Die Anfänge von Kiepenheuer & Witsch im Literaturhaus München

Unter dem Motto „Verlagspolitik im Nachkriegsdeutschland. Die Anfänge von Kiepenheuer & Witsch (1948-1959)“ findet am Montag, den 07.06.2010, um 20 Uhr, ein Abend mit Birgit Boge, Barbara Krauß (Harrassowitz Verlag) und Helge Malchow (Kiepenheuer & Witsch) im Literaturhaus München statt.

Birgit Boge untersucht in ihrer umfassenden Studie zur Geschichte des Kölner Verlags Kiepenheuer & Witsch das Wirken des Verlegers Joseph Caspar Witsch in der Etablierungsphase des Verlags von 1948 bis 1959.

Joseph Caspar Witsch (1906 bis 1967) arbeitete Anfang der 1930er-Jahre als Bibliothekar in seiner Geburtsstadt Köln und wurde 1933 aus politischen Gründen aus dem Büchereidienst entlassen. Erst nachdem er 1936 in die SA eingetreten war, konnte er Leiter der Ernst-Abbe-Bücherei in Jena werden. Nach Kriegsende floh er 1948 in den Westen.

1949 gründete er gemeinsam mit Gustav Kiepenheuer den Verlag Kiepenheuer & Witsch. Innerhalb des Verlagsprogramms finanzierte die CIA Übersetzungen US-amerikanischer Bücher. Starautor des jungen Verlages wurde Anfang der 1950er Jahre Heinrich Böll, der dem Verlag bis zu seinem Tode treu blieb. Joseph C. Witsch gehörte 1954 zu den Initiatoren der Buchreihe Die Bücher der Neunzehn, einem Gemeinschaftsprojekt von 19 deutschen Verlagen, und setzte sich auch für die 1960 erfolgte Gründung des Deutschen Taschenbuch Verlags (dtv) ein. 1963 wurde sein Schwiegersohn Reinhold Neven DuMont sein Assistent und 1969, zwei Jahre nach dem Tode Witschs, Eigentümer des Verlags.

Birgit Boge skizziert die Gründungsgeschichte und gibt einen Überblick über die wichtigsten Besonderheiten des belletristischen Verlagsprogramms in dieser frühen Phase, bevor sie sich dem Kernteil ihrer Studie, der Rolle des Verlegers Witsch, widmet. Witsch beschränkt sich nicht nur darauf, das Verlagsprogramm zu organisieren und die Werke seiner Autoren zu publizieren, sondern er betätigt sich, um den Erfolg seines Unternehmens zu sichern, als Netzwerker, der mit dem gesamten Literaturbetrieb in Kontakt steht und seine Einflussmöglichkeiten auf das Literaturgeschehen der Zeit voll ausnutzt.

In diesem Zusammenhang wird auch das politisch motivierte Handeln Witschs im Kontext des Kalten Krieges beleuchtet. Der Verleger, der sich dazu berufen fühlt, die zeitgeschichtliche Entwicklung in Deutschland mit zu steuern, versucht auch hier insbesondere mit Hilfe seines belletristischen Verlagsprogramms allgemeinen Einfluss zu nehmen.

Ein zentrales Anliegen der Studie ist es, die bisher vernachlässigte Rolle der Vermittlungsagenten von Literatur in der buch- und literaturwissenschaftlichen Forschung hervorzuheben und die Bedeutung der Verlegerpersönlichkeit als integralen Bestandteil von Literaturgeschichte sichtbar zu machen.

Veranstalter: Internationale Buchwissenschaftliche Gesellschaft, Stiftung Literaturhaus, Studiengänge Buchwissenschaft der LMU München
Der Eintritt beträgt 6 Euro, ermäßigt 4 Euro.

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