Black Dagger Ladies Online
Schwarze Orchideen
Kapitel 1
Angie saß am Strand und beobachtete den Sonnenuntergang.
„Menno, ist das langweilig hier geworden – immer das Gleiche. Die Agentur ist ein Reinfall, die Jungs haben es nicht mehr so drauf, und die Schwestern wollen endlich was von der Welt sehen. Tja,wat nu? Okay, Mädels – die Beautycases geschnappt, den Jungs schnell „tschüss“ gesagt und ab zum Hafen. Das Kreuzfahrtschiff, das da vor Anker liegt, sieht traumhaft aus und bringt uns bestimmt auf andere Gedanken“, dachte sich Angie und machte sich gleich daran ihren Plan in die Tat umzusetzen.
Als alle Schwestern vollzählig an Bord der MS Seraphim versammelt waren und wir schon einige Begrüßungscocktails gekippt hatten, wurde die Stimmung immer lockerer. Abenteuerlust und Neugierde machten sich breit. Wohin ging die Reise? Was werden wir wohl alles sehen und erleben und wer wird seekrank oder geht über Bord ?
Da betrat Käpitän Bones das Deck. Im Schlepptau hatte er sechs hünenhafte, unheimlich aussehende Kerle im Matrosenlook. Aufmerksam musterten sie uns mit unseren übergroßen Gepäckstücken. Kapitän Bones begrüßte uns galant mit einem angedeuteten Handkuss und wünschte uns eine angenehme Reise durch die Karibik und eine vergnügliche Zeit an Bord. „Jungs, helft den Ladies mal mit ihrem Gepäck!“ sagte er in Richtung seiner hinter ihm wartenden Männer.
„Meine Damen, ich möchte Sie bitten, heute Abend mit mir an an meinem Tisch zu dinieren“, sagte Bones lächelnd zu uns und entblößte dabei ein Reihe strahlend weißer Zähne. Ein leichtes Beben ging durch meinen Körper, selten war mir ein Mann mit einer derartigen Ausstrahlung begegnet. Ein Blick auf Kerstin und Lucy bestätigte meine eigenen Gefühle, auch sie konnten sich seinem Reiz kaum entziehen. Gebannt starrten sie ihn an. „Vielen Dank für die Einladung“, stotterte Kate, die jüngste aus unserer Truppe. Kate trug ein schulterfreies gelbes Sommerkleid, das ihre sonnengebräunte Haut vorteilhaft zur Geltung brachte. Auch die anderen hatten sich in Schale geworfen.
„Angie“, hörte ich Doc sagen, „träumst du jetzt weiter, oder kommst du mit, unsere Kabine ansehen?“ „Natürlich träume ich, das muss einfach ein Traum sein – und weckt mich bloß nicht auf!“, flüsterte ich und betrachtete misstrauisch den Inhalt meines fast leeren Cocktailglases.
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Rosa? Okay, ein bisschen zu süß, aber es schmeckt nach mehr. Ich will auch nicht wirklich wissen, was da alles zusammengemixt wurde. „Mmh, guckt euch doch mal die Mannschaft genauer an, aber unauffällig.
Alle sind fast 2 Meter groß, sehr gut aussehend und mit einem Körperbau, der an Michelangelos David erinnert. Der Kapitän hat Ähnlichkeit mit diesem Schauspieler, ihr wisst schon, dieser Jackman! Und der erste Offizier, der sich als Jean de Castelle vorgestellt hat, muss wohl einer der Älteren in der Mannschaft sein. Ein Franzose. Aber die grauen Haare und seine braunen Augen erinnern mich stark an George Clooney“, raunte ich meinen Schwestern zu, als wir uns langsam und vorsichtig, auf unseren High-Heels balancierend, über das Deck zu unserer Kabine aufmachten.
Die Offiziere und Kapitän Bones ließen es sich nicht nehmen, uns zu begleiten.
Da ich ja nun mal solche Schuhe sonst nie trage, kam es wie es kommen musste -Â ich strauchelte. Bevor ich lang auf`s Gesicht schlagen konnte, griff ich nach dem Nächstbesten, was in meiner Nähe war und da war glücklicherweise Offizier de Castelle, der mich mit ausgezeichneten Reflexen sanft auffing und mir ganz gentlemanlike seinen Arm anbot.
Hinter mir ging Doc in Begleitung eines Offiziers, der ein Zwilling von unserem „Wodkagott“ hätte sein können. Sein Namensschild wies ihn als Bowen McRieve aus. „Oh mein Gott, Angie, ich glaube ich habe ein Déjà-vu!“, flüsterte Doc mir ins Ohr. Gefolgt von den Schwestern Kerstin, Lilli, Lucy und Kate, ebenfalls flankiert von einem Crew-Mitglied, betraten wir das Schiff durch den wundervollen Eingangsbereich, dessen Decke eine herrliche Glaskuppel zierte. Hinter der holzgetäfelten Rezeption lächelte uns ein gut aussehender brasilianischer Angestellter im Anzug freundlich entgegen: „Hola Señoritas, mein Name ist Tiago! Falls ihr etwas braucht, scheut euch nicht mich anzusprechen. Ansonsten liegen die Kabinen der Mannschaft rein zufällig direkt den euren gegenüber.“
Damit händigte er uns allen eine Schlüsselkarte für unsere Kabinen aus.
„Dr. Whitcomb, Ihre Kabine wird Ihnen sicherlich gefallen. Sie ist mit allen Annehmlichkeiten ausgestattet und verfügt über einen Balkon und einen Whirlpool. Falls Sie Orientierungsprobleme haben, fragen Sie den Concierge einfach nach Bowen, er gibt mir dann Bescheid und ich stehe jederzeit zu Ihrer Verfügung“, sagte Bowen augenzwinkernd mit schmeichlerische Stimme zu Doc. Ich konnte sehen, dass Doc sichtlich beeindruckt von ihrem Begleiter war. Das fängt ja gut an, dachte ich mir und hörte wie sie ihm antwortete: „Ach, nennen sie mich ruhig Doc und vielen Dank für das Angebot. Ich werde darauf zurückkommen.“ Insgeheim wusste ich, dass sie sich wünschte, er würde sie mal in ihrer Kabine besuchen. Auch die anderen Schwestern unterhielten sich angeregt und flirteten bereits heftig mit den Crew-Mitgliedern.
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Mir fiel auf, dass Kapitän Bones sich auffällig viel Zeit für Kate nahm. Sie zog dieses „Mädchen-braucht-Hilfe-Ding“ ab und tat so, als wenn sie die Tür nicht aufbekommen würde. Also nahm er ihr die Schlüsselkarte aus der Hand und schob sie sanft zur Seite. Ich hörte noch, wie sie sich bei ihm entschuldigte und sagte: „Ich bin immer so ungeschickt mit elektronischen Dingen. Das ist wirklich sehr liebenswürdig von Ihnen. Vielen Dank!“ Kate und ungeschickt mit technischen Sachen? Das war natürlich glatt gelogen, denn wenn sich jemand von uns damit auskennt, dann Kate. Also hatte sie es auf den schönen Kapitän Bones abgesehen. Später erzählte sie mir dann, was sich weiter in der Kabine ereignet hatte. Scheinbar hatte sie schon bei der ersten zufälligen Berührung eine elektronische Ladung abbekommen: „Aua, na Sie sind ja geladen. Das habe ich eigentlich nur bei meinem Auto.“ Er sah sie an, erwiderte aber nichts. Kate betrat die Kabine und schaute sich bewundernd um. Es war alles sehr geschmackvoll und teuer eingerichtet. Das große Doppelbett mit feinster Seide bezogen, die Einrichtung in Kates Lieblingsfarben in hellem Türkis und Creme gehalten, das Badezimmer komplett aus Marmor. Auf dem kleinen Tisch vor dem sonnendurchfluteten Balkon stand eine Flasche Champagner und ein Glas.
Während sie das Zimmer weiter inspizierte, brachte der Kapitän persönlich die Koffer herein. „Na, Miss Kate, wie gefällt Ihnen ihr Zimmer mit Ausblick?“ Sie sah in seine funkelnden Augen und erwiderte, ihren ganzen Mut zusammennehmend: „Wunderbar, es ist wirklich sehr schön hier. Aber wo ist eigentlich das zweite Glas?“ Er runzelte die Stirn und sagte nur: „Ich pflege mit den Gästen nicht in ihren Kabinen zu trinken und im Dienst schon gar nicht!“ Autsch, das hatte gesessen, aber na schön, die Reise fing ja erst an, und er kannte unsere liebe Kate noch nicht.
Sie setzte ihren Schmollmund auf und meinte: „Entschuldigen Sie bitte, ich wollte nicht aufdringlich sein, sondern mich einfach nur nett bei Ihnen bedanken und mich erkenntlich zeigen!“ Und nicht nur mit einem Glas Schampus, dachte sie so bei sich, doch er drehte sich einfach auf dem Absatz um und ließ sie stehen. Wortlos verließ er die Kabine. Dämliches Trampeltier, dachte sie noch, als sie unsere kichernden und schnatternden Stimmen auf dem Flur hörte. „Was war denn los?“, fragte ich sie, als sie sich uns anschloss. Ich bemerkte gleich, dass etwas nicht stimmte. „Komm mit, wir gehen zu Kerstin, Kurzbesprechung wegen der Abendgestaltung!“ riefen Lilli und Lucy wie aus einem Mund.
Kerstin hatte schon ausgepackt und so sah sie schon jetzt frisch und erholt aus und war völlig aus dem Häuschen. Ein Leuchten lag auf ihrem Gesicht. Nachdem sie uns erzählte, was sie kurz zuvor erlebt hatte, kannten wir auch den Grund für ihre schöne Ausstrahlung. Sie hatte gerade ihren Traummann gesehen und schwärmte in den höchsten Tönen von ihm: „Stellt euch vor, ich war gerade dabei auszupacken, als es an der Tür klopfte und ein umwerfend athletischer Steward mit Handtüchern und zwei weiteren Kissen vor der Tür stand. Ich stand da und bekam nicht einen Ton heraus. Er schaute mich an und merkte natürlich sofort meine Verlegenheit, denn meine Gesichtsfarbe wechselte gefühlt bestimmt ins Dunkelrot. Na prima, dachte ich mir, wie blöd bin ich eigentlich? Da steht ein Bild von einem Kerl vor deiner Tür und du Doofi kriegst den Mund nicht auf! Ich sage euch, er hat Augen, so was habe ich noch nie gesehen! In einen Blau, in dem man sich total verlieren kann. Alles an ihm ist perfekt. Seine Steward-Uniform passt sich genau seiner Statur an und durch den leichten Stoff seiner Hose kann man jeden Abdruck seiner Muskeln sehen. Und ich meine „jeden Muskel“! Und er hat große Muskeln.“
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Daraufhin brachen wir alle in schallendes Gelächter aus, denn das war wieder mal typisch Kerstin. Wir wussten schon, dass sie den gewissen Blick für spezielle Details besitzt. Aber sie war noch gar nicht fertig mit ihrer Lobeshymne auf diese besondere Ausgabe seiner männlichen Artgenossen, denn durch sein weißes Oberhemd zeichnete sich zu Kerstins Glück auch noch ein Tattoo ab und scheinbar hat er sich auch noch den Schädel glatt rasiert. Igitt, dass ich ja nichts für mich, aber ich weiß natürlich inzwischen längst, wie sehr Kerstin auf diese Glatzen steht.
„Und, hat sich der kleine Bruder von Supermann auch vorgestellt?“, fragte ich Kerstin, die immer noch sehr verträumt mit den Fingern an ihrem Collier spielte. „Ja“, sagte sie und blickte kurz in die Runde, „er sagte sein Name sei Wiesel, Tim Wiesel.“ Ja klar! Wenn ich mir die Kerstin so ansehe, wäre wohl Schnitte, Sahneschnitte passender gewesen. Oder einfach Vin Diesel, ihr großer Schwarm. Fairerhalber muss ich zugeben, dass der erste Offizier Jean Irgendwas auch einen tiefen Eindruck bei mir hinterlassen hat. Gut, dass ich seit kurzem Kontaktlinsen trage und die Klimaanlage auf diesem Schiff hervorragend funktioniert, sonst wären meine Brillengläser garantiert sofort beschlagen gewesen. Doch genug von der Schwärmerei, jetzt gilt es ernstere Sachen zu besprechen. „Hallo Mädels“, rief ich und klatschte kurz in die Hände um ihre Aufmerksamkeit zu erregen, „ist euch eigentlich aufgefallen, dass wir die einzigen Frauen an Bord sind? Und die komplette Besatzung wie auf Wunsch gebacken aussieht?“ Nachdenklich sahen wir uns an. „Eigentlich haben wir doch unsere Insel erstmal verlassen, um etwas von der Welt zu sehen und ein paar Abenteuer zu erleben. Und von den Männern hatten wir doch vorläufig genug, oder nicht?“ Als ich in ihre Gesichter sah, sagte ich schnell: „Okay, streicht das letzte. Aber trotz der geballten Ladung männlicher Adonisse finde ich es hier etwas unheimlich, so, als ob irgendwas nicht stimmt. Oder sehe ich das nur?“
„Also ich bin eigentlich ganz froh, dass die nicht wie Mickey Rourke aussehen. Aber du hast Recht irgendwas ist hier faul.“ meinte Doc und runzelte die Stirn „Haben Offiziere nicht eher kurze Haare? Und keiner hat etwas darüber gesagt, welches unser erstes Reiseziel ist. Und dass wir direkt so belagert werden, finde ich auch sehr merkwürdig. Ich bin mir zwar nicht sicher, aber ich glaube, ich habe eine Pistole im Hosenbund von Bowen stecken sehen, allerdings hat mich zugegebenermaßen sein Hintern abgelenkt. Wir sollten auf jeden Fall die Augen offen halten und uns vielleicht erstmal hier umsehen.“ Etwas verunsichert beschlossen wir eine kleine Erkundungstour zu unternehmen, und nach einigen gefühlten Kilometern durch die Flure landeten wir auf dem Achterdeck. Dort war ein riesiger Pool und eine Außenbar, der Barkeeper wieder mal ein Traum von einem Mann, er sah aus wie Theo Theodoridis. „Oh, wow, wir kommen wirklich von einem Schnitten-Schlaraffenland in das nächste“, sagte Doc grinsend und schlenderte direkt zur Bar. Als sie mit einem Caipirinha bewaffnet zu uns zurück kam, strahlte sie über das ganze Gesicht. „Schwestern, der Junge heißt Cyrus und trägt nur einen Badeschlüppi, ich glaube, hier werde ich mich oft aufhalten.“
Das Schiff hatte mittlerweile auch schon abgelegt, und Land war nicht mehr in Sicht.
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Wir genossen alle die kühlen Drinks, als uns plötzlich auffiel, dass keiner der Jungs mehr zu sehen war. Hatten sie sich nur diskret zurückgezogen um uns ein wenig Zeit, für was auch immer, zu lassen? Oder was steckte dahinter? Dann fiel Kerstin, die in ein Gespräch mit Lucy und Kate vertieft war, auf, dass Doc, Lilli und ich verschwunden waren. Seltsam, dachte Kerstin, wo konnten sie sein, und wieso habe ich gar nicht bemerkt, dass sie gegangen waren? Also machte sich Kerstin mit Lucy und Kate auf die Suche nach uns. Im geschmackvoll eingerichteten Speisesaal, mit seinen riesigen Kronleuchtern und Marmorsäulen, den kunstvoll dekorierten Tischen und elegant bezogenen Stühlen, suchten sie vergeblich. Langsam waren sie beunruhigt, und als sie noch überlegen, wo sie am besten suchen könnten, sah Kerstin etwas Rotes auf dem Boden liegen. Es war der der Seidenschal, den Doc vorhin noch getragen hatte.
Lilli, Doc und ich drehten uns wie auf Kommando um, als wir die anderen hinter uns unsere Namen rufen hörten. Kerstin hatte den Schal von Doc in der Hand, und sah uns empört an.“Hey, warum habt ihr nicht Bescheid gesagt. Wir haben uns Sorgen um euch gemacht“, rief Kerstin ganz aufgebracht, als sie uns eingeholt hatten. „Wieso denn?“, fragte Doc erstaunt, „wir haben doch dem Man-in-Black-Badeschlüppi, dem Cyrus gesagt, dass wir schon mal in unsere Kabinen gehen, um uns für das Dinner mit dem Kapitän aufzubrezeln, ihr seid ja noch im Pool gewesen. Hat er euch nichts gesagt?“ „Ne, alle Kerle sind verschwunden“, sagte Lucy. Also, so langsam wird die Sache hier aber immer merkwürdiger. Na, vielleicht erfahren wir nachher mehr.
Nachdem wir uns alle in Schale geworfen hatten, ich hatte meine goldfarbenen Riemchensandalen mit den flachen Absätzen an und meine High-Heels ganz hinten in den Schrank verbannt, trafen wir uns pünktlich zur vereinbarten Zeit vor dem Eingang zum Speisesaal. Galant führten uns die Offiziere an den Kapitänstisch. Der Tisch war mit dem feinsten Porzellan für zwölf Personen gedeckt. Der Kapitän bot Kate den Platz an seiner Seite an. Nur neben mir, Kerstin und Lilli war noch ein freier Stuhl. Unaufgefordert wurden uns unsere Lieblingsgetränke eingeschenkt. Rotwein für mich? Verwundert hob ich meine Augenbrauen, woher zum Teufel…? Da stieß mich Doc an. „Guck mal wer da kommt!“, flüsterte sie mir zu. WOW! Ein Bild von einem Mann kam mit geschmeidigem Gang an unseren Tisch und blieb vor Lilli stehen. „Gestatten, mein Name ist Fernando Zoom, ich bin der Schiffsarzt“, stellte sich das Zuckerchen vor und setzte sich neben sie. Lilli konnte kaum ruhig sitzen. Schiffsarzt, dachte ich nur? Der sieht doch aus wie ein Elbe mit den Ohren, wie der Legolas aus Herr… Weiter kam ich nicht, denn in dem Moment setzte sich mein Traum neben mich. Mein Unterkiefer klappte sehr wenig damenhaft nach unten, und ich konnte ihn nur noch anstarren.
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„Weiter atmen“, forderte mich Doc grinsend auf, „das ist doch nur der Zahlmeister“. Nur der Zahlmeister? Das ist mein Robert! Zumindest sah er genauso aus.
Jetzt war nur noch ein Stuhl leer und wie aus dem Nichts tauchte hinter Lucy eine Gestalt auf „Guten Abend die Damen! Mein Name ist Gavin Dandy, und ich bin hier der Fitness-Trainer an Bord.“ Man, man ist das alles abgefahren hier. Er setzte sich auf den letzten freien Platz und Lucy bekam ganz schön große Augen. Kein Wunder der Kerl sah auch aus wie ihr Lieblingsschnittchen. Er bestellte beim Kellner einen Likör 42 und wollte uns zu einem Aerobic-Kurs überreden. Na ja, das Feedback darauf war etwas verhalten, aber Lucy nutzte die Chance und vereinbarte einen Termin zu einem Personal-Training am nächsten Morgen. Dann wurde von Cyrus, der offenkundig nicht nur hinter der Bar, sondern auch als Kellner arbeitete, der erste Gang serviert. Vielleicht war das auch der Grund für sein plötzliches Verschwinden auf dem Deck.
Wir amüsierten uns alle prächtig. Das Essen war ganz vorzüglich, und die Drinks entfalteten langsam ihre Wirkung.Kate rutschte Kapitän Bones bald auf den Schoß, Kerstin himmelte Tim Wiesel an und Lucy lehnte sich gegen Gavin Dandy an der Bar. Doc flirtete heftig mit Offizier Bowen McRieve, der neben ihr saß und sie sogar an seinem Wodka nippen ließ, und Lilli konnte ihre Augen kaum von unserem Schiffsarzt Dr. Zoom lassen. Ich sehnte mich innerlich danach von den schönen schlanken Händen meines Tischnachbarn berührt zu werden. Wie gerne hätte ich meine Hände wiederum in seinem vollen Haar vergraben und von seinen sinnlichen Lippen gekostet, als plötzlich ein durchdringender Ton meine Gedanken durchbrach. Was war das? Schiffsalarm? Dann folgte ein lauter Knall. Plötzlich war da nur noch Dunkelheit. Der Kapitän sprach beruhigend auf uns ein: „Meine Damen, bleiben Sie bitte wo sie sind. Ich werde mich sofort darum kümmern. Gleich werden wir wieder Licht haben.“ Er rief seine Männer zusammen. Es war ihnen anzumerken, dass sie diese Situation gar nicht so schrecklich fanden. Ein Feuerzeug glühte auf, und der Steward zündete eine Kerze an. Ein schummriges Licht legte sich auf uns Schwestern und das Inventar. Alles war sehr geisterhaft und unheimlich, selbst die Männer wirkten äußerst bedrohlich. Diese machten sich auf den Weg, um das Problem zu beheben. Als wir wieder alleine waren, bemerkte ich trocken: „Na, das passt ja voll zur Geisterstunde!“
Lilli, die neben mir saß, erschauerte, und als ich sie am Arm berührte, merkte ich, dass ihr die Gänsehaut über den ganzen Körper lief. „Lilli, tut mir Leid, ich wollte dir keine Angst machen.“ „Nein, Angie keine Sorge, du hast mir keine Angst gemacht, du hast mir vielmehr die Augen geöffnet!“ Wir schauten alle ganz verwirrt zu Lilli, was meinte sie nur.
Lilli sah uns alle der Reihe nach an und teilte uns sofort ihre Erkenntnisse mit: „Ich bin eigentlich schon die ganze Zeit am Grübeln. Mädels, irgendetwas ist hier ganz komisch. Erstens, wir sind ganz alleine auf dem Schiff, es sind sonst keine Passagiere an Bord. Zweitens, das Schiff sieht genau so aus, wie wir es uns immer erträumt haben. Alles was wir auf unserem Traumschiff haben wollten, ist vorhanden. Und zwar genauso wie wir es uns, „erträumt“ haben. Drittens, die Kabinen der Mannschaft liegen genau gegenüber von unseren Kabinen, das ist doch nicht normal. Die Mannschaftquartiere liegen immer ganz entfernt von den Kabinen der Gäste. Und das absolut Wichtigste, ist euch nicht aufgefallen, dass die Crew-Mitglieder genau wie unsere absoluten Traummänner aussehen?
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Für Angie ist der Rob und der George da. Für Kerstin der Vin, für Lucy der Gandy, für Kate der Hugh, für Doc der Jason u. der Tiago, und für mich der Orlando. Ich denke, mein Viggo wird mir auch noch über den Weg laufen. Also, ich meine natürlich sind das nicht die Echten, aber sie sehen genauso aus! Mir kommt es so vor, als würde irgendjemand genau unsere Träume kennen! Als ob uns jemand in die Köpfe geschaut hätte!“
Wir sahen alle ganz entgeistert zu Lilli, ja, sie hatte Recht. Es war schon sehr seltsam. Man konnte jeder von uns ansehen, wie es in ihrem Kopf arbeitete. Lucy ergriff nun das Wort: „Ich weiß ja nicht wie es Euch geht, aber mir ist aufgefallen, dass ich, wenn mein Dandy in der Nähe ist, nur an ihn denken kann und an nichts anderes. Es breitet sich in meinem Inneren so eine angenehme Wärme aus, mir wird ganz kribbelig und ich kann die Augen fast nicht von ihm lassen. Alles andere ist mir dann irgendwie vollkommen egal.“
Jede nickte zustimmend mit dem Kopf. Ja, genau so ging es uns allen. In der Gegenwart unserer Traummänner liefen uns angenehme Schauer über den Rücken und wir waren ganz gefangen von ihnen. Kerstin sagte gerade: „Wisst ihr, was mir aufgefallen ist…“ Doch weiter kam sie nicht, denn plötzlich tauchte aus dem Nichts unser Concierge Tiago auf und stand an unserem Tisch. Er sah uns mit einem finsteren Blick an und sagte in einem barschen Ton: „Darf ich die Ladies zu ihren Kabinen begleiten? Das Problem mit dem Strom wird sich noch etwas in die Länge ziehen. Unser Kapitän wünscht, dass Sie sich in Ihre Kabinen begeben!“
Wir schauten uns alle, etwas geschockt über den Tonfall, an und erhoben uns mit einem mulmigen Gefühl im Magen. Was ist hier nur los? Wo sind wir da nur hingeraten? Widerstrebend folgten wir Tiago zu unseren Kabinen. Auf dem Weg dorthin, konnten wir uns noch Zeichen geben, dass wir uns später in meiner Kabine treffen würden. Hier musste ganz dringend ein „Kriegsrat“ abgehalten werden. Wir mussten uns unbedingt überlegen, was wir als nächstes tun würden, um dem Treiben auf dem Schiff auf den Grund zu gehen.
In meiner Kabine schlüpfte ich ein wenig erschöpft aus meinen Sandalen und genoss barfuß das warme, angenehme Gefühl des edlen Holzfußbodens aus Snakewood. Wie passend, hier an Bord war aber auch gar nichts „normal“. Sogar der Fußboden war aus einem der edelsten und teuersten Holze, die es zu kaufen gibt. Beim Betrachten des wie Schlangenhaut aussehenden Bodens begannen sich auf einmal die Linien zu bewegen, wie tausende von Schlangen. Dann veränderte sich das Bild in eine Sommerwiese, die sanft vom Wind gestreichelt wird. Ich fiel in eine Art Trance, eine sich seltsam friedlich anfühlende Starre. Der Wind streichelte mich, die Sonne wärmte meine Haut und die Luft roch nach Salz, Kokosnuss und ein ganz klein wenig nach Ananas, wie ein Cocktail für die Seele.
Ganz entfernt nahm ich ein zartes Klopfen war, auch leise Rufe drangen an mein Ohr. Mein Geist hatte die Pausetaste gedrückt, fort waren alle Sorgen und Ängste. Aber das Klopfen hörte nicht auf, wurde lauter und lauter, drängender. Das Geräusch schwoll an bis zu einem brüllenden Hämmern. Auf einmal hörte ich auch meinen Namen, immer wieder: „Angie, was ist los? Mach auf?“ Es war, glaube ich, Lucy, die mich wieder an die Oberfläche zurückholte.
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Die Panik und Angst in ihrer Stimme durchbrach die Barriere und löste meine Starre. Mit zittrigen Fingern schob ich den Riegel zurück und öffnete die Tür. Da standen sie, meine lieben Schwestern. Große sorgenvolle Augen schauten mir entgegen und, wie bei uns üblich, fingen alle gleichzeitig zu reden: „Angie, was war denn los? Wir hatten große Angst um Dich, wir dachten, Du hättest Dir den Kopf gestoßen und liegst im Koma oder sonst was.“ Es wäre schließlich nicht das erste Mal, dass sie mich bewusstlos auf dem Boden gefunden hätten. „Ne, Mädels, nun macht mal halblang, mir geht es gut. Hab nur ein wenig vor mich hin geträumt.“ Ob sie mir das wohl abkaufen würden? Doc, die sehr aufmerksam zuhörte und ruhiger als gewöhnlich war, sah man ihre Zweifel an. Ok, an meiner Überzeugungskraft musste ich noch arbeiten. Um meinen peinlichen Aussetzer zu überspielen, forderte ich alle auf sich einen Platz zu suchen, wir musste endlich mit unserem „Kriegsrat“ beginnen. Das Licht ging immer noch nicht, also tapsten wir und im Dunkeln durch die Kabine, erhellt nur von dem Mondlicht, das inzwischen durch die geöffnete Balkontür fiel. Die Stimmung war gedrückt, keine meiner Schwestern traute sich etwas zu sagen. Na dann, dachte ich mir, machst du halt den Anfang. Leider kam ich nicht mehr dazu, denn ein Schuss, ganz unzweifelhaft ein Schuss, zerriss die Stille. Und auf einmal war die Hölle los.
Tumultartiger Lärm erfüllte den Gang vor der Kabine, unverständliche Kommandos wurden hin und her gebrüllt. Kerstin und Doc standen sofort rechts und links neben der Tür mit dem Rücken an die Wand gepresst, bereit jeden platt zu machen, der es auch nur versuchen würde, seinen großen Zeh über die Schwelle zu heben. Lilli, Kate und Lucy sicherten die Fenster und ich blieb mitten im Raum mit gespreizten Beinen stehen, in jeder Hand eines meiner Wurfmesser, die ich immer am Körper trage. Ich fixierte die Tür mit meinem Blick. Alle waren hochkonzentriert. Wir „Sixpack“ waren ein eingespieltes Team, geschult und trainiert von der Besten, unserer Chefin „Sweetlife“, die nicht mitkommen konnte,weil sie in München bei unserem Waffenschmied „Wishes“ die neuen Wurfsterne testen sollte. Schweren Herzens ist sie einsam zurückgeblieben. Draußen wurde es ruhiger und plötzlich war es totenstill.
Da ging das Licht wieder an und im gleichen Moment klopfte es an der Tür. „Meine Damen, es ist alles wieder in Ordnung. Wir hatten nur eine kleine Verpuffung im Maschinenraum. Alles ist wieder unter Kontrolle, und ich hoffe, dass sie nach dieser Aufregung ruhig schlafen können. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Nacht“, sagte der Kapitän und entfernte sich wieder.
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„Ja sicher, alles in Butter“, meinte Kerstin spöttisch, nachdem die Anspannung von uns gewichen war. Wir sahen uns mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Tja“, meinte Kate, „vielleicht sollten wir wirklich schlafen gehen, dieser Tag war aufregend genug. Aber morgen wird das Schiff auf links gedreht!“ Als die anderen in ihren Kabinen verschwunden waren, verstaute ich meine Messer samt Spezialgürtel im Schrank. Doc blieb noch auf eine Zigarette. Ich verzog mich schnell ins Bad, um mich bettfertig zu machen.
Mist, der Verschluss meiner Kette hatte sich mal wieder in meinen Haaren verheddert. Schnell schlüpfte ich in der flauschigen Bademantel und lief mit gesenktem Kopf in den Wohnbereich, wo ich Doc noch vermutete. „Kannste mal bitte…“ weiter kam ich nicht. Eine männliche muskulöse Brust bremste mich aus. Zwei starke Hände hielten mich an den Schultern, sonst wäre ich auf den Boden geknallt. Mein Blick fiel auf das Namensschild an der Brusttasche. „Norbert Petersen, Zahlmeister“. „Oh“, konnte ich nur hauchen. „Darf ich?“ fragte er mit tiefer Stimme, öffnete den Verschluss und ließ die Kette einfach auf den Boden fallen. Ein schwacher Geruch von After Shave umwehte ihn. Mit geschlossenen Augen atmete ich tief ein. Da war noch ein anderer Duft, nach Rosmarin und Thymian und…Moment, dieses Aroma hatte ich doch vorhin schon mal in der Nase. Verwirrt sah ich ihm in die Augen. Das war ein Fehler, denn diese tiefblauen Augen, in denen es so seltsam funkelte, zogen mich augenblicklich in ihren Bann. Meine Hände hoben sich wie von selbst und meine Fingerspitzen strichen vorsichtig über seine Wangen. Er lächelte mich seltsam und unwiderstehlich an. Mit seinem Daumen hob er leicht mein Kinn und presste seine überraschend weichen Lippen auf meinen Mund. Mein Verstand schaltete einen Gang runter.
Stunden später wurde ich vom Sonnenlicht geweckt. Schlaftrunken griff ich neben mich. Doch da war niemand. Ich fuhr senkrecht hoch, ein leichter Schwindel ließ mich wanken. Erinnerungsfetzen schossen durch meinen Kopf…da waren glühende Augen, kräftige Hände, sinnliche Lippen, Haut auf Haut, ein Tattoo auf seiner linken Brust…Ein Tattoo? Moment mal! Vor meinem geistigen Auge sah ich eine schwarze Orchidee genau unter seinem Herzen. Ich sprang aus dem Bett, zog mir im Laufen den Bademantel an und stürmte ins Wohnzimmer. Da saßen schon meine Schwestern, auch im Bademantel und mit demselben verwirrten Gesichtsausdruck wie ich. „Ups“, sagte Lilli, „was war das denn für eine Nacht?“ Nur Doc fehlte noch.
„Setz dich Angie und trink erstmal was, wir waren so frei und haben schon mal Frühstück für alle hierher bestellt“, forderte mich Lucy auf. Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Ich setzte mich auf einen gemütlichen Sessel gegenüber von den anderen und goss mir erstmal einen köstlich duftenden Kaffee ein. Dann schnappte ich mir ein noch warmes Croissant, biss hinein und kaute gedankenverloren. Was für eine Nacht! In dem Moment ging die Tür auf, und Doc schlurfte mit total abwesendem Gesichtsausdruck und offenem Kimono ins Zimmer.
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Darunter trug sie nur ein Top und einen Schlüppi, ihre weiß-blonden Haare standen weit ab und hätten mit einem Heuhaufen Konkurrenz machen können. Sie setzte sich zu mir auf die Sessellehne und gähnte herzhaft. Lilli drückte ihr einen Kaffee in die Hand und musterte sie eingehend. Doc beugte sich nach vorne um sich einen Schokomuffin zu nehmen, da fiel etwas aus ihrem Ausschnitt mitten in ihre Kaffeetasse. „Ups“, meinte sie lapidar und fischte etwas Rundes und Flaches aus ihrer Tasse. Ich schnappte dieses Etwas aus ihrer Hand, um es mir genauer anzusehen. Bei Merlins Bart, das war ein 500 $ Roulette-Jeton. „Doc, mein Hase, sag mal hast du so was immer nachts zwischen den Hündchen?“ Doc lächelte verträumt. „Hm, tja, gestern Abend habe ich ja noch eine Zigarette hier im Salon geraucht, aber irgendwie war ich noch so aufgedreht. Und da Angie sich ja schon ins Bad verkrümelt hatte, habe ich mir überlegt Kerstin zu besuchen. In Kerstins Kabine hatte ich noch Musik gehört und deshalb an ihre Tür geklopft. Sie war auch noch total fit und so dachten wir uns, wir könnten ja mal checken, ob noch was los ist irgendwo auf dem Schiff. Eigentlich wollten wir zur Poolbar, aber die war schon geschlossen. Also sind wir dem Wegweiser zum Casino gefolgt, und das hatte noch offen. Wir also da rein. Wow, Schwestern, was für ein Casino, gerade so wie in Las Veags. Überall hängen Kronleuchter, es funkelt und glitzert überall, dort gibt es alles was ein Spielerherz begehrt. Blackjack- und Pokertische, einarmige Banditen und natürlich mein geliebtes Roulette. Viel los war dort aber nicht, alle Tische hatten schon geschlossen. Naja, wir sind dann natürlich erstmal zur Bar, da hatte auch wieder Cyrus Dienst. An der Theke saßen doch tatsächlich Bowen und Tim.“
Doc nippte an ihrem Kaffee und blickte vielsagend in die Runde. „Was für ein Zufall, ausgerechnet die beiden“, warf Kate ironisch ein. „Na ja, irgendwie waren die beiden schon überrascht, als wir zwei dort aufgetaucht sind. Anfangs schienen sie auch nicht gerade erfreut zu sein uns zu sehen. Bowen meinte, wir wären doch angewiesen worden in den Kabinen zu bleiben. Allerdings hat er eher besorgt gewirkt, aber dann hat er lächelnd gefragt, ob wir nicht noch Lust auf eine Runde Roulette hätten. Er hat Kerstin und mir ein paar Jetons in die Hand gedrückt und Cyrus hat den Croupier gemimt. Nach dem vierten Caipirinha war dann alles irgendwie verschwommen. Ich glaube, Tim und Bowen haben uns gnadenlos abgezockt. Als wir alles verspielt hatten, haben die beiden ausdrücklich darauf bestanden uns zurückzubringen. Allerdings haben wir Kerstin und Tim unterwegs irgendwie abgehängt. Bowen ist noch auf einen Absacker mit in mein Schlafzimmer, er hat uns zwei Wodka eingeschenkt, und wir haben Brüderschaft getrunken. Dann hat er mich geküsst. Es war einfach Wahnsinn – seine Lippen haben irgendwie leicht nach Zimt geschmeckt. Stellt euch vor, er hat auch ein wunderschönes Tattoo auf seiner Brust. Als ich eben wach wurde, war ich mir zuerst gar nicht sicher, ob ich das ALLES nur geträumt habe.“ Ist das zu fassen, da wurde unsere Doc doch tatsächlich rot. „Kerstin, wo seid ihr eigentlich abgeblieben? Ihr seid doch mit uns aus dem Casino raus“, meinte Doc in Kerstins Richtung gewandt.
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Kerstin fuhr sich nervös durch ihre Haare und versuchte ein Lächeln. Dies ging gründlich daneben, da ihr Kopf noch immer Roulette mit ihr spielte. Sie versuchte, sich die letzte Nacht ins Gedächtnis zurückzurufen.
„Tja, naja,“ stotterte sie, „wir waren auf dem Oberdeck im Swimmingpool und sind ein bisschen geschwommen. Es war so heiß und da mussten wir uns halt abkühlen!“
Ich dachte noch, ja ja von wegen „es“ war so heiß. „Und was noch? Ihr seid doch nicht nur baden gegangen, oder?“
Kerstin wurde rot wie eine Tomate und sah Angie verlegen an. „Wir haben über alles Mögliche geredet. Eigentlich wollte ich ihn ein bisschen aushorchen, aber er hat es immer wieder geschafft abzulenken. Allerdings war ich auch nicht mehr ganz nüchtern, schließlich hatte ich schon ein paar Drinks“, verteidigte sich Kerstin.
Sie schwärmte noch weiter in den höchsten Tönen von ihrer aufregenden Nacht. „Das Wasser war so angenehm prickelnd auf der Haut, Blubberblasen, warm und sanft umspülten meinen Körper. Tim und ich zogen ein paar Runden und tauchten bis auf den Grund. Auf dem Grund des Pools habe ich ein wunderbares Mosaik gesehen, eine schwarze Orchidee. Danach habe ich mich auf eine der Pool-Liegen gelegt, und Tim hat mir ein Badehandtuch und etwas zu trinken gebracht. Er war so liebenswürdig und aufmerksam“, schwärmte Kerstin uns vor. Völlig abwesend in ihren Gedanken versunken schwieg Kerstin plötzlich. „Und“, riefen alle fast gleichzeitig erwartungsvoll, „was geschah dann?“ „Dann hat er sich neben mich gelegt und mir ins Ohr geflüstert, ob ich etwas dagegen hätte, wenn er mich massieren würde, meine Schultern würden so verspannt aussehen“, erzählte Kerstin weiter und genoss dabei unsere uneingeschränkte Aufmerksamkeit.
Sie schwärmte von Tim Wiesels schönen Händen und wie er diese auf ihren Schultern effizient einsetzte, von seinem braungebrannten, durchtrainierten Körper, der auf sie unwiderstehlich wirkte. Mit einem verklärten Gesichtsausdruck legte sie sich die Finger auf den Mund. „Aha, sie hat sich verliebt!“ stellten die anwesenden Schwestern einstimmig fest.
„Moment mal!“, in meinem Kopf begann es zu arbeiten. Kate hatte wohl genau den gleichen Gedanken und platzte heraus: „Hat Tim auch so ein Tattoo über seinem Herzen?“
„Ja, warum?“ entgegnete Kerstin. Jetzt wurden die anderen auch munter. Alle brabbelten aufgeregt durcheinander. Ich erhob die Stimme: „R U H E, das ist ja schlimmer, als im Hühnerstall hier!“
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Entrüstet schüttelte ich den Kopf und sah sie vorwurfsvoll an. Lucy sprach aus, was alle sich schon insgeheim fragten: „Leute, das ist irgendwie unheimlich. Sind wir hier unter die Mädchenhändler geraten, oder haben wir es hier mit Waffenschmugglern zu tun? Warum tragen sie alle ein Tattoo über dem Herzen?“ Wir mussten dieser Sache endlich auf den Grund gehen. Es sprach niemand aus, aber alle dachten das Gleiche: „Was geht hier vor?“
Mädchenhändler, Waffenschmuggler oder waren wir hier vielleicht bei einem Geheimbund gelandet? Alle Mädels schauten sich fragend an. Nun gut, befand ich, da unsere Kate sich ja so ausgezeichnet mit Kaptain Bones versteht, oder zumindest auf dem besten Weg dahin ist, wäre es gut, wenn sie vorsichtig versucht an Informationen zu kommen. Lucy hatte zwar leichte Bedenken, ob Kate dem Stress gewachsen sein würde, aber da sie ja genauso wie wir anderen „Sixpacks“ ein hartes und intensives Training durchlaufen hatte, waren sich dann doch alle sicher, dass sie es schaffen würde. Schließlich konnte sie ihr weiblichen Reize einsetzen, davon hatte unsere Kate mehr als genug. Zwei sehr überzeugende Reize! Nachdem wir uns alle in unseren luxuriösen Badezimmern frisch gemacht hatten, überlegten wir uns, wie wir am unauffälligsten auf Erkundungstour gehen konnten. Lilli meinte, wir sollten in Zweiergruppen gehen. Das sei nicht so auffällig und schließlich würden vier Augen mehr sehen als zwei. Kerstin schnappte sich sofort unsere Doc. Sie wollten nochmal zum Casino zurück. Irgendwie hatten beide das Gefühl, dort etwas übersehen zu haben. Ich wollte gucken, wie nah ich an Norbert heran käme, und Kate sollte ihr Glück beim Kapitän versuchen. Lucy und Lilli hatten den Auftrag mit Sweetlife Kontakt aufzunehmen, um sie über die wichtigen Vorfälle zu informieren. Vielleicht konnte Sweetlife ja an Informationen über das Schiff und den Eigentümer kommen. Nach einiger Zeit trudelten alle wieder in meiner Suite ein. Lucy und Lilli warteten dort schon auf uns. „Was ist geschehen?“ wollten sie wissen.
Leider konnten wir Lilli und Lucy nicht viel Neues berichten. Kerstin u. Doc fanden das Casino leer vor. Ich konnte Norbert auch nirgends ausfindig machen, obwohl ich das halbe Schiff nach ihm abgesucht hatte.
Außer Tiago war von unserer Besatzung keiner zu sehen. Man hatte den Eindruck, dass wir auf einem Geisterschiff gelandet sind, das mit Autopilot irgendwohin schipperte.
Als wir dann Kate fragten, ob sie denn wenigstens bei Kapitän Bones Glück hatte, lief sie knallrot an und bekam Schweißausbrüche. Sie stotterte erst etwas Unverständliches vor sich hin und dann sagte sie mit einem sehr schuldbewussten Blick: „So wie es einigen von Euch gestern Nacht ergangen ist, so ging es mir vorhin mit Kapitän Bones. Ich suchte Ihn in seiner Kabine auf und bevor ich noch irgendetwas sagen konnte, meinte er, endlich sei ich zu ihm gekommen. Er zog mich an sich und gab mir einen leidenschaftlichen Kuss und dann war mein Gehirn wie leergeblasen. Ich habe auf ganzer Linie versagt! Aber seid mir bitte nicht böse, eigentlich tut es mir gar nicht leid, denn ich habe gerade die atemberaubendsten Stunden meines Lebens verbracht. †œ Kate lächelte selig vor sich hin und verzog sich auf eines der Diwans, die zahlreich in dem großen Salon herum standen.
Ich schaute etwas niedergeschlagen zu Lilli und Lucy: „Hattet wenigsten ihr Glück mit Sweetlife?†œ
Lilli und Lucy grinsten zufrieden und Lucy meinte: „Jap. Wir konnten was erreichen! Also Sweetlife konnte, über verschiedene Scheinfirmen, den Eigentümer des Schiffes ausfindig machen. Es gehört einem Milliardär Namens „ Duncan Thorbe†œ. Der Mann hat in unzähligen Geschäften seine Finger und sein Geld drin. Aber anscheinend ist er sauber und über jeden Zweifel erhaben. Er stammt aus einer uralten Aristokratenfamilie. Und dabei ist Sweetlife auf den absoluten Hammer gestoßen!
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Im ursprünglichen Familienwappen der Familie Thorbe befindet sich etwas versteckt, haltet Euch fest, eine „Schwarze Orchidee†œ! Außerdem wird die Familie Thorbe mit einem alten Geheimbund, der sich der Verfolgung von Straftaten verschrieben hat, in Verbindung gebracht. Dieser Geheimbund hat sich anscheinend im Mittelalter gegründet um schwere Verbrechen, die von der damaligen Justiz nicht verfolgt wurden, aufzuklären und zu sühnen. Mehrere Vorfahren von Duncan waren in diesem Geheimbund involviert und es ist nicht ganz klar, ob sich dieser Bund aufgelöst hat oder immer noch besteht. Sweetlife will weiter am Ball bleiben und uns sofort informieren, wenn sie was Neues erfährt.†œ
Wir starrten alle mit offenem Mund zu Lucy und Lilli rüber. Geheimbund, Milliardär, Schwarze Orchidee, was war hier nur los? „Anscheinend sind wir ja bei den Guten gelandet, aber warum wird dann so einen Affentheater mit uns veranstaltet?†œ fragte ich in die Runde, nachdem ich das Alles etwas verarbeitet hatte. „ Ja, die Tatoos über dem Herzen, lassen darauf schließen, dass unsere Jungs zu dem Geheimbund gehören. Aber gehören sie deshalb auch zu den Guten?†œ merkte Doc an. „Anscheinend wissen die über unseren „Sixpack†œ Bescheid. Aber was wollen Die eigentlich von uns? Wollen Sie, dass wir ihnen helfen? Dann hätten sie doch normal Kontakt zu uns aufnehmen können. „
Die Diskussion war im vollen Gang, als Lilli plötzlich aufstand, ganz grün im Gesicht und mit kaltem Schweiß bedeckt. Sie rief noch ein: „Ich muss mal raus!†œ und war schon aus der Tür, Richtung Oberdeck verschwunden.
Wir schauten uns an und Lucy zerstreute unsere Sorge: „ Sicher wieder ein kleiner Anfall von Seekrankheit, hatte sie jetzt schon ein paar Mal. Sie braucht nur ein bisschen frische Seeluft, dann kommt sie schon wieder zurück.†œ Wir nickten uns zu und waren sofort wieder in unserem Gespräch vertieft, was diese neuen Erkenntnisse zu bedeuten hatten.
Nachdem wir längere Zeit hitzig miteinander debattiert hatten und eigentlich nicht viel schlauer als vorher waren, fiel mir auf, dass Lilli immer noch nicht zurück war. In mir keimte Sorge auf und ich sagte zu den Mädels, dass ich mal kurz nach Lilli sehen wollte. Ich verließ unseren Kriegsrat und machte mich auf den Weg zum Oberdeck. Wie schon vorher, schien das Schiff total ausgestorben zu sein. Keine Menschenseele war zu sehen, bis ich das Oberdeck erreichte.
Lilli löste sich abrupt von Fernando, stieß ihn, nicht gerade sanft, ein Stück zurück und zischte, zwischen ihren zusammengebissenen Zähnen, ein: „Nicht mit mir!“, hervor. Fernando erstarrte, schaute sichtlich verwirrt Lilli an. Diese atmete schwer und kämpfte darum wieder ihre Selbstbeherrschung zu erlangen. Ich konnte ihr ansehen, dass sie am liebsten wieder in seine Arme geflogen wäre um da weiterzumachen, wo sie ihn unterbrochen hatte. Da fiel ihr Blick auf mich und ich nickte ihr nur aufmunternd zu. Das hatte Lilli anscheinend gebraucht. Sie schaute wieder zu Fernando und ließ ihren Blick keck, von seinem Gesicht über die nackte, wohlgeformte Brust weiter nach unten gleiten. Sie setzte ein laszives Lächeln auf und sagte mit zuckersüßem Tonfall: „Ich muss Dich und deinen großen Bruder leider enttäuschen. Diese Masche zieht nicht bei mir. Ich möchte, dass du jetzt sofort zu Kapitän Bones gehst und ihm sagst, dass wir wissen, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmt.
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Wir möchten auf der Stelle erfahren, was hier gespielt wird, und welche Rolle Ihr uns in diesem Spiel zugedacht habt. Anscheinend wisst Ihr ja über uns und unsere Qualitäten Bescheid. Also, bitte teile dem Kapitän mit, dass wir einen sofortige Unterredung mit ihm und der Crew verlangen.!“
Fernando schaute Lilli sehr lange in die tiefblauen Augen, dann nickte er knapp mit dem Kopf, drehte sich auf dem Absatz herum und verschwand eilig in Richtung Brücke.
Lilli kam auf mich zu gerannt, fiel mir in die Arme und flüsterte erleichtert an meinem Ohr: “ Danke Angie, du warst meine Rettung!“
Schnell machten wir uns auf den Weg zurück zu unserer Kabine, in der Hoffnung, dass unsere Schwestern dort noch auf uns warteten und sich nicht auf die Suche nach uns gemacht hatten. Als wir in den Salon traten, waren sie aber noch total in ihre Debatte über die möglichen Absichten unserer Schiffscrew vertieft. Lucy schaute als Erste auf und meinte ganz erstaunt: „Ihr wart aber lange weg!“
„Anscheinend haben wir Euch aber gar nicht gefehlt“, antwortete Lilli ihr umgehend. Wir erzählten ihnen natürlich sofort, was sich gerade auf dem Oberdeck abgespielt hatte. Das ein oder andere Detail von Lillis amourösen Zwischenspiel ließen wir natürlich unter den Tisch fallen. Die Hauptsache war ja auch, dass Lilli es anscheinend geschafft hatte, dass wir endlich einmal Antworten bekamen. Wir waren mit unserer Schilderung gerade zu Ende, als Tiago an die Tür klopfte und ohne groß zu warten, eintrat. „Señoritas , würdet ihr mir bitte folgen, der Kapitän möchte mit euch sprechen!“
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Fortsetzung Black Dagger Ladies Online – Red Dragon – Kapitel 2 hier!!!