Axolotl Roadkill von Helene Hegemann ist Literatur, die nicht trotz, sondern wegen ihrer Härte, Brutalität und Vulgarität schön ist. Helene Hegemann zielt mit ihrem Buch mitten in den Kern unserer Konsenskultur.
Helene Hegemann erzählt die Geschichte einer Flucht. Doch nur an der Oberfläche ist es die Flucht einer Sechzehnjährigen vor den Realitäten ihres Lebens imitten der „versnobten Kaputtheit†œ der „linksresignativen Kulturszenescheiße†œ, also einer Welt, die sich um Offtheater, Kokain und Biotagliatelle dreht. Hinter ihrer heißen Wut und kühlen Verzweiflung, die diese Höllenfahrt „durch all den passierenden Wahnsinn†œ antreiben, steckt mehr.
„Axolotl Roadkill†œ ist eines dieser Bücher, auf die gewöhnlich nur mit zusammengekniffenen Augen geschaut wird: auf der einen Seite der Lupenblick des Ethnologen, der ein Exemplar der exotischen Gattung der Jugendlichen erkunden will, auf der anderen Seite die besorgt hochgezogenen Brauen des gutmeinenden Pädagogen, der in jeder radikalen Äußerung nichts anderes hören kann als einen unterdrückten Schrei nach Anerkennung.
Literatur, die nicht trotz, sondern wegen ihrer Härte, Brutalität und Vulgarität schön ist. Helene Hegemann zielt mit ihrem Buch mitten in den Kern unserer Konsenskultur. Ob wir uns treffen lassen, hängt von uns ab.[…]
Rezension zu Acolotl Roadkill von Mara Delius (FAZ, 22.01.2010): Mir zerfallen die Worte im Mund wie schlechte Pillen
Kurzbeschreibung
„Schreckliche Leben sind der größte Glücksfall‘, schreibt die 16jährige Mifti in ihr Tagebuch. Seit dem Tod ihrer Mutter lebt sie in Berlin, und als ‚pseudo-belastungsgestörtes‘ Problemkind durchläuft sie nach ‚Jahren der Duldungsstarre‘ gerade eine extrem negative Entwicklung.
Obwohl intelligent und gut situiert, nimmt sie Drogen, verweigert die Schule und hat sogar Argumente dafür. Anstatt sich an Konventionen abzuarbeiten hinterfragt und analysiert sie nämlich permanent die gesellschaftliche Situation, in der sie sich befindet. Sie wohnt bei ihren wohlstandsverwahrlosten Halbgeschwistern und ihr Vater steckt noch immer in seiner frühkindlichen Allmachtsphase. Freiheit und Selbstzerstörung fallen zusammen und Mifti entlarvt in ihren von Wahn und Genie geprägten Zwischenwelten Sprache, Lebensentwürfe und Vorgegebenheiten der Erwachsenen. Sie kokettiert mit ihrer Kaputtheit und sucht im ‚allgemeinen Dahinschimmeln‘ nach einem Zugriff auf ihr eigenes Leben.
Der siebzehnjährigen Helene Hegemann ist ein sprachmächtiges, kluges Debüt über einen Zustand gelungen, in dem Traum, Alptraum und knallharte Realität nicht mehr voneinander zu unterscheiden sind.
Die 208 Seiten umfassende broschierte Ausgabe von Axolotl Roadkill ist am 22.01.2010 im Ullstein Verlag erschienen und für 14,95 Euro im Buchhandel erhältlich.
Über die Autorin
Helene Hegemann, 1992 in Freiburg geboren, lebt in Berlin. Im Winter 2007 wurde ihr Theaterstück Ariel 15 im Ballhaus Ost uraufgeführt und im darauffolgenden Jahr von Deutschlandradio als Hörspiel adaptiert. Ihr Drehbuch- und Regiedebüt Torpedo hatte im Oktober 2008 Premiere. Es wurde mit dem Max-Ophüls-Preis ausgezeichnet und lief im Sommer 2009 bundesweit in den deutschen Kinos.
Quelle Foto: Helene Hegemann auf MySpace