Dezember 2007: Wassermusik von T. C. Boyle

WassermusikTreffpunkt: 08.12.2007 um 21 Uhr bei uns

Kurzbeschreibung
Zocker und Voyeure, Hexen und Sadisten, Huren, fremdartige Schönheiten und schottische Kleinbürger: T. C. Boyle erzählt von den zwei Westafrika-Expeditionen des schottischen Entdeckers Mungo Park, der sich um das Jahr 1800 auf die Suche nach dem Niger machte, beide Male in Begleitung eines ehemaligen Sklaven und Butlers. Verwoben in diese Geschichte ist das Schicksal eines Londoner Trunkenbolds und Trickbetrügers namens Ned Rise. Eine weitere Parallelhandlung spielt in Schottland, wo Parks Geliebte und spätere Frau Ailie Anderson auf die Rückkehr des Weltenbummlers wartet. Boyle stützt sich auf dabei auf Mungo Parks Reiseberichte, etwa Travels in the Interior of Africa (1803), die sich unterhaltsam lesen und für damalige Zeiten eine enorme Menge von ethnologischem Material auf unvoreingenommene Weise präsentieren. In einer knappen Vorbemerkung stellt Boyle jedoch fest: Ich habe den historischen Hintergrund aus der Freude und Faszination genutzt, die er mir bereitete, keinesfalls aber in dem Wunsch, die darin festgehaltenen Ereignisse genauestens zu rekonstruieren oder für einen Roman zu bearbeiten.

T-C. BoyleAutorenportrait
T. Coraghessan Boyle wurde 1948 in Peekskill, New York im Hudson Valley geboren. Er war Lehrer an der dortigen High-School und publizierte während dieser Zeit seine ersten Kurzgeschichten. Heute lebt er in Kalifornien und unterrichtet an der University of Southern California in Los Angeles Creative Writing. Sein 1987 erschienener Roman „World’s End“ brachte ihm höchstes Lob der Kritik. Noch im selben Jahr erhielt Boyle den PEN/Faulkner-Preis.

 

September 2007: Niemand der mit mir geht – Nadine Gordimer

Treffpunkt: 29.09.07 um 21 Uhr bei Gabriele

Niemand der mit mir geht Kurzbeschreibung
Nadine Gordimers Roman spielt in Südafrika nach Aufhebung der Apartheid. Vera Stark, die Hauptgestalt, engagiert sich als Juristin immer mehr beim Aufbau des neuen Staatswesens. Diese Arbeit für das Allgemeinwohl bringt ihr innere Befriedigung, stärkt ihr Selbstbewusstsein, führt aber gleichzeitig in die Einsamkeit.Nadine Gordimer, 1923 in Transvaal geboren, beschäftigt sich in ihren Erzählungen mit dem Leben in Südafrika unter den Bedingungen der Apartheidpolitik. Bekannt wurde sie durch Romane wie Fremdling unter Fremden, Der Ehrengast, Burgers Tochter, Julys Leute. Im Jahre 1991 erhielt Nadine Gordimer den Nobelpreis für Literatur.

Über die Autorin
Nadine Gordimer wurde am 20. November 1923 in Springs, Provinz Gauteng, Südafrika als Tochter eines jüdischen Juweliers geboren. Sie wurde wegen einer vermeintlichen Herzschwäche zunächst von ihrer Mutter zuhause unterrichtet, besuchte später jedoch eine Klosterschule. Im Alter von neun Jahren begann sie zu schreiben, und mit 14 Jahren erschien ihre erste Kurzgeschichte (Come Again Tomorrow) auf den Kinderseiten der Zeitschrift Forum (Johannesburg). Ihr Studium an der Witwatersrand University brach sie bereits nach einem Jahr wieder ab. Ihre erste Kurzgeschichtensammlung Face to Face veröffentlichte Nadine Gordimer 1949 in Johannesburg. Mit The Lying Days veröffentlichte sie 1953 ihren ersten Roman. Sie reiste viel in Afrika, Europa und den USA, wo sie in den 60er und 70er Jahren auch mehrfach an Universitäten lehrte. Beinahe ihr gesamtes Leben lebte und schrieb sie in einem Südafrika, dass von Apartheid gespalten war. Gordimer gehörte in den 50er Jahren zu einer kleinen Gruppe, die bewusst die damaligen Apartheidgesetze missachtete, um diese zu unterhöhlen. Mit den Massenverhaftungen von 1956 und dem Verbot des African National Congress (1960) wurde dieses Vorgehen vehement unterbunden. Gordimers konsequentes Eintreten für das Recht auf freie Meinungsäußerung brachte ihr mehrfach Publikationsverbote in ihrem Heimatland ein.

In den 60er Jahren wurde die schwarze Widerstandsbewegung radikaler in ihren Methoden, wandte z.B. Industriesabotage an, wie sie im Roman The Late Bourgeois World (1966) beschrieben wird. Gordimer fühlte sich folglich doppelt ausgegrenzt: durch die Weißen aufgrund des Apartheidregimes, durch die Schwarzen wegen ihrer Hautfarbe.

In ihrem Werk zeigt sie, dass Apartheid kein statischer, starrer Begriff ist, sondern etwas das sich ständig weiterentwickelt. Die Realität in ihrem Werk ist nie schwarz-weiß, sondern mit vielen Grautönen durchsetzt. Ihr Werk ist in über dreißig Sprachen übersetzt worden.

Juli 2007: Das Wetter vor 15 Jahren – Wolf Haas

Das Wetter vor 15 JahrenKlappentext:
Seit fünfzehn Jahren studiert Vittorio Kowalski wie besessen das Wetter in einem fernen Alpendorf. Er kennt die Hoch-und Tiefwetterlagen eines jeden Datums auswendig, ist mit den täglichen Luftdruckschwankungen, Niederschlagsmengen und Sonnenscheindauern per Du. Eines Tages wird er mit diesem verrückten Spezialwissen sogar Wettkönig bei „Wetten, dass ..?“. Niemand kann sich diese Leidenschaft erklären. Nur in dem achthundert Kilometer entfernten Urlaubsort seiner Kindheit sitzt eine junge Frau vor dem Fernseher, die den schüchternen Wettkandidaten nach fünfzehn Jahren wiedererkennt. Anni war die Tochter der Zimmervermieter, Vittorio der Sohn der deutschen Urlaubsgäste. Die beiden Kinder verbrachten jeden Sommer gemeinsam – bis sie in ein Jahrhundert-Unwetter gerieten, das sie für immer trennte.

Über den Autor
Wolf Haas, geboren am 14. Dezember 1960 in Maria Alm am Steinernen Meer / Bundesland Salzburg, Österreich, ist ein österreichischer Schriftsteller. Bekannt wurde er zunächst als Werbe- und Radiotexter, dann als Autor von Kriminalromanen, von denen drei den Deutschen Krimipreis gewannen.

Seine ersten zehn Lebensjahre verbrachte Haas in seinem Geburtsort Maria Alm, der gerade zu dieser Zeit †“ in den 60er Jahren †“ touristisch erschlossen wurde. Seine Eltern arbeiteten beide als Kellner. 1970 kam Haas als Internatsschüler nach Salzburg. Nach bestandener Matura studierte er ab 1979 an der Universität Salzburg zunächst Psychologie, ab 1980 dann Germanistik und Linguistik. Letzteres schloss er mit einer Dissertation zum Thema Die sprachtheoretischen Grundlagen der Konkreten Poesie ab. Anschließend, von 1988-90, arbeitete er als Universitäts-Lektor in Swansea (Südwales).

Zurück in Österreich und immerhin schon knapp 30, begann er in Wien noch einmal von ganz „unten†œ und bewarb sich als Juniortexter bei mehreren Werbeagenturen. Sein Spruch „Ich hab†™ keine Ahnung von Werbung, aber ich werd†™ den Job schon gut machen†œ zeugte von gesundem Selbstvertrauen. Tatsächlich stellten sich bald schon Erfolge ein, und mit Radiospots wie Lichtfahrer sind sichtbarer sowie Ö1 gehört gehört (den er übrigens auch selbst gesprochen hat) begründete Haas seinen Ruf als kreativer Werbe- bzw. Radiotexter. Höhepunkt war dann die fast schon legendäre Ö3-Wecker-Kasperliade Peda & Peda, die entstand, weil Haas und sein Pendant Herbert Haider nach der letzten Staffel der Mazda-Werbung ihre Idee der skurrilen Zwiegespräche nicht einfach sterben lassen wollten und sie Ö3 anboten. Doch mitten auf dem Weg nach „oben†œ brach Haas seine Karriere ab und kündigte seine Stelle bei Demner & Merlicek †“ mit der Begründung:

„Es macht Spaß, etwas hinzuschmeißen, weil es funktioniert, und nicht, weil es nicht funktioniert!†œ

Seine zweite Karriere begann Haas erneut mit dem naiv-selbstbewussten Optimismus des Quereinsteigers, denn er bekannte, nur sehr wenige Krimis gelesen zu haben. Seine Arbeitsweise beschrieb er mit auf den ersten Blick widersprüchlichen Aussagen. Einmal äußerte er: „Ich schreib†™ wie eine Wildsau und schau nachher, was mir gefällt†œ, und ein andermal: „Ich schreibe ein Buch, das irgendwie passt, aber es ist alles noch sehr rational kontrolliert. Und erst, wenn man seine Bremsen löst, wenn sozusagen mir selbst die Geschichte erzählt wird, beginnt das eigentlich Interessante. Darum nehme ich mir sehr viel Zeit. Wenn ich fertig bin mit einem Buch, möchte ich es noch ein halbes Jahr bei mir liegen haben, und dann leiste ich mir den Luxus der Zerstörung der eigenen Geschichte. Und dabei entsteht eigentlich das Buch.†œ

Dieses Bekenntnis zu einer Zerstörer-Mentalität verbindet Haas mit seinem Landsmann Thomas Bernhard, und dazu noch einiges mehr †“ mit Ausnahme natürlich des von ihm (bisher) favorisierten Genres. Hier folgt er am ehesten einem Credo von Friedrich Dürrenmatt, indem er „Kunst da tut, wo sie niemand vermutet†œ.

Seit Haas als freier Schriftsteller tätig ist, hat er binnen 7 Jahren (von 1996 bis 2003) insgesamt 7 Kriminalromane vorgelegt, 6 davon mit dem Detektiv Simon Brenner. Auf den einzigen „Non-Brenner†œ, den am Rande des Formel-Eins-Zirkus angesiedelten Roman Ausgebremst, folgten dann 1998 und 1999 die zwei meistbeachteten Krimis des Brenner-Zyklus, Komm, süßer Tod und Silentium!, die beide auch verfilmt wurden.

Seine Kriminalromane zeichnen sich aus durch satirische Gesellschaftskritik, Spannung, lakonischen Witz, ein dichtes Motivgefüge und außerordentliches Sprachbewusstsein. Es ist jedoch vor allem sein absolut ungewöhnlicher, singulärer Stil, der seine Leserschaft in Verehrer und Verächter spaltet, die Literaturkritik nicht selten zu Lobeshymnen veranlasste („Mount-Everest-mäßig über dem Krimi-Hügelland†œ) und ihm mehrere Preise einbrachte, darunter dreimal den Deutschen Krimi Preis.

Nach dem Erscheinen des sechsten Brenner-Titels Das ewige Leben kündigte Haas an, keine Krimis mehr zu schreiben. Konsequenterweise handelt es sich bei dem im September 2006 erschienenen und für den Deutschen Buchpreis nominierten Roman Das Wetter vor 15 Jahren um eine Liebesgeschichte, jedoch in der Form eines Interviews zwischen einer Literaturkritikerin und dem (fiktiven) Autor Wolf Haas über sein (fiktives) neues Werk. Für diesen Roman erhielt Haas 2006 den Wilhelm-Raabe-Literaturpreis.