Einer Umfrage zufolge, die das Börsenblatt heute veröffentlicht hat, lassen sich 72 Prozent der Deutschen beim Buchkauf nicht von den Bestseller-Listen beeinflussen. Literaturkritiker wie Denis Scheck scheinen ebenfalls keinen Einfluss darauf zu nehmen, denn in seiner gestrigen Sendung Druckfrisch ließ er wieder kein gutes Haar an den derzeitigen Bestsellern:
So bescheinigt er Volker Klüpfels und Michael Kobrs „Rauhnacht“ (Platz 1) zwar einen ordentlichen Schreibstil und in Maßen selbstironische Unterhaltung, vergleicht den Regionalkrimi allerdings mit Heimatabenden, Musikantenstadeln und anderen Formen der Onanie.
Für BULLSHIT hält er Dan Browns neuen Thriller „The Lost Symbol“, der derzeit in der englischen Originalausgabe auf Platz 2 rangiert.
Längst bekannt ist Denis Schecks Abneigung gegen Stephenie Meyers Twilight-Saga. Der quälend langweilige amerikanische Fantasy-Roman Bis(s) zum Abendrot (Eclipse) belegt Platz 3, das alberne Finale dieser dämlichen Saga Bis(s) zum Ende der Nacht (Breaking Dawn) ist auf Platz 6 bei den Hardcovern gerutscht.
„Das andere Kind“ von Charlotte Link (Platz 4) hält er für sterile Plastikprosa, da der deutschen Autorin so viel an Lokalkolorit und geschichtlicher Erfahrung fehlt, dass hier so gar nichts riecht, schmeckt noch sonst irgendeinen sinnlichen Eindruck hinterlässt.
Kitschig, verlogen und zusammengestümpert, wie bisher alles aus der Feder von Cecilia Ahern, befindet er auch ihren neuen Roman „Zeit deines Lebens“ (Platz 5).
William Paul Youngs „Die Hütte“ (Platz 7) markiert den Gipfel an Heuchelei und Scharlatanerie, denn der Roman weckt mit seiner Millionenauflage in ihm den Verdacht, dass wir vielleicht doch in der blödesten aller Welten leben.
Aus Dora Heldts „Tante Inge haut ab“ (Platz 8 ) steigt ein starker Geruch nach Leichenmoder, als feierten Heinz Rühmann, Inge Meysel und Theo Lingen fröhliche Auferstehung.
Schön, dass wenigstens Elke Heidenreich und Bernd Schroeder mit „Alte Liebe“ (Platz 9) einen guten Unterhaltungsroman veröffentlicht haben und Denis Schecks Respekt für das Münchhausensche Kunststück „Aufbruch“ (Platz 10) von Ulla Hahn am Ende überwogen hat, denn ansonsten wäre die Tonne restlos voll geworden. 😉