Umberto Eco erhält Bundesverdienstkreuz mit Stern

Die Bundesrepublik Deutschland verleiht heute dem italienischen Schriftsteller und Medienwissenschaftler Umberto Eco  das Große Verdienstkreuz mit Stern.

Großes Verdienstkreuz mit SternEco werde als profunder Kenner der deutschen Kultur und Gesellschaft ausgezeichnet, teilt die deutsche Botschaft in Rom mit. Jenseits der Gemeinplätze  wisse er die Besonderheiten der italienischen und deutschen Welt und ihre gegenseitige Anziehung mit Weisheit und Ironie darzustellen. Auch werde er für seinen scharfen Intellekt, seine enzyklopädische Kultur und für zivile Aufrichtigkeit geehrt.

Umberto Eco wurde am 5. Januar 1932 in Alessandria, Piemont geboren. Durch seine Romane, allen voran Der Name der Rose (orig. 1980, deutsch 1982), wurde er weltberühmt. Seit 1971 Lehrstuhlinhaber an der Universität Bologna, hat er zahlreiche Gastprofessuren in aller Welt wahrgenommen und ist mit bisher 33 Ehrendoktortiteln (u. a. in Deutschland an der Freien Universität Berlin) ausgezeichnet worden. Im Herbst 2007 stellte er seine akademische Lehrtätigkeit ein.

Borges und Joyce nennt er als die beiden modernen Autoren, „die ich am meisten geliebt habe und von denen ich am stärksten beeinflusst worden bin“.

Als Bürger und politischer Autor ist Eco ein aktiver und vehementer Gegner von Silvio Berlusconi. In zahlreichen Zeitungs- und Zeitschriftenartikeln hat er dessen Politik scharf kritisiert. Noch kurz vor der Wahl im April 2006, die Berlusconi dann knapp verlor, veröffentlichte Eco seine gesammelten politischen Schriften nochmals in Buchform unter dem Titel Im Krebsgang voran: Heiße Kriege und medialer Populismus (deutsch: Frühjahr 2007).

Seit 1962 ist er mit Renate Ramge verheiratet, einer deutschen, in Frankfurt am Main geborenen Expertin für Museums- und Kunstdidaktik, mit der er einen Sohn und eine Tochter hat.

Quellen: Süddeutsche Zeitung, Wikipedia

ZEIT Leserediton: Die ersten 5 Literaturklassiker stehen fest

Vier Wochen lang wurden per Abstimmung die 20 Literaturklassiker, die in einer Sonderedition der ZEIT erscheinen werden, gesucht.

Jetzt steht die persönliche Auswahl der Lieblingstitel  der ZEIT-Leser aus drei Jahrhunderten fest.

Zeit LesereditionDie Titel der 20-bändigen Buchreihe werden auf der Frankfurter Buchmesse feierlich bekannt gegeben.

Vorab hat die ZEIT allen Teilnehmern der Wahl verraten, welche fünf Titel es auf jeden Fall in die Leseredition geschafft haben:

Gotthold Ephraim Lessing: Nathan der Weise

Heinrich Heine: Deutschland. Ein Wintermärchen

Wilhelm Busch: Ausgewählte Werke

Theodor Fontane: Effi Briest

Franz Kafka: Der Process

Die hochwertig ausgestattete Edition erscheint Anfang November.

Kathrin Schmidt erhält den Preis der SWR-Bestenliste 2009

„Du stirbst nicht“ heißt der im Februar 2009 erschienene neue Roman von Kathrin Schmidt. Im Mai, Juli, August und September wurde der Roman jeweils in die SWR-Bestenliste gewählt.  Die Jury der SWR-Bestenliste vergibt seit 1994 jährlich bei ihrem Treffen in Baden-Baden den mit 10 000 Euro dotierten „Preis der SWR-Bestenliste“, mit dem Kathrin Schmidt jetzt ausgezeichnet wurde.

„Mit ihrem in wesentlichen Teilen autobiographischen Roman „Du stirbst nicht“  hat Kathrin Schmidt ohne Frage einen der besten deutschsprachigen Romane des Frühjahrs 2009 vorgelegt, das ist Literatur auf hohem Niveau, die einen inhaltlich und sprachlich gleichermaßen zu begeistern vermag“, zu diesem Fazit kommt tinius auf seinem Literaturblog ReadingEase in einer ausführlichen Rezension über dieses Buch.

Kathrin Schmidt hat es mit „Du stirbst nicht“ ebenfalls in die Shortlist für den Deutschen Buchpreis 2009 geschafft. Ob sie auch diese Auszeichnung erhält, wird sich 12. Oktober 2009 auf der Frankfurter Buchmesse zeigen.

Du stirbst nichtKurzbeschreibung
Vom Hirnschlag erwacht – die Geschichte einer Heilung

Helene Wesendahl weiß nicht, wie ihr geschieht: Sie findet sich im Krankenhaus wieder, ohne Kontrolle über ihren Körper, sprachlos, mit Erinnerungslücken. Ihr Weg zurück ins Leben konfrontiert sie mit einer fremden Frau, die doch einmal sie selbst war. Kathrin Schmidt packt ihre Leser diesmal durch die Beschränkung, und zwar im wörtlichen Sinne. Mit den Augen ihrer erwachenden Heldin blicken wir in ein Krankenzimmer, auf andere Patienten, das Pflegepersonal und den eigenen Körper, der plötzlich ein Eigenleben zu führen scheint. Und wir erleben die mühsamen Reha-Maßnahmen mit, die Reaktionen der Familie, den aufopferungsvollen Einsatz ihres Mannes – und die bruchstückhafte Wiederkehr ihrer Erinnerung. Was da zutage tritt, konfrontiert Helene mit einem Leben, in dem sie sich kaum wiedererkennt, und das vieles in Frage stellt, was in der neuen Situation so selbstverständlich scheint. Sie entdeckt frühe Brüche in ihrer Biographie, verdrängte Leidenschaften und aus der Not geborene Verpflichtungen. Als ihr bewusst wird, dass ihr Herz sich bereits auf Abwege begeben hatte und sie den Mann, der sie jetzt so eifrig pflegt, eigentlich verlassen wollte, droht sie den Boden unter den Füßen zu verlieren. Kathrin Schmidt gelingt das Erstaunliche: Sie macht den Orientierungs- und Sprachverlust nach einer Hirnverletzung erfahrbar und zeigt einen Weg der Genesung, der in zwei Richtungen führt, zurück und nach vorn. Dabei entsteht ein Entwicklungsroman ganz eigener Art, der durch seine innere Dynamik fesselt und durch die Rückhaltlosigkeit, mit der seine Heldin sich mit ihrer Vergangenheit und Gegenwart konfrontiert, fasziniert. Er überzeugt vor allem durch die bewegende Schilderung eines sprachlichen Neubeginns.

Über die Autorin
Kathrin Schmidt, geboren 1958 in Gotha, arbeitete als Diplompsychologin, Redakteurin und Sozialwissenschaftlerin. Sie erhielt zahlreiche Preise, darunter den Leonce-und-Lena-Preis 1993. Ihr 1998 erschienener Roman „Die Gunnar-Lennefsen-Expedition“ wurde mit dem Förderpreis des Heimito von Doderer-Preises und dem Preis des Landes Kärnten beim Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb 1998 ausgezeichnet. Sie lebt in Berlin. Bisherige Veröffentlichungen: „Poesiealbum 1979“, Gedichte, 1982. „Ein Engel fliegt durch die Tapetenfabrik“, Gedichte, 1987. „Flußbild mit Engel“, Gedichte, 1995. Weitere Titel bei Kiepenheuer & Witsch: „Die Gunnar-Lennefsen-Expedition“, Roman, 1998. „GO-IN der Belladonnen“, Gedichte, 2000. „Koenigs Kinder“, Roman, 2002, „Seebachs schwarze Katzen“, Roman, 2005.

Die gebundene Ausgabe umfasst 347 Seiten und ist im Februar 2009 im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienen. Du stirbst nicht ist für 19,95 Euro im Handel erhältlich.

Die Vorleser am 18.09. um 22.35 Uhr im ZDF

Am 18.09., um 22.35 Uhr, strahlt das ZDF unter dem Titel „Die Vorleser“ die zweite Literatursendung mit Amelie Fried und Ijoma Mangold aus dem ehemaligen Hauptzollamt des Hamburger Hafens aus.

Special Guest ist dieses Mal der Schauspieler und Musiker  Rufus Beck, der auch sein Lieblingsbuch „Superhero von Anthony McCarten“ vorstellen wird.

Weiterhin stellt Ijoma Mangold wieder „Drei Bücher in drei Minuten“ vor.

Bücherliste

2666Roberto Bolaño – 2666 (Hanser Verlag, 2009)

Kurzbeschreibung
Literatur von einem anderen Planeten: Roberto Bolanos posthum erschienener Jahrhundertroman „2666“ über die unaufgeklärte Mordserie an Frauen in Mexiko ist eine atemberaubende Reise ins finstere Herz der modernen Welt. Wir begeben uns auf die Suche nach dem Schriftsteller und ehemaligen Nazi Benno von Archimboldi der in Santa Teresa, einer Wüstenstadt an der Grenze zwischen Mexiko und den USA, verschwunden ist. Ebendort wurden Hunderte von Frauen Opfer von Vergewaltigung und Mord. Wer sind die Mörder, und was hat Archimboldi mit ihnen zu tun? Das literarische Vermächtnis des aus Chile stammenden und 2003 in Barcelona verstorbenen Bolano ist Gangster- und Bildungsroman, Science-Fiction und Reportage.

AufbruchUlla Hahn – Aufbruch (Deutsche Verlags-Anstalt, 2009)

Kurzbeschreibung
Lange erwartet: der neue große Roman von Ulla Hahn
Ihr Leben scheint vorgezeichnet: Kinder, Küche, Kirche. Doch Hilla träumt sich weg aus dem Dorf am Rhein. Nichts kann dem Kind kleiner Leute die Sehnsucht nach der Freiheit des Geistes austreiben. Unverhofft bietet sich ihr ein neues Leben: Abitur, Studium, ihre selbst gewählte Zukunft liegt vor ihr. Nach „Das verborgene Wort“ hat die Lyrikerin und Bestsellerautorin Ulla Hahn erneut ein imposantes Epos vorgelegt, das feinnervig vom Erwachsenwerden, Wachwerden, Menschwerden erzählt.
Hilla lacht das freieste Lachen der Welt. Es ist der erste Tag nach den Weihnachtsferien im Januar 1963; das Lehrerkollegium des Aufbaugymnasiums hat beschlossen, die Siebzehnjährige noch ins laufende Schuljahr aufzunehmen. Mit diesem Tag beginnt für das wissbegierige Kind „vun nem Prolete“ endlich das lang ersehnte neue Leben, in dem die einfachen Wahrheiten der Eltern nicht mehr gelten, in dem das Buckeln in der Papierfabrik von der Freiheit der Worte abgelöst wird. Doch wird Hilla ihre wahre Heimat wirklich in der Sprache finden? „Aufbruch“ gewährt einen anrührenden Blick in die Seele einer mutigen und doch so verletzlichen Heranwachsenden – und zeichnet sprachübermütig und mit großem epischem Temperament ein detailreiches Sittengemälde von den bundesrepublikanischen Mittsechzigern.

SuperheroAnthony McCarten – Superhero (Diogenes Verlag, 2007)

Donald Delpe ist 14, voller unerfüllter Sehnsucht, Comiczeichner. Er möchte nur eines wissen: Wie geht Liebe? Doch er hat wenig Zeit – er ist schwerkrank. Was ihm bleibt, ist ein Leben im schnellen Vorlauf. Das schafft aber nur ein Superheld. Donald hat sogar einen erfunden – MiracleMan. Aber kann MiracleMan ihm helfen, oder braucht Donald ganz andere Helden?
Zwischen dem renitenten Patienten und seinem etwas steifleinenen Therapeuten beginnt ein regelrechter Zweikampf um die Sinnfragen des Lebens, bei McCarten ein intelligent und giftig witziges Dialogfeuerwerk, das dem Mediziner mehr zu knabbern gibt als seinem altklugen Patienten. Am Ende klafft eine letzte quälende Leerstelle in Dons gefährdetem Leben. Die Frage nach den Geheimnissen des Sex, diesem spannenden Forschungsfeld, das er nur vom Hörensagen kennt und dem selbst die schärfste Comicfantasie nicht das nötige Fleisch verleihen kann. Hier lässt McCarten den großen Therapeuten auf unorthodoxe Weise zur Tat schreiten –, und erzielt bei aller Flapsigkeit echte Wirkungstreffer. (Ravi Unger – Amazon-Rezension)

Zwei an einem TagDavid Nicholls – Zwei an einem Tag (Verlag Kein & Aber, 2009)

Kurzbeschreibung
Der neue Roman von David Nicholls stellt einen Tag, den 15. Juli, und zwei eigentlich füreinander bestimmte Menschen, die es nur noch nicht wissen, in den Mittelpunkt. Er besticht nicht nur durch Situationskomik, sondern auch durch die genaue Darstellung des Allzumenschlichen »Gerade stelle ich mir dich mit 40 vor!« doch in dieser Nacht, am 15. Juli 1998, sind Emma und Dexter noch zwanzig, haben sich bei der Abschlussfeier kennengelernt, die Nacht zusammen durchgemacht, am nächsten Morgen gehen beide ihrer Wege. Wo werden sie an genau diesem Tag ein Jahr später stehen? Und wo in all den darauffolgenden Jahren? Und werden sich die beiden, die einander niemals vergessen können und deren Wege sich immer wieder kreuzen, weiterhin immer gerade knapp verpassen oder können sie sich selbst und dem anderen irgendwann eingestehen, dass sie trotz aller markanten Unterschiede füreinander bestimmt sind? Während zwanzig Jahren nimmt David Nicholls jeweils den 15. Juli ins Visier, zeigt, wie Emma und Dexter ihren Weg suchen, reisen, lieben, ausprobieren, sich aber nie aus den Augen verlieren.

Deutschland einig VaterlandAndreas Rödder – Deutschland einig Vaterland (Verlag C.H. Beck, 2009)

Kurzbeschreibung
Schon den Zeitgenossen war klar: 1989/90 erlebten sie Weltgeschichte. Der Zusammenbruch des Ostblocks, der Fall der Mauer, das Ende der DDR, die Wiedervereinigung Deutschlands beendeten eine Epoche, die im Zeichen der Weltkriege und des Ost-West-Konflikts gestanden hatte. Ein neues Zeitalter begann. Dieses Buch erzählt, wie alles geschah.
Andreas Rödder legt auf der Grundlage intensiver Quellenforschungen und zahlreicher Gespräche mit Zeitzeugen die erste historisch fundierte Geschichte der deutschen Wiedervereinigung vor. Seine spannend geschriebene Darstellung führt uns in die Machtzentrale des Kreml, wo Michail Gorbatschow mit seiner Reformpolitik einen Wandel einleitet, dessen Eigendynamik schon bald außer Kontrolle gerät, sie lässt uns teilhaben an den Krisensitzungen des Honecker-Regimes und den geheimen Treffen der Bürgerrechtsbewegung und führt uns durch die dramatischen Tage der großen Demonstrationen und des Mauerfalls. Kritisch wägt Rödder die Stärken und Schwächen der Politik Helmut Kohls ab, der mit dem Zehn-Punkte-Plan die deutschlandpolitische Initiative an sich zog und den Einigungsprozess maßgeblich ausgestaltete. Andreas Rödders Buch ist eine souveräne, sorgfältig differenzierende und mit großer Sensibilität für die unterschiedlichen Perspektiven von West- und Ostdeutschen geschriebene Gesamtdarstellung der deutschen Einheit.

Deutschland einig VaterlandFerdinand von Schirach – Verbrechen (Piper Verlag, 2009)

Kurzbeschreibung
Ferdinand von Schirach hat es in seinem Beruf alltäglich mit Menschen zu tun, die Extremes getan oder erlebt haben. Das Ungeheuerliche ist bei ihm der Normalfall. Er vertritt Unschuldige, die mit dem Gesetz in Konflikt geraten, ebenso wie Schwerstkriminelle. Deren Geschichten erzählt er …Ein angesehener, freundlicher Herr, Doktor der Medizin, erschlägt nach vierzig Ehejahren seine Frau mit einer Axt. Er zerlegt sie förmlich, bevor er schließlich die Polizei informiert. Sein Geständnis ist ebenso außergewöhnlich wie seine Strafe. Ein Mann raubt eine Bank aus, und so unglaublich das klingt: er hat seine Gründe. Gegen jede Wahrscheinlichkeit wird er von der deutschen Justiz an Leib und Seele gerettet. Eine junge Frau tötet ihren Bruder. Aus Liebe. Lauter unglaubliche Geschichten, doch sie sind wahr.

Ich schlage vor, dass wir uns küssenRayk Wieland – Ich schlage vor, dass wir uns küssen (Antje Kunstmann Verlag, 2009)

Kurzbeschreibung
Herr W. hat eines Tages eine ominöse Einladung in der Post: Auf einer Podiumsdiskussion unbekannter Untergrunddichter soll er Auskunft geben über sein Werk, über die Unterdrückung in der DDR und über seine Erlebnisse als Staatsfeind. Zuerst glaubt er an einen schlechten Scherz. Ist er überhaupt gemeint? Mit der DDR hat er doch längst abgeschlossen, nachdem sie 1989 wie ein falsch montiertes Chemieklo zusammenklappte. War er je als Dichter auffällig geworden? Als unterdrückter gar? W. stellt Nachforschungen an, unterzieht sich bei der Psychologin Tyna Novelli einer Rückführungstherapie in die DDR-Vergangenheit und nimmt schließlich Einsicht in seine Stasi-Akte. Was für ein Fund: Tatsächlich sind hier seine lyrischen Gehversuche unter dem Titel »Mögliche Exekution des Konjunktivs« abgeheftet, dazu sämtliche Liebesbriefe an Liane in München alles von einem Oberleutnant Schnatz über Jahre akribisch gegengelesen, verwegen gedeutet und als staatszersetzend-konterrevolutionäres Schrifttum eingestuft. »Ich schlage vor, dass wir uns küssen« ist ein Roman über die Absurditäten der Erinnerung, auch der eigenen, über rätselhafte Wirkungen unbeholfener Gedichte und über eine Liebe, wie sie nur in Zeiten der deutschen Teilung blühen konnte. Ein Buch über die Mauer, die es nie gab. Eine wahre Geschichte, die niemand für möglich gehalten hat. Nicht einmal ihr Verfasser. Die Geschichte dieses Buches beruht auf einer wahren Begebenheit. Die DDR hat es wirklich gegeben.

Quelle: Die Vorleser – ZDF

Shortlist zum Internationalen Literaturpreis

Haus der KulturenDas Haus der Kulturen der Welt und die Stiftung Elementarteilchen vergeben 2009 erstmals den „Internationalen Literaturpreis †“ Haus der Kulturen der Welt“ für zeitgenössische Erzählliteratur in deutscher Erstübersetzung.

Insgesamt haben sich 81 Verlage mit 131 Titeln beworben. Werke von Autoren aus 53 Ursprungsländern, übersetzt aus 33 Sprachen, wurden eingereicht.

Aus den eingesandten Titeln und einem vielsprachigen und vielgestaltigen Spektrum aktueller Erzählstimmen hat die Jury (Christian Döring -Lektor und Kritiker, Prof. Dr. Ottmar Ette – Literaturwissenschaftler, Universität Potsdam, Sigrid Löffler – Kritikerin, Moderatorin und Publizistin, Katharina Narbutovic – Leiterin Berliner Künstlerprogramm des DAAD, Peter Ripken – Programmleiter Internationales Zentrum Frankfurter Buchmesse, Dr. Susanne Stemmler – Programmleiterin Literatur am Haus der Kulturen der Welt, Jan Szlovak – Vorstandsvorsitzender Stiftung Elementarteilchen) nun die Shortlist für 2009 ermittelt.

Der Preis würdigt mit 25 000 Euro das Werk des Autors und mit 10 000 Euro das des Übersetzers.

Die Preisverleihung findet am 30. September 2009 um 19.30 Uhr in Anwesenheit der Preisträger im Haus der Kulturen der Welt mit Ilija Trojanow als Festredner, Anna Thalbach (Lesung) und Wilfried F. Schoeller (Moderation) statt.

Die Shortlist 2009 in alphabetischer Reihenfolge:

Alarcón, Daniel: Lost City Radio

Lost City Radio1Wagenbach 2008; aus dem Amerikanischen übersetzt von Friederike Meltendorf (Lost City Radio, HarperCollins 2007)

Kurzbeschreibung
Eine Frau, deren Stimme einem verwüsteten Land die Hoffnung zurückgibt, ein Kind ohne Eltern und die Geschichte einer entzweiten Liebe †“ „Lost City Radio“ ist das großartige, universelle Porträt eines Landes zwischen Repression und Bürgerkrieg.
In einem Land, Jahre nach dem Ende eines blutigen Bürgerkriegs, regiert das Vergessen. Die alten Sprachen sind verboten, die Ortsnamen durch Zahlen ersetzt und die Erinnerungen an die Besiegten ausradiert.
Eine Frau jedoch, Norma, leistet mit ihrer unverwechselbaren Stimme subtilen Widerstand: Sie moderiert die Radiosendung »Lost City Radio«, in der die Zuhörer nach ihren Vermissten suchen können.
Eines Tages taucht im Sender ein Junge aus einem Dschungeldorf auf, Victor, mit einer Liste von Verschollenen und Toten, auf der auch der Name von Normas verschwundenem Mann Rey steht. Norma beginnt, die Wahrheit zu suchen und die Bausteine ihrer Vergangenheit zusammenzusetzen. Was weiß sie von Rey? Wer war er? Ethnobotaniker oder Untergrundkämpfer oder beides?
Ein ergreifender Roman und eine große Parabel eines nachdenklichen jungen Autors.

Doulatabadi, Mahmud: Der Colonel

Der ColonelUnionsverlag 2009 , aus dem Persischen übersetzt von Bahman Nirumand (Sawal-e Colonel, weltweite Erstveröffentlichung)

Kurzbeschreibung
Eine pechschwarze Regennacht in einer iranischen Kleinstadt, ein altes Haus. Der Colonel hängt seinen Gedanken nach.
Erinnerungen stürmen auf ihn ein. An seine Jahre als hochdekorierter Offizier der Schah-Armee. An seine Kinder, die ihren eigenen Weg gingen, sich den Revolutionsgardisten Khomeinis angeschlossen haben und in den Krieg zogen, in die Leidenschaften der Revolution und des Todes. Durch die
Gassen werden die gefallenen »Märtyrer« getragen, in der Stadt werden ihnen Denkmäler gebaut. Es herrscht Krieg »diese giftige, fleischfressende Pflanze«. Und im Haus sind Geheimnisse verborgen: Ein Sohn versteckt sich im Keller, gepeinigt von den Albträumen seiner Erinnerungen. Da klopft es an die Tür. Der Colonel wird abgeführt, zur Staatsanwaltschaft.

Hage, Rawi: Als ob es kein Morgen gäbe

als ob es kein Morgen gäbeDuMont Verlag 2009 , aus dem Amerikanischen übersetzt von Gregor Hens (De Niro†™s Game, Anansi Press 2006)

Kurzbeschreibung
Eine bewegende Geschichte, ein singuläres Buch
Bassam und sein bester Freund George, den alle nur De Niro nennen, ziehen durch das Bürgerkriegs-Beirut der achtziger Jahre. In ihrer Kindheit sammelten sie gemeinsam Kugeln und Granathülsen in den Ruinen, um sie gegen Zigaretten einzutauschen. Seitdem sind zehntausend Bomben auf Beirut gefallen. Heute sind sie Teenager und haben Eltern und Geschwister, Nachbarn und Freunde verloren. Sie sind Überlebenskünstler, die ihren Anteil am Glück fordern. Sie ergaunern sich Geld, sie verlieben sich, sie fangen an zu leben. Aber während Bassam davon träumt, nach Rom zu gehen, wo »sogar die Tauben glücklich und gut genährt wirken«, schließt De Niro sich einer christlichen Miliz an, um zu kämpfen. Bassam weigert sich, und eins ist klar: Er muss fliehen. Aber auf dem Weg zum Schiff in die Freiheit fängt De Niro ihn ab.
„Dass dieser Roman sein sein erstes Buch sein soll, ist schwer zu glauben, so perfekt ist es gebaut, so reich an Stimmen, Themen, Tonlagen. Dass Hage damit den IMPAC-Award gewann, den höchstdotierten Literaturpreis für ein Einzelwerk, gegen Philip Roth und Thomas Pynchon, hat nichts mit Glück zu tun, sondern mit der Wucht seines Stils: Hage montiert seinen Roman in schnellen Szenen, fast als seis’s ein Filmdrehbuch. Gleichzeitig ist sein Stil hochpoetisch und es ist immer wieder merkwürdig, wie er das hinkriegt, die harte Lakonie und das Lyrische, als würde Clint Eastwood durch seine zusammengebissenen Kiefer das alttestamentarische Hohelied zitieren.“ (Süddeutsche Zeitung)

Hemon, Aleksandar: Lazarus

LazarusKnaus Verlag 2009 , aus dem Amerikanischen übersetzt von Rudolf Hermstein (The Lazarus Project, Riverhead Books 2008)

Kurzbeschreibung
In seinem neuen Roman folgt Aleksandar Hemon den Spuren eines ungelösten historischen Mordfalls. Dabei entdeckt sein Held Parallelen zwischen gestern und heute, begegnet einem verschollenen Freund und macht sich auf die Suche nach den eigenen Wurzeln in einem fernen Land. Eine lakonische, höchst unterhaltsame und rasant erzählte Geschichte über politische Hysterie, Heimatlosigkeit und geplatzte Träume. Und die Geschichte einer Männerfreundschaft, die ihresgleichen sucht.
Durch Zufall stößt der Schriftsteller Vladimir Brik in Chicago auf die Geschichte von Lazarus Averbuch, der 1908 während der Anarchistenunruhen erschossen wurde. Brik ist von Lazarus‘ Schicksal tief berührt und beschließt, nach Osteuropa in die Heimat des jungen Einwanderers zu reisen. Kurz vor seinem Aufbruch läuft ihm Rora über den Weg, ein Jugendfreund aus Sarajevo – und Brik weiß, dass er den idealen Reisegefährten gefunden hat. Schon damals in Sarajevo war Rora das, wovon Jungs wie Brik nur zu träumen wagten: cool, charmant, verwegen. Brik und Rora machen sich auf, die Spuren des fremden Toten zu suchen. Doch im Grunde ihres Herzens wissen sie, dass diese Reise von der Neuen in die Alte Welt eine Reise zu den eigenen Wurzeln ist.

Kohan, Martín: Zweimal Juni

Zweimal JuniSuhrkamp Verlag 2009 , aus dem Spanischen übersetzt von Peter Kultzen (Des veces junio, Editorial Sudamericana 2002)

Kurzbeschreibung
1978, 1982: Zweimal Juni, zweimal Fußballweltmeisterschaft, und beide Male verliert Argentinien knapp gegen Italien. Auf die erste Niederlage, in Buenos Aires, folgt dennoch der Titelgewinn und der propagandistische Triumph der Militärjunta. Die zweite Niederlage, in Spanien, führt nicht nur zum Ausscheiden der Nationalmannschaft – sie wird begleitet vom katastrophal gescheiterten Falklandkrieg, der das Ende der Schreckensherrschaft einleitet.
Und doch gibt es selbst in solchen Zeiten immer auch Leute, die es ganz gut getroffen haben. Etwa der junge Rekrut, der zunächst bei einem Militärarzt als Fahrer arbeitet und später als Medizinstudent den Krieg in der Zeitung verfolgt. Als er aber auf einer Gefallenenliste einen Namen bemerkt, der ihm bekannt vorkommt, entspinnen sich seine Erinnerungen, die an ein grauenhaftes Ereignis rühren. Mit dieser scheinbar unbeteiligten Stimme eines Mitläufers macht der Roman den Leser zum Komplizen und gewinnt eine Drastik und Intensität, die einem den Atem raubt. Martín Kohan schrieb mit Zweimal Juni den maßgeblichen Roman über die traumatischen Ereignisse der letzten Militärdiktatur.

Mengestu, Dinaw: Zum Wiedersehen der Sterne

Zum Wiedersehen der SterneClaassen Verlag 2009, aus dem Amerikanischen übersetzt von Volker Oldenburg (The Beautiful Things That Heaven Bears, Riverhead Books 2007)

Kurzbeschreibung
Was ist Glück? Ein Gefühl von Heimat, Freundschaft, Familie, Liebe? Mit feiner Komik, aber auch voller Melancholie lotet Dinaw Mengestu das Dasein eines äthiopischen Einwanderers aus, der auch nach Jahren in den USA nicht angekommen ist. Seine kraftvolle und farbenreiche Sprache zieht den Leser magisch in ihren Bann.
Pressestimmen
»Der junge äthiopisch-amerikanische Autor Dinaw Mengestu hat einen klugen, zartfühlenden, hingebungsvollen ersten Roman geschrieben.« (Die Welt, 11.04.09)
»Ich halte dieses Buch für eine große Entdeckung.« (Literaturclub im Schweizer Fernsehen, Iris Radisch, 21.04.09)
»Dinaw Mengestu macht einfach glücklich.« (Cosmopolitan, 2009/05)
Über den Autor
Dinaw Mengestu wurde 1978 in Äthiopien geboren, mit zwei Jahren kam er mit seiner Familie in die USA, wohin der Vater aus politischen Gründen geflohen war. Er studierte Literatur und erhielt 2006 ein Schreibstipendium von der New York Foundation for the Arts. Dinaw Mengestu hat Kurzgeschichten in Zeitschriften veröffentlicht, mit seinem ersten Roman Zum Wiedersehen der Sterne feierte er bereits Erfolge in den USA, Großbritannien und Frankreich. Dinaw Mengestu lebt in New York.

Quelle: Haus der Kulturen