Günter Grass im Visier – Die Stasi-Akte.

Günter Grass im Visier – Die Stasi-Akte. Eine Dokumentation mit Kommentaren von Günter Grass und Zeitzeugen
von Kai Schlüter

Wie die Stasi den kritischen Dichter ausspionierte.

In der Nacht vom 12. auf den 13. August 1961 begannen die NVA, 5000 Angehörige der Deutschen Grenzpolizei (Vorläufer der Grenztruppen), 5000 Angehörige der Schutz- und Kasernierten Volkspolizei und 4500 Angehörige der Betriebskampfgruppen die Straßen und Gleiswege nach West-Berlin abzuriegeln.

Im Juli 1961 hielt ein Leutnant Schindler vom Ministerium für Staatssicherheit fest:

„GRASS ist ein Mensch ohne jede feste politische Einstellung und Haltung. Er schießt praktisch nach beiden Seiten und kommt sich dabei sehr imposant vor. Er möchte als ein Freiheitsapostel erscheinen.

Eine Woche nach dem Mauerbau, am 18. August 1961, begann mit dem „Suchzettel“ und der Notiz: „aufgefallen wegen Provokation“ die systematische Stasi-Überwachung des Schriftstellers Günter Grass. In den folgenden Jahren wurden, bis zum Mauerfall im Jahr 1989, etwa 2200 Aktenseiten angefertigt.

Kai Schlüter hat die 2200 Seiten gesichtet und daraus die wichtigsten ausgewählt. Entstanden ist ein aussagekräftiges, beachtenswertes Buch über die deutsche „Literatur- und Teilungsgeschichte“ verfasst. Die Dokumentation wird ergänzt mit Kommentaren von Grass und Zeitzeugen.

Kurzbeschreibung
Im Mai 1961 gerät Günter Grass ins Visier des Ministeriums für Staatssicherheit, die ihn als ideologischen Gegner ausmacht und bis zum Herbst 1989 engmaschig überwacht. Grass beharrt auf der Einheit der deutschen Literatur, kritisiert die Zensur, hilft unterdrückten Schriftstellerkollegen, fordert Abrüstung und Umweltschutz in Ost und West – um den Preis, dass seine Bücher Jahrzehnte in der DDR nicht erscheinen dürfen. 2200 Seiten Akten legen Zeugnis ab vom Kontrollwahn des Geheimdienstes der DDR, offenbaren die Mechanismen der Überwachung, aber auch die Wege, sie zu umgehen. Der vorliegende Band macht das schwer auffindbare und verstreut archivierte Material erstmals zugänglich, ordnet es chronologisch und thematisch. Günter Grass selbst sowie viele Autorenkollegen und Zeitzeugen liefern mit ihren Kommentaren aufschlussreiche Hintergrundinformationen. Ein Dokument deutscher Literatur- und Zeitgeschichte.

Über den Autor

Kai Schlüter: Jahrgang 1956; Studium der Germanistik und Sozialwissenschaften in Göttingen; 1977/78 Deutschlehrer des Goethe-Instituts in Pietarsaari/Finnland; 1983 Promotion über die Münchener Nachkriegszeitschrift „Die Fähre/Literarische Revue“; 1983/84 Volontariat bei der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung; 1984-86 Hörfunkredakteur beim Norddeutschen Rundfunk in Oldenburg; seit 1986 Redakteur bei Radio Bremen in verschiedenen Funktionen, u. a. ARD-Hörfunkkorrespondent in Washington und London sowie Chef vom Dienst im Nordwestradio (RB/NDR), Feature-Autor und -redakteur. Autor des Hörbuches „Deckname Bolzen – Günter Grass im Visier der Stasi!.

Die gebundene Ausgabe umfasst 384 Seiten und ist am 08. März 2010 im Ch. Links Verlag erschienen. „Günter Grass im Visier – Die Stasi-Akte“ ist für 24,90 Euro im Buchhandel erhältlich.

P.E.N. protestiert – Brief an den iranischen Botschafter

Das deutsche P.E.N. – Zentrum hat den Jahreswechsel zum Anlass genommen, um in einem Brief an den iranischen Botschafter in Berlin gegen Haft, Haftbedingungen und Gerichtsverfahren von iranischen Schriftstellern und Journalisten zu protestieren.  Nach Kenntnissen des P.E.N. befinden sich derzeit 25 iranische Schriftsteller und Journalisten in Haft – 22 erwarten ihr Urteil. Die meisten Verhafteten wurden in das Theheraner Gefängnis Evin gebracht, dessen Innenleben in der iranischen Literatur hinlänglich beschrieben wurde.

Quelle: Süddeutsche Zeitung

Morgen, Kinder, wird´s nichts geben!

Weihnachtslied, chemisch gereinigt von Erich Kästner (1928)

Morgen Kinder, wird´s nichts geben!
Nur wer hat, kriegt noch geschenkt.
Mutter schenkte Euch das Leben.
Das genügt, wenn man†™s bedenkt.
Einmal kommt auch eure Zeit.
Morgen ist†™s noch nicht soweit.

Doch ihr dürft nicht traurig werden.
Reiche haben Armut gern.
Gänsebraten macht Beschwerden.
Puppen sind nicht mehr modern.
Morgen kommt der Weihnachtsmann.
Allerdings nur nebenan.

Lauft ein bisschen durch die Straßen!
Dort gibt†™s Weihnachtsfest genug.
Christentum, vom Turm geblasen,
macht die kleinsten Kinder klug.
Kopf gut schütteln vor Gebrauch!
Ohne Christbaum geht es auch.

Tannengrün mit Osrambirnen †“
Lernt drauf pfeifen! Werdet stolz!
Reißt die Bretter von den Stirnen,
denn im Ofen fehlt†™s an Holz!
Stille Nacht und heil†™ge Nacht †“
Weint, wenn†™s geht, nicht! Sondern lacht!

Morgen, Kinder, wird†™s nichts geben!
Wer nichts kriegt, der kriegt Geduld!
Morgen, Kinder, lernt fürs Leben!
Gott ist nicht allein dran schuld.
Gottes Güte reicht so weit …
Ach, du liebe Weihnachtszeit!

Quelle: Kästner für Erwachsene / 4 Bände: Ausgewählte Schriften 1 – 4

Die gebundene Ausgabe umfasst 1552 Seiten und ist im August 2005 im Atrium-Verlag erschienen.

Ein Muss für jeden Bücherschrank: „Kästner für Erwachsene„: Mit sämtlichen Romanen und allen großen Gedichtbänden bietet die umfangreiche Kästner-Werkausgabe eine nahezu vollständige Sammlung der Texte des Erwachsenenautors Erich Kästner. Die Auswahl – von „Fabian“ bis zu „Ein Mann gibt Auskunft“ – zeigt das gesamte Spektrum des Moralisten und Satirikers und lädt dazu ein, immer wieder aufs Neue zu stöbern und zu entdecken. Dazu kommen Erich Kästners Autobiographie „als ich ein kleiner Junge war„, ein ausführliches Kästner-Porträt sowie eine detaillierte Zeittafel.

Vier Bände im Schuber, Leineneinband. Mit Illustrationen von Erich Ohser und einem Vorwort von Hermann Kesten. „Erich Kästner ist ein Sohn des Volks mit Witz, ein Literat mit Geist, ein Volksfreund, ein Freund der Vernünftigen, ein Weltfreund, ein konsequenter deutscher Poet.“ (Hermann Kesten in der Einleitung zu „Kästner für Erwachsene“)

München: Neues Literaturfestival kommt 2010 mit Ilja Trojanow

Obwohl alle CSU-Stadträte einstimmig gegen das geplante Literaturfestival in München gestimmt haben, hat der Kulturausschuss in der gestrigen Sitzung aufgrund der Mehrheitsverhältnisse zugestimmt.

München bekommt also im nächsten Jahr ein Literaturfestival!

Der vielfach ausgezeichnete 44-jährige Schriftsteller Ilja Trojanow übernimmt als Kurator die Konzeption. Trojanow studierte von 1985 bis 1989 an der Maximilians-Universität München Rechtswissenschaften und Ethnologie. Er sammelte erste Erfahrungen mit der Organisation eine Literaturfestivals in Berlin. Dort kuratierte er im April 2008 das Literaturfestival „RE ASIA – Avatar. Asiens Erzähler“ im Berliner Haus der Kulturen der Welt.

CSU-Stadträtin Ursula Sabathil kritisierte, dass weder die Personalie Ilja Trojanow noch das genaue Procedere mit ihnen abgesprochen worden sei. Außerdem sei das Literaturfestival ohne Etatausweitung kaum zu realisieren.

Laut der Süddeutschen Zeitung reagierte Kulturreferent Hans-Georg Küppers gestern verärgert über die Ablehnung der CSU, die behauptet hatte, dass man sie finanziell über „den Tisch ziehen“ wolle. Erklärte sich dann aber doch bereit, dem Ausschuss in einiger Zeit über die weitere Arbeit an dem neuen Festival zu berichten. Er sei „glücklich und froh“, dass man in Trojanow einen „Top-Mann“ gewonnen habe.

Nachtrag vom 26.10.2010

Mittlerweile liegt das komplette Programm für das Literaturfest München vor. Leider gibt es keinen gemeinsamen Veranstaltungskalender. Die einzelnen Veranstaltungen können auf den jeweiligen Internetseiten gebucht werden.

Münchner Bücherschau

forum:autoren

Literaturhaus München

Quelle: Süddeutsche Zeitung

Grass beschimpft Westerwelle als „großmäuligen Schaumschläger“

WesterwelleBei der bereits angekündigten „politischen Lesereise“ für die SPD hat Literaturnobelpreisträger Günter Grass zum Auftakt in Berlin am Dienstag zum Rundumschlag gegen FDP und Linkspartei ausgeholt.

So bezeichnete Grass den FDP-Chef Guido Westerwelle als „großmäuligen Schaumschläger“! Er sei zornig, dass ausgerechnet die FDP einen Auftrieb in einer Zeit habe, in der diese Partei abgestraft gehöre. Denn das seien die Propheten und Apostel des Neoliberalismus gewesen.

Es sei ein Rückschritt ohnegleichen, wenn mit Union und FDP ausgerechnet die Verursacher der Krise die nächste Regierung stellen, so Grass. Dies heiße „den Bock zum Gärtner zu machen.“ Angesichts der schwachen SPD-Umfragewerte sei ihm die Fortsetzung einer Großen Koalition „lieber als Schwarz-Gelb“.

Oskar Lafontaine nannte er einen „Meister der Demagogie“. Der Mann sei für ihn erledigt. Er habe den Parteivorsitz hingeschmissen wie ein dreckiges Handtuch.

Zwar habe Lafontaine ein unbestrittenes politisches Talent, jedoch sei mit ihm ein „demagogisches Element in die Linke hineingekommen“. Ein rot-rotes Regierungsbündnis auf Bundesebene lehnte Grass daher strikt ab. Allerdings dürfe man die erheblichen Wahlerfolge der Linken gerade im Osten nicht ignorieren, sonst rutsche sie „in eine Märtyrerrolle“

Die Sozialdemokraten seien leider in einer „beängstigend schwachen Situation“, so der Literaturnobelpreisträger.

An die Adresse der Sozialdemokraten appellierte Grass, das Erbe Brandts zu bewahren und „ein bisschen mehr Feuer reinzugeben“ im Wahlkampf. „Das politische Engagement für die Sozialdemokratie ist kein Auslaufmodell“, sagte er.

Quelle: Spiegel Online, Foto: Flickr by lableaddict