Autorenaufstand gegen Altersempfehlungen auf Kinder- und Jugendliteratur

Vom Literaturfestival im walisischen Marktflecken Hay-on-Wye, das sei 20 Jahren Literaten aus der ganzen Welt anzieht, wird ein kleiner Autorenaufstand gemeldet. Anlass ist der Plan der Publishers´Association, künftig Altersempfehlungen auf den Einband von Kinder- und Jugendbüchern zu drucken.

„Diese Art der „Hilfestellung“ entspreche den Wünchen von „86 Prozent der Konsumenten, so eine Sprecherin dieses Interessenverbandes der britischen Verlage. Erwachsene seien oft „völlig ratlos“ in Kinderbuchabteilungen.

Marcus Sedgwick, der 2007 für den Roman „Der Gesang der Klinge“ den „Booktrust Teenage Prize“ gewann, hält die Idee für eine Katastrophe. Francesca Simon, Schöpferin der Reihe „Henry der Schreckliche“, glaubt, durch die Altersempfehlung solle vor allem der Buchverkauf über Supermarktketten und Internet erleichtert werden – zum Nachteil der Buchhändler mit Fachwissen.

Quelle: Süddeutsche Zeitung

Thomas Mann in München – Stationen in seinem Leben (1894-1933)

„Ich bin ja München, wo ich die Hälfte meines Lebens verbrachte, von Herzen zugetan (…) und nie habe ich Ihrer Stadt gegrollt, auch zu Zeiten nicht, wo mir Böses kam von dort, denn ich wusste wohl, dass es nicht das wahre und eigentliche München, nicht sein ‚ewiger, unzerstörbarer Genius loci‘ war, von dem es mir kam. Ich versichere Sie: Wann immer ich Münchener Laute höre, Münchener Tonfall, wird es mir warm ums Herz, und allen Leute sage ich: ‚Es ist doch merkwürdig, seit ich zurück bin von drüben, habe ich doch eine ganze Anzahl deutscher Städte gesehen und wieder gesehen, aber wo ich mich am wohlsten fühlte, das war München.“ (Thomas Mann in einem Brief an den Münchener Oberbürgermeister Thomas Wimmer am 8. Juni 1955)

Thomas Mann ist im Frühjahr 1894 von Lübeck zu seiner Mutter und den Geschwistern nach München gezogen, knapp 39 Jahre später, im Februar 1933, kehrte er von einer Auslandsreise nicht mehr zurück, weil er die Verfolgung durch die Nazis zu fürchten hatte.

Der Thomas Mann-Förderkreis München hat ein Programm zusammengestellt, in dem die Münchner Wohnungen des Nobelpreisträgers sowie die hiesigen Schauplätze und Erzählungen im Mittelpunkt stehen.

Freitag, 06. Juni, 15 Uhr: Im Schwabinger Wirtshaus Seerose berichtet der Literaturwissenschaftler und Vorsitzende des Förderkreises Dirk Heißerer darüber, wie Thomas Mann in der Feilitzschstraße 5 seinen Roman die „Buddenbrooks“ im Juli 1900 vollendete.

Donnerstag, 12. Juni, 19 Uhr: „München leuchtete. Über den festlichen Plätzen und weißen Säulentempeln, den antikisierenden Monumenten und Barockkirchen, den springenden Brunnen, Palästen und Gartenanlagen der Residenz spannte sich strahlend ein Himmel von blauer Seide, und ihre breiten und lichten, umgrünten und wohlberechneten Perspektiven lagen in dem Sonnendunst eines ersten, schönen Junitags“, beginnt die Novelle „Gladius Dei„. Die Geschichte spielt am Odeonsplatz. Wolf Euba liest die Novelle im Gebäude des Bayerischen Innenministeriums, Odeonplatz 3.

Mittwoch, 18. Juni, 19 Uhr:Okkulte Erlebnisse“ verarbeitet Thomas Mann in dem amüsanten Aufsatz aus dem Winter 1922/1923 im Palais Schrenck-Notzing. Die Lesung mit Wolf Euba findet am Originalschauplatz in der Max-Joseph-Straße 9 statt, wo heute der Bayerische Bauernverband residiert.

Montag, 23. Juni, 19 Uhr: In der Franz-Joseph-Straße 2 entstand in den Jahren von 1906 bis 1909 Thomas Manns märchenhafter Roman „Königliche Hoheit„. Im Gebäude der Hypovereinsbank, Leopoldstraße 21, liest Wolf Euba aus dem Roman.

Freitag, 04. Juli, 19 Uhr: Die Novelle „Wälsungenblut„, geschrieben 1906, spielt im Palais Pringsheim, der Villa der Schwiegereltern Thomas Manns. Dirk Heißerer stellt die Erzählung von einer inzestuösen Liebe im Zentralinstitut für Kunstgeschichte, Meiserstraße 10, vor.

Dienstag, 08. Juli, 19 Uhr: Wolf Euba präsentiert in der Alten Kantine der Mensa, Leopoldstraße 13, die Novelle „Tonio Kröger„, die Thomas Mann in seinem Domizil in der Konradstraße vollendet hat.

Dienstag, 15. Juli, 19 Uhr: Der Thomas-Mann-Abend im Oskar-von-Miller-Gymnasium, Siegfriedstraße 22, ist seiner Novelle „Beim Propheten„, das Porträt eines der „jungen, bleichen Genies“ Schwabings gewidmet. Als Sprecher agiert Rupert Pfeffer.

Dienstag, 29. Juli, 17.30 Uhr: Thomas Manns einstige Villa an Poschingerstraße (heute Thomas-Mann-Allee 10) wurde im Krieg beschädigt und später abgerissen. Der Banker Alexander Dibelius hat jüngst auf dem Grundstück einen Neubau errichten lassen, der äußerlich der Mann´schen Villa gleicht. Dort ist der Treffpunkt zu einem Isarspaziergang, so wie ihn Thomas Mann in seiner wunderbaren Erzählung „Herr und Hund“ geschildert hat. Rupert Pfeffer begleitet die literarische Promenade.

Dienstag, 29. Juli, 19 Uhr: Wolf Euba liest im Haus Dibelius die Novelle „Unordnung und frühes Leid„.

Die erste Veranstaltung über die „Buddenbrooks“ ist kostenlos, ansonsten beträgt der Eintritt jeweils acht Euro. Der Förderkreis bittet um Anmeldung (Tel.: 089 / 89999-320), da die Teilnehmerzahl begrenzt ist.

Lange Nacht der Münchner Autoren – heute im Literaturhaus

Lange Nacht der Münchner Autoren im Literaturhaus München, Salvatorplatz 1 um 20 Uhr

Friedrich Ani, Ulrike Draesner, Gert Heidenreich, Thomas Lang, Said, Keto von Waberer und Wolf Wondratschek, diese sieben Autorinnen und Autoren gratulieren der Stadt München mit neuen Geschichten zum 850.Geburtstag, die exklusiv für diesen Abend und die Junisendungen von „Das offene Buch“ (Bayern2) geschrieben wurden. München, die Kapitale an der Isar, Dorf & Diva zugleich, war immer schon Kulisse & Sujet für deutschsprachige und internationale Schriftsteller von Michel de Montaigne bis Thomas Mann.

Keto von Waberer sieht den Viktualienmarkt aus der Hunde-Perspektive. Gert Heidenreich versetzt seine Erzählung in bewegte Studentenjahre. Ein Münchner Krimi-Spezialist wie Friedrich Ani, ein Zugereister wie Thomas Lang, Abtrünnige wie die Münchnerin Ulrike Draesner (Berlin) und Wolf Wondratschek (Wien) und Said, der iranische Exilant, sind auch dabei.

Moderation: Cornelia Zetzsche (Bayerischer Rundfunk)
Musik: Michaela Dietl (Akkordeon/Stimme) & Erwin Rehling (Percussion)

Sendetermine »Das offene Buch« (Bayern2):
3., 10., 17. und 24. Juni 2008, jeweils von 21.30 – 22.30 Uhr

Es gibt eine Pause (mit Pausengastronomie der Brasserie OskarMaria)!

Veranstalter: Bayerischer Rundfunk, Stiftung Literaturhaus
Eintritt: Euro 8.- / 6.-

Walsersche Ironie – Martin Walser in der LMU behende und kraftvoll

Leider konnte ich nicht zur Lesung gehen, die gestern in der LMU mit Martin Walser stattgefunden hat. Schade, aber die Süddeutsche Zeitung kündigt in ihrer heutigen Ausgabe einen ausführlichen Bericht über die Diskussion mit dem Germanisten Dieter Borchmeyer für morgen an. In der heutigen Ausgabe zeigt die Süddeutsche ein Foto mit einem lässig im Stuhl sitzenden Martin Walser vor der vollbesetzten Großen Aula der LMU, daneben ein kurzer Artikel mit der Überschrift:

Walsersche Ironie

„Dafür, dass Du so ein alter Schleicher bist, siehst du noch gut aus“. Es ist anzunehmen, dass der 80jährige Schriftsteller Martin Walser, der dieses Zitat in unverhohlener Selbstironie dem alten Goethe in den Mund legte, es ebenso für sich selbst gelten lassen würde. Behende, kraftvoll trat er auf und las aus seinem Roman „Ein liebender Mann“ über den 74jährigen Dichterfürsten, der in Marienbad an die 19jährige Ulrike von Levetzow leidvoll hinliebte. Das amüsierte Publikum las mit – von Walsers Lippen oder dem eigenen Romanexemplar, als sei´s eine Partitur.

Quelle: Süddeutsche Zeitung