Jan Assmann mit dem Thomas-Mann-Preis 2011 ausgezeichnet

Seit 2010 wird der mit 25.000 Euro dotierte Thomas-Mann-Preis gemeinsam durch die Hansestadt Lübeck und die Bayerische Akademie der Schönen Künste jährlich verliehen. Der Preis wird für das Lebenswerk einer Autorin / eines Autors oder für herausragende Verdienste auf dem Gebiet der literarischen Vermittlung vergeben.

Die siebenköpfige Preisjury, unter dem Vorsitz des Göttinger Literaturwissenschaftlers Heinrich Detering, hat in diesem Jahr den 73-jährigen deutschen Ägyptologen, Religions- und Kulturwissenschaftler Jan Assmann mit dem Thomas-Mann-Preis ausgezeichnet.

Die Jurybegründung

Jan Assmann hat aus Fachdiskussionen der Ägyptologie heraus Einsichten gewonnen und Modelle entworfen, die ihn zu einem der international meist diskutierten deutschen Kulturwissenschaftler gemacht haben.

Bücher wie „Das kulturelle Gedächtnis„, „Religion und kulturelles Gedächtnis: Zehn Studien“ oder „Ma’at. Gerechtigkeit und Unsterblichkeit im Alten Ägypten“ verbinden souverän religionsgeschichtliche und anthropologische, literatur- und kulturwissenschaftliche Perspektiven zu Darstellungen, die nicht nur Experten, sondern auch eine breite Leserschaft zu erreichen vermochten. Sie tun das in einer Wissenschaftsprosa von schlackenloser Eleganz, die ohne Jargon und Imponiergehabe auskommt und gerade so den literarischen Glanz großer Essayistik gewinnt.

Damit gelingt Jan Assmann etwas, das auf seine Weise Thomas Mann in den Josephs-Romanen erreicht hat: aus der geschichtlichen und kulturellen Ferne heraus neue Zugänge zu Grundfragen der menschlichen Existenz zu erschließen. So ist es nicht verwunderlich, dass Jan Assmann sich in Thomas Mann und Ägypten vor kurzem auch eine der wichtigsten Studien zu eben diesem Hauptwerk vorgelegt hat. Im Geiste Thomas Manns, des Romanciers und des Essayisten, ist sein gesamtes Werk geschrieben.“

Die Verleihung findet am Sonntag, dem 4. Dezember 2011, um 11 Uhr im Max-Joseph-Saal der Münchner Residenz statt und wird durch die Friedrich-Baur-Stiftung ermöglicht. Die Laudatio hält der Politikwissenschaftler und ehemalige bayerische Kultusminister Hans Maier

Quelle: Bayerische Akademie der Schönen Künste

Ingeborg-Bachmann-Preis 2011 geht an Maja Haderlap

Die österreichische Autorin Maja Haderlap hat den Ingeborg-Bachmann-Preis 2011 gewonnen. Sie setzte sich mit ihrem ruhigen, poetischen Text Im Kessel – einem Auszug aus ihrem Romandebüt „Engel des Vergessens“ in Klagenfurt gegen 13 weitere Nachwuchsautorinnen- und autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz durch.  Maja Haderlap erhält ein Preisgeld von 25.000 Euro.

Die 1961 geborene und in Klagenfurt lebende Autorin beleuchtet in ihrer Dorf- und Familiengeschichte den Widerstand der Kärntner Slowenen gegen die deutsche Wehrmacht. Haderlap habe der Geschichte der Kärntner Partisanen eine Stimme gegeben, begründete Jurorin Daniela Strigl, die sie für den Wettbewerb vorgeschlagen hatte, ihre Wahl. „Sie beschreibt es bedächtig, mit großer Genauigkeit und ohne Hass„, sagte Strigl.

Kurzbeschreibung „Engel des Vergessens“
Ein großes Romandebüt, das von einem Leben in der Mitte Europas erzählt; mit kraftvoller Poesie; Geschichten, die uns im Innersten betreffen.Maja Haderlap gelingt etwas, das man gemeinhin heutzutage für gar nicht mehr möglich hält: Sie erzählt die Geschichte eines Mädchens, einer Familie und zugleich die Geschichte eines Volkes. Erinnert wird eine Kindheit in den Kärntner Bergen. Überaus sinnlich beschwört die Autorin die Gerüche des Sommers herauf, die Kochkünste der Großmutter, die Streitigkeiten der Eltern und die Eigenarten der Nachbarn.

Erzählt wird von dem täglichen Versuch eines heranwachsenden Mädchens, ihre Familie und die Menschen in ihrer Umgebung zu verstehen. Zwar ist der Krieg vorbei, aber in den Köpfen der slowenischen Minderheit, zu der die Familie gehört, ist er noch allgegenwärtig. In den Wald zu gehen hieß eben „nicht nur Bäume zu fällen, zu jagen oder Pilze zu sammeln“. Es hieß, sich zu verstecken, zu flüchten, sich den Partisanen anzuschließen und Widerstand zu leisten. Wem die Flucht nicht gelang, dem drohten Verhaftung, Tod, Konzentrationslager. Die Erinnerungen daran gehören für die Menschen so selbstverständlich zum Leben wie Gott. Erst nach und nach lernt das Mädchen, die Bruchstücke und Überreste der Vergangenheit in einen Zusammenhang zu bringen und aus der Selbstverständlichkeit zu reißen und schließlich als (kritische) junge Frau eine Sprache dafür zu finden.

Eindringlich, poetisch, mit einer bezaubernden Unmittelbarkeit. Maja Haderlap hat eine gewaltige Geschichte geschrieben… Die Großmutter wie noch keine, der arme bittere Vater wie noch keiner, die Toten wie noch nie, ein Kind wie noch keines. (Peter Handke)

Die österreichisch-slowenische Vergangenheit ist nach Angaben Strigls zwar historisch, aber bisher kaum literarisch aufgearbeitet worden. Haderlap sei ein „Glücksfall, bei dem der Stoff zur Gestaltung gedrängt hätte.

„Das sind Geschichten, die mich mein ganzes Leben begleitet haben“, sagte die Gewinnerin, die auf Deutsch und Slowenisch schreibt, in einer ersten Reaktion. Sie sei damit aufgewachsen.

Über die Autorin
Maja Haderlap, geb. 1961 in Eisenkappel/Zelezna Kapla (Österreich), studierte Theaterwissenschaft und Germanistik an der Universität Wien. Sie war von 1992 bis 2007 Chefdramaturgin am Stadttheater Klagenfurt und unterrichtet regelmäßig am Institut für Angewandte Kulturwissenschaft der Alpen-Adria-Universität in Klagenfurt. Seit 2008 lebt Maja Haderlap als freie Schriftstellerin in Klagenfurt. Sie veröffentlichte Gedichtbände auf Slowenisch und Deutsch sowie Übersetzungen aus dem Slowenischen. „Engel des Vergessens“ ist ihr Romandebüt.

Mit dem Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb, der seit 1977 in Klagenfurt stattfindet und mit der Vergabe des Ingeborg-Bachmann-Preises verbunden ist, wird die Erinnerung in die österreichische Dichterin (1926-1973) aufrechterhalten. Bachmann schrieb zahlreiche Erzählungen, Gedichte und Hörspiele. Sie gilt als eine der bedeutendsten deutschsprachigen Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts.

Haderlap setzte sich erst im vierten Wahlgang gegen den Deutschen Steffen Popp durch. Der in Berlin lebende Autor erhielt dann aber für seine Spurensuche in einem thüringischen Dorf den mit 10.000 Euro dotierten Kelag-Preis.

Der mit 7500 Euro dotierte 3sat-Preis ging an die junge deutsche Autorin Nina Bußmann.

Zuschauerliebling war der Berliner Thomas Klupp mit seinem unterhaltsamen Text „9to5 Hardcore“, in dem es um Pornografie und den Universitätsbetrieb geht. Er erhielt den Publikumspreis.

Der mit 7000 Euro dotierte Ernst-Willner-Preis ging an Leif Randt. Dieser Sonderpreis des Klagenfurter Wettbewerbs bietet den Verlagen aus dem deutschen Sprachraum, die ihn gestiftet haben, eine legitime eigene Public-Relations-Plattform.

Quelle: Tagesschau.de

Internationaler Literaturpreis 2011 geht an Michail Schischkin für „Venushaar“

Seit 2009 wird der Internationale Literaturpreis für internationale Erzählliteratur in deutscher Erstübersetzung durch das Haus der Kulturen der Welt und die Stiftung Elementarteilchen ausgeschrieben. In diesem Jahr geht die Literaturauszeichnung an Michail Schischkin und seinen Übersetzer Andreas Tretner. Für „Venushaar“ (Originaltitel Venerin Volos), 2011 erschienen bei der DVA, erhält der Autor 25.000 Euro. Weitere 10.000 Euro gehen an Andreas Tretner für die deutsche Erstübersetzung des Romans aus dem Russischen.

Jurybegründung für den Preisträger / Autor

„Mit Venushaar ist Michail Schischkin ein Roman von stupender Komplexität und betörender Vielfalt gelungen. Als Lotse und zentrale Gestalt figuriert der „Dolmetsch„, ein Alter ego des Autors, der für die schweizerische Einwanderungsbehörde arbeitet. Die Geschichten von Gewalt und Vertreibung, die er aus dem Mund tschetschenischer und anderer Gesuchsteller zu hören bekommt, vermischen sich mit eigenen Erinnerungen an die Moskauer Kindheit und mit der Lektüre von Xenophons Kriegsbericht „Anabasis„.

In kühner Schnitttechnik werden diesem Erzählstrang zwei weitere hinzugefügt: die autobiographische Reminiszenz des „Dolmetsch“ an seine Liebe zu „Isolde“ und die schmerzliche Trennung von ihr sowie das (fiktive) Tagebuch der russischen Sängerin Isabella Jurjewa, das aus persönlicher Sicht ein Jahrhundert russischer Historie mit Revolution, Bürgerkrieg, Stalinzeit wiedergibt.

Die Aufzeichnungen †“ sie hätten dem „Dolmetsch“ als Material für eine Biographie dienen sollen †“ zeichnen sich durch Spontaneität und den Gebrauch der Ich-Form aus, was den Stimmenchor des Romans erweitert und auffrischt. Zu dieser Vielstimmigkeit gehören auch zahlreiche Anspielungen und (verdeckte) Zitate, was sich in verschiedenen Redeweisen, Sprachgesten und Stilvarianten niederschlägt.

Venushaar“ ist ein Roman über private, gesellschaftliche und politische Verwerfungen, er thematisiert Krieg, Flucht, Exil, er feiert aber auch den Zauber der Liebe und der Erinnerung und steht für die Kraft des Wortes, wie schon das Motto suggeriert: „Denn durch das Wort ward die Welt erschaffen, und durch das Wort werden wir einst auferstehen.

Schischkin zeigt sich als Sprachkünstler ersten Ranges: nicht nur hat er eine einzigartige Romanform entwickelt, er spielt mit wechselnden Perspektiven und Einstellungen, mit unterschiedlichsten verbalen Registern und Stillagen, er beherrscht poetische, satirische, elegische und sarkastische Tonarten und brilliert mit überraschenden Details. Man liest eine Chronik der Gewalt und eine Liebesgeschichte, ein Künstlertagebuch und ein Verhörprotokoll und bewegt sich zugleich in einem intertextuellen Gewebe, das diesen Roman – über seine herausragende Qualität hinaus – weltliterarisch verortet.

Jurybegründung für den Preisträger / Übersetzer

Michail Schischkins Roman „Venushaar“ zeichnet sich durch thematische Komplexität und eine grosse Vielfalt von Redeweisen, Sprachgesten und Stilvarianten aus. Zur Sprache kommen tschetschenische Flüchtlinge (als Gesuchsteller bei der schweizerischen Einwanderungsbehörde) und deren Vernehmer, der in assoziativen Erinnerungen sich ergehende „Dolmetsch“ und die 1899 geborene russische Sängerin Isabella Jurjewa, in deren (fiktiven) Tagebuchaufzeichnungen Epochenschilderungen kontrastreich mit palindromischen Wortspielereien abwechseln.Zu diesem Stimmenchor gesellen sich zahlreiche Anspielungen und (verdeckte) Zitate, die ein komplexes intertextuelles Gewebe bilden.

Andreas Tretner ist es auf virtuose Weise gelungen, die Bezüglichkeiten aufzudecken und die unterschiedlichen Sprachregister und †“masken abzubilden. Bibel- und Verhörton, elegische Liebesreminiszenz und Jargon der Gewalt, poetische Introspektion und Xenophonsche Archaik finden eine plastische Wiedergabe. Als besonders anspruchsvoll erwiesen sich die brüsken Stil- und Rhythmuswechsel, die oft einen einzigen Satz polyphon erklingen lassen. Mit wachem Ohr hat Andreas Tretner jede Sprachbewegung subtil nachvollzogen und damit die enorme Detailarbeit, die in diesem allseits überraschenden Roman steckt, optimal zur Geltung gebracht.

Eine meisterliche Übersetzung eines Meisterwerks.

Quelle: Haus der Kulturen der Welt

Isabel Allende erhält Hans Christian Andersen-Literaturpreis 2012

Isabel Allende - Wikipediamagisch und hypnotisierend

Die 68-jährige, chilenische Schriftstellerin Isabel Allende erhält den mit 500.000 dänischen Kronen (etwa 67.050 Euro) dotierten Hans Christian Andersen-Literaturpreis der Stadt Odense.

Aufgrund Isabel Allendes magischen Qualitäten als Geschichtenerzählerin und die Fähigkeit, ihre Leserschaft zu hypnotisieren, ist sie besonders geeignet, die Auszeichnung zu erhalten„, sagte die Professorin Anne-Marie Mai, Department of Literature, Culture und Media an der University of Southern Denmark.

In Odense, auf der dänischen Insel Fünen, wurde 1805 der weltberühmte Märchenerzähler Hans Christian Andersen geboren.  Die Stadt vergibt die renommierte Auszeichnung alle zwei Jahre.

Zuletzt wurde 2010 die britische  Autorin Joanne K. Rowling für die Harry Potter-Reihe mit dem Hans Christian Andersen-Literaturpreis geehrt. Dieser Literaturpreis wird neben dem internationalen „Hans Christian Andersen-Preis„, der vom IBBY (International Board on Books for Young People), einem international besetzten Kuratorium aus mittlerweile fast 70 Ländern, der ebenfalls alle zwei Jahre Autoren, Illustratoren und Übersetzer von Kinderbüchern auszeichnet,  vergeben.

Isabel Allende werde am 30. September 2012 nach Odense kommen, teilte die Stadtverwaltung mit.  Das Jury-Mitglied Jens Olesen meinte in der Ortszeitung Fyens Stiftstidende, Allende, Autorin zahlreicher Erfolgs-Romane, sei „total begeistert“ über den Märchenpreis aus Dänemark: „Sie hat Andersen als einen ihrer Lieblings-Märchendichter eingestuft.

Quelle: Kurier.at Quelle Foto: Wikipedia

Sibylle Lewitscharoff erhält den Kleist-Preis 2011

Wie Zeit Online am 09.06.2011 berichtet, wird Sibylle Lewitscharoff mit dem Kleist-Preis 2011 ausgezeichnet. Die 57-jährige deutsche Schriftstellerin erhält den mit 20.000 Euro dotierten Literaturpreis für ihr „erzählerisches Werk„, begründete der Präsident der Heinrich-von-Kleist-Gesellschaft, der Kölner Literaturprofessor Günter Blamberger, die Wahl.

Sibylle Lewitscharoff begann ihre schriftstellerische Tätigkeit mit dem Verfassen von Radio-Features und Hörspielen. Den Durchbruch als Autorin erlebte Lewitscharoff 1998, als sie für ihren Roman Pong den Ingeborg-Bachmann-Preis gewann. Es folgten zahlreiche Literaturpreise und Auszeichnungen, zuletzt erhielt sie für ihren Roman Apostoloff im Jahr 2009 sowohl den Leipziger Buchpreis als auch in 2010 den Berliner Literaturpreis.

Am 12.09.2011 erscheint im Suhrkamp Verlag Sibylle Lewitscharoffs neuer Roman „Blumenberg„.

Kurzbeschreibung „Blumenberg“
Groß, gelb, gelassen: mit berückender Selbstverständlichkeit liegt eines Nachts ein Löwe im Arbeitszimmer des angesehenen Philosophen Blumenberg. Die Glieder bequem auf dem Bucharateppich ausgestreckt, die Augen ruhig auf den Hausherrn gerichtet. Der gerät, mit einiger Mühe, nicht aus der Fassung, auch nicht, als der Löwe am nächsten Tag in seiner Vorlesung den Mittelgang herabtrottet, sich hin und her wiegend nach Raubkatzenart. Die Bänke sind voll besetzt, aber keiner der Zuhörer scheint ihn zu sehen. Ein raffinierter Studentenulk? Oder nicht doch viel eher eine Auszeichnung von höchster Stelle †“ für den letzten Philosophen, der diesen Löwen zu würdigen versteht? Das Auftauchen des Tieres wirkt in mehrerlei Leben hinein, nicht nur in das Leben Blumenbergs. Ohne es zu merken, gerät auch eine Handvoll Studenten in seinen Bann, unter ihnen der fadendünne Gerhard Optatus Baur, ein glühender Blumenbergianer, und die zarte, hochfahrende Isa, die sich mit vollen Segeln in den Falschen verliebt. »Blumenberg« ist nur nebenbei eine Hommage an einen großen Philosophen, vor allem ist es ein Roman voll mitreißendem Sprachwitz, ein Roman über einen hochsympathischen Weltbenenner, dem das Unbenennbare in Gestalt eines umgänglichen Löwen begegnet.

Der Kleist-Preis wird am 20. November, einen Tag vor Kleists 200. Todestag, bei einer Matinee im Berliner Ensemble verliehen.

Quelle: Zeit Online