Oktober 2016: Unterleuten von Juli Zeh

Am 15. Oktober besprechen wir im Lesekreis Unterleuten von Juli Zeh. Wir treffen uns um 20.30 Uhr bei Markus.

UnterleutenKurzbeschreibung
Manchmal kann die Idylle auch die Hölle sein. Wie das Dorf „Unterleuten“ irgendwo in Brandenburg. Wer nur einen flüchtigen Blick auf das Dorf wirft, ist bezaubert von den altertümlichen Namen der Nachbargemeinden, von den schrulligen Originalen, die den Ort nach der Wende prägen, von der unberührten Natur mit den seltenen Vogelarten, von den kleinen Häusern, die sich Stadtflüchtlinge aus Berlin gerne kaufen, um sich den Traum von einem unschuldigen und unverdorbenen Leben außerhalb der Hauptstadthektik zu erfüllen. Doch als eine Investmentfirma einen Windpark in unmittelbarer Nähe der Ortschaft errichten will, brechen Streitigkeiten wieder auf, die lange Zeit unterdrückt wurden. Denn da ist nicht nur der Gegensatz zwischen den neu zugezogenen Berliner Aussteigern, die mit großstädtischer Selbstgerechtigkeit und Arroganz und wenig Sensibilität in sämtliche Fettnäpfchen der Provinz treten. Da ist auch der nach wie vor untergründig schwelende Konflikt zwischen Wendegewinnern und Wendeverlierern. Kein Wunder, dass im Dorf schon bald die Hölle los ist …

Mit Unterleuten hat Juli Zeh einen großen Gesellschaftsroman über die wichtigen Fragen unserer Zeit geschrieben, der sich hochspannend wie ein Thriller liest. Gibt es im 21. Jahrhundert noch eine Moral jenseits des Eigeninteresses? Woran glauben wir? Und wie kommt es, dass immer alle nur das Beste wollen, und am Ende trotzdem Schreckliches passiert?
Die gebundene Ausgabe (640 Seiten) ist am 8. März 2016 im Luchterhand Literaturverlag erschienen.

Juli ZehÜber die Autorin
Juli Zeh wurde am 30. Juni 1974 in Bonn geboren, studierte in Passau und Leipzig Rechtswissenschaften, um von 1996 bis 2000 am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig auch eine künstlerische Richtung einzuschlagen. Mit dem juristischen Aufbaustudiengang „Recht der Europäischen Integration†œ und dem Rechtsreferendariat von 2001 bis 2003 hielt sie aber der Jurisprudenz die Treue und begann Literarisches und Juristisches †“ insbesondere Völkerrechtliches und Themen der inneren Sicherheit †“ miteinander zu verknüpfen. Juli Zeh war Stipendiatin der Studienstiftung des Deutschen Volkes und des Deutschen Akademischen Austauschdienstes. Sie hat zahlreiche Preise für ihre Bücher und Essays erhalten. Ihr besonderes Interesse gilt Osteuropa.

Foto: Lesekreis

August 2016: Ein ganzes Leben von Robert Seethaler

Am 6. August 2016 besprechen wir im Lesekreis Ein ganzes Leben von Robert Seethaler. Wir treffen uns um 20.30 Uhr bei Gina.

Ein ganzes LebenKurzbeschreibung
Als Andreas Egger in das Tal kommt, in dem er sein Leben verbringen wird, ist er vier Jahre alt, ungefähr †“ so genau weiß das keiner. Er wächst zu einem gestandenen Hilfsknecht heran und schließt sich als junger Mann einem Arbeitstrupp an, der eine der ersten Bergbahnen baut und mit der Elektrizität auch das Licht und den Lärm in das Tal bringt. Dann kommt der Tag, an dem Egger zum ersten Mal vor Marie steht, der Liebe seines Lebens, die er jedoch wieder verlieren wird. Erst viele Jahre später, als Egger seinen letzten Weg antritt, ist sie noch einmal bei ihm. Und er, über den die Zeit längst hinweggegangen ist, blickt mit Staunen auf die Jahre, die hinter ihm liegen.
Die Taschenbuchausgabe (192 Seiten) ist am 18. Januar 2016 im Goldmann Verlag erschienen.
Robert_Seethaler
Über den Autor
Robert Seethaler, 1966 in Wien geboren, wurde 2007 für seinen Roman Die Biene und der Kurt mit dem Debütpreis des Buddenbrookhauses ausgezeichnet. Er erhielt zahlreiche Stipendien, darunter das Alfred-Döblin Stipendium der Akademie der Künste. Der Film nach seinem Drehbuch Die zweite Frau wurde mehrfach ausgezeichnet und lief auf verschiedenen internationalen Filmfestivals. 2008 erschien sein zweiter Roman Die weiteren Aussichten. Jetzt wirds ernst wurde 2010 veröffentlicht, darauf folgte 2012 der Bestseller Der Trafikant. Robert Seethaler lebt und schreibt in Wien und Berlin.

Foto: Lesekreis

Juni 2016: Altes Land von Dörte Hansen

Am 26. Juni 2016 besprechen wir im Lesekreis Altes Land von Dörte Hansen. Wir treffen uns um 15 Uhr bei Hanne.

Altes LandKurzbeschreibung
Das „Polackenkind“ ist die fünfjährige Vera auf dem Hof im Alten Land, wohin sie 1945 aus Ostpreußen mit ihrer Mutter geflohen ist. Ihr Leben lang fühlt sie sich fremd in dem großen, kalten Bauernhaus und kann trotzdem nicht davon lassen. Bis sechzig Jahre später plötzlich ihre Nichte Anne vor der Tür steht. Sie ist mit ihrem kleinen Sohn aus Hamburg-Ottensen geflüchtet, wo ehrgeizige Vollwert-Eltern ihre Kinder wie Preispokale durch die Straßen tragen †“ und wo Annes Mann eine Andere liebt. Vera und Anne sind einander fremd und haben doch viel mehr gemeinsam, als sie ahnen.

Mit scharfem Blick und trockenem Witz erzählt Dörte Hansen von zwei Einzelgängerinnen, die überraschend finden, was sie nie gesucht haben: eine Familie.
Die gebundene Ausgabe (288 Seiten) ist am 16. Februar 2015 im Albrecht Knaus Verlag erschienen.

Über die Autorin
Dörte Hansen, geboren 1964 in Husum, lernte in der Grundschule, dass es außer Plattdeutsch noch andere Sprachen auf der Welt gibt. Die Begeisterung darüber führte zum Studium etlicher Sprachen wie Gälisch, Finnisch oder Baskisch und hielt noch an bis zur Promotion in Linguistik. Danach wechselte sie zum Journalismus, war einige Jahre Redakteurin beim NDR und arbeitet heute als Autorin für Hörfunk und Print. Sie lebt in der Nähe von Hamburg. „Altes Land“ ist ihr erster Roman.

April 2016: Der Fall Meursault – eine Gegendarstellung von Kamel Daoud

Am 23. April 2016 besprechen wir im Lesekreis Der Fall Meursault – eine Gegendarstellung von Kamel Daoud. Wir treffen uns um 20.30 Uhr bei Jürgen und Ellen.

Der Fall MeursaultKurzbeschreibung
Nacht für Nacht sitzt ein alter Mann in einer Bar in Oran und erzählt. Seine Geschichte und die seines Bruders Moussa, jenes Arabers, der 1942 von einem gewissen Meursault, den angeblich die Sonne blendete, am Strand von Algier erschossen wurde. Der weltberühmte Roman „Der Fremde“ von Albert Camus erzählt, wie es dazu kam und davon, wie Meursault der Prozess gemacht und er am Ende nicht so sehr für den Mord, den er begangen hat, verurteilt wird, sondern für die Emotionslosigkeit, die er bei der Tat und auch später immer wieder zur Schau stellt. Das Opfer, der Araber, bleibt dabei stets namenlos. Indem er nun †“ 70 Jahre später †“ die Geschichte seines Bruders bis zu dessen gewaltsamem Tod erzählt, gibt der alte Mann dem Araber seinen Namen zurück und damit eine Identität und eine Geschichte. Und er macht seinem Ärger Luft, seiner Trauer, der Wut und der Frustration über sein eigenes Leben im Schatten dieses Todes.

Geschickt verzahnt Kamel Daoud in seinem Erstlingsroman die Geschichte der beiden Brüder mit der Geschichte Algeriens und mit dem Roman von Camus. Kraftvoll und poetisch zugleich erzählt Daoud von diesem Brüderpaar, ihrem Leben, ihrem Land, ihrer Liebe. Entstanden ist ein großer Roman darüber, wie die Vergangenheit unsere Gegenwart prägt und über die ungebrochene Kraft der Literatur, eine tiefere Erkenntnis, eine verborgene Wahrheit ans Licht zu bringen.
Die gebundene Ausgabe (208 Seiten) ist am 18. Februar 2016 bei Kiepenheuer & Witsch erschienen.

Über den Autor
Kamel Daoud, Jahrgang 1970, im algerischen Mostaganem geboren, ist Journalist beim Quotidien d†˜Oran, für den er seit 12 Jahren eine der meistgelesenen politischen Kolumnen in Algerien schreibt. Er lebt in Oran. Er hat bereits einen Band mit Erzählungen veröffentlicht. „Der Fall Meursault †“ eine Gegendarstellung“ ist sein erster Roman.

 

März 2016: Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke von Joachim Meyerhoff

Am 12. März 2016 besprechen wir im Lesekreis Joachim Meyerhoffs Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke. Wir treffen uns um 20.30 Uhr bei Heike und Christian.

Joachim Meyerhoff, hauptberuflich Schauspieler und seit 2005 Ensemblemitglied des Wiener Burgtheaters, erzählt in Ach, diese Lücke, diese entsetzliche Lücke von seinem eigenen Leben und seiner Familie. Er setzt damit den Zyklus Alle Toten fliegen hoch fort, dessen erster Teil Amerika im Jahr 2011 und dessen zweiter Teil Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war 2013 erschien.

Ach diese Luecke diese entsetzliche LueckeKurzbeschreibung
Die Kindheit auf dem Gelände einer riesigen Psychiatrie und das Austauschjahr in Amerika liegen hinter ihm, der gerade zwanzig gewordene Erzähler bereitet sich auf den Antritt des Zivildienstes vor, als das Unerwartete geschieht: Er wird auf der Schauspielschule in München angenommen und zieht in die großbürgerliche Villa seiner Großeltern in Nymphenburg.Seine Großmutter ist eine schillernde Diva und selbst ehemalige Schauspielerin, sein Großvater emeritierter Professor der Philosophie, eine strenge und ehrwürdige Erscheinung. Ihre Tage sind durch abenteuerliche Rituale strukturiert, bei denen Alkohol eine nicht unwesentliche Rolle spielt. Unter ihrem Einfluss wird der Erzähler zum Wanderer zwischen den Welten.
Tagsüber an der Schauspielschule systematisch in seine Einzelteile zerlegt, ertränkt er abends seine Verwirrung auf dem opulenten Sofa in Rotwein und anderen Getränken. Aus dem Kontrast zwischen großelterlichem Irrsinn und ausbildungsbedingtem Ich-Zerfall entstehen die ihn völlig überfordernden Ereignisse. Zugleich entgeht ihm nicht, dass auch die Großeltern gegen eine große Leere ankämpfen, während er auf der Bühne sein Innerstes nach außen kehren soll und dabei fast immer grandios versagt.
Die gebundene Ausgabe (352 Seiten) ist am 12.11.2015 bei Kiepenheuer & Witsch erschienen.