine Halbgöttin. Ihr Vater war ein Sterblicher und ihre Mutter eine Muse. Die schwarze Pest hatte es sich zur Aufgabe gemacht, alle Halbgötter und ihre Nachkommen von der Erde verschwinden zu lassen.
Als er mir nicht die gewünschten Informationen entlocken konnte, wollte er mich umbringen. Doch Lillis Partner kam dazwischen und wurde statt meiner getötet.
Es hat sehr lange gedauert, bis wir darüber hinweggekommen waren. Sehr lange. Und nun sollte sich die ganze Geschichte wiederholen? Oh mein Gott, was habe ich denn verbrochen, dass ich immer auf den Falschen reinfalle? Ich wischte mir die Tränen ab und hoffte, dass es die letzten waren, die ich für einen Mann vergossen hatte. Zum Glück benutzte ich so gut wie nie Make-up, sonst hätte ich jetzt die schönsten Panda-Augen!
Plötzlich öffnete sich die Tür und das Licht wurde eingeschaltet. Jemand trat ein und kniete sich vor mich hin. Es war Jean. Ohne ein Wort zu sagen nahm er mich in seine starken Arme und drückte mich an seine Brust. „Hier bist du ja, alle suchen dich“, flüsterte er in mein Haar und strich mir sanft über den Rücken. „Meine Angie“, raunte er leise, als ich mich an ihn klammerte. Ich konnte jeden Trost gebrauchen, den ich kriegen konnte. Seinen warmen Lippen glitten aufreizend langsam über mein Gesicht, den Mund sparte er aus. Dann zog er mich so vorsichtig auf seinen Schoß, als ob ich zerbrechlich wäre. Er nahm mein Gesicht in seine Hände. Seine Augen musterten mich verwundert. Dann sagte er ganz leise: „Du bist wunderschön, wenn du geweint hast.“ Ja klar, dachte ich, und meine Nase besonders, die leuchtet jetzt bestimmt in einem ganz entzückenden Rot.  Mit einem lauten Stöhnen riss er sich von mir los und sah mich traurig an. „Was ist?“, fragte ich ihn leise und strich mit meinem Finger sachte über seine Unterlippe. „Ich darf das nicht tun“, sagte er verzweifelt, rückte ein Stückchen von mir ab und blickte starr auf den Boden. „Norbert ist unschuldig! Es waren diese kleinen widerlichen Ratten Don und Hack. Sie konnten sich befreien und sind in Norberts Kabine eingebrochen. Sie haben versucht, mit dem Festland Kontakt aufzunehmen. Ob es ihnen gelungen ist, wissen wir noch nicht. Norbert wollte mit dir noch einige Zeit alleine in einer der hinteren Kabinen verbringen, bevor der Kampf losgeht, und hat diese ein bisschen aufgepeppt, als er angeblich für uns den Kaffee holen ging.
Lilli hat uns gerade die Geschichte mit Zorro erzählt, da kam Bowen mit den zwei Vollpfosten im Schlepptau rein. Es tut mir so Leid, was da eben passiert ist, oder beinahe, aber ich konnte einfach nicht widerstehen.“ Ich unterbrach ihn: „Oh…oh mein Gott“, was mach ich jetzt bloß?
„Wie wäre es mit einer wohltuenden Medizin, Süße?“ Doc stand auf einmal in der Tür, ich hatte sie gar nicht kommen hören. „Ich glaub, ich geh dann mal besser“, sagte Jean und verließ die Kabine. „Ein Drink wäre mir lieber, aber vorm Einsatz trinken, ist wohl keine so gute Idee.“ „Hm, vielleicht hilft dir ja das.“ Sie streckte einen Arm raus in den Flur und zog einen ziemlich blassen Norbert hinein.

Seite 44

„Schätze, ihr habt da etwas zu besprechen, und ich glaube, Norbert wollte dir eigentlich etwas zeigen.“ Doc grinste ihr undurchsichtiges Grinsen, verließ den Raum, schloss leise die Tür hinter sich und machte sich zurück auf den Weg in die Krankenstation. Lilli und Lucy wollten sich Norberts PC genauer ansehen und herausfinden, was Don und Hack veranstaltet haben. Jean und Bones verhörten die beiden, und alle anderen gingen wieder ihren Vorbereitungen nach. Die Krankenstation war wirklich perfekt ausgestattet. Wie in einem richtigen kleinen Hospital gab es ein Krankenzimmer und einen voll funktionstüchtigen OP-Raum. In einem separaten Zimmer neben dem Behandlungsraum wurde das medizinische Equipment gelagert. Hier stand auch reichlich gefüllter Medikamentenschrank gelagert. Doc und Fernando waren fleißig dabei, jeweils eine Tasche mit dem Notwendigsten zu bestücken – Verbandsmaterial, Nähzeug und einige Phiolen mit Spezialtränken. Sie arbeiteten still nebeneinander und aus den Lautsprechern in der Decke dröhnte laute Rockmusik, Doc liebte Musik. Sie wandte sich vom Behandlungstisch ab und ging in das Nebenzimmer, um noch ein paar starke Schmerzmittel einzupacken. Da hörte sie Fernando mit jemandem sprechen. Als sie zurück in den Behandlungsraum kam, war Fernondo verschwunden, die Musik auf ein Minimum reduziert und Bowen saß auf dem Behandlungstisch in der Mitte des Raumes neben der Tasche, die Doc gerade packte. Bowen trug, wie alle anderen auch schon, seine Einsatzkleidung. Die schwarzen Lederklamotten standen ihm unheimlich gut. „Hi, Bowen. Was gibt´s? Beim Waffenpacken verletzt? Ich könnte dir ein Hello-Kitty-Pflaster anbieten.“ Sie lächelte ihn an. Er räusperte sich und wirkte verlegen. „Ich brauche ein Rezept für die Pille. Nein, im Ernst, ich wollte nur mal so vorbei schauen, dachte, ihr könntet vielleicht noch etwas Hilfe gebrauchen. Ich wollte eben schon hierher, aber da musste ich Don und Hack Vreße beim Solitär spielen unterbrechen.“ Doc lachte, dabei sah sie wirklich bezaubernd aus, sie wirkte auf Fremde eher unterkühlt, aber wenn man sie kannte, wusste man, dass sie zu der Kategorie „rauhe-Schale-weicher-Kern†œ gehörte, und in Bowens Gegenwart war sie ungewöhnlich herzlich. Sie legte das Schmerzmittel in den Koffer und erblickte darin einen schwarzen Karton mit einer schwarzen Schleife. Sie nahm ihn heraus, er war ziemlich schwer. „Mach ihn auf“, forderte Bowen sie auf. Doc löste die Schleife, hob den Deckel ab und nahm den Inhalt heraus. Sie grinste übers ganze Gesicht. „Was ist das denn? Oh, mein Gott.“ Sie hielt eine halbautomatische SIG Sauer 9 mm in der Hand, der Griff war komplett mit schwarzen Swarovski-Kristallen besetzt und auf dem Schlitten waren Docs Initialen eingraviert. Die Waffe war genau ihr Stil. „Kannst du mit so einem Teil umgehen?“ „Ja, natürlich, aber eigentlich kämpfen wir eher mit so ziemlich allem was eine Klinge hat und ich habe ja auch noch meine Kräfte.“ „Jane, hör mir zu, ich weiß nicht was uns heute Abend in New Orleans erwartet, und ich habe auf den Überwachungsvideos gesehen, wie du Hanson mit deinen Discokugeln k.o. gehauen hast, aber man kann immer in eine Situation geraten, in der man schnell handeln muss. Eine SIG kann da der beste Freund sein. Ich habe sie mit Hohlspitzgeschossen geladen. Zögere nicht, sie zu benutzen. Die Dragons dürfen wir wirklich nicht unterschätzen. Ich will, dass du sie heute Abend bei dir trägst und, dass du verdammt nochmal ohne einen Kratzer wieder an Bord zurückkommst.“ „Bowen, ich weiß gar nicht was ich sagen soll, also, ähm, Danke, das ist wirklich … “ Weiter kam sie nicht. Bowen rutschte vom Tisch herunter und küsste Doc, nahm ihr dabei die Waffe aus der Hand und stecke sie hinten in ihren Hosenbund. „Ich weiß schon wie du dich dafür bei mir bedanken kannst, leider ist es jetzt schon 20 Uhr, also verschieben wir das besser auf später†œ, sagte er mit einem verschmitzten Grinsen. Doc fühlte sich emotional verunsichert, sie hatte zwar so einige Affären zu verzeichnen, aber so richtig verliebt war sie bisher noch nie. Bowen löste etwas in ihr aus, das sie absolut nicht einordnen konnte. In seiner Gegenwart war sie glücklich, fühlte sich sicher und war trotzdem irgendwie angespannt. Das rote Telefon, das auf dem Schreibtisch in der Ecke stand, klingelte, und Fernando kam wieder in den Raum und hob ab. Nachdem er aufgelegt hatte, sagte er an die beiden gewandt: „Das war Duncan, er hatte ein nettes Pläuschchen mit den Zwergen. Schätze, dass uns ein Begrüßungskomitee in New Orleans erwartet.

Seite 45

Don und Hack habe es geschafft eine E-Mail an die Dragons zu schicken und sie vorgewarnt, dass heute Abend eine Überraschungsparty steigen soll. Wir ankern die Seraphim direkt im Hafen des Mississippi-Delta und fahren in Vierergruppen mit den Schnellbooten versetzt an verschiedene Stellen an Land. Das sorgt für Verwirrung, und wir können unsere Fans einkesseln. So, eure Party-Outfits habt ihr ja schon an, dann nichts wie los. Hopp, Hopp.“ Die drei verließen die Station und gingen nach oben aufs Deck. Bowen wich die ganze Zeit nicht von Docs Seite.
Auf dem Oberdeck angekommen, warteten bereits die anderen. Nachdem sich Fernando zu Lilli gesellt hatte, begann Duncan mit der neuen Team-Aufteilung.
„Das Ziel befindet sich direkt hinter der St. Louis Kathedrale, nördlich des French Quarter. Zur Kathedrale gehört einer der größten Friedhöfe der Stadt. Wegen der tiefen Lage und dem feuchten Boden werden in New Orleans die Toten allerdings nicht beerdigt, sondern in Mausoleen bestattet. Diese Friedhöfe nennt man „Cities of the Dead“. Sweetlife und Eric haben herausgefunden, dass sich dort, auf dem Friedhof der St. Louis Kathedrale, ein wichtiger strategischer Kommandostandort der Red Dragon befindet. Das Mausoleum bietet ein geniales Versteck für ihre Doppelgänger. Wir wissen nicht genau, wann und wo die Dragons angreifen werden. Aber da sie gewarnt wurden, müsst ihr jederzeit auf einen Kampf gefasst sein. Wahrscheinlich wird der Angriff erst an Land erfolgen. Lilli und Lucy, ihr bildet mit Fernando und Gavin Team 1 und seid damit das erste schlagkräftige Quartett. Doc, Kerstin, Bowen und Tim, ihr gehört zu Team 2 und folgt ihnen nach 20 Minuten. Angie, Kate, Norbert und Bones bilden Team 3, ihr habt die Aufgabe den Rückweg zu sichern.“ Die Männer strahlten pure Energie aus, kampfbereit bis in jeden Muskel und alle Sinne geschärft, konnten sie ihren Einsatz kaum erwarten. Auch jede von uns war auf das Äußerste gespannt, endlich konnten wir dem Feind gegenüber treten. Team 1 sollte nördlich des French Quarter am Lake Oats Park an Land gehen, das zweite Team bekam die Order etwa eine Meile weiter westlich am Lake Vista Park zu landen. Das letzte Viererpack sollte direkt über den Mississippi River von Süden her dazu stoßen. „Treffpunkt am Friedhof ist um Punkt 0100. Uhrenvergleich…, okay! Haltet Kontakt mit den Handys! Machen wir diese gemeinen fiesen Schurken endlich fertig!“, ergänzte Duncan noch einmal mit Nachdruck.
Alle nickten zustimmend, Entschlossenheit zeigte sich auf den Gesichtern. Nachdem Lilli die Handys mit den jeweiligen Koordinaten versehen hatte, machte sich das erste Team auf den Weg zum Heck der Seraphim. Das Kreuzfahrtschiff ankerte mittlerweile im Mississippi-Delta, direkt in dem gigantischen Hafen von New Orleans. Die Seraphim verfügte über drei sehr schnelle Beiboote. Sie waren eine Sonderanfertigung mit einem 200 PS 16V E.F.I.-Motor und von der Werft in Miami gebaut worden. Der Rumpf war aus leichtem Glasfasermaterial gefertigt und hatte somit einen geringen Tiefgang. Kleine Schnellfeuerwaffen, jeweils eine an Steuerbord und Backbord montiert, und ein kleines Waffenarsenal von Schlag-, Wurf- und Feuerwaffen gehörten zur Ausstattung auf jedem Wasserflitzer. Die Boote waren am Heck an der Außenwand befestigt. Lucy bestieg als erste das kleine Kraftpaket, danach folgten Lilli, Gavin und Fernando. Sogleich wurden sie von Tiago über die Seilwinde zu Wasser gelassen. Lilli gab die Koordinaten des Lake Oaks Park über ihr Handy in den Bordcomputer ein. Inzwischen hatte Fernando das Schnellboot vom Mutterschiff gelöst. Langsam entfernten sie sich Richtung New Orleans Stadt, die Seeluft fuhr ihnen angenehm erfrischend über die Gesichter. Schweigend saßen Lucy und Gavin nebeneinander. Er hielt ihre Hand an seine Brust gepresst, so, als hätte er Angst sie zu verlieren. Fernando stand neben Lilli, die das Steuerrad souverän bediente und sie mühelos durch den Hafen steuerte. „Wann erreichen wir unseren Anlegeplatz?“, fragte er und sah Lilli liebevoll an.

Seite 46

Ein Blick auf den Bordcomputer genügte. †œUm 23.00 Uhr Ortszeit. Wir haben also zwei Stunden Zeit, um zum Friedhof zu gelangen.“ Auf der Seraphim machte sich das Team mit Bowen, Doc, Tim und Kerstin bereit zum Ablegen. Weitere zwanzig Minuten später waren auch Angie, Norbert, Kate und Bones planmäßig zu ihrem Bestimmungsort unterwegs. Team 1 hatte inzwischen ihren Zielort erreicht. Gavin und Fernando sprangen zuerst aus dem Schnellboot. Instinktiv sondierten sie die nähere Umgebung. Lilli und Lucy standen nun ebenfalls auf der Piermauer und hatten sofort ein komisches Gefühl im Bauch. Verschwommen nahmen sie eine Gestalt wahr, die sich langsam auf sie zu bewegte. Oder war es Einbildung? Nein, im Gegenteil, noch drei weitere Gestalten näherten sich ihnen! Da Gavin, Fernando, Lilli und Lucy einen sehr ausgeprägten Geruchssinn hatten, konnten sie die Ghule zum Glück frühzeitig wittern. Der leicht süßliche Gestank drang in ihre Nasen. „Bäh, wie widerlich ist das denn?!“, flüsterte Lilli Lucy zu. „Jap, wie bei unserem Einsatz in Japan, einfach nur übelst… würg!“, antwortete Lucy leise, und da gab es für sie kein Halten mehr. Die Mädels zogen ohne Vorwarnung ihre präparierten Messer und schleuderten sie in die Körper der Ghule. Ein lautes Kreischen und Stöhnen signalisierte den Jungs, dass jetzt sie an der Reihe waren. Die beiden stürzten sich mit einer atemberaubender Geschwindigkeit auf die sich am Boden windenden Geschöpfe und trennten ihnen mit einem einzigen Ruck die Köpfe vom Rumpf. Diese schleuderten sie dann wie Bowlingkugeln in die Richtung der Mädels. Das letzte was die Ghule sahen, war das Grinsen von Lilli und Lucy, als diese ihre Köpfe über die Piermauer kickten. „Vier zu Null“, sagte Gavin mit einem breiten Grinsen zu Fernando. „Jep, Frauenpower“, antwortete Fernando und bedachte Lilli und Lucy mit einem bewundernden Ausdruck. Lilli griff zu ihrem Handy und informierte per SMS Angie und Kerstin über den Vorfall, um sie vor der möglichen Feindberührung mit Ghulen zu warnen. Zehn Minuten später legten Doc, Kerstin, Bowen und Tim am Zielpunkt an.

Kaum hatten sie das Boot verlassen, als allen Vier, aber besonders Tim, ein leichter, merkwürdig holziger, moschusartiger Geruch auffiel. Ein wenig irritiert gingen sie in die Richtung, deren Koordinaten Lilli in die Handys eingegeben hatte. Obwohl sie alle bei Dunkelheit ein hervorragendes Sehvermögen besaßen, konnten sie nichts Verdächtiges ausmachen.
Abgesehen davon beschlich sie das ungute Gefühl beobachtet zu werden. Sie hatten die Hälfte der Strecke hinter sich, als sie die ersten Fallen bemerkten. Dünne Fäden waren zwischen den Bäumen zu erkennen, die mit Sicherheit einen Alarm auslösen würden. Sie waren sehr gut präpariert. Dennoch war es für das zweite Team eine Kleinigkeit sie zu umgehen. Plötzlich wurde dieser seltsame Geruch stärker. Doc, Kerstin, Bowen und Tim beschlossen sich zu trennen um jeweils zu zweit weiter zu gehen. Doc und Bowen bewegten sich in westliche Richtung, Kerstin und Tim hielten sich etwas weiter östlich. Über ein Mini-Headset blieben sie in Verbindung. Sie waren ca. 10 Minuten getrennt unterwegs, als beide Pärchen gleichzeitig die Kameras in den Bäumen entdeckten. Okay, nun war klar, dass die Dragons wussten, dass vier Personen in ihrer Nähe waren. Trotzdem war noch niemand aus dem Feindeslager zu sehen. Sofort nahmen die vier wieder Kontakt zueinander auf und trafen kurze Zeit später wieder zusammen. Kerstin informierte per Handy Lilli und Angie über die Art der Fallen.

Seite 47

Kaum hatte sie das Gespräch beendet, als mindestens 17 merkwürdig aussehende Gestalten vor ihnen auftauchten. Bowen schaffte es noch ein Foto mit dem Handy machen, um es Sweetlife zur Identifikation zu schicken. Es dauerte keine Minute bis die Antwort kam.
Vor ihnen standen Lutins. Eine gefährliche Mischung aus Halbwesen und Menschen.
Äußerlich waren sie nicht von Menschen zu unterscheiden. Nur auf einer Fotografie konnte man an ihren durchsichtigen, weißlich schimmernden Augen erkennen, dass diese Wesen nicht menschlich waren. Sie waren extrem gefährlich und außerdem hervorragende Nahkampfexperten, da sie eine sehr schwache Schmerzempfindlichkeit besaßen †“ also die besten Punshing-Bälle der Welt.
Man konnte sie nur Ausschalten, indem man mit dem richtigen Schlag das Ohr traf. Welches war egal. Wichtig war nur den genauen Punkt zu treffen. Gelang es jemanden, lösten sie sich sofort in Staub auf.
Nur gut, dass Sweetlife das alles in der kurzen Zeit herausgefunden hatte. Sie schickte noch eine Warnung an die anderen Teams.
Bowen und Tim schnappten sich die ersten zwei Lutins. Auch Doc und Kerstin gelang es jeweils einen unschädlich zu machen. Es war ein harter aber kurzer Kampf, übrig blieben nur vier Staubhaufen.
Aber nun war der Überraschungseffekt vorbei und der eigentliche Kampf begann. Ein aufdringlicher Gestank lag nun in der Luft. Kerstin schaffte noch zwei Lutins zu vernichten, und Doc hatte gerade wieder mit einem eleganten Fußtritt den nächsten unschädlich gemacht, als Bowen hart getroffen wurde. Er blieb für einen kurzen Moment bewusstlos liegen. Dadurch verlor Doc fast die Fassung. War sie eben noch zaghaft, drehte sie jetzt durch und wurde zu einer Kampfmaschine. Den Anblick von Bowen auf dem Boden konnte sie kaum ertragen. Sie schaffte es mit Leichtigkeit vier weitere Lutins zu Staub werden zu lassen. Tim hatte auch zwei zur Strecke gebracht. Damit Doc sich um Bowen kümmern konnte, stellten sich Kerstin und Tim schützend vor die beiden.
Die letzten vier wehrten sich heftig, aber auch sie waren zum Schluss nur noch Staub. Zärtlich berührte Doc Bowens Verletzung. Im Inneren ihrer Hand leuchtete es auf. Ein blass lilafarbenes Licht entströmte ihrer Handfläche und bewegte sich langsam auf die offene Wunde an Bowens Stirn zu. Als der Lichtstrahl die blutige Stelle erreicht hatte, schloss sie sich sofort. Doc sank, sichtlich erschöpft von dieser Kraftanstrengung, für kurze Zeit neben Bowen auf den Boden.  Dank ihrer heilenden Kräfte ging es Bowen schlagartig wieder gut. Er hob Doc behutsam auf und bedankte sich mit einem innigen Kuss bei ihr. Leidenschaftlich erwiderte Doc diesen Kuss, die Erleichterung darüber, dass Bowen nicht ernsthaft verletzt worden war, war ihr deutlich anzumerken. Tim räusperte sich verlegen und meinte: „Wow, Doc, ich wusste ja gar nicht, dass du eine Heilerin bist“!
Kerstin, die solche heilsamen Einsätze bei Doc schon oft gesehen hatte, schickte zwischenzeitlich eine SMS an alle Teams und Sweetlife um mitzuteilen, dass der Angriff erfolgreich abgewendet werden konnte. Woraufhin Sweetlife den Teams antwortete, dass es sich bei den Lutins um eine Weiterentwicklung der Ghule handelte †“ optisch nicht zu erkennen, nur der Moschusgeruch verriet sie.
Nun blieben nur noch 20 Minuten bis 0100. So schnell es ging, eilten Kerstin, Doc, Bowen und Tim weiter durch den Lake Vista Park in Richtung St. Louis-Friedhof.

Ohne weitere Scharmützel trafen wir, fünf Minuten vor dem vereinbarten Zeitpunkt, am Friedhof ein. Wir trafen uns im hinteren Teil des Friedhofes, der mit Bäumen und Büschen überwuchert war. Duncan und Jean waren mittlerweile auch eingetroffen und hatten auch gleich unser komplettes Equipment dabei. Lucy und Lilli stürzten sich gleich auf ihre Laptops und Lesegeräte, Doc bewaffnete sich mit ihrem neuen Blasrohr und den präparierten Pfeilen.

Seite 48

Als wir dann alle bis an die Zähne, mit Messern, Wurfsternen, Schwertern und Pistolen bewaffnet waren, bildeten wir um Duncan einen Kreis. „OK, Leute nach den ersten Hürden, haben wir es ohne größere Probleme hierher geschafft. Jetzt geht es erst richtig los. Wir ziehen das hier jetzt durch, wie besprochen. Jeder weiß was er zu tun hat. Jean und ich haben allerdings gesehen, dass die beiden Unterstände leer sind. Also müssen wir damit rechnen, dass sich die Dragons und ihre Helfer auf dem Gelände verteilt haben, und uns aus dem Hinterhalt angreifen. Angie, Norbert, Kate, Fernando, ihr bleibt hier und beobachtet den Hinteren Ausgang. Passt aber auf Euren Rücken auf, nicht, dass sie euch umgehen und von hinten angreifen. Alle anderen kommen mit mir zum Vorderen Eingang. Seid ihr alle bereit?†œ Wir schauten alle mit grimmiger, entschlossener Miene zu Duncan und nickten ihm kurz zu.
Wir wollten uns gerade in Bewegung setzen, als Lilli stutzte. Als Waldelfe hatte sie ein supersensibles Gehör und ein Sehvermögen, dass alle anderen in den Schatten stellte. Wir Mädels blieben stehen und verhielten und ganz ruhig. „Was ist denn jetzt noch?†œ schnauzte einer von den Jungs. „Pscht! Lilli hört was. Wenn sie sich darauf konzentriert, kann sie die Mäuse husten hören. Also, Klappe halten!†œ schnauzte ich zurück. Lilli legte sachte eine Hand auf einen Baumstamm und lauschte. Anscheinend waren die Bäume ein Resonanzverstärker oder sie erzählten Lilli etwas. Ich wußte es nicht. Aber ich sah sie das öfter machen, wenn sie ihr Gehör einsetzte. „Es sind vier Männer und fünf Guhle. Sie nähern sich von Osten†œ, flüsterte Lilli. Wir schauten alle in die Richtung, die sie uns angegeben hatte. Natürlich sah aber keiner etwas. Nur Lilli konnte was sehen. Sie hatte mir einmal erklärt, dass ihre Augen wie ein Zoomobjektiv funktionieren, aber halt noch besser. Lilli schaute starr nach Osten:†œJa, es sind vier schwarz vermummte Männer mit Schwertern und Lanzen und fünf Guhle mit Äxten und Macheten. Sie sind noch 2000 Meter entfernt.†œ Die Jungs drehten sich zu ihr um und starrten sie ungläubig an. „Das kannst du sehen?†œ fragte Duncan. „Ja, und hören.†œ Lilli grinste und bog mit den Händen ihre Ohren etwas nach vorne: †œIch habe sehr spitze Öhrchen, die können so Einiges und meine Augen sind auch nicht schlecht.†œ
Ich drehte mich zu Duncan:†œ Die schaffen wir vier schon alleine. Macht Euch auf den Weg!†œ „Das weiß ich!†œ sagte Duncan, nickte uns zu und setzte sich mit den anderen in Bewegung. Norbert, Kate, Fernando und ich schlugen uns Richtung Osten in die Büsche. Wir verteilten uns auf einer Linie und schlichen, immer in Deckung bleibend, auf unsere Gegner zu. Zuerst sahen wir die Guhle. Von den Schwarzröcken war noch nichts zu sehen. Wir blieben hinter den Büschen versteckt und warteten, bis die Guhle an uns vorbei gestürmt waren. Fernando und Norbert nahmen sich die beiden äußeren vor. Mit ihren Samurai-Schwertern genügte ein präziser Hieb um den Guhlen den Kopf abzutrennen. Bevor sie es merkten, waren sie eigentlich schon tot. Kate und ich nahmen und die beiden in der Mitte vor. Ich ließ meine Wurfsterne fliegen, einer von links und einer von rechts. Ups, da war der Kopf schon weg. Kate hatte etwas mehr Mühe. Da sie etwas kleiner als ihr Guhl war, musste sie ihm auf den Rücken springen. Elegant wie eine Gazelle sprang sie auf ihn zu und noch bevor sie auf ihm landete, hatte sie schon ihren Langdolch durch seine Kehle gezogen. Als der Guhl umfiel, drückte sie sich von ihm ab und landete genauso elegant wieder auf ihren Füßen. Sie verzog angewidert ihr Gesicht:†œ Dass diese Typen so abscheulich stinken müssen!†œ
Inzwischen hatten uns jetzt auch die vier Dragonkämpfer erreicht. Und der letzte blöd dreinschauende Guhl. Wir standen Rücken an Rücken und waren von ihnen eingekreist. Norbert stupste mich an und meinte:†œ So, Mädels jetzt zeigt uns mal, was ihr wirklich drauf habt!†œ Das musste er mir nicht zweimal sagen. Mein erstes Messer flog schon und landete dem Ersten im Oberschenkel. Ich hatte zwar auf sein Herz gezielt, aber die schwarzen Jungs hatten ausgezeichnete Reflexe. Im letzten Moment konnte er mein Messer ablenken. Trotzdem war er kurzzeitig kampfunfähig, da er mein Messer aus seinem Bein zog, und ich konnte näher an ihn heran. Jetzt ging unser Tanz los. Wir umkreisten uns mit gezogenen Waffen und ich merkte, wie das Adrenalin durch meinen Körper jagte. Mir fiel nämlich auf, dass der Typ immer noch stand.

Copyright © BD Sisterhood

Fortsetzung: Black Dagger Ladies Online †“ City of the Dead [Kapitel 5]

Black Dagger Ladies Online †“ Vampire an Bord [Kapitel 3]

Black Dagger Ladies Online

Vampire an Bord
Kapitel 3

Nachdem Tiago für mich einen Wodka aus der Bar gezaubert hatte und die anderen ebenfalls flüssig kalt gestellt waren, war also Grüppchenbildung angesagt.
Allen war anzumerken, dass sie nichts dagegen hatten, die Gespräche zu vertiefen. Nach und nach leerte sich dann aber der Konferenzraum, nur Lilli und Lucy blieben noch mit Duncan Thorbe und Gavin, dem Fitness-Trainer, zurück.
„Macht nicht zu lange! Wir müssen uns für heute Abend aufbrezeln und unsere Kleiderschränke durchforsten!“, sagte ich mit einem Augenzwinkern. Lilli und Lucy lächelten vielsagend zurück.
Bis zur Einladung in den eleganten Black Pearl Club, um neun Uhr, hatten wir noch eine Menge Zeit für andere schöne Dinge. Mit einem verführerischen Lächeln wandte sich Lucy zu Gavin und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Abrupt stand er daraufhin auf und zog Lucy mit sich. Er schlang eine Hand um ihre Taille und schob sie vor sich her – Lucy eng an sich gedrückt. Lucy kicherte, offensichtlich genoss sie die Nähe von Gavin. Langsam schlenderten die beiden ebenfalls aus dem Konferenzraum. In dem Moment kam Dr. Fernando Zoom zurück und steuerte zielstrebig auf Lilli und Duncan zu.
Unverwandt starrte er Lilli an. Duncan beachtete ihn nicht, sondern musterte Lilli weiter mit seinen faszinierenden Augen. „Lilli, seid ihr eigentlich immer so furchtlos?“, fragte er sie mit seiner dunklen Stimme und sah sie dabei direkt an. Mit bebender Stimme antwortete Lilli: „Ja klar, in allen Lebenslagen!“ Dieser Vampir war wirklich ein männliches Musterexemplar. Er hatte eine gewisse beunruhigende Ausstrahlung, der man sich kaum entziehen konnte. Pure Kraft und wilde Entschlossenheit fühlte Lilli und verfiel in eine Art Schnappatmung, die nicht ganz so damenhaft wirkte.
Dr. Zoom blickte Duncan feindselig an und gab ein Knurren von sich. „Lilli, ich möchte unter vier Augen mit dir sprechen. Hättest du einen Moment Zeit für mich?“ Lilli bemerkte, dass Fernando aufgebracht war. War er etwa eifersüchtig, dachte sie bei sich und freute sich insgeheim darüber. Allerdings war dieser Duncan Thorpe auch nicht von schlechten Eltern. Bevor sie überhaupt antworten konnte, erhob sich Duncan und stellte sich provokant vor Fernando.
„Lilli ist beschäftigt!“ fauchte Duncan und es sah so aus, als würden sie gleich aufeinander losgehen.
Da stand Lilli auf, es war zwar schmeichelhaft für sie, aber Rivalität unter den Jungs war nicht gut, gar nicht gut.

Seite 26

Beschwichtigend hob sie die Hände und schob sich zwischen die beiden Vampir-Kampfhähne. Dann legte sie die eine Hand auf Duncans und die andere auf  Fernandos Brust und versuchte so die beiden voneinander weg zu schieben. Oh, dachte Lilli, was
für eine Power und diese Muskeln. Sie bekam bald einen Kreislaufkollaps und überlegte, ob es an Bord auch Sauerstoffflaschen gab.
Lilli, nun wieder ganz Frau ihrer Sinne, wandte sich an Fernando und säuselte sanft: „Gleich komme ich zu dir, Fernando,
einen Augenblick noch.“ Er drehte sich um und brachte etwas Abstand zwischen sich und Duncan.
Sie sah nun Duncan an und flüsterte ihm ins Ohr: „Wir sehen uns heute Abend im Club.“
Lilli ging zu Fernando, der Duncan mit einem triumphierenden Blick bedachte. Dann schlang er besitzergreifend einen Arm um Lillis
Schultern und sie schmiegte sich eng an ihn. Sanft zog er sie mit sich aus dem Konferenzraum und führte sie  in seine großzügige, sehr pompös und üppig eingerichtete Kabine.
„Möchtest du etwas trinken?“ fragte er.
„Nein, danke. Ich bin nicht durstig.“
Urplötzlich stand er genau vor Lilli und nahm ihr Gesicht sanft in seine schönen Hände. Er spürte ihre Nervosität und um sie zu beruhigen, flüsterte er ihr ins Ohr: „Ich habe nur die besten Absichten, glaube mir!“
Langsam senkte er seine Lippen auf ihren Mund. Ein wohliger Schauer fuhr durch Lillis Körper hindurch und ihre Knie wurden weich.  Er wurde fordernder und Lilli ließ es einfach geschehen. Er war so zärtlich und liebevoll, sanft aber auch herrisch.
Zwei Stunden später verließ Lilli Fernandos Kabine und machte sich mit einem Lächeln auf dem Gesicht auf den Weg in ihre Kabine.  Als sie an Angies Kabine vorbei kam, hörte sie schallendes Gelächter.  Sie öffnete die Tür und traute ihren Augen nicht. Überall lagen tolle Kleider in allen möglichen Farben und Formen herum. Eigentlich konnte man nicht unbedingt von Kleidern sprechen, denn manche bestanden nur aus ein paar Stofffetzen, die auf wundersame Weise nicht von unseren schlanken Körpern fielen.
Jede der Schwestern war mit der Mani- oder Pediküre, mit Lackieren, Drehen, Föhnen, Tuschen und Pushen beschäftigt.
„Lilli, da bist du ja.“ sagte ich und schob sie weiter in die Kabine. „Wo warst du denn so lange? Wir haben uns schon Sorgen gemacht!
Hey, ist alles in Ordnung? Du strahlst ja so von innen heraus.“
Lilli seufzte und schaute ganz verklärt in die Runde. Wir sahen uns alle wissend an und fragten nicht weiter.
„Komm“, sagte Lucy, „ich helfe dir beim Tuning und dann kannst du mir alles haarklein erzählen.“
Wir waren fast fertig, als es plötzlich an der Tür klopfte. „Herein!“,  brüllte ich. „Oh, Tiago.“ Er kam herein und rang um Beherrschung, offensichtlich hatte unser Anblick in sprachlos gemacht. Als er sich wieder gefasst hatte, sagte er: „Wenn ihr fertig seid, folgt mir bitte!“ Gemeinsam verließen wir die Kabine und folgten Tiago, der sich immer wieder bewundernd zu uns umdrehte.
Im Black Pearl Club angekommen, blieb uns fast die Spucke weg. Vor uns standen die Jungs. Alle hatten sich ordentlich herausgeputzt. Sie trugen so etwas Ähnliches wie einen sportlichen Smoking. Als sie uns herein kommen sahen, verstummten sie mitten im Gespräch. Es lag eindeutig ein Knistern in der Luft. Wir versuchten uns so wenig wie möglich anmerken zulassen. Als wir uns zu ihnen an die Bar gesellt hatten, wurden uns sofort unsere Lieblingsgetränke serviert.
Norbert trat ganz nah an mich heran. Ich konnte hören, wie er leise den Duft meines Parfums ein sog.

Seite 27

Als ich ihm in die Augen schaute, sah ich kleines schalkhaftes Grinsen. Was hatte das nur zu bedeuten?
Kerstin und Tim hatten sich in der Bar in eine gemütliche Sitzecke zurückgezogen und waren in ein sehr inniges Gespräch vertieft.
Bowen reichte Doc ein rötliches Getränk und sah ihr dabei ebenfalls sehr tief in die Augen. Dann zog er sie mit einer sanften aber bestimmten Bewegung an sich. Lilli wurde gleich von zwei Männern in Beschlag genommen. Duncan und Fernando versuchten gleichzeitig ihre ungeteilte Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, was Lilli überhaupt nicht in den Kram passte. Wie sollte sie aus dieser Situation wieder heraus kommen?
Lucy, die gesehen hatte, dass Lilli ihre Hilfe brauchte, gesellte sich mit Gavin zu ihnen. Das entschärfte die Situation ein wenig.
Kate schien so von Bones Aussehen beeindruckt zu sein, dass sie alles um sich herum zu vergessen schien. Aber das schien nur so, denn natürlich war sie, genau wie die anderen Schwestern, immer in Alarmbereitschaft. Und das war gut so, denn in dem Moment kam Eric von Castell herein. Sein Gesicht war leicht gerötet. Er musste also sehr schnell gelaufen sein. Die Informationen die er uns von Sweetlife brachte, war alles andere als erfreulich.
Die Dragons hatten sich in Bewegung gesetzt.
Wir umringten alle Jean und Duncan, dem er natürlich zuerst Bericht erstatten wollte. Sweetlife hatte erfahren, dass sich mehrere „Dragons“, mit schwerem Gerät, auf den Weg nach New Orleans gemacht hatten. Duncan fuhr sich kurz nachdenklich übers Kinn: „Ich habe in den Unterlagen irgendetwas über einen verlassenen Vodoo-Friedhof in New Orleans gelesen. Es könnte durchaus sein, dass die Dragons da einen Stützpunkt errichtet haben. Die Menschen dort meiden das Gebiet um diesen Friedhof. Das wäre natürlich ideal für so einen geheimen Stützpunkt.
Okay, Bones, nimmt bitte die nötige Kurskorrektur vor, wir machen uns auf den Weg nach New Orleans. Jean, setze Dich mit unserem Büro in Verbindung, die Ordensbrüder vor Ort sollen den Friedhof mal genauer unter die Lupe nehmen. Vielleicht können sie schon etwas herausfinden, bis wir da sind.†œ
Bones und Jean nickten und machten sich sofort auf den Weg. Duncan rief ihnen noch hinterher: †œNatürlich kommt ihr umgehend wieder hierher zurück. Wir wollen doch unseren rauschenden Ball nicht platzen lassen!†œ
Duncan drehte sich zu uns anderen herum, lächelte uns an und meinte:†œ So jetzt wenden wir uns wieder den schönen Dingen des Lebens zu. Kämpfen müssen wir in nächster Zukunft noch genug!†œ
In diesem Moment wurde es dunkel in der Black Pearl Bar und die Rückwand bewegte sich langsam zur Seite. Ein wunderschöner Ballsaal wurde sichtbar. Die Wände waren mit nachtschwarzem Samt verkleidet und über der riesigen Tanzfläche erstrahlten tausende von kleinen Lichtern, so dass es wie ein Sternenhimmel aussah. An der rechten Seite war eine einzige Glasfront, die einen wunderschönen Blick auf das Meer freigab. Vor der Glaswand befand sich eine sehr gemütlich wirkende Sitzecke mit ledernen Clubsesseln und gläsernen Beistelltischen, die einem geradezu zum verweilen einlud. Am anderen Ende des Saals wurde, im gedämpften Licht, eine Bühne sichtbar und eine Bigband fing an wunderschöne Swingmusik zu spielen.
Wir standen da, schauten verwundert um uns und bekamen den Mund nicht mehr zu. Die Jungs stellten sich freudestrahlend vor uns auf und Duncan fragte:†œ Wollen diese atemberaubenden Ladies vielleicht mit uns tanzen?†œ
Duncan hatte noch nicht ausgesprochen, da drehten sich schon sechs elegante Paare in geschmeidigen Bewegungen über die Tanzfläche.
Norbert hielt mich eng umschlungen und ich schmiegte mich an seine muskulöse Brust, unsere Körper passten perfekt zusammen und ich fühlte mich, als würde ich über Wolken schweben. Er beugte seinen Kopf ein wenig zu mir herab und strich mir mit seinen weichen, heißen Lippen über den Hals.

Seite 28

Ich erstarrte in meiner Bewegung, Gänsehaut jagte mir über den Körper und ich dachte: „So, Angie, jetzt wirst du wohl gebissen!“ Norbert lachte leise auf, strich mit seinen Lippen weiter über die empfindliche Stelle an meinem Hals und flüsterte: „Angie, lass einfach los und vertraue mir. Nicht alle Vampire sind blutrünstige Monster.“ Er hauchte mir einen Kuss auf die Haut, löste sich etwas von mir und mir tief in die Augen. Ich versank in diesen wunderschönen, meerblauen Augen, strich mit meinen Fingern über seine markanten Wangenknochen und flüsterte voller Überzeugung: „Ja, Norbert, ich vertraue Dir.“  Er führte meine Hand zu seinen Lippen und küsste zärtlich meine Fingerspitzen, während er seinen anderen Arm um meine Hüften schlang und mich langsam von der Tanzfläche zu der Sitzgruppe an der Seite führte. Wir spürten beide die Erregung des anderen, aber die Nacht war erst angebrochen und wir wollten uns von dem Zauber, der über dem Ballsaal lag, nicht trennen. Norbert besorgte uns einen Cocktail und ich ließ meinen Blick über die Tanzfläche schweifen. Die Szene die sich mir bot, ließ mich zufrieden lächeln.
Genau so etwas hatten wir gebraucht, bevor wir in eine unerbittliche Schlacht zogen.
Doc und Bowen wiegten sich langsam zum Takt der Musik. Sie hatten die Augen geschlossen und waren so eng aneinander geschmiegt, dass man nicht wusste, wo Doc aufhörte und Bowen anfing. Bowen streichelte ihr sanft über den Rücken hinunter. Doc genoß diese Zärtlichkeiten sichtlich.
Lucy und Gavin waren das eleganteste Tanzpaar, das ich je gesehen hatte. Er in seinem schwarzen Smoking und sie in ihrem hoch geschlitzten roten Satinkleid sahen einfach umwerfend aus, als wären sie direkt aus der Vogue auf die Tanzfläche gesprungen. Sie schauten sich tief in die Augen und Lucy überließ sich ganz den starken Armen Gavins, ihr Körper folgte seinem, geschmeidig und bedingungslos.
Kate und Bones saßen ein paar Tische weiter und unterhielten sich angeregt über irgendwelche Baupläne. Beide waren voll in ihrem Element, dass konnte man an ihren glänzenden Augen erkennen. Da hatten sich wohl zwei gesucht und gefunden.
Jean und Duncan konnte ich nirgends entdecken. Die hatten wohl wichtige Dinge zu bereden. Aber die waren für uns im Moment eher zweitrangig. Außerdem würde es am nächsten Tag sicher eine ausführliche Lagebesprechung geben. Das Motto heute Nacht lautete „Carpe Diem“!
Da fiel mein Blick auf Lilli und Fernando. Auch sie schwebten geradezu über die Tanzfläche. Lilli trug ein tiefdekoltiertes, nachtblaues Satinkleid, das ihre blasse Haut noch edler schimmern ließ. Das eng geschnittene Kleid betonte ihre schlanke Figur und hob ihre wohlgeformten Rundungen noch etwas mehr hervor. Ihre platinblonden Haare standen, wie immer, strubbelig in alle Richtungen und lieferten einen interessanten Kontrast zu dem eleganten Abendkleid. Fernando sah in seinem schwarzen Anzug aus wie ein glutäugiger Latin-Lover und genau diese Augen konnte er nicht von Lilli lassen. Sie waren ein wunderschönen Paar, dass wie für einander geschaffen schien.
Doch als ich Lillis Gesicht sah, wusste ich sofort, welchen Kampf sie gerade mit sich aus trug. Sie war dabei sich zu verlieben und genau das wollte sie nicht. Vor einigen Jahren hatte sie sich unsterblich in einen unserer Informanten verliebt und ihren Geliebten bei einem unserer Aufträge verloren. Lilli war am Boden zerstört und wir hatten Angst, sie auch zu verlieren. Doch die kämpfte sich, mit unserer Hilfe, zurück ins Leben und hatte sich geschworen, ab sofort Liebe und Arbeit strikt zu trennen. Wobei man von Liebe nicht mehr reden konnte. Natürlich lagen ihr die Männer zu Füßen und auf das ein oder andere Abenteuer hatte sie sich auch eingelassen, aber ihr Herz konnte keiner mehr erobern. Lilli wollte nicht mehr lieben. Aber jetzt war dieser Traummann in ihr Leben getreten. Ein Kämpfer, verwegen, furchtlos, sehr gut aussehend, zärtlich, liebevoll und ein Vampir. Er hatte ihre Abwehr irgendwie durchbrochen und damit hatte sie nicht gerechnet.
Da hörte Lilli abrupt auf zu tanzen, sagte etwas zu Fernando und zog ihn nach Draußen. Dort redete sie lange auf ihn ein, nahm sein Gesicht in ihre Hände, küsste ihn zärtlich und lief mit Tränen überströmtem Gesicht davon.

Seite 29

Fernando stand wie vom Donner gerührt da und machte ein fassungsloses Gesicht. Ich drehte mich zu Norbert um, der mit Bones und Kate redete:†œ Ich bin gleich wieder bei Dir. Ich muss das schnell was richten.†œ Ich ging zu Fernando, der mich gar nicht zu bemerken schien. Ich nahm vorsichtig seine Hände, sie waren schlaff und eiskalt. Mann, den hatte es wohl schwer erwischt. „Fernando , geh ihr nach. Wenn du Lilli wirklich liebst, darfst du nicht aufgeben. Sie hat durch unsere Arbeit einen schweren Verlust erlitten und jetzt ziehen wir in einen Kampf, von dem wir nicht wissen wie er endet. Ich habe ihr angesehen, dass sie sich in dich verliebt, deshalb stößt sie dich weg.†œ Fernando sah mich zweifelnd an: „Sie hat mir gesagt, dass ich nur ein Abenteuer für sie war und dass sie sonst kein Interesse an mir hätte. Du denkst, dass sie sich in mich verliebt hat?†œ „Ich weiß es!†œ sagte ich bestimmt. Fernando drückte meine Hände, lächelte mich an und eilte Lilli hinterher. Ich ging zurück zu Norbert und hoffte, dass Fernando bei Lilli was erreichen konnte. Ich wollte, dass sie wieder glücklich war.
Norbert kam auf mich zu und nahm mich zärtlich in den Arm. „Was ist mit Lilli und Fernando?†œ „Eine lange Geschichte, ich hoffe, dass Fernando sie zu einem guten Ende bringen kann.†œ Norbert lächelte mich auf eine Weise an, die mir den Atem raubte und flüsterte:†œ Komm wir bringen unsere Geschichte auch zu einem guten Ende.†œ
Während er mich mit sich zog, konnte ich noch sehen, dass der Ballsaal sich geleert hatte.
Diese wunderschöne Nacht würde bald zu Ende sein und der Kampf würde beginnen. Aber darüber wollte ich mir noch keine Gedanken machen. Ich schaltete meine Gedanken ab und ließ mich von Norbert hinaus in die sternenklare Nacht ziehen.
Wir drehten noch kurz eine Runde über das Oberdeck und trafen dort am Pool auf Kerstin und ihren Tim. Jetzt wusste ich, was mir die ganze Zeit im Ballsaal gefehlt hatte. Dass den beiden nicht so viel am Tanzen lag, konnte man sich ja denken. Ein Smoking und das knallenge Catsuit, dass Kerstin getragen hatte lagen achtlos am Rand des Wirlpools. Kerstin und Tim hielten sich im warmen Wasser eng umschlungen. Tim knabberte an Kerstins Ohrläppchen und flüsterte ihr fortwährend was ins Ohr. Kerstin hatte ein seliges Lachen auf den Lippen und strich mit einer Hand über Tims 3mm-Haarpracht. Norbert zog mich weiter und flüsterte mir noch zu: „Komm weiter, nicht dass wir die beiden bei ihrem Dirty-Talking noch stören. Wir suchen uns auch ein stilles Plätzchen. Da kannst du mir dann zeigen, wie sehr du mir vertraust.†œ Er lächelte verschmitzt und zog mich in die Richtung, in der die Kabinen lagen.
Und im Ballsaal lief inzwischen „Je t´aime“ vom Band.

Lucy und Gavin tanzten immer noch, aber inzwischen hatten sie alle Hemmungen abgelegt. In anmutigen Bewegungen bewegten sie sich zum Klang der Musik und zerflossen dabei zu einer Einheit. „Gott sei Dank, habe ich noch ein paar Fitnesseinheiten absolviert, sonst würde ich hier ja noch schlapp machen“, dachte Lucy. Gavin schien in einer außergewöhnlich guten körperlichen Verfassung, wenn man bedenkt, dass er ja eigentlich Computerexperte war. Er gehörte zu der Sorte Traummann, der alle Attribute erfüllte, er war groß, schlank und muskulös, aber nicht so Muskel bepackt wie Tim. Lucy konnte sich gut vorstellen, wie seine sehnigen Finger wieselflink über die Tastatur fliegen konnten. Sein Dreitagebart ließ ihn immer ein wenig mürrisch wirken, was aber überhaupt nicht seinem Naturell entsprach. Ganz im Gegenteil – er war witzig, hatte einen tollen Sinn für Humor und strahlte eine Lebensfreude aus, die ansteckend war. Lucy fühlte sich einfach wohl in seiner Gegenwart. Völlig außer Atem gingen sie zur Bar und ließen sich von Tiago einen Likör Nr. 42 einschenken, der inzwischen auch zu ihren Lieblingsgetränken gehörte. „So, so, Mr. Bombastic, bist du auch so very fantastic?“, fragte Lucy mit einem herausfordernden Grinsen im Gesicht.

Seite 30

„Als ob du das nicht schon wüsstest. Aber ich kann jederzeit den erneuten Beweis antreten, du musst es nur sagen“, entgegnete Gavin trocken. „Nein, nein“, lachte Lucy, „lass stecken, ich habe auch noch das kleinste Detail in Erinnerung.“ „Das Wort „klein“ solltest du in meiner Gegenwart nie benutzen, das könnte ich als Herausforderung verstehen“, meinte er und beugte sich leicht zu ihr herüber. Seine Lippen waren denen von Lucy so nah, dass man noch nicht mal ein Blatt Papier hätte dazwischen schieben können. „Weißt du, ich steh total auf deine Sommersprossen“, hauchte Gavin, „und dein Haar erst – ist das deine natürliche Farbe? Sie steht dir ausgezeichnet.“ Der Zug stand auf dem Gleis, das Ticket war gelöst. Lucy traute sich nicht zu atmen, sie glaubte, Funken in Gavins Augen zu sehen. „Deine Augen…“ „Was ist mit meinen Augen?“ „Deine Augen, sie sprühen Funken!“ „Oh, ja, das passiert mir manchmal. Ich dachte, ich könnte es vor dir verbergen, aber dem ist wohl nicht so“, sage Gavin und schaute leicht verlegen. „Was willst du verbergen, ich versteh nicht?“, fragte Lucy nun völlig fasziniert. „Nun, dir ist bestimmt aufgefallen, dass Norbert, Bowen und Thorpe Vampire sind“, antwortete Gavin und schaute Lucy dabei erwartungsvoll an. „Und du, bist du auch einer?“, fragte Lucy, die inzwischen doch ein wenig Angst bekam. „Ich ein Vampir? Nein, aber schau genau hin, ich zeige dir was ich bin.“ Gavin ließ sich vom Barhocker gleiten und stellte sich vor Lucy hin. Seine Augen waren jetzt fast schwarz, keine Funken waren mehr darin zu sehen. Aber auf einmal tanzten ein paar Flammen über Gavins Haut. Die Flammen bereiteten sich aus, und innerhalb von kurzer Zeit sah er aus wie eine riesige wandelnde Fackel. „Was bist Du? So etwas Schönes habe ich noch nie gesehen!“, rief Lucy, ihre Angst war völlig verschwunden, zumal er zwar heiß aussah, es aber überhaupt nicht war. „Ich, meine Liebste, bin ein Feuerelfe!“
Lucy konnte sich nicht mehr zurückhalten, sie prustete los und ihr Lachen hallte durch den ganzen Ballsaal. „Ein Feuerelfe, haha, ich dachte, Elfen sind weiblich!“ Sie konnte sich vor Lachen kaum noch auf dem Hocker halten, dabei schlug sie mit den Fäusten auf die Theke. „Hey Tiago, mach dem kleinen Pyromanen und mir noch einen Zweiundvierziger, einen doppelten, den hab ich jetzt dringend nötig.“, sagte sie zu dem Barmann. Gavin wusste nicht recht, was er Lucys von Reaktion halten sollte und stand ein wenig beleidigt neben ihr. „Nicht schmollen, Großer, ich hab´s ja nicht so gemeint. Ehrlich, du bist wunderschön“, sagte sie und klopfte aufmunternd neben sich auf den Barhocker. „Ich habe nur immer gedacht, Feuerelfen oder Elfen überhaupt, gibt es nur im Märchen. Und dann kommst du und †“ hahahaha †“ ich kann nicht mehr, und dann kommst du! Du entsprichst so überhaupt nicht meinen Vorstellungen einer Elfe, sorry, ich bin jetzt ruhig, sonst mach ich es nur noch schlimmer.†œ Immer noch glucksend wandte sich Lucy ihrem Glas zu. Gavin wollte sich gerade zu ihr setzen, als auf einmal überall das Licht anging und die Sirene los heulte.
Alarmstufe rot. Das war nicht gut. Lucy und Gavin rannten aus dem Ballsaal in Richtung Kommandobrücke. Unterwegs stießen sie auf Doc und Bowen und Kerstin und Tim. Kerstin, die nur halb bekleidet war, zog sich unterwegs noch an. Jede andere hätte stehen bleiben müssen, aber nicht unser Bewegungstalent Kerstin. „Mit der Nummer kannst du in den Zirkus!“, rief Doc ihr zu. „Nummer?“, frage Kerstin erschrocken, ihre Gesichtsfarbe hatte einen leichten Rotton angenommen. „Ganz ruhig, Kerstin“, antwortete Doc, „ich mein das Anziehen im Rennen“, und zwinkerte ihr dabei zu. „Ach so, ja könnte ich.“ Erleichtert schenkte Kerstin ihre Aufmerksamkeit wieder dem Reißverschluss an ihrem Catsuit.
Die Kommandobrücke quoll fast über, alle waren da. „Was ist los?“, schrien fast alle gleichzeitig. „Wir werden angegriffen“, sagte Thorpe knapp. „Aber bis jetzt hat die Seraphim noch keinen echten Treffer hinnehmen müssen, wird Zeit, dass wir dem Spuk ein Ende bereiten.“ „Wissen wir wer oder was uns angreift?“
„Angie, das rauszufinden, wird deine Aufgabe sein. Nimm noch jemanden mit, alleine lassen wir dich nicht gehen.“
„Kann einer von euch fliegen? Ich hab leider meinen gesamten Flugstaub verloren – ach, alles nur ein Missverständnis“, versuchte ich mich zu verteidigen. „Ist ja jetzt auch egal, also wer kommt mit?“
Da stand ich nun in meinem sehr eng anliegenden tief ausgeschnittenen, rückenfreien Abendkleid aus feinster schwarzer Spitze, dessen Saum mir bis zu meinen Knöcheln reichte, aber das war jetzt nebensächlich.
Es war nun endlich an der Zeit, ihnen mein großes Geheimnis zu enthüllen. „Halt, bevor ich hier irgendetwas unternehme, muss ich euch noch dringend etwas sagen, oder besser gesagt, euch noch etwas zeigen“.

Seite 31

Ich seufzte tief und schaute vorsichtig zu Doc. Nur sie wusste, was ich jetzt vor hatte und nickte mir aufmunternd zu. Es war mucksmäuschenstill und alle Augen waren erwartungsvoll auf mich gerichtet. Noch einmal atmete ich tief ein, streifte meine Schuhe von den Füßen, und berührte dann mit dem Zeigefinger meiner rechten Hand den goldenen Ring, der an meinem linken Mittelfinger steckte. Der Ring war mit zwei intensiv leuchtenden grünen Smaragden versehen und eine sehr kostbare Handarbeit.
Als ich den Ring berührt hatte, durchfuhr mich augenblicklich die Magie des Ringes vom Kopf bis zu den Füßen. Ich schloss die Augen, verschränkte meine Hände am Hinterkopf, stellte mich auf die Zehenspitzen und bog meinen Oberkörper so weit nach hinten, dass meine Haare fast meine Kniekehlen berührten. Nur so konnte ich mich voll konzentrieren und alles andere ausblenden. Lucys leise Bemerkung zu Kate: „Ey,will sie uns jetzt eine Figur aus dem Nussknacker zeigen?“, drang wie aus weiter Ferne in mein Bewusstsein. Dann kreuzte ich die Arme über meinem Busen und richtete mich blitzschnell auf – schon schwebte ich ungefähr einen halben Meter über dem Boden. Das alles geschah innerhalb von Sekunden.
Ich öffnete meine Augen und blickte erwartungsvoll auf die Runde herunter. Ein erstauntes Raunen erfüllte die Brücke. Das lag allerdings nicht nur daran, dass ich mich schwebend in der Luft befand, meine Augen hatten sich verändert und die gleiche intensive grüne Farbe von den Steinen auf meinem Ring angenommen. „Tja, das ist das magische Erbe meiner Großmutter,“ sagte ich fast entschuldigend zu meinen Schwestern, „sie war eine Hexe und hatte damals etwas mit einem sogenannten „Normalo“. Meine Mutter war das Ergebnis dieser Affäre. Aber zu ihrer großen Enttäuschung übersprang das magische Erbe eine Generation und ging direkt auf mich über. Ich bin also eine halbe Hexe, ein Halbblut. Mit dem Ring habe ich die Fähigkeit zu fliegen und kann damit im Dunkeln genauso scharf zu sehen wie im Tageslicht. Leider funktioniert die Sache nur, wenn ich keinen Alkohol getrunken habe! Gott sei Dank habe ich heute nur an dem Cocktail genippt.“ Dann ließ ich mich wieder langsam auf den Boden gleiten. „Nur Doc und Sweetlife wissen davon, na ja, und ihr jetzt auch“.
Als die Mädels anfangen wollten mich mit Fragen zu bombardieren, vertröstete ich sie auf später. Erst mussten diese Angriffe auf die Seraphim geklärt und aus der Welt geschafft werden. Die Übeltäter können sich nicht weit vom Schiff entfernt aufhalten.
„Jean, dich brauche ich als Bodenpersonal und besorge mir doch bitte noch ein paar Handgranaten.“ Er nickte mir zu und verließ schnell die Kommandobrücke. Ich riss mir seitlich einen langen Schlitz ins Kleid um mehr Beinfreiheit zu haben. Schade um das schöne Teil, aber zum Umziehen fehlte jetzt einfach die Zeit.
Draußen an der Reeling band ich meine Haare zusammen und wartete auf Jean, der mir, wenn`s brenzlig werden sollte, Feuerschutz geben würde. Im Moment war alles ruhig und der Vollmond spiegelte sich auf der leicht gekräuselten Oberfläche der Meeres. Sachte schlugen kleine Wellen gegen den Schiffsrumpf. Es ging kein Wind und die Luft war angenehm warm. Ideales Flugwetter, dachte ich bei mir. Da stand auch schon Jean neben mir und übergab mir zwei Handgranaten. Ups, der ist aber fix, dachte ich erstaunt. „Sei vorsichtig“, raunte er mir zu. „Bin ich doch immer“, erwiderte ich mit einem Lächeln, stieß mich ab und schon flog ich über der Seraphim.
Das Adrenalin schoss durch meine Adern und der Wind streichelte meine Haut. Dieses Hochgefühl ist mit nichts zu toppen, na ja, mit fast nichts…!
Da, in etwa 500 Metern Entfernung konnte ich ein kleines Schnellboot ausfindig machen, das dort vor sich hin dümpelte. Mit einer leichten Drehung meiner Hände hielt ich genau darauf zu und flog dabei sehr niedrig, damit mich ihr Radar nicht erfassen konnte. Genau über dem Boot schwebend, erkannte ich zwei Männer, die gerade dabei waren die Bordkanone auf unser Schiff auszurichten. Ohne zu zögern zog ich mit meinen Zähnen die Splinte, spuckte sie ins Meer und ließ die Granaten zielsicher auf ihr Deck fallen. Pfeilschnell schoss ich zurück zur Seraphim. Mit einem freundlichen Gruß von Bruce – Yippie-Ya-Yeah, Schweinebacken, auf den Lippen landete ich geschmeidig neben Jean auf dem Deck. Die Detonation der Granaten und die darauf folgende Explosion schickten das Boot sehr schnell auf den Meeresgrund.

Seite 32

Ein paar wenige brennende Trümmer zogen in sicherer Entfernung an unserem Schiff vorbei. Jean schloss mich erleichtert in seine Arme und drückte mich fest an seinen Körper. „Gott Lob, ich habe dich heile wieder“, flüsterte er nahe an meinem Ohr. Oh, oh, dachte ich nur leicht verwirrt, bitte nicht du auch noch…oder doch? Der Mann war heiß im wahrsten Sinne des Wortes. Sein Körper glühte fast an meiner Haut und verwundert sah ich in seine goldgelben Augen. Moment mal! Goldgelb? Seine Augen waren doch braun! Und er war doch vorhin noch nicht so riesig gewesen wie jetzt! Misstrauisch fragte ich ihn: „Was hab ich den hier verpasst? Wer oder was bist du?“ Mittlerweile hatten sich auch die anderen Crew Mitglieder und meine Schwestern an Deck versammelt. „Ich bin ein Werwolf, und ich bin nicht alleine“, sagte er und drehte sich zu den anderen Jungs um. Eric, Tim, Tiago und Cyrus sahen mich mit ihren gelben ruhig und unbewegten Augen an. Sie bildeten einen ziemlichen Kontrast zu den tiefblauen Augen der Vampire. Unbeabsichtigt entfuhr mir ein lautes „Wuff“, und ich musste grinsen. „Keine Sorge“, sagte Jean leicht säuerlich“, wir sind die Guten. Im Mittelalter ist es einem Alchemisten, ihr nennt solche Männer heute Biochemiker, gelungen, unsere DNA und die der Vampire soweit zu verändern, dass alle schlechten Eigenschaften unserer verschiedenen Rassen verschwunden sind. So konnten wir untereinander eine Allianz eingehen und seitdem das Böse dieser Welt gemeinsam bekämpfen. Uns ist die Stärke, unsere Schnelligkeit und die Unsterblichkeit geblieben. Wir ernähren genauso wie ihr und wir sind nicht mehr ausschließlich auf Blut angewiesen. Nur unsere Fänge enthalten ein Sekret, das nicht giftig ist, sondern…ähm, leicht stimulierend wirkt…vorsichtig ausgedrückt. Deswegen sind wir von einem gelegentlichen „Schlückchen Blut“ auch nicht abgeneigt, das man uns bisher auch immer bereitwillig überlassen hat. Die Veränderungen, die du eben bemerkt hast, treten nur bei Vollmond auf und verschwinden bei Sonnenaufgang wieder.“
Da trat Doc vor und sagte: „So, nachdem wir nun alle ausgiebig das Feuerwerk bewundert haben, sollten wir vielleicht wieder rein gehen und zur Beruhigung was trinken.“ Langsam fanden wir uns alle wieder im Black Pearl Club ein, die Band hatte die Musik wieder aufgenommen und spielte My heart will go on – wie passend! Kate und Bones nahmen wieder in einer Ecke in den Sesseln Platz, Kerstin und Tim waren nicht zu sehen, Norbert wich nicht von meiner Seite und Lilli und Lucy sahen mich neugierig an. Schätze, ich hab ein paar Fragen zu beantworten. Doc setzte sich an die Theke und kippte ihren Wodka runter, stirnrunzelnd blickte sie auf die Theke und hob etwas auf. Sie sah umwerfend aus, trotz ihrer 235 Jahre. Sie wirkte höchstens wie 28. Dies war einer der vielen Vorteile, wenn man unsterblich ist, man erstarrt sozusagen auf der Höhe seiner Kraft. Docs Mum war eine Walküre, ihr Dad ein keltischer Merlin bei dem sie alleine aufwuchs, da Ihre Mutter die Geburt nicht überlebte.
Sie stand auf und steuerte auf den Ausgang zu. Als sie gerade an mir vorbeigehen wollte, hielt ich sie am Arm fest und sah sie fragend an. Sie öffnete ihre Hand und zeigte mir grinsend einen Jeton. „Ich schätze McRieve wollte mir damit einen Hinweis geben wo er sich versteckt hält, ich werde mal nachschauen gehen.“ Sie eilte hinaus und machte sich mit ihren geschmeidigen langen Schritten auf den Weg ins Casino.
Dort angekommen schlüpfte sie durch die Tür und war überwältigt von dem Anblick der sich ihr bot. Statt der Kronleuchter erhellten unzählige schwarze Kerzen in allen Größen das Casino, im Hintergrund lief leise The Fray.

Seite 33

Bowen lehnte am Roulette-Tisch, er sah wie immer unverschämt gut aus mit seinen kinnlangen blonden Haaren. Die tiefblauen Augen, riesengroß, und ein perfekter muskulöser Körper ergänzte genau das Bild von einem Mann, dem Doc schwer widerstehen konnte. Die Kerzen warfen verführerische Schatten auf sein Gesicht und er beobachtete sie aufmerksam, als sie langsam auf ihn zuging. In dem schummrigen Kerzenlicht bildeten ihre langen weißblonden Haare einen sehr exotischen Kontrast zu ihrem lilafarbenen hautengen kurzen Kleid. Die schwarzen Stiefel, die sie dazu trurg, betonten ihre langen Beine. Sie blieb dicht vor ihm stehen, nahm das Glas aus seiner Hand und kippte den Inhalt auf Ex hinunter. Dabei blickte sie ihn mit ihren kühlen hellblauen Augen an.
Dann wedelte sie mit dem Jeton vor seinem Gesicht herum, ließ diesen ins Glas fallen und stellte es ab. „Du hast es wohl nicht so mit Worten, was?“
Bowen schlang seine Arme um Docs Hüften, zog sie an sich und drehte sie dabei schwungvoll herum, sodass sie zwischen ihm und dem Tisch stand. Er strich ihr eine Strähne, die nach vorne gefallen war, über die Schulter. Dabei streichelte er sanft mit dem Daumen über ihre Wange, blickte auf ihre wunderschönen Lippen und dann den Hals entlang hinunter bis zu der Stelle, wo die Haut oberhalb des Schlüsselbeins am zartesten ist. Er seufzte. Sie legte eine Hand unter sein Kinn, damit er sie ansah. Nach einem tiefen Blick in ihre Augen, küsste er sie zaghaft… seine warmen Lippen waren sehr weich und schmeckten leicht nach Zimt. Er nahm seinen Kopf zurück und blickte in ihre Augen. Vor Anspannung biss sich Doc auf auf die Lippe – etwas zu fest, ein kleiner Tropfen Blut bildete sich. Bowen leckte den Tropfen ab, packte Doc an den Hüften und hob sie auf den Tisch. Er warf seine Zurückhaltung über Bord, presste sich ganz nah an sie und küsste sie so leidenschaftlich, als ob es kein Morgen gäbe.   Alles drehte sich – verdammt er roch auch noch so wahnsinnig gut, ihre Sinne überschlugen sich und spielten Roulette. Das alles fühlte sich so unglaublich an – bis plötzlich abrupt die Tür aufging. Jemand betrat mit laut klackernden Geräuschen das Casino. „Mist, wieso muss Cyrus ausgerechnet jetzt hier hereinplatzen?“, flüsterte Bowen. Er reagierte blitzschnell und schnappte sich alle herumliegenden Kleidungsstücke und zog sie an der Hand mit sich. Geduckt schlichen sie zum hinteren Ausgang. Draußen auf dem Gang zog Doc sich wieder an. Sie war noch ganz benommen, aber das Licht holte sie langsam wieder in die Realität zurück.
„Hast du noch Lust mit in meine Kabine zu kommen?“ fragte Bowen, als sie Hand in Hand den Korridor hinunter liefen. „Klar, gerne. Und? War´s lecker?“ Typisch Doc, sowas konnte sie sich ja nicht verkneifen.  Außerdem schätze ich, du hast ca. 1,8 Promille und solltest deine Cholesterinwerte mal checken lassen.“ Lachend bogen sie um die Ecke und standen bald darauf vor seiner Tür. Bowen öffnete sie und ließ Doc den Vortritt. Wie von Geisterhand flackerten auch hier wieder etliche Kerzen auf. Telekinese ist wirklich eine praktische Eigenschaft – Wahnsinn! Sie traten in seine etwa 60 Quadratmeter große Suite.

Seite 34

In der Mitte des Raumes bildete ein gigantisches Bett das Zentrum. Das Bett war komplett mit schwarzer Seide bezogen. Überall herum verstreut lagen CD´s und Zeitungen und diverse Kleidungsstücke. An einer Wand standen 2 Gitarrenkoffer, und auf der gegenüberliegenden Seite hing ein riesengroßes Flat-TV. Daneben war noch eine Tür, die vermutlich ins Bad führte. Gegenüber dem Eingang befand sich eine große Glasfront. Dadurch hatte man die freie Sicht aufs Meer. „Musiker oder El Mariachi? Da du der Waffenmeister bist, tippe ich wohl eher auf Letzteres“, bemerkte Doc und schritt durch das Zimmer. Vor dem Bett blieb sie stehen und drehte sich um. Bowen stand direkt hinter ihr: „Machen wir jetzt da weiter, wo wir aufgehört haben? Für Smalltalk ist später immer noch genug Zeit“, murmelte er in ihr Ohr und bearbeitete wieder den Reißverschluss ihres Kleides.
Kate saß währenddessen immer noch mit Bones in einem der bequemen Doppelsessel in der Black Pearl Bar und hielt ein Glas Rotwein in der Hand. Sie hatte mit ihm einen Bauplan für ein U-Boot durchgesehen, welches so bald wie möglich auf einer vertrauenswürdigen Werft in Miami gebaut werden sollte. Er war begeistert von ihren Ideen und lobte immer wieder die Weitsicht, die sie an den Tag legte. Informationen über die Organisation der Schwarzen Orchidee oder der Schwesternschaft durften auf keinen Fall in die Hände ihrer Feinde fallen. Falls die Seraphim jemals in Gefahr geriet ausspioniert zu werden, musste das Schiff zuvor zerstört werden. Für den Fall der Fälle wäre ein gut getarntes Fluchtfahrzeug Gold wert. Während sie über den Plänen saßen, kreuzten sich ihr Blicke immer wieder. In seinen zitrin-gelben Augen flackerte es unmerklich auf. Unwillkürlich musste sie lächeln, als sie an ihre erste Begegnung dachte. Bei einer zufälligen Berührung am ersten Tag an Bord der MS Seraphim wurde sie von einem kleinen Stromschlag getroffen. Unverhofft hatten sie sich dann bereits in der darauffolgenden turbulenten Nacht auf dem Schiff leidenschaftlich geliebt. Auch jetzt knisterte die Atmosphäre zwischen ihnen. Bones konzentrierte sich immer weniger auf die Pläne. Er ließ den Blick über ihre Gestalt gleiten und rutschte unruhig in seinem Sessel hin und her. Anerkennend musste sie feststellen, dass er sehr kultiviert war, sich ihr gegenüber auffallend zuvorkommend verhielt und ihr letztlich immer besser gefiel. Keinen Moment bereute sie die leidenschaftliche erste Nacht.
Jetzt streifte er wie beiläufig ihre Schulter und schob zärtlich eine rotbraune, widerspenstige Haarsträhne aus ihrem Gesicht. Wieder senkte er seinen Blick und musterte sie eindringlich. Kate trug ein hellblaues, eng anliegendes, schulterfreies Corsagen-Minikleid von Pucci, welches ihre Figur toll zur Geltung brachte. Ihre zierlichen Füße steckten in silberfarbenen, hochhackigen Sandaletten von Paccolo Blaschik. Sie sah zum Anbeißen aus und niemand konnte ahnen, dass sie bereits seit 175 Jahren auf dieser Welt war. Im Alter von 26 Jahren hatte sie die Verwandlung durchgemacht und seitdem so manches erlebt. Damals wusste sie noch nicht, dass sie halb Mensch und halb Vampir war. Ihre Eltern hatte sie niemals kennengelernt, ein altes Ehepaar hatte sich liebevoll um sie gekümmert, nachdem sie eine Zeit lang auf der Straße gelebt hatte. Die Black Dagger-Ladies lernte sie zufällig kennen, als sie eines Tages in der Nähe eines Nachtclubs eine junge Frau verteidigte, die von vier brutalen Männer attackiert worden war. Dieser Zwischenfall sollte ihr ganzes Leben verändern. Die Mädels, die den Kampf zufällig beobachtet hatten, waren von ihrem Engagement und ihrer Schlagkraft so beeindruckt, dass sie Kate aufforderten, sich ihnen anzuschließen. Kate brauchte nicht lange zu überlegen und schloss sich den fünf Ladies an. Somit war sie nun das jüngste Mitglied und bereute es nicht eine Sekunde. Eine besondere Freundschaft verband sie mit Doc, eine Schicksalsgefährtin, die aufgrund ihrer 235 Jahre zudem über noch mehr Lebenserfahrung als Kate verfügte.
„Kate, ich möchte dir etwas zeigen†œ, flüsterte Bones jetzt mit rauer Stimme in ihr Ohr. Na endlich, dachte sie erleichtert. „Was denn?“, fragte sie unschuldig und bedachte ihn mit einem ermutigenden Lächeln. „Du wirst schon sehen“, sagte er und schnupperte an ihrem Haar. Er nahm ihr das Rotweinglas aus der Hand und zog sie mit sich. Sie gingen in Richtung Oberdeck zur Brücke. Na ja, da wollte sie eigentlich nicht hin.

Seite 35

Als ob er ihre Gedanken gelesen hatte, sagte er schnell: †œIch funke nur die Pläne durch und dann hast du meine ungeteilte Aufmerksamkeit.†œ Unvermittelt küsste er sie sanft auf den Mund und Kate musste sich an seinen muskulösen Armen festhalten, sonst wäre sie unsanft auf dem Hintern gelandet. Nachdem er die Pläne verschickt hatte, betätigte er einen Knopf und wie durch Zauberhand öffnete sich die Decke. Eine Treppe kam zum Vorschein. Blitzschnell hatte er sie auf seine starken Arme gehievt und die Treppe hinauf getragen. Oben angekommen, konnte sie ihr Erstaunen nicht unterdrücken. Sie befanden sich direkt in einem Glashaus. Der Raum musste von außen gut getarnt sein, denn er wir ihr bislang auf dem Schiff nicht aufgefallen. Viele Blumen verströmten einen betörenden Duft. Durch die Glasdecke war der Sternenhimmel zu sehen, direkt über ihnen stand der Vollmond am Firmament und zauberte ein unheimliches Licht in den Raum. Langsam ließ Bones sie an sich herab gleiten und hielt sie immer noch ganz nah an sich gepresst. Seine schönen, festen Lippen näherten sich den ihren. Wie um ihr Einverständnis einzuholen, hielt er einen kurzen Moment inne.  Langsam entspannte sie sich.

Ein durchdringendes Alarmsignal riss sie beide unsanft aus ihrem Halbschlaf. Bones sprang als erster aus dem Bett und zog sich die Kleider in Sekundenschnelle über den Leib. Dann gab er Kate einen flüchtigen Kuss und fragte: „Alles okay?“
„Ja, ich habe so schön geträumt“, seufzte Kate noch im Halbschlaf.
Aber plötzlich war sie hellwach: „Bones, verdammt, wo hast du meine Klamotten gelassen, und was ist das für ein Alarm?“ Splitternackt sprang sie aus dem Bett und zog sich an. „Das kommt vom Achterdeck, soweit ich das beurteilen kann“, entgegnete er. „Was befindet sich dort?“
Kate beschlich ein ungutes Gefühl. An Bones Reaktion konnte sie erkennen, dass die Lage ernst war. Sie zog sich so schnell wie möglich an, um Bones zu folgen. Als sie gerade fertig war, tauchte er schon wieder auf. Mit einem verschmitzten Lächeln und zwei Tassen Kaffee stand er wieder in der Tür. „Es war nur Fehlalarm“, sagte er. „Lilli, Lucy, Garvin und Duncan haben irgendetwas ausprobiert und dabei ein kleines Feuerchen gemacht. Das hat dann den Rauchmelder ausgelöst.“ Er musste sich das Lachen verkneifen, als er in Kates Gesicht sah. Kate fand das gar nicht lustig. Da sie aber nicht in Stimmung zum Streiten war, sagte sie nur: „Ich werde dann mal gehen. Ich muss mich zur Besprechung noch umziehen. Wir treffen uns in 30 Minuten an Deck, okay?“ Bones wollte noch etwas erwidern, aber da war sie schon durch die Tür hinaus.
Sie brauchte etwas Abstand und musste sich über ihre Gefühle klar werden.

Seite 36
Kerstin und Tim hatten sich nach den vielen Offenbarungen an Deck, Angies Flugkunst und Jeans Eingeständnis ein Wolf zu sein, klammheimlich davon geschlichen. Sie wollten endlich etwas Zeit für sich haben, bevor womöglich der richtige Stress anfing. Also verdrückten sie sich in Kerstins Kabine, weil sie wussten, dass keiner, der seinen Kopf behalten wollte, sie da stören würde. Da es draußen noch dunkel war, ließ Tim durch seine Gedanken ein paar Kerzen aufleuchten. Ein leichter Schauer der Erregung lief Kerstin über den Nacken. Tim schaute sie die ganze Zeit an und Kerstin spürte, wie sich  der Reißverschluss an ihrem Catsuit bewegte. Die transparente Rückenpartie fiel leicht über ihre Schultern. Ein leiser Schreckenslaut verließ ihre bebenden Lippen. Mit zwei großen Schritten kam Tim auf sie zu, dabei ließ er sie nicht aus den Augen. Er nahm sie zärtlich in beide Arme und küsste ganz sanft ihr Gesicht.
„Holla, was passiert denn nun?“, fragte sie sich. Aber das war dann auch schon der letzte richtige Gedanke, den sie noch fassen konnte, denn jetzt hatte Tim komplett das Kommando übernommen.

Copyright © BD Sisterhood

Zur Fortsetzung mit Kapitel 4 geht´s hier lang. 😉