Désirée von Annemarie Selinko

desireeDas Schuljahr ist so gut wie zu Ende – Lektüren wie Lessings Minna von Barnhelm und Emilia Galotti oder Der geteilte Himmel von Christa Wolf sind interpretiert, benotet und hoffentlich noch nicht vergessen, die Sommerferien fangen bald an.

„Was kann ich lesen, Mum?“, fragte mich meine fast erwachsene Tochter. Es darf keinesfalls langweilig sein, nicht zu schwer und durchaus romantisch. Nach dem überstandenen „Bis(s)-Hype, machte ich mich natürlich gerne auf die Suche nach „Ferien-Lesestoff“,  und prompt fiel mir meine angestaubte Ausgabe von Désirée von Annemarie Selinko in die Hände.

Ich glaube, eine Frau kann viel leichter bei einem Mann etwas erreichen, wenn sie einen runden Busen hat. Deshalb habe ich mir vorgenommen, mir morgen vier Taschentücher in den Ausschnitt zu stopfen um wirklich erwachsen auszusehen. In Wirklichkeit bin ich natürlich schon ganz erwachsen, aber das weiß nur ich, und man sieht es mir noch nicht richtig an.

Mit diesen Zeilen beginnt Annemarie Selinkos, in Form eines fiktiven Tagebuches, geschriebener Roman Désirée. Er erschien 1951, wurde in 25 Sprachen übersetzt und gehört mit einer Gesamtauflage von über 2,8 Millionen Exemplaren zu den  größten Unterhaltungsromanen der deutschen Literatur.

Annemarie Selinko wurde 1914 in Wien geboren, studierte einige Semester Sprachen und Geschichte an der Universität Wien, war dann als Journalistin tätig, unter anderem als Österreich-Korrespondentin für die französische Zeitschrift L`Intransigeant. Mit der Veröffentlichung des  Unterhaltungsromans  Ich war ein häßliches Mädchen wurde sie bekannt, die Kritiker stellten sie auf eine Stufe  mit Vicky Baum. Als sie sich 1937 in Genf aufhielt, um einige Politiker-Interviews aufzunehmen, lernte sie dort bei einer internationalen Studentenkonferenz Erling Kristiansen kennen. Nach der Heirat mit dem dänischen Diplomaten Kristiansen 1938 lebte sie in Kopenhagen, Stockholm, Paris und London. Durch ihre Heirat wurde sie dänische Staatsbürgerin.

Als im Zweiten Weltkrieg Dänemark von den Deutschen besetzt wurde, schloss sich Selinko der Widerstandsbewegung an und wurde 1943 für kurze Zeit von der Gestapo inhaftiert. Mit ihrem Mann konnte sie in einem offenen Fischerboot nach Schweden flüchten und arbeitete in Stockholm bei einer Nachrichtenagentur. Gegen Kriegsende war sie als Dolmetscherin beim Hilfswerk des Roten Kreuzes tätig.

Annemarie Selinko starb 1986 im Alter von 72 Jahren in ihrer Wahlheimat Dänemark.

Ihr letztes Werk, den Roman Désirée über Désirée Clary, die ehemalige Verlobte Napoleons und spätere schwedische Königin, widmete sie ihrer Schwester Liselotte, die von den Nazis ermordet wurde.

Annemarie Selinko ÜBER MICH SELBST
Ich wurde am 1. September 1914 in Wien geboren. Solange ich denke kann, hatte ich den Wunsch, Schriftstellerin zu werden. Mit 13 Jahren veröffentlichte ich eine Kurzgeschichte in einer Zeitschrift. Als ich zur Redaktion ging, um mein Honorar abzuholen, fragte man mich, ob meine Mutter mich ermächtigt hätte, es in Empfang zu nehmen. Man glaubte, meine Mutter sei die Autorin. Ich wagte nicht zu sagen, daß ich die Geschichte geschrieben hatte, die ich sehr spitzfindig und ein bißchen sündhaft fand. Am Tage meines Abiturs bat ich einen Wiener Zeitungsverleger um einen Job. Ich zeigte ihm mein Abiturzeugnis und erklärte bescheiden: „Ich fürchte, in Latein und Mathematik bin ich nicht sehr tüchtig.“
Um mich loszuwerden, beauftragte er mich, eine Geschichte über arbeitslose Frauen zu schreiben. Da ich eine sehr behütete Kindheit verbracht hatte, machte diese erste Begegnung mit einer schrecklichen Armut einen ungeheuren Eindruck auf mich, und erschüttert schrieb ich einen Artikel, durch den ich ständige Mitarbeiterin der Redaktion dieser Zeitung wurde. Ich war damals 17 Jahre alt. Mein Vater wünschte, daß ich zur Universität ging, und so war ich gleichzeitig Journalistin und Studentin.

desiree1Kurzbeschreibung
Annemarie Selinkos großer historischer Roman, beschreibt die Geschichte der Désirée Clary, Seidenhändler-Tochter aus Marseille, die es tatsächlich zu etwas bringen und in die Weltgeschichte eingehen sollte. Sie war die erste Verlobte Napoleons, heiratete später den französischen Marschall Bernadotte, lebte in der Gunst des Kaisers in Paris und verließ Frankreich schließlich mit ihrem Mann, als der den schwedischen Thron bestieg. Das Buch erreichte in kurzer Zeit Millionenauflagen. Der Hollywood-Film mit Jean Simmons als Désirée und und Marlon Brando als Napoleon wurde ebenfalls ein Welterfolg, und auch heute noch hat dieser historische Liebesroman nichts von seinem Zauber verloren.

Der Roman besticht durch seine große Authenzitität der Beschreibung über das Ende der französischen Monarchie Er ist bunt, farbenprächtig und voller Gefühle, die natürlich auch nicht zu kurz kommen.  Désirée, die Protagonistin, verliebt sich unglücklicherweise in einen kleinen dahergelaufenen korsischen Soldaten mit großen Ambitionen – eine schicksalhafte Begegnung.

4 Gedanken zu „Désirée von Annemarie Selinko

  1. Ich schätze die Ausgabe ist so angestaubt wie ich – ähh wie meine 😉
    Es war eines meiner Lieblingsbücher in der beginnenden Buchfresserzeit, ebenso wie die Romane von Gwen Bristow. Noch immer lesenswert, meinte auch meine Tochter, die sich nun so nach und nach die *antiquarische* Auslese ihrer Mutter vornimmt.

    Ungestaubte Grüße 🙂

  2. hi Gabriela,
    ja, angestaubt, aber auch mit wunderbaren Zeichnungen versehen und so momentan nur antiquarisch erhältlich. Ich kann gar nicht sagen, ob die KIWI-Ausgabe von 2002 noch diese Bilder enthält. Gwen Bristow habe ich auch verschlungen und wurde mir, genau wie Annemarie Selinkos Désirée, von meiner Mutter empfohlen. Das Abtauchen in die Wälder von Forks erscheint mir heute geradezu grotesk, wenn ich das mit dem Lese-Erlebnis rund um die französische Revolution vergleiche. 😉
    Ich bin wirklich gespannt, ob es ihr ebenso ergeht.

    In Staubwolken gehüllte Grüße 😆

    P.S. Selinko steht bei mir im Regal zwischen Steinbecks „Jenseits von Eden“ und Han Suyins „Alle Herrlichkeit auf Erden“, die befinden sich in einem ähnlichen Zustand. 😉

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert