Liechtenstein ein Steuerparadies – das wusste auch Klaus Mann schon 1933

LIECHTENSTEIN von Klaus Mann

Klaus Mann
In unserm Erdteil steht es kläglich.
Man ist mit uns nicht mehr galant.
Die Steuern nehmen überhand.
Es ist schon bald nicht mehr erträglich.

Das Land, in dem man Milch und Honig schlürfte,
Wir suchen†™s alle, doch wir finden†™s kaum –
Drum gaukeln wir uns vor im Traum,
Als ob es so was wirklich geben dürfte.

Ach, wenn ich es im Wachen wiederfände –
Da ist es hübsch und angenehm zu sein!
Der Flüchtling findet hilfsbereite Hände.
Er kauft sich ein.
Kann so was sein?
Jawohl: in Liechten – meinem Liechtenstein.

Da liegt das Land in hochrentablem Frieden,
Wo mich nichts stört und peinigt und verdrießt.
Und wer den Eintritt aufbringt, der genießt,
Und nichts wie Fröhlichkeit ist ihm beschieden.

Woanders: Zähneklappern und Geschlotter –
Doch auf der Alm da gibt†™ s kein Sünd,
Weil hier doch ALLE Hinterzieher sind. –
Und dort, der Blühendste, das ist mein Rotter.

Man soll nichts Böses über†™s Ländle sagen!
Wenn es auch nicht sehr groß ist, sondern klein.
Es hat doch einen großen, guten Magen.
Da geht was rein.
Wo mag das sein?
In meinem Liechten – meinem Liechtenstein.

In Unschuld sprießen, wachsen, blühen
Dort Unternehmen ohne Zahl.
Und der Profit ist kolossal.
Das geht ganz ohne Schweiß und Mühen.

Und täglich kommen neue liebe Freunde –
Grüß Gott, grüß Gott – da sind Sie ja –
Ja: Ubi bene ibi patria –
Wir sind die krisenloseste Gemeinde.

Und wenn der Lehrer heut†™ zum Beispiel fragte:
„Nun, kleiner Moritz, wo liegt†™s Capitol?“
Der Moritz wär zu schlau, als daß er†™s sagte.
Er wüßt†™ es wohl.
Wo mag es sein?
Wo es so sicher ruht: in Liechtenstein.

Das Gedicht ist entnommen dem Band „Erika Mann und ihr politisches Kabarett ‚Die Pfeffermühle†˜ 1933-1937“ von Helga Keiser-Hayne, erschienen 1995 im Rowohlt-Verlag.

Quelle: Süddeutsche Zeitung

4 Gedanken zu „Liechtenstein ein Steuerparadies – das wusste auch Klaus Mann schon 1933

  1. So sehr es mich gefreut hat, dass aus ziemlich aktuellen Anlass in einigen deutschen Zeitungen dieser Text von Klaus Mann erschien, entnommen meinem Buch über Erika Manns Kabarett „Die Pfeffermühle“, so schade fand ich es doch irgendwie, dass mein Name nicht so ganz richtig geschrieben worden war. Nun finde ich auf den entsprechenden Google-Seiten immer wieder diesen kleinen Fehler, der sich wohl nich mehr korrigieren lässt.
    Trotzdem: dankbar für diese kleine Werbung für mein Buch
    grüßt
    Helga Keiser-Hayne

  2. Liebe Frau Helga Keiser-Hayne,

    vielen Dank, dass Sie uns auf den Fehler aufmerksam gemacht haben. Hier lässt sich dieser Fehler natürlich sehr leicht korrigieren und dies ist zwischenzeitlich auch schon geschehen.
    Wir wünschen Ihnen weiterhin viel Erfolg mit Ihrem Buch und verbleiben,

    mit herzlichen Grüßen.

  3. Hallo, dolcevita, erst heute stieß ich durch Zufall auf Ihre nette Reaktion auf meine kleine „Jammerei“ wegen eines Fehlers bei der Nennung meines Namens, und so erfuhr ich erst heute, dass sich bei Ihnen der Fehler korrigieren ließ. Es ist ja alles nicht so wichtig – aber trotzdem: herzlichen Dank. Was ist übrigens „lesekreis“? Das wüde mich iteressieren.
    Mit herzlichen Grüßen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.