Literaturverfilmung: Marlen Haushofers „Die Wand“ im Kino

Wie die Süddeutsche Zeitung heute berichtet, haben am 07.06.2010 die Dreharbeiten für die Literaturverfilmung „Die Wand“ begonnen.

Der Roman der oberösterreichischen Autorin Marlen Haushofer (1920-1970) entsteht im Raum Gosau (Österreich) im Inneren Salzkammergut. Regisseur Julian Roman Pölsler verfilmt die österreichisch-deutsche Koproduktion nach seinem eigenen Drehbuch.

Die 49-jährige Schauspielerin Martina Gedeck spielt die Rolle der namenlosen Erzählerin. „Die Wand“ erschien erstmals 1963 im Mohn Verlag und gilt als der erfolgreichste Roman von Marlen Haushofer.

[…]„Als ich endlich den Ausgang der Schlucht erreichte, hörte ich Luchs schmerzlich und erschrocken jaulen. Ich bog um einen Scheiterstoß, der mir die Aussicht verstellt hatte, und da saß Luchs und heulte. Aus seinem Maul tropfte roter Speichel. Ich beugte mich über ihn und streichelte ihn. Zitternd und winselnd drängte er sich an mich. Er mußte sich in die Zunge gebissen oder einen Zahn angeschlagen haben. Als ich ihn ermunterte, mit mir weiterzugehen, klemmte er den Schwanz ein, stellte sich vor mich und drängte mich mit seinem Körper zurück.

Ich konnte nicht sehen, was ihn so ängstigte. Die Straße trat an dieser Stelle aus der Schlucht heraus, und so weit ich sie überblicken konnte, lag sie menschenleer und friedlich in der Morgensonne. Unwillig schob ich den Hund zur Seite und ging allein weiter. Zum Glück war ich, durch ihn behindert, langsamer geworden, denn nach wenigen Schritten stieß ich mit der Stirn heftig an und taumelte zurück.

Luchs fing sofort wieder zu winseln an und drängte sich an meine Beine. Verdutzt streckte ich die Hand aus und berührte etwas Glattes und Kühles: einen glatten, kühlen Widerstand an einer Stelle, an der doch gar nichts sein konnte als Luft. Zögernd versuchte ich es noch einmal, und wieder ruhte meine Hand wie auf der Scheibe eines Fensters. Dann hörte ich lautes Pochen und sah um mich, ehe ich begriff, daß es mein eigener Herzschlag war, der mir in den Ohren dröhnte. Mein Herz hatte sich schon gefürchtet, ehe ich es wußte.“ […]

Eine Frau findet sich plötzlich, über Nacht, von einer unsichtbaren Wand umgeben †“ allein mit dem Hund, einer Katze und einer trächtigen Kuh. Ein archaisches Leben beginnt. Die Vorräte sind begrenzt, sie muss lernen, sich von den Erzeugnissen der Natur zu ernähren. Um nicht wahnsinnig zu werden, beginnt sie eines Tages die Ereignisse aufzuschreiben: „Ich wurde gezwungen ein ganz neues Leben zu beginnen, aber was mich wirklich berührt, ist immer noch das gleiche wie früher: Geburt, Tod, die Jahreszeiten, Wachstum und Verfall.“

Marlen Haushofers Roman „Die Wand“ ist völlig interpretationsoffen. Aus dem Stoff kann sowohl ein Horrorfilm (gegen Ende erscheint ein Mann, der ihren Stier und ihren Hund erschlägt – sie erschießt daraufhin den Mann), als auch ein Abenteuerstreifen à la Robinson Crusoe entstehen.

Man kann wirklich gespannt sein, wie der Drehbuchautor und Regisseur Julian Roman Pölsler die Vorlage interpretiert und umsetzt. Wann der Film in die Kinos kommt, ist leider noch nicht bekannt.

Als Produzenten werden Martin Gschlacht, Antonin Svoboda, Bruno Wagner und Rainer Kölmel genannt.

Nachtrag vom 15.02.2012: Kinostart ist nun für den 08.12.2012 geplant.

17 Gedanken zu „Literaturverfilmung: Marlen Haushofers „Die Wand“ im Kino

  1. Da es eines meiner Favoritenbücher ist, bin ich natürlich sehr gespannt und hoffe auf eine behutsame Umsetzung.
    Mir wurde einst der Roman empfohlen mit den Worten: das Faszinierende ist, dass eigentlich nichts passiert und das ungeheuer spannend sein kann.
    Danke für den Hinweis.
    Liebe Grüsse aus * Fernost*
    Gabriela

  2. hi Gabriela und Marcel, schön, dass ihr euch mal wieder zu Wort meldet! 😉
    Die Wand gehört auch eindeutig zu meinen Lieblingsbüchern und ich bin total gespannt, wie der Film wird. Mit Martina Gedeck in der Hauptrolle bin ich auch total zufrieden. Werde mich melden, wenn es dazu etwas Neues zu berichten gibt. Liebe Grüße nach Fernost 😉
    @ Marcel, vielleicht hast du recht und das Buch spaltet wirklich. Habe erst kürzlich im Magazin Bücher gelesen, dass es auch zu den „überschätzten“ Büchern gehören soll.
    Liebe Grüße

  3. Wow, also ich hätte nie gedacht dass mal jemand auf die Idee kommt, dieses Buch zu verfilmen! Es ist auch eines meiner Lieblingsbücher, und ich bin wahnsinnig gespannt darauf, wie sie die Geschichte umsetzen. Danke für den Hinweis, jetzt hab ich etwas worauf ich mich sehr freuen kann 🙂

  4. Erinnert mich an „Blindness“ von Jose Saramago. Super Buch das man nicht mehr weglegen kann – gibt auch viel Diskussionsstoff fuer eine Lesegruppe; man kann das Buch wortwoertlich lesen wie es ist, auf der ersten Ebene sozusagen, dann gibts noch die Ebene des Unterbewussten, die Charaktere um das Was, Wie und Warum und dann noch die dritte Ebene der Allegorien. Immer toll!

  5. wo kann ich die Verfilmung anschauen???
    Ich halte demnächst einen Vortrag über dieses Buch und möchte ein Teil aus dem Film zeigen.
    Aber nirgends finde ich ein Trailer…

  6. Hi! Ich halte eine Presentation üder „die Wand„ und da ich bemerkt habe das sich hier Menschen befinden die sich mit dem Buch etwas auskennen wollte ich mal wissen was ihr zu meinem thema denkt besser gesagt Ideen habt ?
    Thema „Die Möglichkeit eines kompletten Wertewandels im Leben eines Menschen, symbolisiert durch das Motiv „die Wand„, in dem gleichnamigen Roman von Marlen Haushofer„
    Eine schnell Antwort oder ein schnelles Komentar wäre sehr hilfreich da das PresentationsDatum näher rückt ! 🙂

    Grüße Maxi!

  7. ich habe mich lange mit dem Roman „die Wand“ beschäftigt und vor 2 Jahren enstand in Belluno als oeffentliche Veranstaltung eine Lesungsmarathon. Ich warte nun ganz gespannt auf die Erscheinung des Films….

  8. hi elisabetta,
    ja, das geht mir auch so, ich warte schon täglich auf den Trailer. Der Film kommt nun doch erst nach den Festspielen in München ins Kino. Ursprünglich sollte er am 05.01. starten. Aber bald ist es soweit – bin echt gespannt! 😉
    LG

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