Mircea Cărtărescu erhält den Internationalen Literaturpreis 2012

Der 55-jährige rumänische Schriftsteller Mircea Cărtărescu erhält den mit 25.000 Euro dotierten Internationalen Literaturpreis des Hauses der Kulturen der Welt für seinen im Jahr 2011 im Paul Zsolnay Verlag erschienenen  Roman „Der Körper„.

Gerhardt Csejka und Ferdinand Leopold erhalten für ihre gemeinsame deutsche Erstübersetzung 10.000 Euro.

Der Internationale Literaturpreis wird seit 2009 jährlich vergeben. Er soll die Aufmerksamkeit für aktuelle literarische Stimmen aus aller Welt erhöhen und die Vermittlungsleistung von literarischen Übersetzern würdigen.

Der diesjährige Preisträger Mircea Cărtărescu wurde in Bukarest geboren. Er veröffentlicht seit 1978 Gedichte und Prosa. Sein Werk wurde in viele Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Cărtărescu setzte sich in der Abstimmung der Jury gegen fünf weitere Nominierungen der Shortlist durch.

Dem rumänischen Autor Mircea Cărtărescu ist mit „Der Körper“ ein fulminanter Roman und sprachlich elektrisierendes Kunstwerk von seltener Intensität und Leuchtkraft gelungen. Die Selbsterkundung des Icherzählers Mircea wird zur Welterkundung und breitet ein literarisch vernetztes Denken aus, das kleinste und größte Elemente der Existenz zusammenführt, das Denken und Sprechen in neuronaler Metaphorik mit dem Kosmos verwebt. „Der Körper“ gleicht einem grellbunten Kaleidoskop aus Bewusstseinssplittern und Kindheitserinnerungen, familiengeschichtlichen Episoden und Bildern des unter Ceaucescu in grossen Teilen zerstörten Bukarests, aus politischen Momentaufnahmen seiner Herrschaftszeit und phantastischen, elektrisierenden Gedankenflügen. Gerhardt Csejka und Ferdinand Leopold haben den bilderreichen, aberwitzig surrealen Stil des Buches und die innovative Sprachpotenz dieses faszinierenden Textgewebes meisterhaft ins Deutsche übertragen, indem sie die eigene Imaginationskraft der deutschen Sprache neu und schöpferisch ausloteten„, lautet die Begründung der Jury.

Kurzbeschreibung
Als die Schreibstube des Erzählers dem urbanistischen Größenwahn des Diktators zum Opfer fällt, kehrt Mircea in die Wohnung der Eltern zurück, wo die Vergangenheit wieder lebendig wird. Bukarest leuchtet – die Stadt wird zur Literatur, wenn er Urgroßvater Vasile herbeihalluziniert oder wenn sich Urgroßmutter Maria allmorgendlich in einen Schmetterling verwandelt.

In diesem irrwitzigen Roman voller Alpträume, dem zweiten Teil der „Orbitor†œ-Trilogie des Schriftstellers aus Rumänien, fügen sich Phantastik und Physik, Tradition und Moderne, Sinnlichkeit und Abstraktion zu einem Kunstwerk.

Die Preisverleihung findet in Anwesenheit der Preisträger und der Jury am 06. Juni 2012 im Haus der Kulturen der Welt in Berlin statt.

Die Festrede hält Peter Esterházy, durch den Abend führt Sigrid Löffler. Der Abend schließt mit einer Lesung von Nina Petri aus dem prämierten Werk.

Quelle: Haus der Kulturen der Welt

Preis der Literaturhäuser 2012: Feridun Zaimoglu am 23.05. zu Gast in München

© Hans Peter Schaefer

Der Preis der Literaturhäuser 2012 geht an den Schriftsteller Feridun Zaimoglu. Die Auszeichnung wird jährlich während der Leipziger Buchmesse einer Schriftstellerin, einem Schriftsteller für die besondere Vermittlung ihrer Werke verliehen wird. Neben dem Preisgeld in Höhe von 11.000 Euro, gewinnen die Preisträgerin, der Preisträger eine Lesereise durch alle im Netzwerk zusammengeschlossenen Literaturhäuser.

Feridun Zaimoglu wird vom 21. März bis 24. Mai 2012 zu Leseabenden durch die Literaturhausstädte reisen und am 23. Mai 2012 um 20 Uhr zu Gast im Literaturhaus München sein.

Er wird im Gespräch mit der Dramaturgin Julia Lochte (Münchner Kammerspiele) Auskunft geben über sein Schreiben und auch über seine Arbeit am Theater. An den Münchner Kammerspielen machte er 2003 mit seiner Bearbeitung von William Shakespeares „Otello“ (zusammen mit Günter Senkel) von sich reden. Zaimoglu und Senkel steuerten außerdem Texte zu Luk Percevals Inszenierung „Lulu Live“ bei und schrieben gemeinsam das Stück „Alpsegen„, das im April 2011 in München uraufgeführt wurde.

„Was Feridun Zaimoglu vorliest, es wird nicht beschrieben, es passiert †“ auf der Bühne, vor den Augen des Publikums. Mit unnachahmlicher Emphase schlägt Zaimoglu den Sätzen den Takt. Seine Romane †“ von Kanak Sprak über Leyla bis Ruß †“ mäandern zwischen analytischer Präzision und Liebesbrand†™, greifen mit vollen Händen ins Grimmsche Wörterbuch und suchen nicht zu verbergen, dass auch das dramatische Schreiben zu den Leidenschaften des Autors zählt. Feridun Zaimoglu ist überdies ein streitbarer Gesprächspartner und ein Verfasser risikofreudiger Essays, etwa über „die Aufklärung als Opium der aufstrebenden Bürgerklasse“ oder über den „Kulturkampf in Deutschland“, über Kopftuch und Minarett. Insgesamt offenbaren sich in Zaimoglus Arbeiten gerade jene Personengruppen als besonders stimmhaft, die in der gegenwärtigen Gesellschaft, beziehungsweise in ihrem Rücken, nur schwer hörbar sind,“ heißt es in der Begründung der Jury.

Veranstalter: Stiftung Literaturhaus , Eintritt: Euro 9.- / 7.-

Quelle Foto: Feridun Zaimoglu Wikipedia © Hans Peter Schaefer http://www.reserv-art.de/

Felicitas Hoppe erhält Georg-Büchner-Preis 2012

Die 51-jährige deutsche Schriftstellerin Felicitas Hoppe wird mit dem Georg-Büchner-Preis 2012, dem wichtigsten Literaturpreis in Deutschland, ausgezeichnet. Der mit 50.000 Euro dotierte Preis wird seit 1951 von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt vergeben.

„In einer Zeit, in der das Reden in eigener Sache die Literatur immer mehr dominiert, umkreist Felicitas Hoppes sensible und bei allem Sinn für Komik melancholische Erzählkunst das Geheimnis der Identität“, begründete die Jury die Entscheidung. Die Verleihung des Preises ist für den 27. Oktober in Darmstadt vorgesehen.

Felicitas Hoppe, 1960 in Hameln an der Weser geboren, lebt als freie Schriftstellerin in Berlin. Für ihr Werk wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet; u.a. mit dem Aspekte-Literaturpreis (1996), dem Bremer Literaturpreis (2007) und dem Roswitha-Preis der Stadt Bad Gandersheim (2007). Zuletzt erschien im März 2012 ihr biografisches Buch Hoppe.

Kurzbeschreibung
Als Leben zu kurz, als Roman zu schön, um wahr zu sein: Das Beste, was bislang über Hoppe geschrieben wurde!
Hoppe ist keine Autobiographie, sondern Hoppes Traumbiographie, in der Hoppe von einer anderen Hoppe erzählt: von einer kanadischen Kindheit auf dünnem Eis, von einer australischen Jugend kurz vor der Wüste, von Reisen über das Meer und von einer Flucht nach Amerika. Hoppes Lebens- und Reisebericht wird zum tragikkomischen Künstlerroman, mit dem sie uns durch die Welt und von dort aus wieder zurück in die deutsche Provinz führt, wo ihre Wunschfamilie immer noch auf sie wartet.
Eine Geschichte über vergebliche Wünsche, gescheiterte Hochzeiten und halbierte Karrieren. Und über das unbestreitbare Glück, ein Kind des Rattenfängers aus Hameln zu sein.

Quelle: Zeit Online

Kurt Flasch erhält den mit 50.000 Euro dotierten Joseph-Breitbach-Preis 2012

Seit 1998 verleiht die Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz und der Stiftung Joseph Breitbach in Vaduz jährlich den Joseph-Breitbach-Preis an deutschsprachige Schriftsteller. Die Auszeichnung ist mit 50.000 Euro dotiert und somit der höchst dotierte Literaturpreis im deutschsprachigen Raum.

In diesem Jahr geht die Auszeichnung an den an den 82-jährigen deutschen Philosophiehistoriker und Schriftsteller Kurt Flasch.

Kurt Flasch sei einer der urbansten Schriftsteller und zugleich ein großer Philosoph und Historiker. Er habe die Literatur der Gegenwart mit seinen Essays, Übersetzungen und Erinnerungen bereichert. In seinen Erzählungen mache Flasch Pariser Universitätsfehden und Intrigen am päpstlichen Hof lebendig, begründete die Akademie der Wissenschaften und Literatur in Mainz die Wahl.

Zuletzt erschien von Kurt Flasch im Januar 2012 im Fischer Verlag „Commedia (Göttliche Komödie): I.Commedia. In deutscher Prosa von Kurt Flasch. II.Einladung, Dante zu lesen“

Kurzbeschreibung
Dantes Commedia ist wie der Dom, der zu seiner Zeit in Florenz entstand.: Zahllose Ein- und Ausgänge führen unter eine große Kuppel, in der die Geschichten und Figuren, die Biographien und das Wissen ihrer Zeit unendlich nachhallen. Seine „Commedia“ durchmisst den gesamten metaphysischen Kosmos der damaligen Zeit – Hölle, Fegefeuer und Paradies – und durcheilt gleichzeitig die dunklen Gassen und verschwiegenen Hintertreppen seiner Zeit. Das Buch war Vision wie Skandal.

Mit seiner Übertragung legt Kurt Flasch die Frucht seiner lebenslangen Dante-Bschäftigung vor. Seine elegante Sprache, seine Kunst zur plastischen Darstellung und sein enzyklopädisches Wissen greifen in einander und erschließen Dantes Kosmos neu. Kurt Flasch entdeckte, dass nicht der Vers, sondern der Satz das eigentliche ArchitekturelementDantes ist und übersetzt sein Meisterwerk in eine rhythmisch federnde Prosa, die die Farben der Details, die erzählerische Brisanz seiner Stimmen hervorhebt.

In seiner „Einladung, Dante zu lesen“ führt er den Leser durch diese Welt der falschen Päpste und wahren Sünder, der antiken Liebenden und verfluchten Despoten. Hinter dem Meisterwerk und Meilenstein der europäischen Kunst entdeckte er ein Labyrinth der Geschichten und legt so die Kontur einer Epoche frei.

Der in Mainz geborene Kurt Flasch war von 1970 bis 1995 Lehrstuhlinhaber für Philosophie an der Ruhr-Universität Bochum. Sein Hauptarbeitsgebiet dabei waren die philosophischen Strömungen in der Zeit von 400 nach Christus bis 1600. Flasch ist Autor zahlreicher Bücher über mittelalterliche Philosophen wie Nikolaus von Kues oder Meister Eckhart. Der Wissenschaftler wurde 2009 mit dem Hannah-Arendt-Preis geehrt, 2010 erhielt er den Lessing-Preis für Kritik.

Der Joseph-Breitbach-Preis wird am 21. September im Stadttheater Koblenz verliehen. Der Preis erinnert an den deutsch-französischen Schriftsteller Joseph Breitbach (1903-1980), der den Preis 1977 zunächst stiftete. Preisträger der vergangenen Jahre sind Ursula Krechel (2009) Michael Krüger (2010) und Hans Joachim Schädlich (2011).

Quelle: SWR

Ausgezeichnete Literatur: Shortlist zum Internationalen Literaturpreis 2012

Zum vierten Mal verleihen 2012 das Haus der Kulturen der Welt und die Stiftung Elementarteilchen den Internationalen Literaturpreis †“ Haus der Kulturen der Welt.

Seit 2009 zeichnet der Preis einen herausragenden, ins Deutsche übersetzten fremdsprachigen Titel der gegenwärtigen internationalen Erzählliteratur und seine Übersetzung aus. Der Preis ist mit 25.000 Euro für die Autorin / den Autor und mit 10.000 Euro für die Übersetzerinnen / den Übersetzer des Werkes dotiert.

In diesem Jahr reichten 70 Verlage über 140 Titel ein, übersetzt aus 30 Sprachen, von Autoren aus 50 verschiedenen Herkunftsländern.

Nachfolgend die nominierten Romane für 2012

Das Schweigen des Sammlers von Jaume Cabré. Aus dem Katalanischen von Kirsten Brandt und Petra Zickmann

Kurzbeschreibung
„An jenem Tag verstand ich, daß ich von dem gleichen Dämon besessen war wie mein Vater. Das Kribbeln im Bauch, das Jucken in den Fingern, der trockene Mund …“ Der Antiquitätenladen des Vaters in Barcelona ist eine wahre Schatzkammer, doch die Faszination des jungen Adrià gehört allein einer wertvollen Geige aus dem 18. Jahrhundert mit einem bezaubernden Klang, die erste aus den Händen des berühmten Geigenbauers Lorenzo Storioni aus Cremona. Heimlich tauscht der Musikschüler Adrià sie eines Tages mit seiner eigenen Geige aus, um sie stolz seinem besten Freund Bernat zu zeigen. Als er die Storioni zurücklegen möchte, sind seine Geige und sein Vater verschwunden, der Antiquitätenhändler wurde kaltblütig ermordet. In Adrià keimen Schuldgefühle auf. Viele Jahre danach †“ Adrià ist inzwischen Gelehrter und Sammler †“ sucht er das Rätsel um die Herkunft der Storioni zu lösen und so den wahren Grund für den Mord herauszufinden. Doch er ahnt nicht, daß die Vergangenheit des Musikinstruments eine Geschichte von Familiengeheimnissen und dunklen Mordfällen, von Haß und Intrigen, Liebe und Verrat birgt. Der Schatten dieser Ereignisse ragt über viele Jahrhunderte europäischer Geschichte bis in Adriàs unmittelbare Gegenwart und droht ihm alles zu nehmen †“ auch seine große Liebe Sara.

Der Körper von Mircea Cartarescu. Aus dem Rumänischen von Gerhardt Csejka und Ferdinand Leopold

Kurzbeschreibung
Als die Schreibstube des Erzählers dem urbanistischen Größenwahn des Diktators zum Opfer fällt, kehrt Mircea in die Wohnung der Eltern zurück, wo die Vergangenheit wieder lebendig wird. Bukarest leuchtet – die Stadt wird zur Literatur, wenn er Urgroßvater Vasile herbeihalluziniert oder wenn sich Urgroßmutter Maria allmorgendlich in einen Schmetterling verwandelt. In diesem irrwitzigen Roman voller Alpträume, dem zweiten Teil der „Orbitor†œ-Trilogie des Schriftstellers aus Rumänien, fügen sich Phantastik und Physik, Tradition und Moderne, Sinnlichkeit und Abstraktion zu einem Kunstwerk.

Allahs Töchter von Nedim Gürsel. Aus dem Türkischen von Barbara Yurtdas

Kurzbeschreibung
Nedim Gürsel, Jahrgang 1951, erzählt von der eigenen Kindheit, die er bei den Großeltern in Manisa in der Türkei verlebte. Der Großvater führt Nedim in die Welt des Islam ein. Er tut es sanft und menschlich. Trotzdem beschäftigen und plagen den Jungen die Rätsel, Wunder und Legenden der Religion †“ von denen Gürsel ebenfalls erzählt: von der »Kindheit« des Islam, in der „Allahs Töchter“ dem Kampf Mohammeds für den einen Gott zu weichen haben. In einer Mischung aus Bedauern, Eifersucht, Neid und Faszination läßt er Lat, Manat und Uzza †“ so heißen die drei weiblichen Götzen †“ aus der Kaaba in Mekka berichten. Der Großvater diente im Ersten Weltkrieg »nebenan«, in Medina, als Soldat. Aus seinen Erinnerungen erfahren wir mehr über den Untergang des Osmanischen Reichs, über Geburtswehen und »Kindheit« der modernen Türkei. Muslime kämpften gegen Muslime, Türken gegen Araber und Engländer … Das alles ist aktuellste Vorgeschichte der Gegenwart, in der uns der Islam in manchen Erscheinungen absolut und bedrohlich begegnet. Fast unter der Hand führt Gürsels Geschichtenerzählen zu einer menschlich relativierenden Betrachtungsweise. (Übrigens ist, wovon der Autor die Töchter Allahs singen und klagen läßt, zwar überraschend und wenig bekannt, es entstammt jedoch der islamischen Überlieferung †“ weshalb von Blasphemie nicht die Rede sein kann.) Einnehmend, phantastisch und erhellend ist Nedim Gürsels weit in die Vergangenheit †“ bis zu Allahs Töchtern †“ ausgreifender Entwicklungsroman eines türkischen Jungen in der Mitte des 20. Jahrhunderts.

K: Roman von Tom McCarthy. Aus dem Englischen von Bernhard Robben

Kurzbeschreibung
Kommunikation, Kokain, Karbon †“ K, ein wahrhaft aufregender und visionärer Roman.
England, vor der Wende zum 20. Jahrhundert: Serge Karrefax kommt mit einer Glückshaube zur Welt, was dem Jungen eine außergewöhnliche Zukunft verheißt. Und tatsächlich, sein Leben spiegelt all die Wunder des soeben angebrochenen neuen Zeitalters. „K“ steht für Kommunikation: Begeistert von der neuen Funktechnologie, verbringt Serge die Nächte mit der Suche nach Signalen im Äther. »K« steht für Krieg: Im Ersten Weltkrieg wird er als Funker eingezogen, und er liebt es, in seiner Flugmaschine, Kokain im Blut, Hölderlin auf den Lippen, über die Verwüstungen hinwegzufliegen. »K« steht aber auch für Krypta: Nach Séancen, Sex und Paranoia im Swinging London der Zwanziger verschlägt es Karrefax in das Ägypten Howard Carters. Bis sein Leben an jenem Tag, an dem er in eine der altägyptischen Grabkammern hinabsteigt, eine Wendung nimmt …
Tom McCarthy schildert mit faszinierender Präzision die große Ära, in der die Technologie das Licht der Welt erblickt, ihre Obsessionen, Ängste und Wahrheiten. Dies ist ein kühner Roman, von einem absoluten Kunstwillen getragen, der unsere globalisierte, hochtechnisierte Gegenwart widerhallen lässt.

Parallelgeschichten von Péter Nádas. Aus dem Ungarischen von Christina Viragh

Kurzbeschreibung
Zwanzig Jahre nach seinem international gefeierten Buch der Erinnerung legt Péter Nádas sein Opus maximum vor. Als die Parallelgeschichten 2005 in Ungarn erschienen, wurden sie als ein «Krieg und Frieden des 21. Jahrhunderts» begrüßt. 1989, im Jahr des Mauerfalls, findet der Student Döhring beim Joggen im Berliner Tiergarten eine Leiche. Mit dieser kriminalistischen Szene beginnt der Roman, eröffnet zugleich aber auch die weitgespannte Suche nach dem düsteren Geheimnis einer Familie. Es ist die Geschichte der Budapester Familie Demén und ihrer Freunde, deren persönliche Schicksale mit der ungarischen und deutschen Vergangenheit verknüpft werden. Die historischen Markierungen sind die ungarische Revolution 1956, die nachrevolutionäre Zeit, der ungarische Nationalfeiertag am 15. März 1961 und, rückblickend, die Deportation der ungarischen Juden 1944/45 und die Vorkriegszeit der dreißiger Jahre in Berlin. Der Roman entwirft ein Panorama europäischer Geschichte, in einer überwältigenden Fülle von Geschichten, die keine realistische Konstruktion zu einer Story vereinen könnte. Die eine große Metaerzählung des Romans jedoch bilden die Geschichten der Körper, die für Nádas zum Schauplatz der Ereignisse werden. Der männliche und weibliche Körper und seine Sexualität prägen die Lebenswirklichkeit der Personen, sie sind das «glühende Magma», das «in der Tiefe ihrer Seele oder ihres Geistes ruhende Zündmaterial», das die Parallelgeschichten zur Explosion bringt. Aufgrund seines analytischen Scharfblicks und der Kraft seiner Personengestaltung stellt die internationale Kritik Péter Nádas neben Proust. Wenn dessen großer Roman am Beginn einer literarischen Moderne steht, dann mag diese in den Parallelgeschichten ihre Vollendung finden.

Die Tigerfrau von Téa Obreht. Aus dem Englischen von Bettina Abarbanell

Kurzbeschreibung
Natalia arbeitet in einem Waisenhaus irgendwo in Südosteuropa, als sie vom rätselhaften Tod ihres geliebten Großvaters erfährt. Nach Erklärungen suchend, erinnert sich die junge Ärztin an jene Geschichten aus seinem Leben, die sich um zwei seltsame, fatale Gestalten drehen †“ die Tigerfrau, eine schöne Taubstumme in seinem Heimatdorf, die einen geflüchteten Tiger pflegte; und einen charmanten, obskuren Mann, der nicht sterben kann. Während Natalia auf den Spuren des Großvaters durch idyllische und kriegsverwüstete Landschaften reist, werden ihr diese Figuren immer gegenwärtiger. Bald entspinnt sich ein ganzer Kosmos an Mythen und Gestalten, und Natalia begreift, welche Wahrheit über die Lebensrätsel ihrer Familie und ihre versehrte Heimat in ihnen steckt … Sprachgewaltig, mit unvergesslichen Figuren und einer erzählerischen Virtuosität, die an Gabriel García Márquez erinnert, entwirft Téa Obreht das schmerzlich-schöne Bild einer zwischen gestern und heute gefangenen, mythengläubigen Welt. Time schrieb über Die Tigerfrau: „Liebe, Legende und Tod werden hier so wundervoll geschildert, dass jeder andere Roman in diesem Jahr Gefahr läuft, an der unheimlichen Schönheit dieses Buches gemessen zu werden. Seit Zadie Smith debütierte kein junger Autor mit solcher Kraft und Eleganz.“

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Die Bekanntgabe der Preisträger erfolgt am 23. Mai 2012. Die Preisverleihung findet am 6. Juni 2012 im Haus der Kulturen der Welt in Berlin statt.

Quelle: Haus der Kulturen der Welt