Der schönste erste Satz von Djuna Barnes

Djuna BarnesTrotz wohlbegründeter Zweifel, ob es ratsam sei, jene Rasse zu erhalten, die Gottes Einverständnis und der Menschen Mißbilligung erfährt, gebar im Frühjahr 1880 im Alter von fünfundvierzig Jahren Hedwig Volkbein, eine Wienerin von großer Kraft und soldatischer Schönheit – hingestreckt unter Pfosten eines Himmelbettes von üppig theatralischem Karmin, hinter Behängen auf denen Habsburgs gegabelte Schwingen prangten, unter Federdecken, deren Atlashülle in reichem indes erblindetem Goldfaden das Volkbeinsche Wappen schmückte -, ihr einziges Kind: einen Sohn; sieben Tage nach der vom Arzt vorausgesagten Stunde.

Nachtgewächs von Djuna Barnes

Djuna Barnes (* 12. Juni 1892 in Cornwall on Hudson; †  18. Juni 1982 in New York City) war eine US-amerikanische Schriftstellerin und wird zu den wichtigsten Autorinnen der literarischen Moderne gezählt.

Barnes Kindheit war geprägt durch das Leben auf einer Farm einer ländlichen Gegend im Staat New York und den später in ihren literarischen Werken verarbeiteten sexuellen Missbrauch durch ihren Vater und ihre Großmutter. Beide waren extreme Freidenker, die auch einen Schulbesuch für das Kind ablehnten. Sie wurde von ihrem Vater unterrichtet. Auch die Großmutter war eine zwiespältige Figur für sie: trotz des als traumatisch empfunden Missbrauchs war sie von ihrer starken Persönlichkeit fasziniert und sah sie in bestimmten Aspekten als Vorbild.

19jährig zog sie in die Bronx, um zu malen, arbeitete jedoch nebenher als freie Journalistin. Ab 1912 veröffentlichte sie regelmäßig in New Yorker Tageszeitungen. Bald zog sie in das Künstlerviertel Greenwich Village, wo sie den Theaterkritiker Courtenay Lemon kennenlernte, mit dem sie eine nur drei Jahre dauernde Ehe einging. In dieser Zeit veröffentlichte sie ihren ersten Gedichtband und einige Theaterstücke, in denen sie auch selbst spielte.

1919 zog sie nach Paris und fand dort bald Eingang in den intellektuell-lesbischen Kreis um Natalie Barney. Von 1923 an lebte sie mit Thelma Wood zusammen, hatte jedoch neben dieser Beziehung weitere Liebesaffären mit Männern und Frauen. Die Tatsache, dass auch Wood konstant Affären hatte, verletzte sie jedoch sehr und führte zu Alkoholmissbrauch. 1928 erschien ihr Roman Ryder und der Ladies Almanack, in dem sie sich über Barney und deren Freundinnen lustig macht. Nach der Trennung von Wood 1931 lebte Barnes bei Peggy Guggenheim und arbeitete an ihrem wichtigsten Roman Nightwood.

Von 1940 an lebte sie erneut im Greenwich Village in New York und schrieb wie besessen, veröffentlichte jedoch kaum noch etwas. Nur die Sozialhilfe und Zuwendungen der Sammlerin und Mäzenin Peggy Guggenheim hielten sie über Wasser. Sie hatte wenige Sozialkontakte und lebte allein.

Mamalinde, am 02. November 2007