Faszinierendes Mosaik aus Afrika: Würde von Andrew Brown
„…This is Africa. Es gibt keine Lösung, boet (Afrikaans für Bruder). Nur das Problem….†œ
Was wissen wir wirklich über den schwarzen Kontinent?
Seine unterschiedlichen Stämme und Völker auf über 50 Staaten verteilt, seine instabilen Demokratien, Fußball Weltmeisterschaft in Südafrika, Vuvuzelas, Ghana Weltmeister der Herzen 2010?
Die Frage, was wir wirklich über Afrika wissen, stellt Richard Calloway, erfolgreicher Anwalt, in eintöniger Ehe im Vorstadtidyll in einem eingezäunten Reichen-Ghetto am Rande Kapstadts lebend, seinen gelangweilten weißen Dinner-Gästen eines Abends. Richard Calloway ist die Hauptfigur in Andrew Browns Roman „Würde“.
Andrew Brown gilt als die neue Stimme der Literatur Südafrikas und war mit diesem, seinem aktuellen Roman auf der Shortlist des renommierten Commonwealth Writer†™s Prize vertreten. Der als Anwalt und Reservepolizist tätige Brown fasziniert durch seine Authentizität.
Brown verstrickt seine Figur Richard Calloway in einen Dschungel aus Wirklichkeit, Gewalt und Emotionen und skizziert ein zerrissenes Bild Südafrikas: Weißer Reichtum, die bittere Armut schwarzer Immigranten aus Nigeria und Mozambique, aufstrebende Ureinwohner, Korruption, Lügen, Widersprüchlichkeit †“ kaum zu überwindende Aufgaben bei der Einigung eines wohl immer noch geteilten Landes oder sogar des ganzen schwarzen Kontinents?
Mitten darin agieren die Hauptfiguren: Neben besagtem Anwalt, die nigerianische Immigrantin Abayomi, ihr unschuldig im Gefängnis weilender Mann Ifasen, der korrupte Inspektor Jeneker, der Gelegenheitsgauner Sunday und Calloways undurchsichtiger russischer Mandant Stefan Srvitsky.
Immer wieder begegnen sich diese Akteure und man ahnt, dass am Ende alle Beteiligten ein gemeinsames Schicksal teilen werden.
Man weiß nicht wirklich, ob die Story wahr sein könnte, zu beklemmend und doch auch wieder real wirken die Szenen, welche Brown in immer schneller werdenden Abläufen zueinander stellt.
Anfangs ist es schwierig in die Thematik einzutauchen, die Figuren zu greifen, letztendlich zeichnet der Schriftsteller ein faszinierendes Mosaik aus Korruption, Verbrechen und den Protagonisten selbst – ein Bild Südafrikas und seiner Immigranten – spannend und raffiniert. Ein echter Pageturner.
This is Africa.
Kurzbeschreibung
Belüge deinen Nächsten wie dich selbst
Kapstadt, die Mutterstadt Südafrikas, die Schöne mit den vielen Gesichtern. Während im Schatten des Tafelbergs Flüchtlinge ums Überleben kämpfen, korrupte Polizisten ihr Gehalt aufbessern und das organisierte Verbrechen blüht, frisst der Alltag an Richard Calloways Glück: Eine triste Vorstadtidylle, eine eintönige Ehe und Dinnerparties, auf denen man sich nichts zu sagen hat. Doch dann übernimmt der Anwalt einen Fall, der sein Leben für immer verändern wird: Ein russischer Geschäftsmann soll einen Jungen überfahren haben. Der Augenzeuge ist verschwunden. Und die Aktenlage ist undurchsichtig. Als Richard dann auch noch auf die sinnliche nigerianische Einwanderin Abayomi trifft, wagt er sich Schritt für Schritt hinaus aus seinem Alltag. Doch auch der kleinste Schritt kann ein Schritt zu viel sein. Und manchmal gerät man in einen Strudel, aus dem es kein Entkommen gibt …
Ein sprachgewaltiger, hoch spannender Roman über die Wahrheit, die keiner kennt, die Gerechtigkeit, die brüchig ist, und die Würde, die man schnell verlieren kann. Andrew Brown spielt grandios mit unserer Wahrnehmung †“ so dass der Leser am Ende selbst nicht mehr weiß, wie ihm geschieht.
Auf der Shortlist für den renommierten Commonwealth Writer’s Prize
Über den Autor
Andrew Brown, 1966 in Kapstadt geboren, war während der Apartheid u.a. in der United Democratic Front aktiv und wurde mehrere Male in Haft genommen. Eine mehrjährige Gefängnisstrafe konnte durch ein Berufungsverfahren am Cape High Court abgewendet werden. Am selben Gericht ist Andrew Brown inzwischen als Anwalt tätig. Als Reservepolizist ist er jede Woche auf den Straßen Kapstadts im Einsatz. „Schlaf ein, mein Kind†œ wurde mit dem wichtigsten Literaturpreis Südafrikas ausgezeichnet und stand in Deutschland auf der KrimiWelt-Bestenliste. Sein neuer Roman »Würde« war auf der Shortlist für den renommierten Commonwealth Writer†˜s Prize. Andrew Brown gilt als die neue Stimme in der Literatur Südafrikas. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.
„Letztlich kommt mir das Streben nach Gerechtigkeit wie ein Tanz vor, der sich völlig unvorhersehbar entwickeln kann, ohne Choreograf und ohne das sichere Wissen, wer führt und wer folgen muss. Das liefert einem Schriftsteller zweifelsohne reichlich Stoff, das menschliche Wesen zu erkunden †“ von seinem sicheren Platz im Zuschauerraum aus.“ Andrew Brown
Die Hardcover-Ausgabe umfasst 384 Seiten und ist am 28. Juni 2010 im btb Verlag erschienen. „Würde“ ist für 19,95 Euro im Buchhandel erhältlich.
Der Lesekreis bedankt sich bei Zeppelin für den aussagekräftigen Leseeindruck und beim btb Verlag für die Überlassung eines Rezensionexemplares.