Der schönste erste Satz von Joseph Roth

Wir heißen Trotta.

Die Kapuzinergruft von Joseph Roth

Moses Joseph Roth, geboren am 02. September 1894 in Brody bei Lemberg, gestorben am 27. Mai 1939 in Paris, war ein österreichischer Schriftsteller und Journalist.

Joseph RothJoseph Roth hat seine Herkunft zum Gegenstand vielfacher Verschleierungen und Mystifikationen gemacht. Vor allem die Person seines Vaters erschien in mehrfachen schillernden Umgestaltungen: Er sei der uneheliche Sohn eines österreichischen Offiziers, eines polnischen Grafen, eines Wiener Munitionsfabrikanten. All diesen Erzählungen ist gemeinsam der frühe Verlust des Vaters. Dementsprechend zieht sich der Vaterverlust, und in übertragener Form der Verlust des Vaterlandes, nämlich der österreichischen Monarchie, als ein roter Faden durch Roths Werk.

Die Kapuzinergruft

Die KapuzinergruftKurzbeschreibung
Die Geschichte des Leutnants Trotta, dessen Schicksal mit dem Untergang der k. u. k. Monarchie unauflösbar verwoben ist.

Die Kapuzinergruft, Grabstätte der österreichischen Kaiser, wird hier zum Symbol der vergangenen Donaumonarchie. Der Roman spielt kurz vor, während und nach dem Ersten Weltkrieg; er endet mit dem sogenannten »Anschluß« Österreichs an das Deutsche Reich 1938.

Die Hauptfiguren sind †“ wie im †ºRadetzkymarsch†¹ †“ Angehörige der Trotta-Familie, die in dem allgemeinen Umbruch nach dem Krieg 1918 entwurzelt und mittellos wurden. Immer wieder klingt leitmotivisch die Trauer an um eine dahingegangene Lebensordnung, die gebunden war an Tradition und das feste Gefüge einer monarchischen Staatsform. Erotische Abweichungen von der Norm, zweifelhafte Geschäftemacher, als maskulin empfundene Frauen werden als Kennzeichen einer zerrütteten Welt verstanden, deren Niedergang der Adel und die Anhänger der k.u.k. Monarchie mit Trauer, Verzweiflung und einer schwermütigen Resignation verfolgen.

Wie in Roths gesamtem erzählerischem Werk spiegelt sich auch in diesem Roman das Schicksal der Menschen, die durch den Untergang der österreichischen Monarchie nicht nur materiell, sondern auch seelisch zutiefst getroffen wurden.

Nach †ºHiob†¹ , †ºRadetzkymarsch†¹ und †ºHotel Savoy†¹ ist dies der vierte Roman in der neu bei dtv erscheinenden Joseph-Roth-Edition, die einen der bedeutendsten deutschsprachigen Erzähler des 20. Jahrhunderts für unsere Zeit aufbewahrt.

Anjelka, am 13. November 2007

29 Gedanken zu „Der schönste erste Satz von Joseph Roth

  1. Im Gegensatz zu den meisten Trinkern, ist dieser hier ja sehr sparsam mit Worten umgegangen. Was fehlt denn da, ein Name? Und vielleicht magst du ja freiwillig noch ein paar Angaben machen, meine liebe Anjelka?
    LG
    P.S. ich bin dir auch noch Antworten schuldig, die kommen aber etwas später 😉

  2. Ja, ich möchte meinen, daß an dieser Stelle gar nichts anderes fehlen KANN als ein Name. Mit diesem Namen beginnt übrigens noch ein weiterer Roman desselben Autors, dessen Fortsetzung der hier gesuchte ist – beide erschienen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

    Der Autor war nicht umsonst Trinker, sein zentrales Thema ist der Verlust – Verlust von Heimat, von Lebenswelt, von Menschen.

  3. Der Roman wurde in deutscher Sprache geschrieben, der Autor wuchs aber in einer Umgebung auf, in der Deutsch nicht die Mehrheitssprache war. Er verließ diese Region, sobald er erwachsen wurde, um sich später in verschiedenen europäischen Großstädten als Journalist einen Namen zu machen.

  4. Nichts gegen René Schickele, mir ist er ja eher wegen seiner Freundschaft mit der Familie Mann geläufig, weniger als Schriftsteller.

    War der denn ein Trinker? Dann hätte Thomas sich doch bestimmt nicht mit ihm abgegeben.

    Er ist es jedenfalls nicht.

    Der Gesuchte war übrigens Jude, aber kurz bevor ihn diese Tatsache möglicherweise das Leben gekostet hätte, starb er am Alkohol.

  5. Anjelka, Andrea M. Schenkel und Thomas Mann 🙂 hah, ich bastel da gerade an einer Geschichte, weiß aber noch nicht genau wie die Headline aussehen soll (nicht deine, dazu bin ich noch gar nicht gekommen, aber vorab schon einmal vielen herzlichen Dank – ich denke im Moment, dass wir das einfach so posten, weiß allerdings noch gar nicht genau, was wir damit bezwecken wollen?)
    Also, ist sein Heimatland eher etwas östlicher angesiedelt, kann das sein?
    Nein, ich konnte nichts finden über Alkohol in Verbindung mit Schickele…(aber ich kenne ja deine Quellen nicht 😉

  6. Häh? Wie meinen? Schreibst jetzt Du ein Buch?

    Eigenwillige Personalkombination jedenfalls. Andrea M. Schenkel hat ja nun schon das Buch geschrieben, daß ich eigentlich schreiben wollte, als ich vor ca. 10 Jahren mal eine Dokumentation über Hinterkaifek im TV sah. Aber „eigentlich“ wird noch mal auf meinem Grabstein stehen, deshalb ist es gut, daß sie es getan hat …

    Meine Quellen sind auch Deine Quellen, quasi als wären wir verheiratet, und das Heimatland des Gesuchten ist in der Tat östlicher zu finden als das des Herrn Schickele, aber der Gesuchte hat die Heimat ja früh verlassen.

    Was die Diskussion soll, müßte ja Don F. wissen, denn er hat sie ja angeregt, ich hab auch nichts gegen Diskussionen über Grundsatzfragen, finde aber andererseits, daß ich meinen Teil dazu bereits gesagt habe (kann es aber bei Bedarf noch etwas ausweiten). Warten wir doch mal, was er dazu meint.

  7. Ich wußte es doch! Immer so von hinten durch die Brust ins Auge!
    Wiiiderlich!

    😉 Aber nützt nix – hier ist der Keks.

  8. ok, du wirst schon sehen 🙂
    merci für den neuen Tipp!
    Ich habe das 420 Seiten starke Sachbuch über Hinterkaifeck von Peter Leuschner gelesen, muss sagen, dass mir Tannöd viel besser gefallen hat..

  9. 🙂 Mein Glückwunsch folgt in gebührendem Abstand zu meiner tiefempundenen Erschütterung. So ein schöner Satz – berühmter Autor, bekanntes Werk, und praktisch ungoogelbar – so einfach kurzerhand niedergemacht, zertreten, kaputt … *heul*

    Dann wirst Du uns ja nun wohl mit dem Ein-Wort-Satz beglücken, wie?

  10. Wer ist Elke? Hast Du lauter so illustre Bekannte, die beim Playboy ArtDirector sind oder Sendungen machen?

    Dabei fällt mir ein, daß ich mal ehrfürchtig verwundert war über eine Dame, die ich im Internet kennenlernte und die immer davon sprach, daß sie ins Studio müsse oder gerade aus dem Studio käme …
    sie war dann aber beruflich Domina, ein sehr abwechslungsreicher Beruf, der aber aus mehreren Gründen nichts für mich wäre.

  11. Radetzkymarsch schon, Kapuzinergruft nicht. Ich merke in der letzten Zeit überdeutlich, was ich alles an ungelesenen Büchern im Regal stehen habe.

    Radetzkymarsch war googlebar, deshalb konnte ich ihn nicht nehmen.

  12. Nur mal zu meiner ferneren Belehrung, damit ich nicht immer so kläglich früh an Eurer Ratefuchsigkeit scheitere:
    Was hatte ich denn nun zu viel verraten?

    Wahrscheinlich war’s der Trinker. Wenn einer schon eine Legende vom heiligen Trinker schreibt, muß man mit solchen Auskünften vorsichtig sein.

  13. Tja, Dolcevita, die Uhrzeit in den Kommentaren hat schon ihren Sinn… 😉

    Falls du noch Hintergrundinfos für die Auflösung brauchst: Die findest du auf dieser tollen italienischen Seite, einfach in der PDF-Datei nach „Die Kapuzinergruft“ suchen.

    @ Anjelka:
    Schön, dass da noch eine Würdigung nachkam! Ich habe nämlich Kekse schon weitaus freundlicher und liebevoller serviert bekommen… Außerdem habe ich die Lösung schon nach deinem Kommentar von 16:29 gewusst (d.h. ergoogelt!), aber jetzt wurden mir die Angaben doch zu konkret, als dass ich das Keks-Verlustrisiko noch länger hätte ertragen können.

    Den Radetzkymarsch habe ich früher mal angelesen, aber aus irgendeinem mir heute nicht mehr präsenten Grunde nicht bis zum Ende geschafft.

  14. Hm, es ist eine melancholische a-posteriori-Beschreibung der schon damals dahingegangenen habsburgischen Monarchie, wie Du ohnehin wissen wirst. Kein Reißer, kein ausgeprägter Spannungswert, man muß so etwas wohl der Atmosphäre wegen lesen mögen. Soweit ich mich erinnere, denn bei mir ist es mit dem Lesen auch schon recht lange her.

  15. Don Farrago,
    ich bitte kniefälligst für den anfänglichen Mangel an Herzlichkeit um Vergebung … es war doch freundlich-ironisch gemeint und so zu bewerten wie Rumpelstilzchens Stampfen, bevor es im Boden versinkt. Eigentlich ist es ja die Bewunderung Deiner unbestechlichen Kenntnisse, die mich verzweifeln läßt, nich waa?

    🙂 Verzeihung, please!

  16. Ich glaube, ich besorge es mir trotzdem, auch wenn ihr euch beide nicht mehr so richtig erinnern könnt 😉
    Vielen Dank für den Link, lieber Don, werde ihn einbauen. Das ist ja eine gigantische Seite!

  17. So, ihr Lieben, ich mache mich auch für heute vom Acker.

    Da ich morgen bis zum Nachmittag keine Zeit habe, kriegt ihr den neuen ES jetzt schon:

    „Da sitze ich nun, … Jahre alt, am trüben Morgen des … in unserem einmotorigen Flugzeug und fliege in 200 Meter Höhe den Rhein entlang nach Süden, nach der Schweiz.“

    Gesucht wird ein Buch-Klassiker, der in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts geschrieben wurde. Der Autor hatte im deutschsprachigen Raum zeitweise einen Bekanntheitsgrad wie heute Dieter Bohlen, und das Buch beschreibt eigene Erlebnisse, die er in der Hauptsache außerhalb Deutschlands erfahren und in einem berühmten Film verarbeitet hat.

    Die ersten drei Pünktchen stehen für eine Altersangabe, die nächsten drei für ein konkretes Datum.

    Mit diesen Infos müsst ihr euch allerdings bis morgen Nachmittag zufrieden geben… Aber ich zweifle nicht daran, dass dieser Satz in Verbindung mit den Hinweisen auf die eine oder andere Art eine ergooglefähige Grundsubstanz hat.

    Bis dann, und viel Spaß!

  18. Gute Nacht, meine Liebe! Denke der Don ist unterwegs und sucht unverfängliche Buchanfänge. Und, hehe, mit mir hast du auch nicht so viel Mitleid 😉
    Schlaf schön!

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