Der schönste erste Satz von Stefan Zweig

Bei seiner ersten Rückkunft aus dem entdeckten Amerika hatte Kolumbus auf seinem Triumphzug durch die gedrängten Straßen Sevillas und Barcelonas eine Unzahl Kostbarkeiten und Kuriositäten gezeigt, rotfarbene Menschen einer bisher unbekannten Rasse, nie gesehene Tiere, die bunten, schreienden Papageien, die schwerfälligen Tapire, dann merkwürdige Pflanzen und Früchte, die bald in Europa ihre Heimat finden werden, das indische Korn, den Tabak und die Kokosnuß.

Sternstunden der Menschheit von Stefan Zweig

Stefan ZweigStefan Zweig wurde am 28. November 1881 in Wien als Sohn des Textilindustriellen Moritz Zweig geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Wien 1891-1899 studierte er Germanistik und Romanistik und wurde mit einer Arbeit über Die Ursprünge des zeitgenössischen Frankreich 1904 in Wien zum Dr. phil. promoviert.

Unter dem Einfluß Hofmannsthals schrieb er früh Gedichte (Silberne Saiten, 1901). Seine ersten Novellen (D) erschienen 1904. Weitere Novellenbände (Brennendes Geheimnis, 1911, Amok, 1922, Sternstunden der Menschheit, 1927) folgten und machten ihn weltberühmt wie auch seine großen Biographien (Romain Rolland, 1921, Joseph Fouché, 1929, Maria Stuart, 1935, Magellan, 1938, Balzac, postum 1946).

Diese Werke verbanden subtile Seelenkenntnis mit einem spannungsreichen Erzählstil. Der Erste Weltkrieg machte Zweig zum Pazifisten und Mitstreiter Romain Rollands. Nach einer Tätigkeit im Kriegsarchiv ging er 1917 nach Zürich und arbeitete bis 1919 für die »Neue Freie Presse« in der Schweiz. 1920 heiratete er Fridenke von Winternitz. Er wohnte von 1919 bis 1934 in Salzburg, ehe er nach London emigrierte.

Viele Studien- und Vortragsreisen führten ihn nicht nur in die westeuropäischen Länder, sondern auch nach Indien 1910, Nord- und Mittelamerika 1912, die Sowjetunion 1928 und ab 1935 mehrfach nach Südamerika. 1938 war seine erste Ehe geschieden worden, 1939 heiratete er Lotte Altmann. Er lebte kurze Zeit in New York und siedelte 1941 nach Petropolis (Brasilien) über, wo er am 22. Februar 1942 zusammen mit seiner zweiten Frau den Freitod suchte. In seinem Nachlaß fanden sich auch seine Erinnerungen eines Europäers, die voll Nostalgie und Trauer Die Welt von Gestern beschwören. Zweigs schriftstellerisches Werk, darunter Nachdichtungen von Verhaeren, Baudelaire und Verlaine sowie viele politische und literarhistorische Essays, beeindruckt heute wie damals durch sein humanistisch geprägtes Weltbürgertum.

Sternstunden der MenschheitSternstunden der Menschheit ist eine Sammlung von 14 historischen Miniaturen, verfasst von Stefan Zweig im Jahre 1927. Sie erzählt von historischen Begebenheiten, deren Auswirkungen die Geschichte der Menschheit verändert haben. Zweig schreibt im Vorwort:

„Solche dramatisch geballten, solche schicksalsträchtigen Stunden, in denen eine zeitüberdauernde Entscheidung auf ein einziges Datum, eine einzige Stunde und oft nur eine Minute zusammengedrängt ist, sind selten im Leben eines Einzelnen und selten im Laufe der Geschichte. […] Ich habe sie so genannt, weil sie leuchtend und unwandelbar wie Sterne die Nacht der Vergänglichkeit überglänzen.†œ

Die Erstausgabe aus dem Jahre 1927 enthielt lediglich fünf Texte:

* Die Weltminute von Waterloo (General Grouchys vergeblicher Versuch, Napoleon zu Hilfe zu kommen)
* Die Marienbader Elegie (Goethes unerfüllte Liebe zu Ulrike von Levetzow)
* Die Entdeckung Eldorados (Auffindung der Goldminen Kaliforniens durch Johann August Sutter)
* Heroischer Augenblick (Fjodor Dostojewskis Begnadigung vor seiner geplanten Hinrichtung)
* Der Kampf um den Südpol (Robert Scotts gescheiterte Südpol-Expedition)

Postum kamen 1943 die folgenden sieben Texte hinzu:

* Flucht in die Unsterblichkeit (Entdeckung des Pazifiks durch Balboa)
* Die Eroberung von Byzanz (Belagerung von Konstantinopel (1453) und Eroberung durch die Osmanen)
* Georg Friedrich Händels Auferstehung (die Entstehung des Oratoriums Messias)
* Das Genie einer Nacht (Rouget de Lisle komponiert die Marseillaise)
* Das erste Wort über den Ozean (Verlegung des ersten transatlantischen Kabels)
* Die Flucht zu Gott (Leo Tolstois Tod)
* Der versiegelte Zug (Lenins Rückkehr nach Russland)

In heutigen Ausgaben kann man zudem zwei weitere Texte finden, die auch bereits in einer englischen Ausgabe von 1940 enthalten waren. Sie behandeln Cicero sowie Woodrow Wilson.

Die Miniaturen sind in der Regel novellenartig aufgebaut und verstehen sich nicht als historische Analysen, sondern als die zugespitzte Darstellung von Ereignissen, in denen sich eine historische Persönlichkeit zu bewähren hat. Nicht immer bleibt Zweig dabei der historischen Faktenlage treu, sondern ordnet diese im Zweifelsfall seinem heroischen Geschichtsbild unter. Von der Novellenform weichen zwei Texte ab: „Heroischer Augenblick†œ ist als dramatisches Gedicht geschrieben, „Die Flucht zu Gott†œ als ein Epilog zu „Und das Licht scheinet in der Finsternis†œ, einem Dramafragment Tolstois.

Der schmale Band wurde zu einem Welterfolg. Bereits 1928 waren 130.000 Exemplare in sieben Auflagen verkauft. Im Jahr 2000 erschien die 47. Auflage. Das Buch gilt als klassische Schullektüre.

Don Farrago am 16. August, 2007

3 Gedanken zu „Der schönste erste Satz von Stefan Zweig

  1. oh je, das wird aber nicht einfach werden – es gibt ja hunderte von Büchern über Kolumbus. Ich tippe mal einfach ins Blaue auf „Sternstunden der Menschheit“ von Stefan Zweig???

  2. Yepp, Bingo! Dies ist der Anfang der ersten Miniatur „Flucht in die Unsterblichkeit“ aus „Sternstunden der Menschheit“.

    Herzlichen Glückwunsch! Und als Preis kriegste nen schönen Link… 🙂

  3. Danke, auch für den Link, denke ich sollte es lesen, es scheint wirklich interessant zu sein. Es war Zufall, dass ich es gefunden habe. Aus der Auflistung des Inhalts geht es ja nicht eindeutig hervor.

    General Grouchy kommt Napoleon zu spät zu Hilfe
    Goethes unerfüllte Liebe zu Ulrike von Levetzow
    Johann August Suter im Wilden Westen
    Fjodor R Dostojewskis Begnadigung in letzter Sekunde
    Robert Scott gegen Roald Amundsen
    Die Entdeckung des Pazifik durch Vasco Núñez de Balboa
    Die Eroberung von Byzanz
    Georg Friedrich Händels Auferstehung
    Wladimir Iljitsch Lenins Rückkehr nach Russland 1917
    Cicero und Wilson versagt

    Zweigs Maria Stuart hat mich nicht ganz so überzeugt.

    Habe etwas Neues zum Knabbern reingestellt 🙂

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.