Schon seit 15 Jahren zeichnet die angesehene britische Zeitschrift Literary Review achtbare Autoren zeitgenössischer Romane für krude, geschmacklose, oft nachlässig geschriebene Passagen mit dem Bad Sex Award aus.
So gehörte Paulo Coelho mit dem nachfolgenden Satz aus seinem aktuellen Roman Brida zu den Nominierten:
Ihr Blut raste mit solcher Geschwindigkeit durch ihre Venen, dass sie sich die Kleider vom Leib riss und er auch.“
Ebenfalls nominiert war The Gate of Air von James Buchan:
„Sie stand im Nachmittagslicht, als ob das Licht aus ihrem eigenen Körper käme, aus ihren Brüsten und Augen und von da, wo sie angezogen gewesen war. […] Seine Arme und Beine waren so leblos wie abgefallene Äste. Er verstand, dass die Liebe eine Kraft anderer Ordnung war, anders als irgendetwas sonst unter dem Himmel, und dass sie nicht nur Familien zerstören konnte oder das Gefühl für richtig und falsch, sondern auch das Gefühl für das, was wirklich war, und das, was nicht. […] Sie wandte sich ihm zu. Ihr Gesicht hatte ihre Nacktheit angenommen oder, mehr noch, hatte einen Schleier abgeworfen, den es für die Welt trug. Sie sagte: Vielleicht magst du deine Shorts ausziehen.“[…]
Gewonnen hat den Bad Sex Award 2008 Rachel Johnson, Journalistin, Schwester des Londoner Bürgermeisters Boris Johnson und 43-jährige, blonde Supermami aus dem schicken Notting Hill mit dieser Passage aus ihrem dritten Roman Shire Hell:
„JMs Hände streicheln meine Brüste, jetzt, und ich darf seine Küsse erwidern, aber nur für einen Augenblick, da er mich unterbricht, um jeder Brust die Aufmerksamkeit zu schenken, die ihr gebührt. Und während er mit seinem Mund knabbert und zieht, finden seine Hände meinen Busch, und mit leichten Fingern flattert er dort umher, als sei er eine Motte, die in einem Lampenschirm gefangen ist.“
Die Autoren tragen die Auszeichnung, wenn sie sie überhaupt annehmen, mit Fassung und hoffen wohl auf eine Auflagensteigerung. Norman Mailer erhielt den Bad Sex Award im letzten Jahr postum, Sebastian Faulks gehört zu den Preisträgern, und ein weiterer Preis geht 2008 an John Updike, der sich mit seinem neuesten Werk, Die Witwen von Eastwick, zum vierten Mal auf die Nominierungsliste schrieb und nun für sein Lebenswerk ausgezeichnet wird.
Warum gibt es keinen „Best Sex Award“? Wieviel sinnvoller wäre eine Auszeichnung für besonders gute erotische Passagen in der Literatur. Vielleicht liegt es daran, dass es nur sehr wenig davon gibt. Mir fällt auf Anhieb eigentlich nur diese Stelle aus Peter Høegs Fräulein Smillas Gespür für Schnee ein:
[…]Wir stehen im Schlafzimmer und ziehen uns gegenseitig aus. Er hat eine leichte, tastende Brutalität, die mich mehrmals denken läßt, daß es mich diesmal den Verstand kosten wird. In unserem heraufdämmernden gegenseitigen Verständnis bringe ich ihn dazu, den kleinen Spalt der Eichel zu öffnen, so daß ich die Klitoris einführen und ihn vögeln kann.[…]
1992 wäre Peter Høeg damit sicherlich nominiert worden. 😉
Quelle: ZEIT ONLINE